Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162001/8/Br/Ps

Linz, 06.03.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn K K, geb., S, B, vertreten durch Dr. T G, Rechtsanwalt, P, W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 15.1.2007, Zl. VerkR96-7315-1-2006 Be, nach der am 6. März 2007 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

 

I.     Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004 - AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Z1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 – VStG.

 

II.    Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskosten­beiträge.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wegen Übertretung nach § 24 Abs.1 lit.k iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 36 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 12 Stunden verhängt, weil er am 31.8.2006 um 14.45 Uhr den PKW O mit dem Kennzeichen auf der Raiffeisenstraße auf Höhe der Liegenschaft Raiffeisenstraße Nr. 1 bis 3 im Gemeindegebiet von Marchtrenk verbotenerweise auf dem dort befindlichen Radfahrstreifen geparkt habe, obwohl das "Halten" und "Parken" auf Radfahrstreifen verboten ist.

 

1.1. Die Behörde erster Instanz führte auszugsweise begründend dazu aus:

"In Ihrer Stellungnahme vom 27.12.2006 - unabhängig davon, als beim ersten Tatvorwurf irrtümlich eine falsche Übertretungsnorm zur Last gelegt und mit Aufforderung vom 14.12.2006 innerhalb der gesetzlichen Verfolgungsfrist berichtigt wurde - bringen Sie im Wesentlichen vor, dass bezweifelt werde, ob überhaupt ein Radfahrstreifen vorliege. Weiters seien Sie der Meinung, dass keine rechtsgültige Kundmachung vorliege, da am Ende des Radfahrstreifens kein "Ende" angezeigt werde und somit ein wesentliches Merkmal eines "Radfahrstreifens" fehle, sodass gegenständlich kein entsprechend verordneter Radfahrstreifen vorliege. Auch sei diesbezüglich ein falscher Tatvorwurf erfolgt. Es handelte es sich um konkreten Fall um kein verbotenes Parken, sondern lediglich um ein Halten, wodurch der Vorwurf völlig falsch sei.

In Ihrer Stellungnahme vom 27.12.2006 verweisen Sie auf die obige Stellungnahme und bringen vor, dass die Vorgangs weise der Behörde nicht nachvollziehbar sei.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat hierüber erwogen:

 

Gemäß § 24 Abs. 1 lit. k) ist das "Halten und Parken" auf Radfahrstreifen, Radwegen, Geh- und Radwegen verboten.

 

Gegen diese gesetzliche Bestimmung haben Sie verstoßen.

 

Mit Verordnung  der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 22.08.2006, VerkRl0-5-8-2006 Be wurde verordnet, das auf der Raiffeisenstraße im Ortsgebiet von Marchtrenk beidseitig ein Mehrzweckstreifen anzulegen ist, welcher mit Erlassung der Verordnung (22.08.2006) als kundgemacht gilt, da der Radfahrstreifen bereits angebracht war.

 

Wie aus der Anzeige entnommen werden kann und dem Beschuldigten durch Akteneinsicht der vorliegenden Fotos bekannt war, war gegenständliches Fahrzeug eindeutig zum "Halten und Parken" abgestellt.

Durch Vorliegen dieser Fotografien bedurfte es auch keinen weiteren Beweiserhebungen, da andere gegenteilige Aussagen damit widerlegt sind. Auch wurde die Verordnung im Zuge der Akteneinsicht zur Kenntnis gebracht.

 

Das bei der Bodenmarkierung nicht das Wort "Ende" angebracht ist, kann nicht widersprochen werden. Dazu ist jedoch zu bemerken, dass gegenständlicher Radfahrstreifen direkt in dem neben der B 1 Wiener Straße verlaufenden verordneten "Geh- und Radweg" einmündet, sodass nach der Rechtssprechung kein Ende anzubringen ist, da Radfahrer den bestehenden Radfahrstreifen zwar verlassen, aber direkt in den anschließenden Geh- und Radweg einmünden müssen.

Aus diesem Grund kann auch von keinem Ende des Radfahrstreifens im rechtlichen Sinn gesprochen werden.

