Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280958/16/Kl/Pe

Linz, 07.03.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des Herrn Ing. E I, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 1.12.2006, Ge96-57-2006, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 1.3.2007 zu Recht erkannt:

 

I.      Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass

-          im Spruch nach der Wortfolge „in einer Höhe von ca. 7,8 bis 8,2 m“ die Wortfolge „und einer Dachneigung von ca. 2°“ einzufügen ist,

-          vor der verletzten Rechtsvorschrift der Ausdruck „in sechs Fällen jeweils“ zu setzen ist und

-          die verhängte Strafe zu lauten hat: „Geldstrafe von je 1.000 Euro in sechs Fällen (je Arbeitnehmer), falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von je 48 Stunden in sechs Fällen, gemäß § 130 Abs.5 Einleitungssatz ASchG“.

 

II.     Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat einen Verfahrenskostenbeitrag in der Höhe von insgesamt 1.200 Euro, ds 20 % der verhängten Geldstrafen, zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 19 und 51 VStG.

zu II.: § 64 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 1.12.2006, Ge96-57-2006, wurden über den Berufungswerber in sechs Fällen Geldstrafen von jeweils 1.000 Euro, eine Ersatzfreiheitsstrafe von 288 Stunden, wegen Verwaltungsübertretungen gemäß § 130 Abs.5 Z1 und § 118 Abs.3 ASchG iVm §§ 87 Abs.2 und 7 Abs.1 Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) verhängt, weil er als das zur Vertretung nach außen berufene Organ und damit gemäß § 9 VStG strafrechtlich verantwortlicher handelsrechtlicher Geschäftsführer der I Gesellschaft m.bH., welche wiederum persönlich haftende Gesellschafterin der I Gesellschaft m.b.H. KG mit Sitz in ist, zu verantworten hat, dass bei einer am 14.2.2006 vom Arbeitsinspektorat für Bauarbeiten in Wien durchgeführten Kontrolle der Baustelle in, festgestellt wurde, dass die Arbeitnehmer M H, S P, A S, J D, M S und M E mit Dacharbeiten (Isolierungs-, Trapezblechverlegungs- und Spenglerarbeiten), in einer Höhe von ca. 7,8 bis 8,2 m, ohne jegliche Schutzmaßnahmen beschäftigt waren.

Es waren weder technische Schutzmaßnahmen angebracht, noch waren die Arbeitnehmer sicher angeseilt, obwohl bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung bis zu 20° und einer Absturzhöhe von mehr als 3 m Absturzsicherungen oder Schutzeinrichtungen gemäß §§ 7 bis 10 BauV vorhanden sein müssen.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und das Straferkenntnis zur Gänze angefochten. In der Begründung wurde dargelegt, dass der Beschuldigte eine eigene Sicherheitsfachkraft, Herrn P M, damit beschäftigt habe, ein Kontrollsystem aufzubauen, zu überwachen und laufend zu verbessern. Auch wurden betriebsinterne Rundschreiben und Dienstanweisungen immer wieder verdeutlicht. Weiters werden regelmäßig interne Schulungen für Mitarbeiter veranstaltet. Vorarbeiter und Bauleiter werden auf diversen externen Schulungen geschult. Diese Personen haben auch die Aufgabe, alle anderen Mitarbeiter im Betrieb auf die Arbeitnehmerschutzbestimmungen hinzuweisen und auch die Einhaltung zu überprüfen. Der Berufungswerber hat selbst regelmäßig persönliche Kontrollen durchgeführt. Bei der gegenständlichen Baustelle war der Berufungswerber des öfteren und wiederholt persönlich anwesend. An diesen Tagen waren die Arbeiter gesichert und konnte der Beschuldigte keine Verletzung der Vorschriften feststellen. Auch sind der Anzeige keine Lichtbilder zu entnehmen, die die Anzeige bestätigen würden. Schließlich werden bei Baustellen Schutzeinrichtungen zur Verfügung gestellt und sind auf jeder Baustelle vorhanden. Der Beschuldigte hat in seinem Betrieb etwa 120 Mitarbeiter und dafür gesorgt, dass firmeninterne Weisungen auch regelmäßig durch ein dichtes und zulänglich organisiertes Netz kontrolliert werden. Es hat daher der Beschuldigte nicht fahrlässig gehandelt. Weiters wurde die Geldstrafe als überhöht angefochten und darauf hingewiesen, dass keine nachteiligen Folgen aufgetreten sind und die Schuld des Täters nur gering zu bewerten ist. Auch wäre die Unterschreitung der Mindeststrafe gerechtfertigt.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 1.3.2007, zu welcher die Verfahrensparteien geladen wurden. Der Berufungswerber hat durch seinen Rechtsvertreter, die belangte die Behörde sowie das zuständige Arbeitsinspektorat für Bauarbeiten durch einen Vertreter des Arbeitsinspektorates Linz an der Verhandlung teilgenommen. Weiters wurden die Zeugen Ing. D, Arbeitsinspektorat für Bauarbeiten Wien, P M, Sicherheitsfachkraft, sowie M H und A S, Arbeitnehmer des Berufungswerbers, geladen und mit Ausnahme des nicht erschienenen M H einvernommen. Weiters wurden vom Zeugen Ing. D anlässlich der Kontrolle aufgenommene Fotos sowie eine aufgenommene Niederschrift vorgelegt.

