Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162002/12/Br/Ps

Linz, 13.03.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung der Frau B K, geb., H, B, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. H, L, M, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 16. Jänner 2007, Zl. VerkR96-5542-2006, nach der am 13. März 2007 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 24 VStG iVm § 66 Abs.4 u. § 71 Abs.1 AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Bescheid des Bezirkshauptmannes von Wels-Land wurde der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 23.8.2007 u. ergänzt durch den ausgewiesenen Rechtsvertreter am 31.8.2006 – gleichzeitig gestellt mit dem als verspätet zurückgewiesenen Einspruch der Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) – gegen die Strafverfügung dieser Behörde vom 31. Juli 2006 als unbegründet abgewiesen.

 

1.1. Begründet wurde der abweisende Bescheid mit folgenden Ausführungen:

"Am 05.07.2006 wurden Sie von der Polizeiinspektion Krenglbach zur Anzeige gebracht, weil Sie am 05.07.2006 um 08.30 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen (lt. beantworteter Lenkerauskunft vom 14.07.2006 waren Sie selbst die Lenkerin) auf der 1228 Mistelbacherstraße bei Strkm 3,022 im Ortsgebiet von Mistelbach mit einer zur Last gelegten Geschwindigkeit von 92 km/h gelenkt haben.

Mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 31.07.2006, VerkR96-5542-2006 wurde daher Frau K zur Last gelegt:

Sie haben am 05.07.2006 um 08.30 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen auf der 1228 Mistelbacherstraße bei Strkm 3,022 im Ortsgebiet von Mistelbach, Gemeindegebiet von Buchkirchen gelenkt, wobei Sie die im Ortsgebiet erlaubte Höchstgeschwindigkeit überschritten haben, (gefahrene Geschwindigkeit 92 km/h).

Wegen Übertretung nach § 20 Abs. 2 StVO wurde gemäß § 99 Abs. 3 lit. a) StVO 1960 eine Geldstrafe von 363,-- Euro, falls diese unbeinbringlich ist, eine Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen verhängt.

 

Diese Strafverfügung wurde am 03.08.2006 persönlich zugestellt und ist mit Ablauf des 17.08.2006 in Rechtskraft erwachsen.

Am 25.08.2006 haben Sie einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt und gleichzeitig Einspruch erhoben und begründen diesen im Wesentlichen damit, dass Sie vom 15.08.2006 bis 23.08.2006 wegen einer Sommergrippe krank und bettlägerig gewesen seien und daher gehindert gewesen waren, einen Einspruch einzubringen.

Sie machten somit ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis geltend worüber die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land Folgendes erwogen hat:

 

Gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung ist gemäß § 71 AVG Abs. 1 auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn:

1.  die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, oder

2.   die Partei die Rechtsmittelfrist versäumt hat, weil der Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung, keine Rechtsmittelfrist oder fälschlich die Angabe enthält, dass kein Rechtsmittel zulässig sei.

 

Im Gegenstand ist unbestritten, dass Ihnen die Strafverfügung vom 31.07.2006 am 03.08.2006 persönlich zugestellt wurde, daher die zweiwöchige Einspruchsfrist am 17.08.2006 ohne rechtzeitige Erhebung eines Einspruchs abgelaufen und daher in der Folge der Bescheid in Rechtskraft erwachsen ist. Mit Schreiben vom 23.08.2006 bringen Sie einen Einspruch sowie einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit der Begründung ein, vom 15.08. bis 23.08.2006 krank gewesen zu sein. Dies wird auch vom Hausarzt Dr. K am 26.08.2006 bestätigt.

 

Der von Ihnen eingebrachte Antrag auf Wiedereinsetzung wurde persönlich am 25.08.2006, also zwei Tage nach der Genesung, bei der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land abgegeben. Die Bestätigung des Hausarztes wurde erst am 29.08.2006 vorgelegt.

 

Vorab ist festzustellen, dass Ihrerseits die Möglichkeit bestand, entweder den Einspruch rechtzeitig auch telefonisch oder durch dritte Personen einzubringen. Auf jeden Fall hätte der Antrag auf Wiedereinsetzung bereits am 24.08.2006 (Krankheit bestand bis 23.08.2006) gestellt werden können.

Festzuhalten ist, dass diesbezüglicher Antrag erst gestellt wurde, als Ihnen auf Grund der rechts­kräftigen Strafverfügung die Lenkberechtigung entzogen wurde. Ein gleichlautender Antrag im Führerscheinentzugsverfahren - Vorstellung - wurde übrigens Ihrerseits zurückgezogen.

