Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-210491/12/Bm/Rd/Sta VwSen-210492/12/Bm/Rd/Sta

Linz, 15.03.2007

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung  des Herrn A S und Frau G L, beide M, U, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde H-U vom 20.6.2006, GZ: 131/9-21/2006, betreffend Vorschreibung eines Verkehrsflächenbeitrages nach der Oö. Bauordnung 1994 zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid über die Vorschreibung eines Verkehrsflächenbeitrages vom 20.6.2006, GZ. 131/9-21/2006, behoben.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 48 Abs.1 Z4, 208, 211 und 212 Oö. Landesabgabenordnung 1996 (Oö. LAO 1996) iVm §§ 19, 20 und 21 Oö. Bauordnung (Oö. BauO 1994).

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde H-U vom 20.6.2006, Zl. 131/9-21/2006, wurde den Berufungswerbern (Bw) anlässlich der mit Bescheid der Marktgemeinde H-U vom 18.5.2006, Zl. 131/9-21/2006, erteilten Baubewilligung für das Vorhaben "Wiedererrichtung des Heubodens mit Dachstuhl beim landwirtschaftlichen Wohn- und Wirtschaftsgebäude" als Eigentümer des in der Katastralgemeinde  H gelegenen Grundstücks Nr.  die Entrichtung des Verkehrsflächenbeitrages in der Höhe von 1.744,32 Euro an die Marktgemeinde H-U als Beitrag zu den Kosten der Herstellung der öffentlichen Verkehrsfläche "B 147 Braunauer Landesstraße" als Verkehrsfläche des Landes, vorgeschrieben.   

 

2. Gegen diesen Bescheid wurde von den Bw rechtzeitig Berufung eingebracht und darin eingewendet, dass aufgrund von Schneedruck das Dach des Stallgebäudes eingestürzt sei und es daher zwingend erforderlich gewesen sei, die Dachreste sowie die Mauerreste abzutragen und auf die vorhandene Stalldecke einen neuen Heuboden aufzubauen. Es habe sich die Nutzfläche des Heubodens um keinen vergrößert. Es sei lediglich eine Stiege neu dazugekommen. Es handle sich daher nur um eine Wiedererrichtung ohne Nutzflächenvergrößerung und sei dies daher als Ausnahme zu werten. Es wird daher die Aussetzung der Einhebung der geforderten Abgaben beantragt.   

 

3. Die Marktgemeinde H-U hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt. In ihrer Stellungnahme führt die Marktgemeinde aus, dass die Bw bei ihrem landwirtschaftlichen Wohn- und Wirtschaftsgebäude um die Baubewilligung für die Wiedererrichtung des Heubodens angesucht haben, da das Dach des alten Heubodens durch die hohe Schneelast im Februar 2006 eingestürzt war.

Aufgrund des Einsturzes sei der gesamte Heuboden abgetragen worden und sei die Bewilligung für diesen Gebäudeteil somit erloschen.

Die nunmehrige Neuerrichtung in massiver Bauweise stelle somit einen Zubau dar, der aufgrund seiner Nutzfläche von 116,83 nach ha Meinung Grundlage dazu war, einen Verkehrsflächenbeitrag gemäß § 19 Abs.1 Oö. BauO vorzuschreiben.

Die Ausnahmebestimmungen gemäß § 21 Abs.1 Oö. BauO haben jedenfalls nicht zur Anwendung gebracht werden können, da

a)        es sich nicht um den Neu-, Zu- oder Umbau von Gebäuden im Sinn des § 3             Abs.2 Z5 handle;

b)        es sich nicht um den Ausbau eines Dachraumes oder Dachgeschoßes handle,      da der Ausbau in etwas vorhandenem stattfinden müsse (sh Baurechts-­  auskunft, BauR-155869/2-2004-Pe/Er vom 22.12.2004)

c)         keine Beitrags- oder Interessentengemeinschaft im Sinne des § 21 Abs.1 Z4         vorliege.

