Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280954/10/Kl/Pe

Linz, 07.03.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des Herrn Ing. E I, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 9.10.2006, Ge96-104-2006, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 1.3.2007 zu Recht erkannt:

 

I.      Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass im Schuldspruch nach „ca. 10 – 12 m“ zu ergänzen ist: „mit einer Neigung bis zu 20°“, vor die verletzte Rechtsvorschrift der Ausdruck „jeweils“ zu setzen ist und dass der Strafausspruch zu lauten hat:

       „Geldstrafe von je 1.000 Euro in zwei Fällen, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von je 120 Stunden in zwei Fällen, gemäß § 130 Abs.5 Einleitungssatz ASchG“.

 

II.     Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat einen Verfahrenskostenbeitrag in der Höhe von insgesamt 400 Euro, ds 20 % der verhängten Geldstrafen, zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 19 und 51 VStG.

zu II.: § 64 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 9.10.2006, Ge96-104-2006, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 2.000 Euro, 1.000 Euro je Arbeitnehmer, Ersatzfreiheitsstrafe von 240 Stunden, wegen Verwaltungsübertretungen gemäß § 130 Abs.5 Z1 und § 118 Abs.3 ASchG und § 87 Abs.2 Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) verhängt, weil er als das zur Vertretung nach außen berufene Organ und damit gemäß § 9 VStG strafrechtlich verantwortlicher Geschäftsführer der I Gesellschaft m.b.H., welche wiederum persönlich haftende Gesellschafterin der I Gesellschaft m.b.H. KG mit Sitz in ist, zu verantworten hat, dass bei einer am 24.7.2006 vom Arbeitsinspektorat Linz durchgeführten Kontrolle der Baustelle in, festgestellt wurde, dass zwei Arbeitnehmer mit der Trapezblechverlegung im Randbereich des Flugdaches, in einer Höhe von ca. 10 m bis 12 m, ohne jegliche Sicherungsmaßnahmen beschäftigt waren.

Es waren weder Absturzsicherungen oder Schutzeinrichtungen vorhanden, noch waren die Arbeitnehmer sicher angeseilt, obwohl bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung bis zu 20° und einer Absturzhöhe von mehr als 3 m Absturzsicherungen oder Schutzeinrichtungen gemäß §§ 7 bis 10 BauV vorhanden sein müssen.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und das Straferkenntnis zur Gänze angefochten. In der Begründung wurde dargelegt, dass der Beschuldigte eine eigene Sicherheitsfachkraft, Herrn P M, damit beschäftigt habe, ein Kontrollsystem aufzubauen, zu überwachen und laufend zu verbessern. Auch wurden betriebsinterne Rundschreiben und Dienstanweisungen immer wieder verdeutlicht. Weiters werden regelmäßig interne Schulungen für Mitarbeiter veranstaltet. Vorarbeiter und Bauleiter werden auf diversen externen Schulungen geschult. Diese Personen haben auch die Aufgabe, alle anderen Mitarbeiter im Betrieb auf die Arbeitnehmerschutzbestimmungen hinzuweisen und auch die Einhaltung zu überprüfen. Der Berufungswerber hat selbst regelmäßig persönliche Kontrollen durchgeführt. Bei der gegenständlichen Baustelle war der Berufungswerber des öfteren und wiederholt persönlich anwesend. An diesen Tagen waren die Arbeiter gesichert und konnte der Beschuldigte keine Verletzung der Vorschriften feststellen. Auch sind der Anzeige keine Lichtbilder zu entnehmen, die die Anzeige bestätigen würden. Schließlich werden bei Baustellen Schutzeinrichtungen zur Verfügung gestellt und sind auf jeder Baustelle vorhanden. Der Beschuldigte hat in seinem Betrieb etwa 120 Mitarbeiter und dafür gesorgt, dass firmeninterne Weisungen auch regelmäßig durch ein dichtes und zulänglich organisiertes Netz kontrolliert werden. Es hat daher der Beschuldigte nicht fahrlässig gehandelt. Weiters wurde die Geldstrafe als überhöht angefochten und darauf hingewiesen, dass keine nachteiligen Folgen aufgetreten sind und die Schuld des Täters nur gering zu bewerten ist. Auch wäre die Unterschreitung der Mindeststrafe gerechtfertigt.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 1.3.2007, zu welcher die Verfahrensparteien geladen wurden. Der Berufungswerber hat durch seinen Rechtsvertreter, die belangte Behörde sowie das zuständige Arbeitsinspektorat Linz durch einen Vertreter an der Verhandlung teilgenommen. Weiters wurden die Zeugen Ing. K P, Arbeitsinspektorat Linz, und P M, Sicherheitsfachkraft, geladen und einvernommen. Weiters liegen im Akt erster Instanz der Anzeige beigeschlossen zwei Fotos über die kontrollierte Baustelle bzw. die Arbeiten an der Baustelle vor und wurden weitere Fotos durch das Arbeitsinspektorat anlässlich der mündlichen Verhandlung vorgelegt. Diese werden als Beweis der Entscheidung zugrunde gelegt. Schließlich legte das Arbeitsinspektorat Linz Aufforderungsschreiben an die I GmbH KG in betreffend die gegenständliche Baustelle vor, wonach bei schon vor dem Tatzeitpunkt gelegenen Kontrollen, nämlich am 27.6.2006 und 20.7.2006, die Nichteinhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen festgestellt wurde, wobei ebenfalls Arbeitnehmer ungesichert Trapezblechverlegungen bei einer Absturzhöhe von ca. 15 m durchgeführt haben bzw. Arbeiten an Dachöffnungen zum Lichthof vorgenommen wurden. Auch zum Tatzeitpunkt getroffene Wahrnehmungen wurden durch ein Aufforderungsschreiben vom 28.7.2006 schriftlich bekannt gegeben und die Einhaltung der Bestimmungen eingefordert.