Nachdem der Einspruch jederzeit innerhalb der Rechtsmittelfrist - sei es telefonisch oder durch dritte Personen - eingebracht hätte werden können und Sie weder durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert waren, die Frist einzuhalten und auch keine falsche Rechtsmittelbelehrung angeführt war, konnten Sie mit den Ausführungen nichts für sich gewinnen.

 

Nebenbei wird angemerkt, dass es der allgemeinen Lebenserfahrung widerspricht, dass jemand wegen einer Grippe nicht in der Lage gewesen sei, telefonisch oder durch dritte einen Einspruch  Nebenbei wird angemerkt, dass es der allgemeinen Lebenserfahrung widerspricht, dass jemand wegen einer Grippe nicht in der Lage gewesen sei, telefonisch, oder durch dritte einen Einspruch vorerst ohne nähere Begründung einzubringen. Es ist daher nicht auszuschließen, dass Sie nicht die Absicht hatten die Strafverfugung zu beeinspruchen und erst als Sie in Kenntnis gesetzt wurden, dass Ihnen die Lenkberechtigung entzogen wurde, rechtliche Schritte setzten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Bezüglich verspätet eingebrachten Einspruch wird auf das Erkenntnis des Unabhängiges Ver-waltungssenates vom 02.01.2007, VwSen-161870/2/Br/Ps verwiesen."

 

2. Dem Bescheid tritt der Rechtsvertreter der Berufungswerberin mit folgenden Ausführungen entgegen:

"In der umseits näher bezeichneten Rechtssache erhebt die Beschuldigte gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 16. Jänner 2007, Geschäftszahl VerkR96-5542-2006, zugestellt am 17. Jänner 2007, durch ihre bevollmächtigten Vertreter in offener Frist vollinhaltlich

 

BERUFUNG

 

an der die Verwaltungsstrafbehörde II. Instanz.

 

Die Beschuldigte stellt die

 

ANTRÄGE

 

die Verwaltungsstrafbehörde II. Instanz möge der Berufung Folge geben, den angefochtenen Bescheid beheben, dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand Folge geben und der Verwaltungsstrafbehörde I. Instanz die Fortsetzung des ordentlichen Verfahrens auftragen.

 

Zur Begründung wird ausgeführt:

 

Die Beschuldigte hat mit Eingabe vom 23. August 2006 nicht nur Einspruch gegen die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 31. Juli 2006 erhoben, sondern auch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt und vorgebracht, dass sie in der Zeit vom 15. bis 23. August 2006 wegen einer schweren Sommergrippe bettlägerig war und deshalb den Einspruch nicht rechtzeitig machen konnte.

Dieses Vorbringen hat die Beschuldigte auch durch die Vorlage einer ärztlichen Bestätigung unter Beweis gestellt. Die Verwaltungsstrafbehörde I. Instanz stellt nicht in Abrede, dass die Beschuldigte in der Zeit vom 15.8. bis 23.8,2006 an einer schweren Sommergrippe erkrankt und bettlägerig war.

 

Es war der Beschuldigten durch diese schwere Erkrankung und Bettlägerigkeit unmöglich, rechtzeitig - schriftlich oder mündlich - einen Einspruch zu erheben. Es würde der allgemeinen Lebenserfahrung widersprechen und die Sorgfaltsanforderungen an die Beschuldigte krass überspannen, wenn man von ihr verlangen würde, während einer schweren Erkrankung selbst oder durch Beauftragung eines Dritten für die Einbringung eines Rechtsmittels zu sorgen. Nur dann, wenn ein Verschulden der Beschuldigten vorläge, welches den Grad eines minderen Versehens übersteigt, könnte die Wiedereinsetzung abgelehnt werden. Ein solches Verschulden liegt aber nicht vor. Im übrigen ist darauf zu  verweisen, dass die Rechtsmittelbelehrung in der Strafverfügung gerade keinen Hinweis darauf enthielt, dass ein „telefonisches" Rechtsmittel zulässig sein soll; auch von einem Einspruch durch Dritte ist dort nichts zu lesen. Vielmehr ist in der Rechtsmittelbelehrung der Strafverfügung angegeben, dass der Einspruch schriftlich oder „mündlich bei uns" eingebracht werden kann. Dies kann nur im Sinne einer persönlichen Vorsprache bei der Behörde verstanden werden.

