Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251350/3/BP/CR

Linz, 01.03.2007

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des C K, vertreten durch MMag. C H, Rechtsanwalt in F, gegen 1. die Abweisung des Antrags auf neuerliche Zustellung des Straferkenntnisses wegen Mangelhaftigkeit der Zustellung, und 2. das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Freistadt vom 5. September 2005, AZ. SV96-1-2005, zu Recht erkannt:

 

 

I.                    Die Berufung gegen die Abweisung des Antrags auf neuerliche Zu­stellung des Straferkenntnisses wegen Mangelhaftigkeit der Zustellung wird als unzulässig zurückgewiesen.

 

 

II.                  Die Berufung gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Freistadt vom 5. September 2005, AZ. SV96-1-2005, wird als verspätet zurückgewiesen.

 

 

 

Rechtsgrundlagen zu I. und II.:

§§ 24, 51 und 64 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Ver­waltungs­verfahrensgesetz 1991 – AVG.

 

 

 


Entscheidungsgründe:

 

1.1 Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Freistadt vom 5. September 2005, AZ. SV96-1-2005, wurde dem Berufungswerber (in der Folge: Bw) vorge­worfen, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer der S L I  GmbH mit dem Sitz in F, und somit als das seit 17. September 2002 gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ der S L I  GmbH mit dem Sitz in F , zu vertreten, dass die genannte Gesellschaft den ausländischen (nigerianischen) Staatsbürger O R, am 23. Februar 2005 als Reinigungskraft beschäftigt habe, obwohl für diesen Ausländer weder eine Beschäftigungsbewilligung oder eine Zulassung als Schlüsselkraft erteilt noch eine Anzeigebestätigung oder eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein oder ein Niederlassungsnachweis ausgestellt worden sei. Dadurch habe er eine Übertretung der §§ 3 Abs. 1 iVm. 28 Abs. 1 Z 1 lit. a AuslBG begangen und sei gemäß § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a AuslBG, § 16 Abs. 2 und 19 VStG mit einer Geldstrafe in der Höhe von 1.000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 5 Tage) zu bestrafen.

 

Nach Darstellung der einschlägigen Rechtslage führt die belangte Behörde be­gründend im Wesentlichen aus, dass im Rahmen einer durch Organe des Zollamtes Linz am 23. Februar 2005 durchgeführten Kontrolle der im Spruch genannte Ausländer bei Reinigungsarbeiten im Bürogebäude angetroffen worden sei; die für eine legale Ausländerbeschäftigung erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papiere hätten nicht vorgewiesen werden können. Im gesamten Verwaltungsstraf­ver­fahren habe sich der Bw nie zu den ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen geäußert. Strafmildernde oder erschwerende Gründe würden nicht vorliegen; die verhängte Geldstrafe erscheine dem Unrechtsgehalt der Tat sowie der Schwere des Verschuldens angemessen.

 

1.2. Dieser Bescheid wurde – mangels Anwesenheit des Bw an der Abgabestelle – am 8. September 2005 beim Zustellpostamt zur Abholung hinterlegt. Mangels Behebung wurde die Sendung am 26. September 2005 an die belangte Behörde retourniert.

 

1.3. Mit Schreiben vom 3. Oktober 2005 wurde von Seiten der belangten Behörde die Prüfung über das Vorliegen eines Zustellmangels aufgenommen und der Bw aufge­fordert mitzuteilen, ob er zwischen 8. September 2005 und 22. September 2005 laufend von der Abgabestelle abwesend gewesen sei bzw. den Zeitpunkt seiner Rückkehr bekanntzugeben.

 

Eine diesbezügliche Mitteilung des Bw unterblieb.

 

1.4. Mit Telefax vom 15. Dezember 2005 ersuchte eine Mitarbeiterin des Bw in dessen Auftrag die belangte Behörde das verfahrensgegenständliche Straferkenntnis nochmals zu senden und teilte gleichzeitig eine Telefaxnummer mit.

 

Am 20. Dezember 2005 übermittelte die belangte Behörde das gegenständliche Straferkenntnis per Telefax sowie postalisch eine Kopie, die dem Bw am 21. Dezember 2005 an seiner Firmenadresse in F , zuging.

 

1.5. Mit Schreiben vom 21. Dezember 2005 retournierte der Bw der belangten Behörde das gegenständliche Straferkenntnis mit der Bemerkung, es müsse sich um einen Irrtum von Amts wegen handeln.

 

1.6. Mit Telefax vom 27. Dezember 2005 (datiert vom 15. Dezember 2005) urgierte die Mitarbeiterin des Bw die Übermittlung des verfahrensgegenständlichen Be­scheides per Fax.