Die westliche Außenwand weise eine Höhe von rd 2,50 m, die östliche Außenwand eine Höhe von rd 3,70 m auf. Die Ausführung in massiver Ziegelbauweise sei vermutlich jetzt schon gewählt worden, um in Zukunft den Einbau von Wohnräumen in diesem Bereich zu ermöglichen. Die Vorschreibung eines Verkehrsflächen­beitrages wäre kaum mehr möglich, da beim Einbau von Wohnräumen in den Heuboden keine Nutzflächenvergrößerung mehr stattfinden würde.

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der belangten Behörde und Einholung eines bautechnischen Gutachtens vom 3.1.2007. Eine mündliche Verhandlung konnte unterbleiben, weil bereits nach der Aktenlage der entscheidungsrelevante Sachverhalt feststand.

 

4.1. Im bautechnischen Gutachten vom 3.1.2007 kommt der Amtssachverständige in schlüssiger Weise zu folgenden Ergebnissen:

 

"Beurteilungsgrundlagen:

1.         Mit Bescheid vom 18.05.2006, Zl. 131/9-21/2006 baubehördlich genehmigter        Einreichplan der Baufirma H-W Bauges.m.bH & Co KG, U vom April 2006

2.         Lokalaugenschein vom 20.11.2006 mit Aufnahme der Naturmaße

 

Beweisthema:

Im gegenständlichen Verfahren ist aus fachlicher Sicht zu klären, ob es sich beim wiederhergestellten Heuboden bei der Liegenschaft M, auf Gst. Nr. , EZ.  KG H, um

 

a) einen Dachraum

b) ein Vollgeschoß oder

c) um ein Dachgeschoß

 

im Sinne der Begriffsbestimmungen des § 2 Oö. BauTG handelt.

 

Einleitend wird festgestellt, dass es sich beim gegenständlichen Wohn- und Wirtschaftsgebäude um keinen Kleinhausbau im Sinne des § 2 Z30 Oö. Bau TG 1994 handelt, da das Gebäude nicht ausschließlich Wohnzwecken, sondern auch landwirtschaftlichen Zwecken (Lagerzwecke und Tierhaltung) dient. Es sich daher in Bezug auf die erforderlichen lichten Raumhöhen die Bestimmungen des § 8 Abs.1 Oö. BauTG anzuwenden, welche für derartige Anlagen eine lichte Raumhöhe von mindestens 2,50 m fordern.

 

Am 20.11.2006 wurde, da zu diesem Zeitpunkt der Rohbau bereits errichtet war, ein Lokalaugenschein vorgenommen, um abzuklären, ob das Bauvorhaben bezüglich der Übermauerungen auch genehmigungsgemäß ausgeführt wurde. Der Lokalaugenschein bestätigte im Wesentlichen die genehmigungsgemäße Ausführung der Übermauerungen. Diese betragen gemessen ab Roh­deckenoberkante 2,07 m bzw 3,62 m.

 

Da die Übermauerungen mehr als 1,20 m gemessen ab Rohdeckenoberkante betragen, kann nach den Begriffsbestimmungen des § 2 Z1 Oö. BauTG von keinem Dachraum gesprochen werden.

 

Nach den Begriffsbestimmungen des § 2 Oö. BauTG spricht man dann von einem Vollgeschoß, wenn das durch Außenmauerwerk oder durch Außenwänden umschlossene Geschoß zur Gänze die volle lichte Raumhöhe aufweist. Siehe dazu die zeichnerischen Darstellungen unter den Bestimmungen des § 2 Oö. BauTG.

 

Im gegenständlichen Fall kann im Bereich der niedrigsten Übermauerung auch ohne Berücksichtigung eines eventuellen Fußbodenaufbaues die baurechtlich geforderte lichte Raumhöhe von 2,50 m in einer Breite von ca. 22cm (mittels trigonometrischer Methoden errechnet) nicht erreicht werden. Bezogen auf die nutzbare Bodenfläche bedeutet dies, dass 1,82% der Fläche nicht die erforderliche Raumhöhe aufweist.