 

Für den Antrag auf Wiedereinsetzung sieht das Gesetz eine Frist von zwei Wochen ab Wegfall des Hindernisses, im gegenständlichen Fall also ab der Wiedergenesung der Beschuldigten vor. Die Beschuldigte hat unmittelbar nach ihrer Genesung und jedenfalls innerhalb der zweiwöchigen Frist für den Wiedereinsetzungsantrag einen solchen Wiedereinsetzungsantrag gestellt,

 

Dass eine nachgewiesene, mit Bettlägerigkeit verbundene Erkrankung nach Meinung der Verwaltungsstrafbehörde I. Instanz kein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis im Sinne des § 71 AVG darstellen soll, widerspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes krass.

 

Es steht daher fest, dass die Verwaltungsbehörde I. Instanz dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand Folge geben hätte müssen.

 

M, am 25, Januar 2007                                                                         B K"

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land, AZ.: Verk96-5542-2006 Be/Him. Ebenfalls wurde Beweis erhoben über den Krankheitsverlauf der Berufungswerberin durch Einholung einer Stellungnahme des Dr. A K über das von ihm an die Berufungswerberin ausgestellte Attest. Zu diesem Zweck wurde er von der Wiedereinsetzungswerberin von der ärztlichen Schweigepflicht entbunden.

Ebenfalls wurde eine Berufungsverhandlung durchgeführt. Die Berufungswerberin wurde zu dieser persönlich geladen.

Auch ein Vertreter der Behörde erster Instanz nahm entgegen ursprünglicher Ankündigung an der Berufungsverhandlung nicht teil. Eine am Thema vorbeilaufende amtsärztliche Stellungnahme zur Expertise des Dr. K wurde per 7.3.2007 der Berufungsbehörde übermittelt.

 

3.1. Aus der Aktenlage und der ergänzenden Beweiserhebung im Rahmen des Berufungsverfahrens gilt folgender Sachverhalt als erwiesen:

Der Berufungswerberin wurde die Strafverfügung am 3.8.2006 persönlich bei eigenhändiger Übernahme zugestellt. Dagegen erhob sie mit Schreiben vom 23.8.2006 Einspruch und beantragte gleichzeitig unter Hinweis auf eine schwere Sommergrippe idZ v. 15.8. bis 23.8.2006, welche sie an der fristgerechten Einspruchserhebung gehindert hätte, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Dieses Schreiben überreichte sie persönlich der Behörde erster Instanz am 25.8.2006 (Einlaufstempel). Am Briefkopf ihres Schreibens befinden sich Hinweise über einen Fernsprech-, Fax- u. Mobiltelefonanschluss.

Am 29.8.2006 wurde schließlich der Behörde erster Instanz ein am 26.8.2006 von einem Dr. K ausgestelltes ärztliches Attest mit Beförderungsübergabe an die Post per 28.8.2006 nachgereicht.

Per 31.8.2006 wurde schließlich mit der Vollmachtsbekanntgabe der ausgewiesenen Rechtsvertreter abermals der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gestellt, der am 1.9.2006 bei der Behörde erster Instanz einlangte.

Die Behörde erster Instanz wies noch vor Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag den Einspruch als verspätet zurück. Die dagegen erhobene Berufung wurde mit h. Erkenntnis (Berufungsbescheid) vom 2.1.2007, Zl. VwSen-161870/2/Br/Ps, als unbegründet abgewiesen.

Über h. Ersuchen v. 14.2.2007 und der Entbindung von der ärztlichen Verschwiegenheitspflicht gibt Dr. K über das damalige Krankheitsbild der Berufungswerberin nachfolgende Stellungnahme ab:

"Gerne nehme ich zu dem Attest betreffend Frau B K, geb. am, bzw. zu der damals vorliegenden Erkrankung Stellung.

       Ich  darf vorausschicken, dass die Patienten seit mehr als 10 Jahren unter einer behandlungsbedürftigen Hypotonie ( niedriger Blutdruck ) leidet, welche eine tägliche Medikamenteneinnahme erforderlich macht. In der Vergangenheit bzw. vor Beginn der regelmäßigen Therapie, kam es bei der Patientin zu häufigen Beschwerden, auch verbunden mit kurzzeitigen Ohnmachtszuständen.

       Unter der Therapie  mit einem kreislaufstabilisierenden Medikament ( dzt. Amphodyn ret. Kps. 1x1, bedarfsweise ein weiteres Medikament zusätzlich) ist die Patientin gut eingestellt und hat darunter keine Kreislaufbeschwerden.