 

Aufgrund der aufgenommenen Beweise steht als erwiesen fest:

 

Am 14.2.2006 waren auf der Baustelle, sechs Arbeitnehmer der I GmbH KG mit Sitz in, deren handelsrechtlicher Geschäftsführer der Berufungswerber ist, bei Dacharbeiten, nämlich Isolierungsarbeiten, Verlegung von Trapezblechen und Spenglerarbeiten an zwei Objekten tätig. Diese Objekte wiesen jeweils ein leicht geneigtes Pultdach, Dachneigung von ca. 2°, mit gleicher Höhe, nämlich ca. 7,8 bis 8,2 m auf. Die Arbeitnehmer waren jeweils am Randbereich des Daches beschäftigt. Absturzsicherungen waren keine gegeben. Auch waren die Arbeitnehmer nicht mit Sicherheitsgeschirr und Sicherheitsseilen angeseilt. Lediglich ein Arbeitnehmer trug ein Sicherheitsgeschirr, es fehlten aber die weiteren Sicherheitseinrichtungen, wie z.B. Sicherheitsseil und -haken. Für sämtliche Arbeitnehmer waren aber persönliche Schutzausrüstungen an der Baustelle im Firmenbus vorhanden. Ein Arbeitnehmer, nämlich M H gab sich als Vorarbeiterstellvertreter aus. Ein Partieführer oder Bauleiter war zum Kontrollzeitpunkt nicht an der Baustelle. Die Firma I betreute an der Baustelle mehrere Gebäude, es wurden Isolierarbeiten, Trapezblechverlegung und Spenglerarbeiten durchgeführt. Die Baustelle nahm ca. zwei bis drei Wochen in Anspruch.

Für die Baustelle hat der Berufungswerber Herrn J L als Bauleiter bestellt. Am konkreten Kontrolltag war der Bauleiter nicht an der Baustelle anwesend. Der Berufungswerber hat die Baustelle bis zum Kontrollzeitpunkt nicht besichtigt und nicht gekannt. Kontrollaufgaben wurden an den Bauleiter übertragen. Die vom Arbeitsinspektor befragten Arbeitnehmer hatten zwar grundsätzlich Kenntnis, dass Schutzeinrichtungen verwendet werden müssen, konkrete Unterweisungen für diese Baustelle konnten nicht dargelegt werden. Eine Unterweisung für die Baustelle gab es zu Beginn der Baustelle. Diese Unterweisung lautete auf Helm- und Gurtpflicht im Randbereich. Diese Unterweisung  machte ein Partieführer, welcher bei der Kontrolle nicht anwesend war. Zunächst war ein fahrbares Gerüst vorgesehen, welches unter den Randbereichen und unter die Lichtkuppeln geschoben werden konnte. Dieses war zum Kontrollzeitpunkt nicht mehr vorhanden. Sonstige Sicherungsmaßnahmen waren nicht vorgesehen. Auf der Baustelle war ein Steiger der Firma vorhanden, welcher aber auf den Fotos nicht ersichtlich ist. Von sonstigen Absicherungen wie z.B. Absperrungen, war nicht die Rede. Herr H war Vorarbeiter und hat die Leute und die Arbeiten eingeteilt. Er hat auch auf die Einhaltung der Sicherheitsmaßnahmen geschaut. Der Bauleiter kommt einmal in der Woche zur Baustelle.

