Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230290/6/Br

Linz, 04.05.1994

VwSen - 230290/6/Br Linz, am 4. Mai 1994 DVR.0690392

Erkenntnis

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn P.J., wh. S.,L., gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion .. vom 18. Februar 1994, Zl. St.-13.932/93-B nach der am 4. Mai 1994 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine F o l g e gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird vollinhaltlich bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 866/1992 - AVG iVm § 5 Abs.1, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 und § 51i Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 666/1993 VStG.

II. Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden als Kosten für das Berufungsverfahren 120 S (20 % der verhängten Strafe) auferlegt.

Rechtsgrundlage: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion .. hat mit dem Straferkenntnis vom 18. Februar 1994, Zl St.-13.932/93-B, wider den Berufungswerber wegen der Übertretung nach § 1 Abs.1 § 3 Abs.1 und § 7 Abs.1 iVm § 22 Abs.1 Meldegesetz eine Geldstrafe von 600 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit 36 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er sich seit 1. September 1993, in L., N.straße gegenüber Nr. 5, auf dem LKW-Abstellplatz Unterkunft genommen und es unterlassen habe, sich binnen der gesetzlichen Frist von drei Tagen (gemeint an dieser Adresse) polizeilich anzumelden. 1.1. Begründend führt die Erstbehörde im wesentlichen aus, daß die zur Last gelegte Übertretung durch die dienstliche Wahrnehmung eines einschreitenden Sicherheitswachebeamten erwiesen sei. Er habe in der Folge auf zwei Beschuldigtenladungsbescheide nicht reagiert, sodaß die Erstbehörde das Verfahren schließlich ohne die Anhörung des Berufungswerbers durchzuführen gehabt habe. 2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht am 11. März 1994 der Post zur Beförderung übergebenen Berufung. Inhaltlich ist der Berufung zu entnehmen, daß er die Unterkunftnahme in der N.straße bestreite. Er habe weiterhin seinen Wohnsitz am Schlachthausparkplatz gehabt. 3. Da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist hat der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied zu entscheiden. Zumal die Übertretung dem Grunde nach bestritten wurde, war eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme des von der Erstbehörde vorgelegten Verwaltungsakt, sowie durch die Vernehmung des meldungslegenden Sicherheitswachebeamten der Bundespolizeidirektion .. Der Berufungswerber war zur öffentlichen mündlichen Verhandlung unentschuldigt nicht erschienen. 5. Folgender Sachverhalt ist erwiesen:

5.1. Der Berufungswerber hat sich ab 1. September 1993 in L. in der N.straße gegenüber Nr. 5, auf dem dortigen LKW-Abstellplatz, in seinem dort abgestellten Wohnwagen aufgehalten. Eine polizeiliche Anmeldung hat für diesen - damaligen - Aufenthaltsort nicht bestanden. Derzeit ist der Berufungswerber mit seinem Wohnwagen überhaupt unbekannten oder unsteten Aufenthaltes. Er ist schließlich auch gegenwärtig noch immer am Schlachthofparkplatz polizeilich gemeldet, dort aber nicht aufhältig. In dieser Unterkunft hat der Berufungswerber persönliche Sachen, bzw. die Sachen seines täglichen Bedarfes verwahrt gehabt, wobei diese auch als Schlafstelle gedient hat. Der Berufungswerber muß über die Strafbarkeit der Unterlassung seiner polizeilichen Meldung spätenstens seit der gegenständlichen Anzeige in Kenntnis sein. 5.1.1. Dieses Beweisergebnis stützt sich auf die Angaben des BezInsp. Lichtenberger. Dieser führt überzeugend aus, daß er im Zuge einer Zustellung eines behördlichen Schriftstückes am 25. Oktober 1993 den Berufungswerber am Parkplatz in der N.straße angetroffen habe. Der Zeuge schilderte illustrativ die im Wohnmobil des Berufungswerbers herrschenden sanitären Übelstände. Der Berufungswerber habe ihm von einer Ratte erzählt, welche unter das Kopfkissen gelangt wäre und dabei von ihm im Schlafe erdrückt worden sei. Er sei zum Zeitpunkt der Amtshandlung am 25. Oktober 1993 bereits seit 1. September 1993 an dieser Adresse aufhältig gewesen. Auch heute noch bestehe die Anmeldung an der Adresse Schlachthausparkplatz. Dort sei der Berufungswerber jedoch nicht aufhältig. Dem Berufungswerber habe vorerst die Ladung zur öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung an keiner der beiden Adressen zugestellt werden können. Er sei schließlich am 29. April 1993 von einer Funkstreifenbesatzung an einem anderen Ort angetroffen worden, wobei ihm der Termin für die öffentliche mündliche Berufungsverhandlung am 4. Mai 1994 zur Kenntnis gebracht worden sei. Dabei sei er auch über die am Wachzimmer Stadthafen hinterlegte Sendung (Ladung zur Verhandlung) in Kenntnis gesetzt worden. Die Abholung dieses Schriftstückes wurde von ihm angekündigt, doch letztlich war sie nicht erfolgt. Die dem Berufungswerber zur Last gelegte Übertretung ist daher schlüssig nachgewiesen. Ferner steht auch fest, daß der Berufungswerber offenbar überhaupt nicht bereit ist behördlichen Anliegen zu entsprechen, vielmehr nicht einmal in seiner eigenen Berufungssache interessiert ist, seinen Standpunkt in der Berufungsverhandlung persönlich darzulegen. Durch das bisherige Unterbleiben der Meldung ist von seinem Wissen um die Strafbarkeit dieses Verhaltens auszugehen. 5.2. Rechtlich hat der unabhägige Verwaltungssenat wie folgt erwogen:

5.2.1. Dem Berufungswerber dient der Wohnwagen zur Befriedigung seines Wohnbedürfnisses (nämlich sich darin aufzuhalten, dort zu nächtigen, seine Sachen zu verwahren und hievon auch andere grundsätzlich auszuschließen). Welcher Rechtstitel bzw. ob überhaupt ein solcher besteht, ist für den Begriff Unterkunft nicht rechtserheblich (siehe Kurzkommentar zum Meldegesetz in der Ausgabe "Ísterr. Recht", 1.2.1989). Die Nichtanmeldung am Ort der Unterkunftnahme bzw. Nichtabmeldung vom Ort einer aufgegebenen Unterkunft stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, welches in der Unterlassung der polizeilichen Meldung und auch der Nichtbeachtung der fristgerechten Meldung begründet liegt. Ein solches Delikt hat die Wirkung eines Dauerdeliktes, bei dem nicht nur die Herbeiführung eines rechtswidrigen Zustandes, sondern auch dessen Aufrechterhaltung pönalisiert ist (vgl. VwGH 8.4.1987, 87/01/0007, VwSlg 3156/A/1953). Den Materialen zum Meldegesetz (Erläuterungen zur Regierungsvorlage, Nr. 418 der Beilagen Seite 9 bis 17) ist hiezu zu entnehmen, daß der Sinn und Zweck der Regelung neben sicherheitspolizeilicher Aspekte, das Meldewesen auch Grundlage für die Erstellung der Wählerevidenz, sowie verschiedenartiger statistischer Belange, hat. Ebenfalls ist der Regelungszweck in der Durchsetzung privatrechtlicher Ansprüche, die Ausforschung von Schuldnern u.v.m. gelegen. Als Wohnung gelten begrifflich demzufolge, alle künstlich geschaffenen oder natürlich entstandenen Räume, die - wenn auch nicht bestimmungsgemäß - zum Wohnen oder Schlafen benützt werden. Fahrzeuge aller Art, wie z.B. Wohnwagen oder Anhänger, Planenwagen, andere Fahrzeuge, auch wenn sie nicht mit besonderen Einrichtungen zum Wohnen oder Schlafen versehen sind, sowie Wasser-, Schienen- oder Luftfahrzeuge gelten dann als Wohnung, wenn sie im Gebiet einer bestimmten Gemeinde länger als drei Tage als Unterkunft dienen. Gleiches gilt für Zelte. Eben diesem Schutzzweck wird vom Berufungswerber nachhaltig zuwidergehandelt, indem er durch sein Verborgenhalten seines Aufenthaltes durch ständige Ausforschungstätigkeit die Behörde in unbilliger und unnötiger Weise in Anspruch nimmt. Da diese Begriffsbestimmung an sich auch auf Beherbergungsbetriebe zuträfe, war es notwendig, diese ausdrücklich vom Begriff der Wohnung auszunehmen.