 

Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens steht als erwiesen fest, dass am 24.7.2006 auf der Baustelle in, zwei Arbeitnehmer mit Dacharbeiten, nämlich Trapezblechverlegearbeiten, im Randbereich des Daches (ausragender Teil des Daches), wobei es sich um ein Flachdach handelte und die Absturzhöhe ca. 10 m bis 12 m betrug, durchgeführt haben, wobei keine technischen Schutzeinrichtungen gegen Abstürzen vorhanden waren. Auch waren die Arbeitnehmer nicht angeseilt. Dies ergibt sich eindeutig aus der Aussage des zeugenschaftlich einvernommenen Arbeitsinspektors sowie den vorgelegten Fotos. Die Aussagen des Arbeitsinspektors sind glaubwürdig und sind durch die Fotos belegt. Dazu wurde vom Zeugen auch noch dargelegt, dass nur für jene Arbeitnehmer, die im Randbereich gearbeitet haben, die Anzeige erstattet wurde und das Strafverfahren durchgeführt wurde. Nach innen befand sich eine darunterliegende Geschoßdecke, wo die Absturzhöhe etwa 3 m bis 4 m war und die dort befindlichen Arbeitnehmer nicht angezeigt wurden. Der Anzeige wird unter Hinweis auf die Fotos nur zugrunde gelegt, dass zwei Arbeitnehmer im Außenbereich, wobei die Absturzhöhe durch die Luft etwa 12 m betrug, auf einem Träger standen, völlig ungesichert und dort zu zweit das Trapezblech verlegten. Dies ist aus den Fotos 1 und 2 belegt sowie in Vergrößerung und von unten aufgenommen das weiters vorgelegte Foto über den freien Betonträger, auf dem ein Arbeitnehmer stand. Diese beiden Arbeitnehmer waren nicht angeseilt. Durch Befragen des Vorarbeiters an Ort und Stelle wurde aber darauf hingewiesen, dass Sicherheitsgeschirre und -seile im Firmenbus an der Baustelle vorhanden waren. Bei der Baustelle handelte es sich um eine sehr große Baustelle. Die genannte Firma hatte die Dacheindeckung und später die Isolierung durchgeführt. Die Baustelle hat ca. zwei Monate gedauert. Auch wurde wegen der selben Mängel, nämlich Nichtabsicherung bei Dacharbeiten, welche ebenfalls durch den Zeugen festgestellt wurden, schriftliche Aufforderungen zur Mängelbehebung gerichtet. Weil auf diese Beanstandungen nicht reagiert wurde, wurde dann bei der Kontrolle vom 24.7.2006, bei der ebenfalls die Nichteinhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen festgestellt wurde, dann mit Anzeige vorgegangen.