Diese Feststellungen gründen sich auf die glaubwürdigen und unter Wahrheitspflicht getätigten Aussagen der Zeugen Ing. D und A S. Die Aussagen sind nicht widersprüchlich und können daher der Entscheidung zugrunde gelegt werden. Sie bestätigen den der Anzeige zugrunde gelegten Sachverhalt.

Zum Kontrollsystem wurde weiters der Zeuge P M einvernommen und gab dieser an, dass er für die Firma als Sicherheitsfachkraft beschäftigt ist. Über Anforderung macht er Baustellenevaluierungen und berät die Firma hinsichtlich der Sicherheitstechnik. Die Baustelle in hat der Zeuge vor der Kontrolle nicht besichtigt und war er nicht zu einer Beratung beigezogen worden. Der Zeuge macht die Mitarbeiterschulungen, für Bauleiter gibt es eine dreitägige Schulung außerhalb der Firma. Die Mitarbeiter bekommen regelmäßig, meist jährlich, eine Unterweisung von zwei bis drei Stunden. Bei dieser Unterweisung wird auf Unfälle eingegangen und welche Maßnahmen gesetzt werden müssen, wobei Themenschwerpunkte je nach Anlass gesetzt werden. Aus den jährlichen Besprechungen werden Ergebnisse an die Mitarbeiter weitergeleitet und mit ihnen besprochen. Die konkrete Unterweisung für eine Baustelle soll vom Vorarbeiter an die Mitarbeiter erfolgen. Ihm übergeordnet ist ein Bauleiter. Für die Sicherheitseinrichtungen für eine Baustelle ist die Bauleitung verantwortlich, die Vorarbeiter sind für die Umsetzung verantwortlich. Der Berufungswerber ist mit einzelnen Projekten nicht befasst. Die Evaluierung der Baustelle ist Aufgabe des Bauleiters.

Auch diese Aussagen werden als glaubwürdig und der Entscheidung zugrunde gelegt.

 

Im Grunde der Aussagen der einvernommenen Zeugen sowie auch der Verantwortung des Berufungswerbers selbst war aber die weitere Einvernahme des namhaft gemachten Bauleiters sowie des weiteren Arbeitnehmers M H nicht mehr erforderlich, insbesondere ist das Vorliegen eines Verschuldens eine Rechtsfrage und keine Frage einer Zeugeneinvernahme. Die Kontrolle durch den Berufungswerber wird von diesem nicht einmal behauptet.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 130 Abs.5 Z1 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 Euro bis 14.530 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt weitergeltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

 

Gemäß § 118 Abs.3 ASchG gilt die Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen als Verordnung nach diesem Bundesgesetz.

 

Gemäß § 87 Abs.2 BauV müssen bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung von bis zu 20° und einer Absturzhöhe von mehr als 3,00 m Absturzsicherungen oder Schutzeinrichtungen gemäß §§ 7 bis 10 vorhanden sein.

 

Es sind daher Absturzsicherungen, Abgrenzungen oder Schutzeinrichtungen wie Dachfanggerüste oder Dachschutzblenden vorzusehen (§§ 8, 9 und 10 BauV). Müssen zur Durchführung von Bauarbeiten Absturzsicherungen, Abgrenzungen oder Schutzeinrichtungen entfernt werden, sind geeignete andere Schutzmaßnahmen zu treffen, wie die Verwendung von persönlichen Schutzausrüstungen (§ 7 Abs.3 erster Satz BauV). Die Anbringung von Absturzsicherungen oder Schutzeinrichtungen kann entfallen, wenn der hiefür erforderliche Aufwand unverhältnismäßig hoch gegenüber dem Aufwand für die durchzuführende Arbeit ist. In diesen Fällen müssen die Arbeitnehmer entsprechend § 30 sicher angeseilt sein (§ 7 Abs.4 BauV).