 

Berücksichtigt man einen Fußbodenaufbau mit einer technisch erforderlichen Mindesthöhe von 20 cm, (dieser wird dann erforderlich, wenn eine Wohneinheit zu einem späteren Zeitpunkt eingebaut werden sollte) so würde sich der Flächenanteil, welcher nicht die notwendige lichte Raumhöhe aufweist, auf 4,39% erhöhen.

 

Abschließend wird daher festgestellt, dass es sich beim betreffenden Gebäudeteil um kein Vollgeschoß, sondern um ein Dachgeschoß im Sinne der Begriffs­bestimmungen des § 2 Oö. BauTG handelt."

 

4.2. Dieses Gutachten wurde den Berufungswerbern und der Marktgemeinde H-U in Wahrung des Parteiengehörs zur Stellungnahme übermittelt.

Sowohl die Marktgemeinde als auch die Bw haben hiezu eine Stellungnahme abgegeben und im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen wiederholt.

 

5. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 19 Abs.1 Oö. BauO 1994 hat die Gemeinde anlässlich der Erteilung einer Baubewilligung für den Neu-, Zu- oder Umbau von Gebäuden, die durch eine öffentliche Verkehrsfläche der Gemeinde oder des Landes (§ 8 Oö. Straßengesetz 1991) aufgeschlossen sind, dem Eigentümer des Bauplatzes oder des Grundstückes, auf dem das Gebäude errichtet werden soll oder schon besteht, mit Bescheid einen Beitrag zu den Kosten der Herstellung dieser öffentlichen Verkehrsfläche (Verkehrsflächenbeitrag) vorzuschreiben. Ausgenommen sind Radfahrer-, Fußgänger- und Wanderwege.

 

Abgabenpflichtig ist gemäß § 19 Abs.4 leg.cit. derjenige, der im Zeitpunkt der Vorschreibung Eigentümer des Grundstückes ist.

Gemäß § 20 Abs.1 leg.cit. ist der Beitrag für die Grundstücksfläche, die der Berechnung der anzurechnenden Frontlänge zugrunde gelegt wurde, nur einmal zu entrichten.

Die Höhe des Beitrages ist gemäß § 20 Abs.2 leg.cit. gleich dem Produkt aus der anrechenbaren Breite der öffentlichen Verkehrsfläche, der anrechenbaren Frontlänge und dem Einheitssatz.

Gemäß § 20 Abs.3 leg.cit. beträgt die anrechenbare Breite der öffentlichen Verkehrsfläche unabhängig von ihrer tatsächlichen Breite 3m.

Anrechenbare Frontlänge ist gemäß § 20 Abs.4 leg.cit. die Seite eines mit dem Bauplatz oder dem zu bebauenden oder bereits bebauten Grundstück flächengleichen Quadrats. Abweichend davon beträgt die anrechenbare Frontlänge jedoch

1.         bei land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundstücken höchstens 40m,

2.         bei betrieblich genutzten Grundstücken

            a) mit einer Verkehrsfläche bis 2.500 höchstens 40m,

            b) mit einer Fläche von mehr als 2.500 bis 5.000 m² höchstens 50m,

            c) mit einer Fläche von mehr als 5.000 bis 10.000 m² höchstens 60m.

 

Gemäß § 21 Abs.1 Oö. BauO entfällt der Verkehrsflächenbeitrag, wenn die Baubewilligung ua erteilt wird für

1. den Neu-, Zu- oder Umbau von Gebäuden im Sinn des § 3 Abs.2 Z5;

2. den Ausbau eines Dachraumes oder Dachgeschoßes;

3. den sonstigen Zu- oder Umbau von Gebäuden, durch den die Nutzfläche insgesamt höchstens um 100 vergrößert wird;

 

5.2. Wie aus dem vorgelegten Akt samt den bei der Baubehörde eingereichten Bauplan ersichtlich ist, wurde die Wiederherstellung des Heubodens beantragt, zumal aufgrund von Schneedruck das Dach des Stallgebäudes eingestürzt war. Im Zuge der Wiederherstellung sei es zwingend notwendig gewesen, sowohl Dach- als auch Mauerreste abzutragen und auf die vorhandene Stalldecke einen neuen Heuboden aufzubauen.

