Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230968/3/Ste/FJ

Linz, 12.03.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Vizepräsident Mag. Dr. Wolfgang Steiner über die Berufung des G R, F, L, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmanns des Bezirks Vöcklabruck vom (vermutlich) 12. Februar 2007 (irrtümlich ausgefertigt mit Datum „20. April 2001“), Zl. Sich96-848-2006, wegen einer Übertretung des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes zu Recht erkannt:

 

 

I.          Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis wird bestätigt.

 

II.        Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat in Höhe von 7,20 Euro (das sind 20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

zu II.: § 64 Abs. 1 und 2 VStG

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns des Bezirks Vöcklabruck vom (vermutlich um den) 12. Februar 2007 (offensichtlich irrtümlich mit 20. April 2001 datiert), Zl. Sich96-484-2006, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe in Höhe von 36 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 24 Stunden) verhängt, weil er sich als EWR-Bürger mit 30. Mai 2006 in Österreich niedergelassen und am gleichen Tag in L, F, polizeilich angemeldet, aber erst mit 9. Oktober 2006 die Ausstellung einer Anmeldebescheinigung beantragt habe und sich daher vom 31. August 2006 bis zum 9. Oktober 2006 ohne gültigen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet aufgehalten habe. Dadurch habe er eine Übertretung des § 53 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz 2005 (in der Folge: NAG), BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 99/2006 begangen. Als Rechtsgrundlage für die Strafe ist im Spruch § 77 Abs. 1 Z. 5 NAG angeführt.

 

Die belangte Behörde führte begründend aus, dass der Bw von einem Beamten der Polizeiinspektion L angezeigt worden sei. Der Bw sei als deutscher Staats­bürger EWR-Bürger, für ihn sei daher im Fall der Niederlassung im österreichischen Bundesgebiet § 53 NAG anwendbar. Er habe sich mit 30. Mai 2006 in Österreich polizeilich angemeldet und wohne seit dem 28. August 2006 in Lenzing. Die Ausstellung einer Anmeldebescheinigung nach dem NAG habe der Bw am 9. Oktober 2006 beantragt. Der Bw habe die Anmeldebescheinigung, weil er sich länger als drei Monate im Bundesgebiet aufhielt, nicht rechtzeitig beantragt.

 

Die Behörde habe am 29.September 2006 eine Strafverfügung erlassen, die der Bw beeinsprucht habe. Der Bw erklärte darin er sei erst am 20. September 2006 über die Pflicht zur Beantragung einer Anmeldebescheinigung belehrt worden und habe diese dann auch innerhalb von 3 Wochen beantragt. In diesem Zusammenhang führte er aus, dass die dreimonatige Frist erst mit dieser Belehrung zu laufen begonnen habe können, da er zuvor über diese Pflicht nach dem NAG nicht informiert gewesen sei und auch von Seiten der Behörden nicht darauf hingewiesen worden wäre. Nach der Rechtsansicht des Bw habe er daher die Beantragung der Anmeldebescheinigung rechtzeitig vorgenommen.

 

Die belangte Behörde führte zur subjektiven Tatseite aus, dass von einem EWR-Bürger, der sich in einem anderen Lande der Europäischen Union niederlassen wolle erwartet werden können, dass sich dieser über jene rechtlichen Bestimmungen erkundige, die den Aufenthalt regeln würden. Hinsichtlich der Beanstandung des Bw, dass dieser im Rahmen seiner polizeilichen Meldung nicht auf diese Verpflichtung nach dem NAG hingewiesen worden sei, führte die belangte Behörde aus, es liege nicht in der Pflicht der Meldebehörden, Fremde über allfällige zu beachtende fremdenpolizeiliche Bestimmungen umfassend aufzuklären.

 

Im Hinblick auf § 21 VStG führte die belangte Behörde aus, dass diese Vorschrift nicht anzuwenden sei, da im Hinblick auf das öffentliche Interesse an einem ge­ordneten Fremdenwesen nicht davon gesprochen werden könne, dass die Folgen den Tat als unbedeutend zu bewerten seien.

 

Die Einkommensverhältnisse seien mit monatlich ca. 400 Euro netto geschätzt worden; es sei weiters angenommen worden, dass der Bw ohne Sorgepflichten sei und kein Vermögen hätte.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, richtet sich die vorliegende, rechtzeitig einge­brachte, Berufung.