Wenn Ihrerseits noch vorgebracht wird, dass Ihnen vorerst ein falscher Tatbestand zur Last gelegt wurde, wird auch dem nicht widersprochen. Gemäß den Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes ist es der Behörde möglich und ist diese auch zugleich verpflichtet, die dem Beschuldigten zur Last gelegte Verwaltungsübertretung innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährung zur Last zu legen. Nachdem die Tat am 31.08.2006 gesetzt wurde und die entsprechende richtige Verfolgungsverjährung innerhalb der Frist - Aufforderung zur Rechtfertigung wurde am 15.12.2006 bei der erkennenden Behörde abgefertigt und Ihnen am 18.12.2006 wegen Übertretung nach § 24 Abs.1 lit. k) StVO 1960 zugestellt - erfolgte die Verfolgung des strafbaren Tatbestandes rechtzeitig.

 

Auch wurde Ihnen gleichzeitig mitgeteilt, dass das eingeleitet gewesene Verwaltungsstraf­verfahren nach § 24 Abs. 1 lit. j) StVO 1960 eingestellt wurde.

 

Ihre diesbezügliche Rechtfertigung geht auch somit ins Leere.

 

Es steht demnach fest, dass Sie gegen die oben zitierte Bestimmung verstoßen haben und Gründe, die ein schuldhaftes Verhalten Ihrerseits ausschließen würden, im Verfahren nicht dargelegt bzw. von Ihnen auch nicht angeboten wurden.

Bei der Strafbemessung im Sinne des, 19 VStG wurde die Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnisse Bedacht genommen.

 

Bei der Bemessung der Ersatzfreiheitsstrafe waren die Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnisse nicht zu berücksichtigen.

 

Straferschwerend war kein Umstand zu werten, strafmildernd Ihre bisherige Unbescholtenheit.

 

Die verhängte Geldstrafe erscheint unter Berücksichtigung der vorgenannten Umstände schuld-und unrechtsangemessen.

Die Höhe der Geldstrafe ist ausreichend, um Sie in Hinkunft von der Übertretung dieser Normen abzuhalten.

 

Die Entscheidung über die Kosten des Strafverfahrens gründet sich auf die im Spruch zitierte Gesetzesstelle."

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis wendet sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht  durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung:

"In umseits bezeichneter Rechtssache erhebt der Beschuldigte gegen das Straferkenntnis der BH Wels-Land vom 15.01.2007 fristgerecht die

 

BERUFUNG:

 

Beantragt wird, das Straferkenntnis zu beheben (aufzuheben) und das Verfahren einzustellen. Begründet wird diese Berufung wie folgt:

 

Die Behörde ist im angefochtenen Straferkenntnis vom 15.01.2007 der Strafverfügung vom 26.09.2006 gefolgt. Die Argumente des Beschuldigten wurden bis auf eine Richtigstellung bei der Verordnungsbestimmung, die übertreten worden sein soll, für nicht zutreffend erachtet.

 

Der Beschuldigte hält seinen Standpunkt, dargestellt im wesentlichen in den Stellungnahmen vom 12.12.2006 und 27.12.2006, vollinhaltlich aufrecht.

 

Fraglich ist, wie man aufgrund von Fotos erkennen kann, dass ein „Parken" vorlag. Verwiesen wird auf die Begriffsbestimmungen des § 2 Abs. 1 StVO (Zif. 27 Halten und Zif. 28 Parken), die eben eine klare Vorgabe für die Unterscheidung eines Haltevorganges bzw. Parkvorganges treffen.

 

Wie sich nun aus den vorliegenden Fotos ein eindeutiger Nachweis ergeben soll, kann die Behörde nicht nachvollziehbar darstellen. Es bleibt dabei, dass der erhobene Vorwurf nicht berechtigt ist.

 

Auch hinsichtlich der Lokalisierung des „Tatortes" bleibt es bei dem vorgetragenen Argument, dass keine hinreichende Konkretisierung des Tatvorwurfes vorliegt.