 

       Im betreffenden Zeitraum ( 15.-23.8.2006 ) litt die Patientin an einer durchaus als schwer zu bewertenden fieberhaften (bis 39,5 °C)  Erkrankung des Verdauungstraktes, verbunden mit mehrmals täglich Erbrechen und Durchfall.

       Verschlimmert wurden die Beschwerden dadurch, dass die Patientin bereits 2 Tage vor Krankheitsbeginn unter starker Übelkeit litt und deshalb die erforderlichen, oben angeführten, Medikamente nicht einnahm.

       In der Folge kam es auf Grund des niedrigen Blutdruckes und der  Durchfälle zu Kreislaufregulationsstörungen, welche eine ständige Bettruhe, sowie auch eine Therapie mit Infusionen erforderlich machten.

 

       In den ersten Tagen der Erkrankung  hatte die Patientin durchgehend hohes Fieber. Aufstehen aus dem Bett führte zu Drehschwindel und Beinahekollaps.

       Ich habe der Patientin damals Bettruhe, Hochlagern der Beine, ausreichend Flüssigkeitszufuhr verordnet. Die Therapie bestand aus einer Infusion 2x täglich, einem Antibiotikum (Ciproxin) wegen der anzunehmenden bakteriellen

Infektion des Verdauungstraktes, sowie fiebersenkenden und kreislaufstützenden Medikamenten.

        Die Beschwerden der Patientin besserten sich ab dem 4. bzw. 5. Krankheitstag. Bis dahin war strenge Bettruhe erforderlich, der Gang über die Stiege, in das im Erdgeschoß liegende Büro, bzw. die Durchführung von administrativer Arbeiten war der Patientin in den ersten 4-5 Tagen der Erkrankung, aufgrund des hohen Fiebers und des Drehschwindels, bzw. der Kollapsneigung  nicht möglich." 

 

3.2. Die Berufungswerberin erschien zur Berufungsverhandlung unentschuldigt nicht. Deren Rechtsvertreter teilte eine Stunde vor Beginn der Berufungsverhandlung in einem Fax mit, dass er "wegen kurzfristig festgelegter unaufschiebbarer anderer Termine" an der Berufungsverhandlung nicht teilnehmen könne.

Dem Rechtsvertreter wurde die Stellungnahme des Dr. K zu dessen der Berufungswerberin über ihre Krankheit ausgestellten Attestes am 1.3.2007 übermittelt.

Er äußerte sich auch dazu im Vorfeld der Berufungsverhandlung nicht, wobei Kern des Beweisverfahrens die zu klärende Frage einer vorgeblich unverschuldeten Fristversäumnis war.

Wenn nun die Berufungswerberin die angeblich schwere Sommergrippe als Grund für die unterbliebene fristgerechte Einspruchserhebung benannte, hätte sie im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht in der Berufungsverhandlung letztlich noch aufzuklären gehabt, warum sie tatsächlich nicht in der Lage gewesen sein sollte etwa das offenkundig im Haus befindliche Fax für die Einbringung des Einspruches bei der Behörde erster Instanz zu bedienen. Da sie ferner zwischen Krankheitsausbruch am 15.3.2006 und Ablauf der Rechtsmittelfrist am 18.3.2006 offenkundig auch nicht alleine im Haus H aufhältig gewesen sein dürfte, erweist sich ihre Säumigkeit sachlich nicht in der Krankheit begründbar. Auch mit dem Hinweis, dass die Rechtsmittelbelehrung keinen dezidierten Hinweis auf eine fernmündliche Einbringungsmöglichkeit enthält, ist insofern nicht stichhaltig, weil eine mündliche Einbringungsmöglichkeit die Fernmündlichkeit nicht ausschließt. Dies ist durch die Judikatur gedeckt. Da es andererseits naheliegend wäre, im Fall eines schwerwiegenden Hindernisses eine Frist durch einen Anruf zumindest zu wahren zu versuchen, lässt hier umso mehr den Schluss auf ein lapidares Vergessen des Rechtsmittels zu. Als nicht nachvollziehbar erweist sich auch, inwiefern es die Berufungswerberin in den Sorgfaltsanforderungen überfordert hätte, etwa durch Beauftragung Dritter für den Transport des Rechtsmittels zu sorgen oder dieses eben durch die verfügbaren kommunikationstechnischen Ressourcen im Hause trotz Krankheit selbst zu besorgen.