Es war davon auszugehen, dass es sich um Arbeitnehmer der Firma I handelte. Der Zeuge legte glaubwürdig dar, dass er bereits mehrmals die Baustelle besichtigt hat und auch Arbeitnehmer der Firma I angetroffen hat. Diese tragen auch die Firmenbekleidung und versicherte ihm auch immer der Vorarbeiter, mit dem er Kontakt aufgenommen hat, dass es sich um Arbeitnehmer der Firma I handelte. Auch wurden keine anderen Firmen mit der Verlegung von Trapezblechen auf dieser Baustelle vorgefunden.

 

Zum Kontrollsystem wurde der Zeuge P M, Sicherheitsfachkraft, einvernommen und konnten dessen Aussagen als glaubwürdig der Entscheidung zugrunde gelegt werden. Er sei für die Firma als Sicherheitsfachkraft beschäftigt und über Anforderung macht er Baustellenevaluierungen und berät die Firma hinsichtlich der Sicherheitstechnik. Die Baustelle in, hat der Zeuge vor der Kontrolle nicht besichtigt und war er nicht zu einer Beratung beigezogen worden. Der Zeuge macht die Mitarbeiterschulungen, für Bauleiter gibt es eine dreitägige Schulung außerhalb der Firma. Die Mitarbeiter bekommen regelmäßig, meist jährlich, eine Unterweisung von zwei bis drei Stunden. Bei dieser Unterweisung wird auf Unfälle eingegangen und welche Maßnahmen gesetzt werden müssen, wobei Themenschwerpunkte je nach Anlass gesetzt werden. Aus den jährlichen Besprechungen werden Ergebnisse an die Mitarbeiter weitergeleitet und mit ihnen besprochen. Die konkrete Unterweisung für eine Baustelle soll vom Vorarbeiter an die Mitarbeiter erfolgen. Ihm übergeordnet ist ein Bauleiter. Für die Sicherheitseinrichtungen für eine Baustelle ist die Bauleitung verantwortlich, die Vorarbeiter sind für die Umsetzung verantwortlich. Der Berufungswerber ist mit einzelnen Projekten nicht befasst. Die Evaluierung der Baustelle ist Aufgabe des Bauleiters.

 

Die weiteren Beweisanträge des Berufungswerbers, nämlich Einvernahme des Bauleiters O S, waren abzulehnen, weil sie nicht zum entscheidungserheblichen Sachverhalt beitragen können. Zum Kontrollzeitpunkt war nämlich der Bauleiter nicht auf der Baustelle und kann daher zu diesem Zeitpunkt nicht befragt werden. Da weder der Bauleiter noch der Berufungswerber selbst anlässlich der Kontrolle auf der Baustelle vorgefunden wurden, dh nicht anwesend waren, dies aber auch nicht vom Berufungswerber behauptet wurde, erübrigt sich mangels Relevanz eine Einvernahme dieser Personen. Auch die bereits vorausgegangenen Aufforderungsschreiben des Arbeitsinspektorates betreffend die genannte Baustelle sowie auch die telefonischen Kontakte des Arbeitsinspektors mit dem Bauleiter S hinsichtlich der genannten Baustelle, welche ebenfalls schon Kontrollen der Baustelle voraussetzen, wurden nicht bestritten und war niemals zweifelhaft, dass Arbeitnehmer der Firma I die Dacharbeiten vornahmen. Mangels eines weiteren konkreten Vorbringens des Berufungswerbers konnte daher aufgrund der Zeugenaussagen der Sachverhalt als erwiesen festgestellt werden. Reines Bestreiten durch den Berufungswerber hingegen genügt nicht.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 130 Abs.5 Z1 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 Euro bis 14.530 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt weitergeltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

 

Gemäß § 118 Abs.3 ASchG gilt die Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen als Verordnung nach diesem Bundesgesetz.