 

Die beschriebene Baumaßnahme ist, wie die belangte Behörde zu Recht angenommen hat, baurechtlich als vertikaler Zubau anzusehen, weil mit der gänzlichen Beseitigung des bestehenden Heubodens auch dessen Baukonsens erloschen ist.

Entgegen der Ansicht der belangten Behörde geht der Oö. Verwaltungssenat dennoch vom Vorliegen der Ausnahmebestimmung des § 21 Abs.1 Z2 Oö. BauO aus. So wurde vom baurechtlichen Amtssachverständigen in seiner gutachtlichen Stellungnahme vom 3.1.2007 ausdrücklich festgehalten, dass es sich beim betreffenden Gebäudeteil um kein Vollgeschoß, sondern um ein Dachgeschoß im Sinne der Begriffsbestimmungen des § 2 Oö. BauTG handelt.

 

In diesem Zusammenhang wird auf die Rechtsauskunft der Baurechtsabteilung beim Amt der Oö. Landesregierung vom 2.11.2004, BauR-155869/1-2004-Pe/Neu, verwiesen, wonach zufolge § 21 Abs.1 Z2 Oö. BauO 1994 ein Verkehrsflächenbeitrag immer dann entfällt, wenn durch einen vertikalen Zubau bloß ein ausgebauter Dachraum oder höchstens ein Dachgeschoß entsteht.

Zwar steht dieser Rechtsmeinung die von der Gemeinde zitierte Rechtsauskunft der Baurechtsabteilung vom 22.12.2004, BauR-155869/2-2004-Pe/Er, insofern entgegen, als darin ausgeführt wurde, dass die Bestimmung des § 21 Abs.1 Z2 Oö. BauO nur dann zur Anwendung komme, wenn ein vorhandener Dachraum höchstens zu einem Dachgeschoss ausgebaut werde. Ausgangslage für die abgeänderte Rechtsmeinung war jedoch, dass es sich dort um die Errichtung eines neuen Dachgeschosses auf einem ebenfalls neuen Vollgeschoss gehandelt hat und sohin auch von keinem Dachgeschossausbau auszugehen war.

Gegenständlich wurde der vertikale Zubau aber auf einem bestehenden Vollgeschoss ausgeführt und ist demnach von einer anderen Sachverhaltsgrundlage auszugehen. Überdies ist die Baurechtsabteilung beim Amt der Oö. Landesregierung von der vorzitierten Rechtsmeinung vom 22.12.2004 mit der Rechtsauskunft vom
26. Juli 2005 wieder abgewichen, worin indirekt davon ausgegangen wird, dass der Entfalltatbestand des § 21 Abs.1 Z2 Oö. BauO auch bei einem vertikalen Zubau vorliegt, sofern es sich um einen Dachgeschossausbau handelt.

Zu dieser Rechtsmeinung kommt auch der Oö. Verwaltungssenat bei gesetzeskonformer Auslegung des § 21 Abs.1 Z2 und 3. So entfällt der Verkehrsflächenbeitrag nach Z2 bei Erteilung der Baubewilligung für den Ausbau eines Dachraumes oder Dachgeschosses und nach Z3 für den sonstigen Zu- oder Umbau von Gebäuden. In gebotener Zusammenschau dieser einzelner Entfalltatbestände  ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber durch Einfügung des Wortes "sonstigen" vor der Anführung Zu- oder Umbau in Z3, Ausbau und Zu- oder Umbau gleich versteht.

 

Aus den angeführten Sach- und Rechtsgründen war somit spruchgemäß zu entscheiden; es wird darauf hingewiesen, dass der Oö. Verwaltungssenat vor der zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung vorliegenden Sachlage auszugehen hat und Vermutungen wie von der Gemeinde vorgebracht, nämlich dass in Zukunft der Einbau von Wohnräumen geplant sei, nicht zu berücksichtigen hat.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bismaier

 

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