 

Begründend führt der Bw darin im Wesentlichen aus, dass er bei seiner polizeilichen Anmeldung nicht auf diese ihn treffenden Pflicht nach dem NAG hingewiesen worden sei. Die Unterlassung der Beantragung stelle daher kein Säumnis seinerseits dar, sondern sei ausschließlich auf die nicht erfolgte Information im Rahmen der polizeilichen Anmeldung zurückzuführen.

 

Der Sachverhalt an sich wurde und wird vom Bw im gesamten Verfahren nicht bestritten.

 

 

2. Der Bezirkshauptmann des Bezirks Vöcklabruck hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde und Einsicht in das zentrale Melderegister.

 

Da sich bereits aus den Akten in Verbindung mit dem Parteienvorbringen der ent­scheidungswesentliche Sachverhalt klären lies, mit dem angefochtenen Straf­erkenntnis eine 500 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde und der Bw einen dementsprechenden Antrag nicht gestellt hat, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 3 Z 3 VStG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem ent­scheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

 

Bei dem Bw handelt es sich um einen deutschen Staatsbürger. Er ließ sich am 30. Mai 2006 in O, F, und damit im österreichischen Bundesgebiet nieder. Zeitgleich erfolgte die polizeiliche Meldung des Bw. Zuvor war der Bw bis zum 6. Dezember 2005 in  F gemeldet.

 

Am 28. August 2006 meldete der Bw seinen Hauptwohnsitz in L, F. Seit diesem Zeitpunkt hält sich der Bw an diesem Ort auf.

 

Über Auftrag des Bezirkshauptmanns des Bezirks Vöcklabruck vom 12. September 2007 erfolgte am durch die Polizeiinspektion L 20. September 2006 an der Adresse  L, F eine Erhebung nach den NAG. Dabei wurde festgestellt, dass der Bw bis zu diesem Zeitpunkt keine Anmelde­bescheinigung nach dem NAG beantragt hatte.

 

Der Bw beantragte am 9. Oktober 2006 die Austellung einer Anmeldebescheinigung.

 

2.3. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei und unbestritten aus den Akten.

 

 

3. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 53 Abs. 1 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes – NAG, BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 99/2006, haben EWR-Bürger, die ihr Recht auf Freizügigkeit in Anspruch nehmen, und deren Angehörige gemäß § 52, wenn sie sich länger als drei Monate im Bundesgebiet aufhalten, spätestens nach Ablauf von drei Monaten ab ihrer Niederlassung diese der Behörde anzuzeigen. Bei Vorliegen der Voraussetzungen (§§ 51 oder 52) ist von der Behörde auf Antrag eine Anmeldebescheinigung auszustellen. Diese gilt zugleich als Dokument zur Bescheinigung des Daueraufenthalts des EWR-Bürgers.

 

Gemäß § 77 Abs. 1 Z. 5 NAG begeht jemand, der eine Anmeldebescheinigung oder eine Daueraufenthaltskarte nach §§ 53 und 54 nicht rechtzeitig beantragt, eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 200 Euro zu bestrafen.

 

3.2. Nach dem Sachverhalt steht unstreitig fest, dass der Bw deutscher Staatbürger ist. Seine Niederlassung im österreichischen Bundesgebiet, am 30. Mai 2006 begründete für ihn nach § 53 NAG die Verpflichtung bis zum Ablauf von drei Monaten nach erfolgter Niederlassung, sohin bis zum 30. August 2006, diese anzuzeigen und eine Anmeldebescheinigung zu beantragen.

 

Dieser Verpflichtung ist der Bw, ebenfalls unstrittig, innerhalb der dafür vorge­sehenen Frist nicht nachgekommen. Wie sich aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt ergibt, wurde der entsprechende Antrag am 9. Oktober 2006 gestellt.

 

Daraus folgt, dass sich der Bw in der Zeit vom 31. August 2006 bis zum 9. Oktober 2006 ohne gültigen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet aufhielt. Der objektive Tatbe­stand ist damit erfüllt.

 

3.3. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahr­lässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Gebot dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

§ 53 Abs. 1 NAG bildet ein so genanntes „Ungehorsamsdelikt“. Es ist daher Fahrlässigkeit anzunehmen, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Der Bw führt im Wesentlichen aus, dass in deshalb kein Verschulden an der Verwal­tungsübertretung treffe, weil er sich als „Ausländer“ in Unkenntnis über diese Vor­schrift befunden habe.