Ganz wesentlich ist, ob gegenständlichenfalls überhaupt ein richtig verordneter Radfahrstreifen vorlag. In diesem Zusammenhang wird der

 

ANTRAG

 

gestellt, die Örtlichkeit in Augenschein zu nehmen. Es ergibt sich nämlich, dass entlang der Bundesstraße 1 ein mittels des Vorschriftszeichens „Geh- und Radweg" gekennzeichneter (§52 Zif. 17 a StVO) Geh- und Radweg gelegen ist. Nach der Begriffsbestimmung des § 2 Abs.1 Zif. 11 a ist ein Geh- und Radweg „ein für den Fußgänger- und Fahrradverkehr bestimmter und als solcher gekennzeichneter Weg". Dagegen ist ein Radfahrstreifen, auf dem unzulässigerweise geparkt worden sein soll „ein für den Fahrradverkehr bestimmter und besonders gekennzeichneter Teil der Fahrbahn, wobei der Verlauf durch wiederholte Markierung mit Fahrradsymbolen und das Ende durch die Schriftzeichenmarkierung „Ende" angezeigt wird" (§ 2 Abs. 1 Zif. 7 StVO).

 

Es ergibt sich daher aufgrund der Verordnungsbestimmungen ein klarer Unterschied hinsichtlich der Verwendung und der Ausrichtung von zu begehenden bzw. zu befahrenden Landflächen. Dies führt auch zu einer unterschiedlichen rechtlichen Behandlung. Keinesfalls kann nach den Vorstellungen der Behörde, noch über den in diesem Zusammenhang neu eingeführten Begriff des „Einmündens" erreicht werden, dass diese unterschiedliche rechtliche Gestaltung aufgehoben würde. Die Ansicht der Behörde führte dazu, dass ausdrücklich verlangte Verordnungsmerkmale („Ende") quasi je nach Situation nicht notwendig wären, mit der Konsequenz, dass einer rechtlichen Unsicherheit Tür und Tor geöffnet wäre. Es kann daher die Ansicht der Behörde in keinem Fall zutreffen. Entgegen der Ansicht der Behörde bedarf es daher der Bodenmarkierung in Form des Wortes „Ende". Betreffend dieses Punktes wird - da die Behörde offensichtlich nunmehr versucht, über eine „Einmündung" das Fehlen des Wortes „Ende" und damit eine ordnungsgemäße Kundmachung zu über/umgehen - ohnedies (sollte das Verfahren nicht doch eingestellt werden) in höherer Instanz eine richtige Beurteilung herbeigeführt werden.

 

Im übrigen werden die bereits getätigten Ausführungen vollinhaltlich aufrecht erhalten und auch zum Gegenstand dieser Berufung gemacht.

 

Es wird daher der

 

BERUFUNGSANTRAG

 

gestellt, das Straferkenntnis vom 15.01.2007 zu beheben (aufzuheben) und das gegen den Beschuldigten geführte Strafverfahren einzustellen.

 

W, am 31.01.2007/H                                                 K K"

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat die Berufung samt Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt, sowie durch Beischaffung der bezughabenden Verordnung vom 5.9.2006, VerkR10-5-8-2006, mit welcher nach aufgetragenen Änderungen der bereits vorher von der Gemeinde geschaffene verfahrensgegenständliche Mehrzweckstreifen legalisiert werden sollte. Ebenfalls wurde ein gesonderter Ortsaugenschein in der Raiffeisenstraße durchgeführt und Fotos von Beginn und Ende des Mehrzweckstreifens bzw. dessen Beschaffenheit aufgenommen.

Beweis aufgenommen wurde ferner durch zeugenschaftliche Einvernahme des Meldungslegers RI S, sowie des in einem gleichgelagerten Fall als Anzeiger auftretenden Behördenvertreters Dr. G. H.

Im Rahmen der mit anderen Verfahren von mehreren zuständigen Mitgliedern konzentriert durchgeführten Berufungsverhandlung wurde das Beweisergebnis im Detail erörtert.

Der Berufungswerber nahm an der Berufungsverhandlung nicht persönlich teil.

