Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230299/5/Br

Linz, 01.06.1994

VwSen - 230299/5/Br Linz, am 1. Juni 1994 DVR.0690392

Erkenntnis

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn T.K., gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion .. vom 28. März 1994, Zl. St.-15.167/93-S, nach der am 1. Juni 1994 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird F o l g e gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 866/1992 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 und § 51i Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 666/1993 VStG.

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion .. hat in Punkt 2) des oben bezeichneten Straferkenntnisses wider den Berufungswerber wegen der Übertretung nach § 22 Abs.1 Z3 Meldegesetz eine Geldstrafe von 1.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit 36 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er an der Adresse L., eine Abmeldung vorgenommen habe, welcher keine entsprechende Unterkunftaufgabe zugrundegelegen sei; weil dies eine Meldeüberprüfung am 16. November 1993, um 12.10 Uhr ergeben habe. 1.1. Begründend führt die Erstbehörde im wesentlichen aus, daß die zur Last gelegte Übertretung deshalb als erwiesen anzusehen wäre, weil an der genannten Adresse sowohl die Gattin als auch die Kinder des Berufungswerbers wohnten. Es sei bei der Beurteilung der Wohnsitzfrage von zwei Elementen, nämlich einem tatsächlichen und einem psychischen auszugehen. Beim Zweiteren handelte es sich um die Frage, ob jemand die Absicht habe an einem bestimmten Ort seinen Mittelpunkt der Lebensbeziehungen zu gestalten. Demgemäßsei davon ausgegangen worden, daß die Aufgabe des Wohnsitzes schon aus familiären Gründen nicht erfolgt war. 2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht am 13. April 1994 bei der Erstbehörde zu Protokoll gegebenen Berufung. Inhaltlich führt er darin aus, daß er in .. den Wohnsitz aufgegeben gehabt habe. 3. Da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, hat der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied zur Entscheidung berufen. Zumal dieÜbertretung dem Grunde nach bestritten wurde, war eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme des von der Erstbehörde vorgelegten Verwaltungsaktes, sowie durch die Vernehmung des Zeugen W. K. und des Berufungswerbers als Beschuldigten im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung. Einsicht genommen wurde in die vom Berufungswerber vorgelegten Dokumente und Korrespondenz, wobei diese im Verhandlungsprotokoll vermerkt wurden. 5. Folgender Sachverhalt wird als erwiesen angenommen:

5.1. Der Berufungswerber hat sich ab Dezember 1992 in Tschechien zwecks Gründung einer Firma aufgehalten. Er war per Adresse "S.238," polizeilich angemeldet. An seiner ..er Adresse, ist die polizeiliche Abmeldung am 19. Februar 1993 erfolgt. Seit 21. Jänner 1994 ist der Berufungswerber wieder an der ursprünglichen Adresse in .. polizeilich gemeldet. An der tschechischen Adresse sind dem Berufungswerber mehrere Poststücke, darunter auch behördliche Schriftstücke sowohl von österreichischen öffentlichen Institutionen(BH ..-Land und W.Krankenhaus), als auch von einer Behörde in Tschechien, zugestellt worden. Im Reisepaß des Berufungswerber finden sich über 30 Stampiglien Ein- bzw. Ausreisestampilien, wobei deren Datum aber nicht lesbar sind. Während des Aufenthaltes des Berufungswerbers in Tschechien hat er keine persönlichen Sachen in der ..er Wohnung zurückgelassen gehabt. Der Berufungswerber hatte in dieser Zeit eheliche Probleme und er war auch nicht mehr im Besitz eines Schlüssels zur ehelichen Wohnung.