Unterkunftgeber im Sinne dieses Bundesgesetzes ist derjenige, der über die von der anzumeldenden Person zur Unterkunftnahme benützten Räume, Liegenschaften etc. unmittelbare faktische (nicht unbedingt auch rechtliche) Verfügungsgewalt hat, und es zumindest duldet, daß diese Person bei ihm Unterkunft nimmt. In welcher zivilrechtlichen Form sich das Unterkunftsverhältnis darstellt, ist demnach ebenfalls gleichgültig.

5.2.2. Betreffend eines allfälligen Rechtsirrtums ist festzustellen, ob die Unkenntnis der Rechtsvorschrift entschuldbar ist. Entschuldbar ist ein Rechtsirrtum nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens (hier seiner Unterlassung) ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte. Hiezu ist grundsätzlich festzustellen, daß von jedermann erwartet werden muß die Existenz von Meldevorschriften zu kennen und ihm zuzumuten ist, gegebenenfalls sich diesbezüglich zu informieren. Der in der Verantwortung angedeutete Rechtsirrtum wäre daher - hätte er tatsächlich bestanden, wovon aber nicht auszugehen war - auch nicht entschuldbar (VwGH 31.1.1961 Slg. 5486A, 16.5.1973, 1131/72, 16. 12. 1986,86/04/0133 u.v.a.). In Zusammenschau mit den o.a. rechtlichen Gegebenheiten, muß die Rechtfertigung des Berufungswerbers als ins Leere gehend erachtet werden.

5.2.3. Zuletzt ist auch noch darauf hinzuweisen, daß das Meldesystem seiner Aufgabe nur gerecht werden kann, indem der jeweilige Aufenthalt einer bestimmten im Bundesgebiet wohnhaften Person erforderlichenfalls jederzeit festgestellt werden kann. Mangels eines zentralen österreichischen Melderegisters ist es daher auch unumgänglich, den Abzumeldenden zu verpflichten, anläßlich eines Unterkunftswechsels die Ortsgemeinde seiner nächsten, der polizeilichen Anmeldeverpflichtung unterliegenden Unterkunft anzugeben, um im Falle von behördlichen oder privaten Nachforschungen einen Hinweis darüber zu erhalten, im Bereiche welcher der zahlreichen Meldebehörden diese Nachforschungen sinnvoll fortgesetzt werden können. Durch die Ihnen zur Last gelegte Verhaltensweise wurde, im Sinne der getroffenen Feststellungen, diesen gesetzlichen Intentionen offenbar gewollt und daher in qualifizierter Schuldform zuwidergehandelt.

6. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

6.1. Konkret ist zur Strafzumessung auszuführen, daß sich der Berufungswerber, wie oben bereits dargelegt, in Ansehung der nachhaltigen Weigerung den Meldevorschriften zu entsprechen, diese Übertretung ganz bewußt begeht um eben dadurch seinen Aufenthalt verborgen zu halten. Der von der Erstbehörde verhängten Strafe in Höhe von nur 600 S kann daher trotz ungünstiger wirtschaftlicher Verhältnisse, sowie weder strafmildernden noch straferschwerenden Umständen nicht entgegengetreten werden. Eine Bestrafung ist insbesondere aber erforderlich um dem Berufungswerber den Unwert und die Schädlichkeit seines Verhaltens bewußt zu machen. An dieser Stelle sei noch darauf hingewiesen, daß mit der Zustellung dieser Entscheidung an den Berufungswerber ein abermaliges Unterbleiben der polizeilichen Meldung neuerlich geahndet werden und wiederum zur Bestrafung führen müßte.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig. H i n w e i s: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

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