 

Gemäß § 5 Abs. 2 VStG entschuldigt die Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Bw zuwidergehandelt hat, nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Ver­waltungsvorschrift nicht einsehen konnte. Die Unkenntnis eines Gesetzes kann nur dann als unverschuldet im Sinne der genannten Norm angesehen werden, wenn dem Betroffenen die Verwaltungs­vorschrift trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen zumutbaren Sorgfalt unbekannt geblieben ist (Verwaltungsgerichtshof vom 29. September 2000, 98/02/0449).

 

Dem Bw wäre es bei Anwendung der ihr zumutbaren Sorgfalt jedenfalls möglich gewesen, die Verwaltungsvorschrift zu kennen. Einem EWR-Bürger ist es, wenn er sich in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union niederlässt, ohne weiteres zuzumuten, sich über die bestehenden Vorschriften eines rechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet zu informieren. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass es dem Bw problemlos möglich gewesen wäre entsprechende Erkundigungen einzuholen, weil er insbesondere wohl auch mit keinen besonderen Verständigungs­schwierigkeiten konfrontiert gewesen wäre und weiters aufgrund seiner früheren Aufenthalte in Österreich entsprechend kundig war.

 

Auch der Einwand, dass diese Vorschrift erst seit jüngster Zeit bestehe und sie daher für ihn unbekannt gewesen sei, geht ins Leere. Zwar ist richtig, dass die in Betracht kommende Norm erst mit 1. Jänner 2006 in Kraft trat und der Bw zuvor bereits mehrmals in Österreich gemeldet war, doch umfasst die Regelung des § 5 Abs. 2 VStG auch, sich über entsprechende Änderungen des Rechtsbestandes, gerade bei einer vorübergehenden Abwesenheit aus dem Bundesgebiet, zu informieren. Bei Aufwendung einer zumutbaren Sorgfalt, hätte der Bw durch Nachfrage bei der Bezirksverwaltungsbehörde eruieren können, welchen Verpflichtungen er durch seine Niederlassung im Bundesgebiet unterliegt.

 

Entgegen der Annahme des Bw bestand und besteht auch keine Verpflichtung der Meldebehörde, Meldepflichtige über andere und weitere gesetzliche Bestimmungen zu informieren.

 

Dem Bw ist es damit im Verfahren nicht gelungen glaubhaft zu machen, dass die Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift unverschuldet war und ihn daher an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

3.4. Die verhängte Strafe ist jedenfalls tat- und schuldangemessen. Die Geldstrafe von 36 Euro ist mit rund 18 Prozent der Höchststrafe im absolut untersten Bereich des Strafrahmens angesiedelt, da nach § 77 Abs. 1 NAG für derartige Verwaltungs­übertretungen Geldstrafen bis 200 Euro verhängt werden können. In Anbetracht des vorgesehenen Strafrahmens scheint die Straffestsetzung insgesamt durchaus tat- und schuldangemessen und geeignet, den Bw in Hinkunft von gleichartigen Verwaltungsübertretungen abzuhalten. Der Oö. Verwaltungssenat vertritt daher insgesamt die Auffassung, dass die belangte Behörde von ihrem Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat.

 

3.5. Aufgrund der ohnehin im absolut untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens gelegenen Höhe der verhängten Strafe und auch aufgrund sowohl spezial- als auch generalpräventiver Überlegungen kam für den Oö. Ver­waltungssenat eine Anwendung des § 21 VStG mangels Geringfügigkeit des Verschuldens nicht in Betracht. Dies vor allem deshalb, da nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenats das tatbildmäßige Verhalten des Bw gerade nicht in dem dafür notwendigen Ausmaß erheblich hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurückblieb, der in der Verwaltungsvorschrift unter Strafe gestellt ist. Es war daher nicht von der Strafe abzusehen und auch nicht mit Ermahnung vorzugehen.

 

3.6. Zusammenfassend wird daher festgestellt, dass der Bw nicht in seinen Rechten verletzt wurde, weshalb die Berufung als unbegründet abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen war.

 

 

4. Bei diesem Ergebnis war dem Bw gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG zusätzlich zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat in der Höhe von 20 % der verhängten Strafe, das sind 7,20 Euro, vorzuschreiben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Wolfgang Steiner

 

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