 

Gemäß § 87 Abs.2 BauV müssen bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung von bis zu 20° und einer Absturzhöhe von mehr als 3,00 m Absturzsicherungen oder Schutzeinrichtungen gemäß §§ 7 bis 10 vorhanden sein.

 

Es sind daher Absturzsicherungen, Abgrenzungen oder Schutzeinrichtungen wie Dachfanggerüste oder Dachschutzblenden vorzusehen (§§ 8, 9 und 10 BauV). Müssen zur Durchführung von Bauarbeiten Absturzsicherungen, Abgrenzungen oder Schutzeinrichtungen entfernt werden, sind geeignete andere Schutzmaßnahmen zu treffen, wie die Verwendung von persönlichen Schutzausrüstungen (§ 7 Abs.3 erster Satz BauV). Die Anbringung von Absturzsicherungen oder Schutzeinrichtungen kann entfallen, wenn der hiefür erforderliche Aufwand unverhältnismäßig hoch gegenüber dem Aufwand für die durchzuführende Arbeit ist. In diesen Fällen müssen die Arbeitnehmer entsprechend § 30 sicher angeseilt sein (§ 7 Abs.4 BauV).

 

5.2. Aufgrund des Beweisverfahrens insbesondere der Zeugenaussagen des Arbeitsinspektors und der angefertigten Fotos ist erwiesen, dass zwei Arbeitnehmer der I GmbH KG, deren handelsrechtlicher Geschäftsführer der Berufungswerber ist, auf der Baustelle in am 24.7.2006 Arbeiten (Verlegung von Trapezblechen) am Randbereich des Flachdaches mit einer Neigung bis 20° und einer Absturzhöhe von 10 m bis 12 m durchgeführt haben und weder Absturzsicherungen, Abgrenzungen oder Schutzeinrichtungen noch andere Schutzmaßnahmen noch persönliche Schutzausrüstung wie Sicherheitsseile und ‑gurte verwendet wurden. Es wurden daher die zitierten Bestimmungen der BauV iVm dem ASchG verletzt. Der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung wurde hinsichtlich der zwei Arbeitnehmer erfüllt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 26.7.2002, 2002/02/0037-6, ausgeführt, dass es der ständigen Rechtsprechung entspricht, dass mehrere Straftaten vorliegen, wenn sich die rechtswidrigen Angriffe gegen die Gesundheit mehrerer Dienstnehmer richten. Die Verhängung von nur einer Strafe und die Annahme nur einer Verwaltungsübertretung stellt einen Verstoß gegen das in § 22 VStG normierte Kumulationsgebot dar.

 

Der Berufungswerber bekämpft in seiner Berufung die Annahme eines Verschuldens und beruft sich auf ein von ihm aufgestelltes Kontrollsystem. Diese Ausführungen konnten aber im Grunde des Beweisverfahrens den Berufungswerber nicht entlasten.

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt nämlich, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten und ist Fahrlässigkeit bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinn der zitierten Bestimmungen ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Berufungswerber kein Entlastungsnachweis erbracht wird.