 

Im Grunde des durchgeführten Beweisverfahrens steht fest, dass sechs Arbeitnehmer auf dem Pultdach mit einer Dachneigung von ca. 2° bei einer Absturzhöhe von 7,8 m bis 8,2 m ohne jegliche Sicherungen im Randbereich gearbeitet haben. Es waren weder technische Schutzeinrichtungen noch persönliche Schutzausrüstungen vorhanden und in Verwendung. Es war daher der objektive Tatbestand der vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen erfüllt. Selbst wenn die Arbeiten schon vor Beendigung waren, wäre jedenfalls im Randbereich von den Arbeitnehmern die persönliche Schutzausrüstung, welche grundsätzlich an der Baustelle vorhanden war, zu verwenden gewesen.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat u.a. in seinem Erkenntnis vom 26.7.2002, 2002/02/0037-6, ausgeführt, dass es der ständigen Rechtsprechung entspricht, dass mehrere Straftaten vorliegen, wenn sich die rechtswidrigen Angriffe gegen die Gesundheit mehrerer Dienstnehmer richten. Die Verhängung von nur einer Strafe und die Annahme nur einer Verwaltungsübertretung stellt einen Verstoß gegen das in § 22 VStG normierte Kumulationsgebot dar. Weil bei den konkreten Arbeiten sechs Arbeitnehmer angetroffen wurden, war daher von sechs Verwaltungsübertretungen auszugehen.

 

5.2. Der Berufungswerber bekämpft in seiner Berufung die Annahme eines Verschuldens und beruft sich auf ein von ihm aufgestelltes Kontrollsystem. Diese Ausführungen konnten aber im Grunde des Beweisverfahrens den Berufungswerber nicht entlasten.

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt nämlich, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten und ist Fahrlässigkeit bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinn der zitierten Bestimmungen ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Berufungswerber kein Entlastungsnachweis erbracht wird.

Im Sinn der Arbeitnehmerschutzbestimmungen und der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat nämlich der Arbeitgeber dafür Soge zu tragen, dass die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie der dazu erlassenen Verordnungen eingehalten werden. Ist er selbst nicht anwesend, hat er einen geeigneten Arbeitnehmer zu bestimmen, der auf die Durchführung und Einhaltung der zum Schutz der Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen zu achten hat. Dieser Pflicht ist der Berufungswerber nicht ausreichend nachgekommen. Es wird zwar darauf Bedacht genommen, dass die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es nicht zulässt, dass sich der Unternehmer aller Belange und Angelegenheiten persönlich annimmt, es ist ihm vielmehr zuzubilligen, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich  zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessen Kontrolle zu beschränken. Es ist der Unternehmer dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit, wenn er den Nachweis zu erbringen vermag, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Der dem Berufungswerber nach § 5 Abs.1 VStG obliegende Entlastungsbeweis kann aber nicht allein dadurch erbracht werden, dass die ihn betreffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen worden sei. Es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist (VwGH vom 18.9.1991, 90/19/0177, sowie vom 13.12.1990, 90/09/0141). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reichen die bloße Erteilung von Weisungen und die Wahrnehmung einer „Oberaufsicht“ nicht aus (vgl. VwGH 30.6.1994, 94/09/0049). Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte. In diesem Sinne führt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20.12.2002, 99/02/0220, aus, dass der Hinweis auf die Betrauung Dritter mit Kontrollaufgaben, auf die Erteilung entsprechender Weisungen und auf stichprobenartige Überprüfungen nicht den Anforderungen an ein wirksames Kontrollsystem genügt. Insbesondere bemängelt der Verwaltungsgerichtshof, dass der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht hat, dass er etwa die Einhaltung der erteilten Aufträge und Weisungen während deren Ausführung überprüft hätte. „Gerade für den Fall, dass Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb aufgrund eigenmächtiger Handlungen gegen die Arbeitnehmervorschriften verstoßen, hat das entsprechende vom Arbeitgeber eingerichtete Kontrollsystem, Platz zu greifen.“