Selbst der Stellungnahme des Dr. K, der laut amtlichem Telefonbuch vermutlich neben einer weiteren Person an der Adresse der Berufungswerberin wohnhaft ist, lässt sich nicht entnehmen, dass eine Bedienung des Faxgerätes bzw. die Betrauung einer dritten Person mit dieser Tätigkeit nicht möglich oder zumutbar gewesen wäre. Mit Blick darauf überzeugt auch der ärztliche Hinweis über die Problematik, die ersten vier bis fünf Tage nach Krankheitsausbruch – wegen hohen Fiebers, Drehschwindels bzw. Kollapsneigung – nicht über die Stiege in das Parterre gelegene Büro zum Fax gelangen zu können, nicht.

Es kann daher letztlich auf sich bewenden, ob eine lebensnahe Beurteilung eines derartigen Krankheitsbildes nun wirklich den Beweis einer geradezu völligen Bewegungsunfähigkeit innerhalb der eigenen vier Wänden gelten lassen könnte. Auf das Fehlen einer Dispositionsunfähigkeit  während der noch offenen Rechtsmittelfrist an sich, lässt selbst das ärztliche Attest keinen Hinweis erkennen.

Da die Berufungswerberin offenbar nicht geneigt war ihr angebliches Krankheitsbild selbst zu schildern und dadurch an ihrem Verfahren mitzuwirken, war letztlich auf Grund der gesicherten Beweislage und deren  Würdigung den Denkgesetzen folgend ohne die weitere Anhörung der Berufungswerberin zu entscheiden. Ein diesbezüglicher Hinweis fand sich auch im letzten Satz der Rechtsbelehrung in der Ladung zur Berufungsverhandlung.

Die Fristversäumnis wurde von der Berufungswerberin offenkundig selbst verschuldet, indem sie die Strafverfügung 20 Tage lang unbeachtet ließ.

Dies gelangt  nicht zuletzt darin zum Ausdruck, wenn im Schreiben vom 23.8.2006 an die Behörde erster Instanz vermeint wird, "sie habe gegen die o.a. Strafverfügung einen Einspruch machen wollen".

Gleichzeitig vermeinte sie schon damals durch eine Sommergrippe und Bettlägerigkeit daran gehindert gewesen zu sein und eine Bestätigung ihres Hausarztes (oder des im Haus wohnenden Arztes) umgehend nachzureichen. Auf dem Briefkopf dieses Schreibens befindet sich der Hinweis auf die Verfügbarkeit eines Faxgerätes im Haus und ebenfalls einer mobilen Telekommunikationsmöglichkeit.

Daher kann ihrer Darstellung der unverschuldeten bzw. nur auf minderem Grad eines Versehens beruhenden Fristversäumung nicht gefolgt werden.

 

4. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

§ 71 Abs.1 AVG:
Gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung ist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn:
  1. die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert  war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer  Grad des Versehens trifft, oder
  2. die Partei, die die Rechtsmittelfrist versäumt hat, weil der Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung, keine Rechtsmittelfrist oder fälschlich die Angabe enthält, dass kein Rechtsmittel zulässig  sei.

………

Nach Abs.3 leg.cit. hat im Fall der Versäumung einer Frist die Partei die versäumte Handlung gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag  nachzuholen.

 

4.1. Als minderer Grad des Versehens versteht sich eine leichte Fahrlässigkeit im Sinn des § 1332 ABGB. Der/die WiedereinsetzungswerberIn darf also hinsichtlich der Fristversäumnis nicht auffallend sorglos gehandelt haben. Auffallend sorglos handelt jemand, der die im Verkehr mit Gerichten und Behörden für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm/ihr nach seinen/ihren persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht lässt. Irrtümer und Fehler von Hilfskräften stehen einer Wiedereinsetzung dann nicht im Weg, wenn sie trotz Einhaltung der zumutbaren Kontrolle des/der Wiedereinsetzungswerbers(In) geschehen. Das, was der/die WiedereinsetzungswerberIn in Erfüllung seiner/ihrer nach der Sachlage gebotenen Pflicht zur Überwachung allfälliger für ihn/sie tätig gewordener Hilfskräfte hinsichtlich der Wahrung eines Termins vorgekehrt hat, hat er/sie im Wiedereinsetzungsantrag substantiiert zu behaupten (VwGH 18.3.2004, 2001/03/0003 mit Hinweis auf Beschluss des VwGH v. 24.11.1989, 89/17/0116).

Aus dem Vorbringen der Berufungswerberin lässt sich aber selbst vor dem Hintergrund der attestierten Grippeerkrankung nicht ein solch unabwendbares Ereignis ableiten.