Da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war der Unabhängige Verwaltungssenat jeweils durch ein Einzelmitglied zur Entscheidung berufen.

 

3.2. Dem ggstl. Verwaltungsstrafverfahren liegt eine Anzeige der PI Marchtrenk vom 31.8.2006 zugrunde. Der Meldungsleger bestätigte in seiner zeugenschaftlichen Einvernahme den festgestellten Sachverhalt. Auf sich bewenden kann, ob letztlich von einem Parken oder bloß von einem Halten auszugehen wäre. Der Meldungsleger konnte jedenfalls die Zeitdauer, in der er das auf diesem Mehrzweckstreifen abgestellte Fahrzeug wahrgenommen hat, nicht benennen.

Der Behördenvertreter erblickte die gesetzliche Deckung dieser Verordnung in der Erforderlichkeit einer Verkehrsberuhigung, insbesondere aber zum Schutz von Kindern auf deren Schulweg zu der einige hundert Meter entfernt gelegenen Schule.

 

4. Es ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

4.1. Die Raiffeisenstraße erstreckt sich im westlichen Bereich der Stadt Marchtrenk auf eine Länge von etwa 800 m zwischen der B1 im Süden und der Leharstraße im Norden. Sie ist insgesamt etwa 5,5 m breit und beidseitig mit einem jeweils zumindest 1,3 m breiten Mehrzweckstreifen versehen. Diese sind sowohl farblich (rotbraun) als auch durch Begrenzungslinien von der Fahrbahn optisch getrennt ausgeführt.

 

Bei der Einmündung in die Leharstraße ist der Mehrzweckstreifen mit dem in weißer Farbe ausgestatten Schriftzug "Ende" versehen. Diese Bezeichnung fehlt bei der Einmündung in die B1 bzw. dem rechtsseitig parallel zur B1 in Richtung Wels verlaufenden Rad- und Geh- u. Radweg (§ 2 Abs.1 Z11a StVO).

Der Behördenvertreter erklärte dies mit dem Umstand, dass dieser Mehrzweckstreifen in den parallel zur B1 verlaufenden Rad- und Gehweg einmündet und demnach nicht endet.

 

Dem Verordnungsakt angeschlossen ist ein Aktenvermerk vom 16.5.2006, welcher das Ergebnis eines straßenpolizeilichen Außendienstes im Beisein zweier Vertreter der Behörde erster Instanz, eines technischen Amtssachverständigen des Amtes der Oö. Landesregierung, des Bürgermeisters u. Vizebürgermeisters, zweier weiterer Repräsentanten der Stadtgemeinde Marchtrenk, des Straßenmeisters von Eferding, sowie eines Repräsentanten der PI Marchtrenk vom 9.5.2006 protokolliert.

Eine fachliche Äußerung des beigezogenen Amtssachverständigen zu verkehrsspezifischen Fragen findet sich im Verordnungsakt nicht.

Im letzten Punkt 11 dieses Aktenvermerks wurden die zu diesem Zeitpunkt bereits bestehenden Mehrzweckstreifen mit dem Ergebnis behandelt, dass deren Verordnung erst erfolgen könne, wenn die entsprechenden Markierungen angebracht sind. Ab diesem Zeitpunkt – so im letzten Satz – sei auch das "Parken" auf Höhe der Firma S (der gegenständlichen Örtlichkeit) verboten.

 

Am 27.7.2006 teilte die Stadtgemeinde Marchtrenk der Behörde erster Instanz schriftlich die Aufbringung der entsprechenden Markierungen mit und ersuchte die Verordnung zu erlassen.

 

Im Verordnungsakt finden sich schließlich zwei weitere Aktenvermerke über straßenpolizeiliche Außendienste vom 4.9.2006 und vom 10.9.2006. Ersterer verweist auf die Verparkung im Bereich der Firma S mit der Anregung einer diesbezüglich verstärkten Überwachung.