5.1.1. Dieses Beweisergebnis stützt sich auf die Angaben des Berufungswerbers und die von ihm vorgelegten Beweismittel, sowie durch die zeugenschaftlichen Angaben des Herrn W.K. Der Berufungswerber führt aus, daß er in Tschechien Post zugestellt bekommen habe. Um sein Auto nicht abmelden zu müssen habe er sich erst am 19. Februar 1993 an seiner Adresse in .. polizeilich abgemeldet. Deshalb habe er nach dem KFG eine Strafe bekommen. Ursprünglich habe er sein Auto in Tschechien anmelden wollen, was aber aufgrund des Alters des Fahrzeuges nicht möglich gewesen ist. Im Hinblick auf seine Firmengründung in Tschechien habe er seinen gesamten Hausrat in .. aufgelöst und sei etwa vom Dezember 1992 bis am 15. Februar 1993 überhaupt nie nach .. gekommen. An diesem Tag sei er erstmals wieder eingereist und habe dabei auch eine Strafe wegen Schnellfahrens bekommen. Er habe sozusagen während seines Aufenthaltes in Tschechien keinen Kontakt nach .. gehabt. Auch zu seiner Familie sei der Kontakt abgebrochen gewesen. Diese Angaben sind im wesentlichen schlüssig und nachvollziehbar. Die von der Erstbehörde getroffene Annahme im Hinblick auf eine nicht stattgefundene Unterkunftaufgabe waren im Rahmen dieses Beweisverfahrens nicht haltbar. Es ließen sich keine handfesten Hinweise dahingehend erkennen, daß etwa tatsächlich nur eine "Scheinabmeldung" nach Tschechien vorgelegen hätte. Dagegen spricht insbesondere die Tatsache, daß dem Berufungswerber sogar behördliche Schriftstücke aus Ísterreich zugestellt worden sind und immerhin auch glaubhaft dargelegt wurde, daß der Berufungswerber in dieser Zeit familiäre Schwierigkeiten hatte und auch von einer Scheidung die Rede gewesen ist. Dies ist doch als deutliches Indiz auch für die mentale Aufgabe der Unterkunft anzusehen. Demgegenüber beruft sich die Erstbehörde auf die Mitteilung von einigen Hausbewohnern, welche jedoch in der Anzeige vom 19. November 1993 nicht namentlich genannt sind. Selbst wenn die vom Berufungswerber in Tschechien ausgeübte Tätigkeit keiner weiteren Überprüfung zugänglich ist, kann alleine die Tatsache, daß die Familie des Berufungswerbers in .. zurückgeblieben war, jedenfalls nicht zur Schlußfolgerung einer Scheinabmeldung führen. Aus dieser Sicht vermochte auch nichts die Tatsache zu ändern, daß der Berufungswerber angeblich am 26. Jänner 1993 in Tschechien eine Lenkerberechtigung erworben hat. Eine allfällige diesbezügliche Motivation für die Unterkunftaufgabe in Ísterreich würde die hier anstehende meldegesetzliche Frage für den Berufungswerber jedenfalls nicht nachteilig gestalten. Auch eine allfällige Besuchstätigkeit an einem derart aufgegebenen Wohnsitz vermag hier nicht als Indiz dafür angesehen werden, daß am 16. November 1993 der Wohnsitz bloß scheinhalber aufgegeben gewesen wäre. Die sich damit - wie im Punkt 1) dieses Erkenntnisses ersichtlich - ergebende kraftfahrgesetzliche Frage, ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Eine allenfalls verspätete Ab- bzw. verspätete neuerliche polizeiliche Anmeldung in .. wurde offenbar nicht Gegenstand des erstbehördlichen Verfahrens. 5.2. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat wie folgt erwogen:

5.2.1. Die Aufgabe einer Unterkunft geht, wie die Erstbehörde zutreffend ausgeführt hat, mit der Tatsache einher, daß sowohl das örtliche Nahverhältnis als auch die Absicht an diesem Ort aufhältig sein zu wollen, wegfällt! Ersteres ist insbesondere in der Komponente gelegen sich darin aufzuhalten, dort zu nächtigen, seine Sachen zu verwahren und hievon auch andere grundsätzlich auszuschließen (siehe Kurzkommentar zum Meldegesetz in der Ausgabe "Ísterr. Recht", 1.2.1989). Demnach war der Berufungswerber zur polizeilichen Abmeldung sogar verpflichtet. Eine allenfalls erst verspätete Abmeldung wurde offenbar nicht Gegenstand eines Verfahrens. Ein solches Delikt hat die Wirkung eines Dauerdeliktes, bei dem nicht nur die Herbeiführung eines rechtswidrigen Zustandes, sondern auch dessen Aufrechterhaltung pönalisiert ist (vgl. VwGH 8.4.1987, 87/01/0007, VwSlg 3156/A/1953). Den Materialen zum Meldegesetz (Erläuterungen zur Regierungsvorlage, Nr. 418 der Beilagen Seite 9 bis 17) ist hiezu zu entnehmen, daß der Sinn und Zweck der Regelung neben sicherheitspolizeilicher Aspekte, das Meldewesen auch Grundlage für die Erstellung der Wählerevidenz, sowie verschiedenartiger statistischer Belange, hat. Ebenfalls ist der Regelungszweck in der Durchsetzung privatrechtlicher Ansprüche, die Ausforschung von Schuldnern u.v.m. gelegen. Das Meldesystem kann seiner Aufgabe nur gerecht werden, wenn der jeweilige Aufenthalt einer bestimmten im Bundesgebiet wohnhaften (naturgemäß daher auch einer im Bundesgebiet wohnhaft gewesenen) Person erforderlichenfalls jederzeit festgestellt werden kann. Mangels eines zentralen österreichischen Melderegisters ist es daher auch unumgänglich, den Abzumeldenden zu verpflichten, anläßlich eines Unterkunftswechsels die Ortsgemeinde seiner nächsten, der polizeilichen Anmeldeverpflichtung unterliegenden Unterkunft anzugeben, um im Falle von behördlichen oder privaten Nachforschungen einen Hinweis darüber zu erhalten, im Bereiche welcher der zahlreichen Meldebehörden diese Nachforschungen sinnvoll fortgesetzt werden können. Diesem Schutzzweck hat der Berufungswerber augenscheinlich jedenfalls nicht zuwidergehandelt, indem er offenbar seinen Wohnsitzwechsel öffentlich rechtlichen Institutionen zur Kenntnis gebracht hat, sodaß mit ihm jedenfalls die Kontaktnahme möglich geblieben ist. 6. Das Verwaltungsstrafverfahren war daher in diesem Punkt einzustellen. Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig. H i n w e i s: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.Ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

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