Im Sinn dieser Judikatur reicht es nicht aus, dass der Berufungswerber geltend macht, dass die Mitarbeiter unterwiesen sind, dass eine Sicherheitsfachkraft eingesetzt ist, dass der Bauleiter eingesetzt ist, die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen und die Einhaltung der Anweisungen zu kontrollieren. Es reicht auch nicht aus, dass die Arbeitnehmer vor Beginn der Baustelle grundsätzlich eingewiesen werden und dass es einen geeigneten Vorarbeiter gibt, der die Einweisung und Anweisungen umsetzen muss. Vielmehr hätte es im Sinne der Judikatur eines weiteren Nachweises bedurft, wie der Berufungswerber Kontrollen durchführt, wie oft er diese Kontrollen durchführt und welche konkreten Maßnahmen er getroffen hat, um unter den vorhersehbaren Umständen die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften gewährleisten zu können. So fehlt es dem Vorbringen des Berufungswerbers insbesondere an einem Vorbringen, dass er selbst die Baustelle kontrolliert hat, dass er insbesondere aber auch den von ihm beauftragten Bauleiter kontrolliert hat. Vielmehr gibt der Berufungswerber an, dass er selber bis zum Kontrollzeitpunkt durch das Arbeitsinspektorat nie auf der Baustelle war. Es ist daher schon diesbezüglich das Kontrollnetz lückenhaft. Auch hat der Berufungswerber eine Kontrolle der Baustelle durch den Bauleiter nicht nachgewiesen. So führt die Sicherheitsfachkraft aus, dass nur eine monatliche Kontrolle durch den Bauleiter auf der Baustelle nach dem System vorgesehen ist. Der einvernommene Arbeitnehmer der konkreten Baustelle führt aus, dass der Bauleiter einmal in der Woche auf der Baustelle anwesend ist. Von einer lückenlosen Kontrolle durch den Bauleiter ist daher ebenfalls nicht auszugehen. Die Einführung in die Baustelle wurde aber weder durch den Berufungswerber noch durch den Bauleiter durchgeführt, sondern durch einen Partieführer. Auch dieser war zum Vorfallszeitpunkt nicht an der Baustelle anwesend und hat er daher nicht die Einhaltung der Schutzvorschriften kontrolliert. Es war daher nur der Vorarbeiter bzw. Vorarbeiterstellvertreter tatsächlich auf der Baustelle, war dort selbständig und hat die Absturzgefahr nicht erkannt und daher auch keine entsprechenden Anweisungen getroffen. Insbesondere hat er auch selbst die entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen nicht beachtet. Darüber hinaus ist aber auch anzumerken, dass nach der glaubwürdigen Aussage des Arbeitnehmers S eine Anweisung von technischen Schutzvorkehrungen für Arbeiten am Randbereich überhaupt nicht vorhanden war, lediglich Helm- und Sicherheitsgeschirrpflicht. Es waren daher nicht einmal korrekte Anweisungen für Sicherheitsvorkehrungen vorhanden. Darüber hinaus fand eben auch keine Kontrolle statt. Die einzig verantwortliche Person hat selbst die Gefahr nicht richtig eingeschätzt und war selber ohne jegliche Schutzvorkehrungen im Randbereich des Daches beschäftigt. Es wurden daher auch keine Anordnungen und Maßnahmen getroffen, die die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen durch den Vorarbeiter gewährleisten können. Ebenso wenig gibt es auch Maßnahmen, die die Einhaltung der Anweisungen der Arbeitnehmer sicherstellen.

Auch Argumente hinsichtlich nur kurzer Arbeiten sind nicht von Einfluss auf das Verschulden des Berufungswerbers. Es müssen nämlich nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 23.7.2004, 2004/02/0199) Schutzvorkehrungen während der gesamten Arbeitszeit angebracht sein. Dass das Anbringen von Schutzeinrichtungen unwirtschaftlich sei, ist aus Sicht des § 87 BauV unbeachtlich und hat auf das Verschulden des Arbeitgeber an der Unterlassung der Anbringung von Schutzeinrichtungen keinen Einfluss. „Werden dergestalt Übertretungen etwa aus wirtschaftlichen Gründen in Kauf genommen, kann das behauptete Kontrollsystem gar nicht greifen, weshalb das Vorbringen ungeeignet ist, mangelndes Verschulden darzutun.“

Weiters ist darauf hinzuweisen, dass die Bestellung einer Sicherheitsfachkraft, Herr P M, nicht geeignet ist, den Berufungswerber zu entlasten. Die Sicherheitsfachkraft führt nach dem ASchG Evaluierungen und Begehungen durch. Eine ständige Kontrolle der Arbeitnehmer auf den Baustellen wird durch die Sicherheitsfachkraft nicht durchgeführt. Dies ergab sich auch in der mündlichen Verhandlung, indem die Sicherheitsfachkraft ausführte, dass sie die konkrete Baustelle bis zum Vorfallstag nicht gekannt hat.