 

Am 10.9.2006 wurde schließlich festgehalten, wonach die VO bereits am 22.8.2006 vom Abteilungsleiter konzipiert, diese jedoch aus unerfindlichen Gründen nicht unverzüglich abgefertigt worden sei. Das Datum 22.8.2006 sei von der Schreibkraft eigenmächtig ausgelackt worden und anstatt dessen das Datum 5.9.2006 eingesetzt worden.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

Der § 44 Abs.1 StVO 1960 besagt zur Kundmachung, dass die im § 43 bezeichneten Verordnungen, sofern sich aus den folgenden Absätzen nichts anderes ergibt, durch Straßenverkehrszeichen oder Bodenmarkierungen kundzumachen sind. Sie treten mit deren Anbringung in Kraft. Der Zeitpunkt der erfolgten Anbringung ist in einem Aktenvermerk (§ 16 AVG) festzuhalten.

Im Sinne des § 2 Abs.1 Z7a der StVO 1960 gilt als Mehrzweckstreifen "ein Radfahrstreifen oder ein Abschnitt eines Radfahrstreifens, der unter besonderer Rücksichtnahme auf die Radfahrer von anderen Fahrzeugen befahren werden darf, wenn für diese der links an den Mehrzweckstreifen angrenzende Fahrstreifen nicht breit genug ist oder wenn das Befahren durch Richtungspfeile auf der Fahrbahn für das Einordnen zur Weiterfahrt angeordnet ist".

Nach § 13 Abs.3 der Bodenmarkierungsverordnung BGBl. Nr. 848/1995 idF BGBl. II Nr. 370/2002 sind der Beginn und der Verlauf eines Radfahrstreifens durch wiederholte Markierung mit Fahrradsymbolen entsprechend der Abbildung in Anlage 3 zu kennzeichnen. Die Abstände der einzelnen Fahrradsymbole haben den örtlichen Gegebenheiten, den Verkehrsverhältnissen sowie den Anforderungen der Verkehrssicherheit zu entsprechen. Das Ende eines Radfahrstreifens ist durch die Schriftzeichenmarkierung "Ende" (§ 20) anzuzeigen. Schriftzeichenmarkierungen dürfen nach § 20 leg.cit nur in weißer Farbe ausgeführt werden.

Ist aber davon auszugehen, dass für einen bestimmten Bereich kein Halteverbot verordnet wurde, so liegt – die entsprechende Situierung des Verkehrszeichens vorausgesetzt – insoweit ein Kundmachungsmangel vor, weil damit der Vorschrift des § 44 Abs.1 erster Satz StVO nicht Genüge getan wird, welcher immanent ist, dass die bezüglichen Straßenverkehrszeichen dort angebracht sind, wo der räumliche Geltungsbereich der Verordnung beginnt und endet (Hinweis VwGH 3.7.1986, 86/02/0038).

Liegt ein Kundmachungsmangel betreffend eine Verordnung (hier: Verstoß gegen ein durch die sich aus der Verordnung ableitendem Halte- u. Parkverbot) vor, so braucht deren Erlassung nicht untersucht zu werden, da eine Bestrafung wegen Nichtbeachtung der Kundmachungsvorschriften des durch die Verordnung festgelegten Mehrzweckstreifens jedenfalls rechtswidrig war (VwGH 4.6.1987, 87/02/0024).

Auf sich bewenden kann daher, dass im Straferkenntnis immer von einem Radfahrstreifen die Rede ist, obwohl die Verordnung dezidiert einen "Mehrzweckstreifen" normiert hat.

Auf den konkreten Fall bezogen bedeutet dies, dass die der Bestrafung zugrunde liegende Verordnung nicht ordnungsgemäß kundgemacht wurde und diese daher im rechtlichen Sinne nicht existent ist. Das Abstellen des im Spruch des Straferkenntnisses bezeichneten Fahrzeuges bildete daher keine Verwaltungsübertretung.

 

5.1. Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde u.a. von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat  keine Verwaltungsübertretung bildet.

Nachdem mangels ordnungsgemäß kundgemachter Verordnung das Abstellen des Fahrzeuges am vorgeworfenen Tatort keine Verwaltungsübertretung bildet, war in Stattgebung der Berufung das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen.

 

6. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. B l e i e r

 

 

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