Im Sinn der Arbeitnehmerschutzbestimmungen und der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat nämlich der Arbeitgeber dafür Soge zu tragen, dass die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie der dazu erlassenen Verordnungen eingehalten werden. Ist er selbst nicht anwesend, hat er einen geeigneten Arbeitnehmer zu bestimmen, der auf die Durchführung und Einhaltung der zum Schutz der Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen zu achten hat. Dieser Pflicht ist der Berufungswerber nicht ausreichend nachgekommen. Es wird zwar darauf Bedacht genommen, dass die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es nicht zulässt, dass sich der Unternehmer aller Belange und Angelegenheiten persönlich annimmt, es ist ihm vielmehr zuzubilligen, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich  zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessen Kontrolle zu beschränken. Es ist der Unternehmer dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit, wenn er den Nachweis zu erbringen vermag, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Der dem Berufungswerber nach § 5 Abs.1 VStG obliegende Entlastungsbeweis kann aber nicht allein dadurch erbracht werden, dass die ihn betreffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen worden sei. Es bedarf vielmehr des weitern Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist (VwGH vom 18.9.1991, 90/19/0177, sowie vom 13.12.1990, 90/09/0141). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reichen die bloße Erteilung von Weisungen und die Wahrnehmung einer „Oberaufsicht“ nicht aus (vgl. VwGH 30.6.1994, 94/09/0049). Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte. In diesem Sinne führt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20.12.2002, 99/02/0220, aus, dass der Hinweis auf die Betrauung Dritter mit Kontrollaufgaben, auf die Erteilung entsprechender Weisungen und auf stichprobenartige Überprüfungen nicht den Anforderungen an ein wirksames Kontrollsystem genügt. Insbesondere bemängelt der Verwaltungsgerichtshof, dass der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht hat, dass er etwa die Einhaltung der erteilten Aufträge und Weisungen während deren Ausführung überprüft hätte. „Gerade für den Fall, dass Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb aufgrund eigenmächtiger Handlungen gegen die Arbeitnehmervorschriften verstoßen, hat das entsprechende vom Arbeitgeber eingerichtete Kontrollsystem, Platz zu greifen. Im Beschwerdefall zeigt jedoch das eigenmächtige Verhalten des verunfallten Arbeitnehmers zum Tatzeitpunkt, dass kein wirksames Kontrollsystem im Sinn der hg. Judikatur vorhanden war.“

Im Sinn dieser Judikatur reicht es nicht aus, dass der Berufungswerber geltend macht, dass er Schulungen und Weisungen der Mitarbeiter veranlasst hat und solche durchgeführt werden. Dass er konkrete Schutzmaßnahmen für die gegenständliche Baustelle angeordnet hat, wurde niemals vom Berufungswerber behauptet. Es reicht auch nicht aus, dass der Berufungswerber einen – an sich geeigneten – Bauleiter eingesetzt hat und dieser Anweisung hatte, die Schutzvorschriften einzuhalten und zu kontrollieren, nicht aber konkret darlegt, dass der Berufungswerber den Bauleiter seinerseits kontrolliert, also ob Kontrollen durchgeführt werden, wie oft er diese Kontrollen durchführt und welche konkreten Maßnahmen er getroffen hat, um unter den vorhersehbaren Umständen die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften gewährleisten zu können. Wenn auch der Berufungswerber selbst behauptet auf der Baustelle gewesen zu sein, so fehlt aber ein Vorbringen, ob er den für die Baustelle zuständigen Bauleiter kontrolliert hat und ob er weiters kontrolliert hat, ob auch der Bauleiter die an ihn ergangenen Weisungen einhält und daher der Bauleiter die Baustelle und den dort eingesetzten Vorarbeiter kontrolliert. Fehlt es daher an einer Kontrolle des Bauleiters, so ist ein lückenloses Kontrollsystem nicht gegeben. So eine Kontrolle wird aber nicht einmal vom Berufungswerber behauptet. Das Beweisergebnis hat vielmehr gezeigt, dass seitens der Sicherheitsfachkraft lediglich vorgesehen ist, dass der Bauleiter einmal im Monat eine Baustelle genau kontrolliert und evaluiert. Ständige Kontrollen sind nach diesem Sicherheitssystem nicht vorgesehen. Auch hat das Beweisverfahren einwandfrei ergeben, dass zum Kontrollzeitpunkt weder der Berufungswerber noch der Bauleiter auf der Baustelle anwesend waren. Da aber die Baustelle lange Zeit in Anspruch nahm und auch die konkreten Arbeiten schon durch längere Zeit hindurch durchgeführt wurden, wie dies auch aus dem Fortschritt der vorgelegten Fotos ersichtlich ist, technische Schutzeinrichtungen aber zur Gänze auf der Baustelle fehlten, also auch die Bestandteile grundsätzlich auf der Baustelle nicht vorhanden waren, kann daher von einer wirksamen Kontrolle durch den Berufungswerber und den Bauleiter sowie von konkreten Anordnungen zur Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften nicht ausgegangen werden. Aus dem Zustand der Baustelle ist vielmehr ersichtlich, dass konkrete technische Sicherheitseinrichtungen für die Baustelle gar nicht vorgesehen waren. Es waren vielmehr die Arbeitnehmer selbständig an der Baustelle tätig und waren sich diese Arbeitnehmer der Gefahr eines Absturzes offensichtlich nicht bewusst. Dies bestätigt auch der Umstand, dass nicht einmal persönliche Schutzeinrichtungen durch die Arbeitnehmer verwendet wurden. Zum Kontrollsystem ist aber auch noch auf die Aussage der Sicherheitsfachkraft hinzuweisen, wonach der Berufungswerber in der Geschäftsleitung tätig ist und auf Baustellen nicht kommt und auch ein Baustellenbesuch nicht vorgesehen ist, und auch für den Bauleiter lediglich einmal im Monat eine Baustellenbesichtigung vorgesehen ist. Ständige Kontrollen der Baustellen sind nach dem vom Berufungswerber dargelegten Sicherheitssystem bzw. Kontrollsystem nicht vorgesehen. Weiters ist auch darauf hinzuweisen, dass die Baustelle schon vor dem Vorfallstag vom selben Arbeitsinspektor kontrolliert wurde und gleiche Mängel festgestellt wurden, nämlich dass keine technischen Schutzeinrichtungen gegen Absturz vorhanden waren und auch die Arbeitnehmer nicht angeseilt waren, dies auch bei einer entsprechenden Höhe, und dass sogar diese Aufforderungsschreiben zur Behebung der Mängel dem Berufungswerber weder veranlasst haben, entsprechende Einrichtungen zur Verfügung zu stellen noch das Anbringen dieser Einrichtung und Verwendung der Ausrüstung zu kontrollieren. Darüber hinausgehende telefonische Kontakte mit dem Bauleiter durch den Arbeitsinspektor aufgrund der konkreten Wahrnehmungen haben ebenfalls keine Änderung im Verhalten und im Kontrollsystem erbracht. Es konnte daher der Berufungswerber nicht nachweisen, dass Anordnungen und Maßnahmen getroffen wurden, die die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen durch die Arbeitnehmer gewährleisten können.