Da konkrete technische Anweisungen für die Baustelle für die konkreten Arbeiten nicht vorlagen und die Kontrolle der Einhaltung der Sicherheitsvorschriften weder vom Berufungswerber noch vom Bauleiter vorgenommen wurde, war ein lückenloses Kontrollnetz nicht nachgewiesen. Es ist daher dem Berufungswerber der Entlastungsnachweis nicht gelungen, weshalb vom Verschulden des Berufungswerbers, nämlich zumindest Fahrlässigkeit, auszugehen war.

 

5.3. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die belangte Behörde hat auf die objektiven und subjektiven Strafbemessungsgründe nach § 19 VStG Bedacht genommen. Insbesondere verweist sie auf den Unrechtsgehalt der Tat. Diesen Ausführungen ist beizupflichten, zumal die Absturzhöhe mit ca. 8 m erheblich ist. Es ist daher von einer erheblichen Gefährdung für die Gesundheit und das Leben der Arbeitnehmer auszugehen. Der Berufungswerber hat keine Angaben zu seinen persönlichen Verhältnissen gemacht. Auch wenn die belangte Behörde von ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnissen des Berufungswerbers ausgeht, ist die verhängte Geldstrafe je Delikt nicht überhöht. Im Grunde der vorliegenden rechtskräftigen einschlägigen Vorstrafen des Berufungswerbers ist daher der Behörde beizupflichten, dass sie von dem gesetzlich festgelegten erhöhten Strafrahmen von 290 Euro bis 14.530 Euro ausgeht. Im Grunde dieses Strafrahmens ist die Geldstrafe von 1.000 Euro pro Verwaltungsübertretung nicht überhöht, sondern liegt im untersten Bereich des Strafrahmens. Allerdings ist bei der Strafe zu berücksichtigen, dass weder die rechtskräftigen Vorstrafen noch Aufforderungsschreiben des zuständigen Arbeitsinspektorates Wien, ungesetzliche Zustände zu beseitigen und die Arbeitnehmerschutzbestimmungen bei Dacharbeiten einzuhalten, sogar in schriftlichen Aufforderungsschreiben, nichts genützt haben und den Berufungswerber nicht zu einem Einlenken und zu einem gesetzeskonformen Verhalten bewegen konnten. Es ist daher die verhängte Geldstrafe je Delikt erforderlich, um den Berufungswerber zu gesetzeskonformem Verhalten anzuleiten und auch von einer weiteren Tatbegehung abzuschrecken. Strafmildernde Umstände lagen nicht vor und wurden auch in der Berufung nicht vorgebracht. Hingegen konnten die rechtskräftigen Vorstrafen nicht nochmals als erschwerend gewertet werden, da diese schon als Voraussetzung für den erhöhten Strafrahmen herangezogen wurden. Weil gemäß § 22 VStG von mehreren gleichartigen Delikten auszugehen war, war für jedes Delikt eine gesonderte Geldstrafe und gemäß § 16 VStG auch eine gesonderte Ersatzfreiheitsstrafe vorzusehen. Entsprechend wurde auch der Strafausspruch berichtigt. Im Übrigen war aber die Strafhöhe zu bestätigen.

Weil Milderungsgründe nicht vorlagen, war auch ein erhebliches Überwiegen der Milderungsgründe nach § 20 VStG nicht gegeben und daher mangels der Voraussetzungen von einer außerordentlichen Milderung nicht Gebrauch zu machen.

Auch die Voraussetzungen des geringfügigen Verschuldens lagen im konkreten Fall nicht vor. Ein geringfügiges Verschulden ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nur anzunehmen, wenn das konkrete Tatverhalten weit hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurückbleibt. Das konkret vorgeworfene Tatverhalten widerspricht aber genau jenem Schutzzweck der Norm, der unter Strafe gestellt ist und auch in der Strafdrohung zum Ausdruck kommt. Es war daher auch eine kumulativ erforderliche Voraussetzung nach § 21 VStG nicht erfüllt, weshalb § 21 VStG nicht zur Anwendung gelangte.

 

5.4. Die Spruchberichtigung ergibt sich aus den genannten gesetzlichen Bestimmungen.

 

6. Bei diesem Verfahrensergebnis war ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat gemäß § 64 VStG in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe je Arbeitnehmer festzusetzen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Klempt

 

Beschlagwortung:

Kumulationsprinzip, Kontrollsystem, Strafbemessung

 

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