Wie oben bereits ausgeführt, wäre die Berufungswerberin sehr wohl in der Lage gewesen zumindest bei der Behörde erster Instanz anzurufen oder eine im Haus wohnhafte Person mit der Bedienung des Faxes und der Sendung einer bloßen Nachricht an die Behörde "ich erhebe Einspruch" zu betrauen. Wenn auch dies unterblieb, ist darin jedenfalls eine nicht ausreichende Sorgfaltsübung in eigener Sache zu erblicken.

Wenn etwa der Verwaltungsgerichtshof im vermutlichen Übersehen einer Hinterlegungsanzeige unter dem umfangreichen Werbematerial als nicht bloß minderen Grad des Versehens erachtet, trifft dies umso mehr auf die gegenständliche Fallgestaltung zu (VwGH 28.3.2006, 2005/06/0308, sowie VwGH v. 2.10.2000, 98/19/0198, mit Hinweis auf VwGH 21.12.1999, Zlen. 97/19/0217 bis 0219, 0231 bis 0239, sowie vom 4.2.2000, Zl. 97/19/1484).

Hier hat aber die Berufungswerberin ebenfalls nicht darzutun vermocht, dass es ihr etwa nicht möglich oder zuzumuten gewesen wäre, durch andere geeignete Maßnahmen, etwa durch einen Boten, mittels Telefon oder durch Bestellung eines Vertreters, noch binnen offener Frist den Einspruch zu erheben, weil vor diesem Hintergrund wohl nur ein "die Dispositionsfähigkeit völlig ausschließender Zustand einen tauglichen Wiedereinsetzungsgrund" indiziert hätte (VwGH 6. Februar 1989, 88/10/0132).

Beim – direkten oder indirekten – Rückgriff auf ältere Entscheidungen zur Frage der "Dispositionsunfähigkeit" ist nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes zu beachten, dass es das geltende Recht, anders als die Gesetzeslage zur Zeit der Entstehung nachstehender Judikatur, für die Bewilligung der Wiedereinsetzung wohl ausreichen lässt, wenn die Partei durch den geltend gemachten Wiedereinsetzungsgrund so weitgehend beeinträchtigt war, dass ihr das Unterbleiben der für die Fristwahrung erforderlichen Schritte nicht mehr als ein, einen minderen Grad des Versehens übersteigendes, Verschulden vorgeworfen werden kann (VwGH vom 22.2.2001, 2000/20/0495; aus der Rechtsprechung zu § 146 ZPO im Zusammenhang mit Erkrankungen etwa die Entscheidung des HG Wien vom 25. August 1993, WR 613). Das Erfordernis völliger Dispositionsunfähigkeit im Sinne des von der belangten Behörde zitierten und anderer zur früheren Rechtslage ergangener, zum Teil aber auch neuerer Erkenntnisse, kann nach dem geltenden Gesetz – anders als nach der früheren Rechtslage – nicht dahingehend verstanden werden, dass der Grad der Beeinträchtigung das Unterbleiben der fristwahrenden Handlung als unverschuldet erscheinen lassen müsste.

Ein Wiedereinsetzungsgrund liegt jedoch dann vor, wenn die Partei auch daran gehindert war, der Fristversäumung durch andere geeignete Dispositionen – im Besonderen durch Beauftragung eines Vertreters – entgegen zu wirken.

In dieser Hinsicht ist für die Berufungswerberin im vorliegenden Fall nichts zu gewinnen bzw. vermag der Behörde erster Instanz nicht entgegen getreten werden, wenn sie das Vorbringen der Berufungswerberin nicht als ausreichend erachtete, um darzutun, dass sie durch die behauptete Erkrankung die drohende Fristversäumung durch andere geeignete Dispositionen abzuwenden in der Lage gewesen wäre.

Dass sie die ihr zur Verfügung stehenden technischen Möglichkeiten zum rechtzeitigen Transport des Einspruches nicht zu bedienen in der Lage gewesen wäre, behauptet sie letztlich nicht einmal selbst, wenngleich ihr dies der Arzt – wenn auch nicht wirklich stichhaltig – zumindest indirekt zu bescheinigen geneigt scheint.

Letztlich war hier von einer verschuldeten Fristversäumnis auszugehen, sodass für die Bewilligung der Wiedereinsetzung keine rechtliche Grundlage besteht.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro  zu entrichten.

 

Dr.  B l e i e r

 

 

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