Aber auch nur kurzzeitige Arbeiten sowie Eigenmächtigkeiten der Arbeitnehmer entschuldigen den Berufungswerber nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht. Darüber hinaus fehlt aber der Berufung ohnedies ein solches Vorbringen.

Jedenfalls ist aber hervorzuheben, dass trotz der enormen Höhe und Gefahr auch sonstige Vorkehrungen wie persönliche Schutzausrüstungen nicht verwendet wurden.

Auch das Vorbringen, dass eine Sicherheitsfachkraft bestellt wurde, kann den Berufungswerber nicht entlasten. Die Sicherheitsfachkraft führt nach dem ASchG Evaluierungen und Begehungen durch. Eine ständige Kontrolle der Arbeitnehmer auf den Baustellen wird durch die Sicherheitsfachkraft nicht durchgeführt. Dies ist auch Ergebnis der Einvernahme der Sicherheitsfachkraft in der öffentlichen mündlichen Verhandlung, wonach die Sicherheitsfachkraft selbst angibt, die konkrete Baustelle nicht zu kennen.

Da im Grunde des Beweisverfahrens davon auszugehen ist, dass weder der Berufungswerber noch eine bevollmächtigte Person konkrete Anweisungen für die Baustelle und die Arbeiten hinsichtlich der Schutzeinrichtungen getroffen hat und auch die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften nicht kontrolliert wurde, ist der Entlastungsnachweis dem Berufungswerber nicht gelungen und daher vom Verschulden des Berufungswerbers, nämlich zumindest von Fahrlässigkeit auszugehen. Dies insbesondere deshalb, weil schon vorausgegangene Beanstandungen bei den selben Arbeiten auf der selben Baustelle durch das Arbeitsinspektorat stattgefunden haben und auch schriftliche Aufforderungen diesbezüglich beim Berufungswerber nicht zu einer Änderung des Verhaltens geführt haben.

 

5.3. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die belangte Behörde hat auf die objektiven und subjektiven Strafbemessungsgründe nach § 19 VStG Bedacht genommen. Insbesondere verweist sie auf den Unrechtsgehalt der Tat. Diesen Ausführungen ist beizupflichten, zumal die Absturzhöhe mit ca. 12 m erheblich ist. Es ist daher von einer erheblichen Gefährdung für die Gesundheit und das Leben der Arbeitnehmer auszugehen. Der Berufungswerber hat keine Angaben zu seinen persönlichen Verhältnissen gemacht. Auch wenn die belangte Behörde von ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnissen des Berufungswerbers ausgeht, ist die verhängte Geldstrafe je Delikt nicht überhöht. Im Grunde der vorliegenden rechtskräftigen einschlägigen Vorstrafen des Berufungswerbers ist daher der Behörde beizupflichten, dass sie von dem gesetzlich festgelegten erhöhten Strafrahmen von 290 Euro bis 14.530 Euro ausgeht. Im Grunde dieses Strafrahmens ist die Geldstrafe von 1.000 Euro pro Verwaltungsübertretung nicht überhöht, sondern liegt im untersten Bereich des Strafrahmens. Allerdings ist bei der Strafe zu berücksichtigen, dass weder die rechtskräftigen Vorstrafen noch Aufforderungsschreiben des zuständigen Arbeitsinspektorates Linz, ungesetzliche Zustände zu beseitigen und die Arbeitnehmerschutzbestimmungen bei Dacharbeiten einzuhalten, nichts genützt haben und den Berufungswerber nicht zu einem Einlenken und zu einem gesetzeskonformen Verhalten bewegen konnten. Es ist daher die verhängte Geldstrafe je Delikt erforderlich, um den Berufungswerber zu gesetzeskonformem Verhalten anzuleiten und auch von einer weiteren Tatbegehung abzuschrecken. Strafmildernde Umstände lagen nicht vor und wurden auch in der Berufung nicht vorgebracht. Hingegen konnten die rechtskräftigen Vorstrafen nicht nochmals als erschwerend gewertet werden, da diese schon als Voraussetzung für den erhöhten Strafrahmen herangezogen wurden.

 

Weil gemäß § 22 VStG von mehreren gleichartigen Delikten auszugehen war, war auch für jedes Delikt eine gesonderte Geldstrafe und gemäß § 16 VStG auch eine gesonderte Ersatzfreiheitsstrafe vorzusehen. Entsprechend wurde auch der Strafausspruch berichtigt. Im Übrigen war aber die Strafhöhe zu bestätigen.

Weil Milderungsgründe nicht vorlagen, war auch ein erhebliches Überwiegen der Milderungsgründe nach § 20 VStG nicht gegeben und daher mangels der Voraussetzungen von einer außerordentlichen Milderung nicht Gebrauch zu machen.

Auch die Voraussetzungen des geringfügigen Verschuldens lagen im konkreten Fall nicht vor. Ein geringfügiges Verschulden ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nur anzunehmen, wenn das konkrete Tatverhalten weit hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurückbleibt. Das konkret vorgeworfene Tatverhalten widerspricht aber genau jenem Schutzzweck der Norm, der unter Strafe gestellt ist und auch in der Strafdrohung zum Ausdruck kommt. Es war daher auch eine kumulativ erforderliche Voraussetzung nach § 21 VStG nicht erfüllt, weshalb § 21 VStG nicht zur Anwendung gelangte.

 

5.4. Die übrigen Spruchberichtigungen waren aufgrund der zitierten Gesetzesbestimmungen erforderlich.

 

6. Bei diesem Verfahrensergebnis war ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat gemäß § 64 VStG in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe je Arbeitnehmer festzusetzen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Klempt

 

Beschlagwortung:

Kontrollsystem, Dacharbeiten, Kumulation

 

 

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