 

1.7. Mit Schreiben vom 3. Jänner 2006 teilte die belangte Behörde dem Bw mit, dass das Straferkenntnis am 8. September 2005 beim Zustellpostamt hinterlegt worden sei und der Bw auf die Zustellmangelprüfung vom 3. Oktober 2005 keine Auskunft gegeben habe. Da keine Berufung gegen die beiden Straferkenntnisse gemacht worden sei, seien diese rechtskräftig und vollstreckbar; es handle sich um keinen Irrtum behördlicherseits.

 

1.8. Mit Schreiben datiert vom 3. Jänner 2006, Datum des Poststempels: 25. Jänner 2006, stellte der Bw – nunmehr durch rechtsfreundliche Vertretung – einen Antrag auf Zustellung des Straferkenntnisses.

 

Begründend wird im Wesentlichen ausgeführt, dass bei der Zustellung am 7. September 2005 weder der Bw noch ein zur Annahme verpflichteter Ersatzempfänger anwesend gewesen sei; die Wohnung sei den gesamten September über leer gestanden. Die Sendung sei anschließend gemäß § 17 Zustellgesetz hinterlegt worden. Der Bw sei im Zeitraum von 5. September 2005 bis 15. Oktober 2005 niemals an der Abgabe­stelle anwesend gewesen und hätte daher vom Zustellvorgang nicht rechtzeitig Kenntnis erlangen können.

 

Die durchgehende Abwesenheit von der Abgabestelle lasse sich damit begründen, dass der Bw als Geschäftsführer der Firma S L I  GmbH aufgrund des laufenden Insolvenzverfahrens geschäftlich ausschließlich in Freistadt und St. Oswald bei Freistadt verkehrt hätte. Dies sei zum einen damit zu erklären, dass sich die Buchhaltung der Firma S L I  GmbH in St. Oswald befinde und auch die Nähe zum Steuerberaterbüro bei der Insolvenzabwicklung ungemein wichtig gewesen sei.

 

Der Bw habe während des gesamten Zeitraumes im Wohnhaus einer Verwandten in St. O bei F, M, gewohnt. Er sei erst irgendwann im Oktober erstmals in seine Wohnung in Linz zurückgekehrt und hätte somit nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen können. Durch die erfolgte Hinterlegung sei somit keine zulässige Zustellung bewirkt worden. Erstmals hätte er durch die den Vollzug betreffenden Schriftstücke im Dezember von dem Straferkenntnis Kenntnis erlangt. Laut Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (95/06/0128 vom 29. August 1996) heile auch die Zustellung der Kopie des Straferkenntnisses am 21. Dezember 2005 den Zustellmangel nicht.

 

Diesem Antrag ist je eine eidesstattliche Erklärung des Bw sowie der zweiten handelsrechtlichen Geschäftsführerin V S beigeschlossen, dass sich der Bw im angegebenen Zeitraum ausschließlich in F bzw. St. O bei F aufgehalten habe.

 

1.9. Mit Schreiben vom 27. Jänner 2006 übermittelte die belangte Behörde dem Bw zu Handen seines rechtsfreundlichen Vertreters nochmals eine Kopie des gegen­ständlichen Straferkenntnisses.

 

1.10. Mit Schriftsatz vom 14. Februar 2006 erhob der Bw durch rechtsfreundliche Vertretung Berufung und stellte den Antrag, das gegen ihn eingeleitete Verwaltungs­strafverfahren einzustellen; in eventu beantragt er eine Reduktion der über ihn verhängten Verwaltungsstrafe, da die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe bei weitem überwiegen würden.

 

Begründend wird im Wesentlichen ausgeführt, dass die Zustellung des Strafer­kenntnisses mangelhaft sei. Bei Zustellung des gegenständlichen Straferkenntnisses sei weder der Bw persönlich noch ein zur Annahme verpflichteter Ersatzempfänger an der Wohnadresse des Bw anwesend gewesen. Der Bw sei zwischen dem 5. September 2005 und dem 15. Oktober 2005 niemals an der Abgabestelle anwesend gewesen, weshalb er nicht rechtzeitig von der Hinterlegung Kenntnis erlangen konnte. Der Bw wiederholt die schon im Schreiben datiert vom 3. Jänner 2006 angeführte Begründung seiner Abwesenheit, die im Übrigen auch für die Nichtbe­antwortung des Schreibens der belangten Behörde vom 3. Oktober 2005 gelte. Es sei keine rechtswirksame Zustellung erfolgt, da der Bw erst nach Ende der Abholfrist an die Abgabestelle zurückgekehrt sei.

 

Erstmals habe der Bw vom Straferkenntnis am 21. Dezember 2005 Kenntnis erlangt, als ihm mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 20. Dezember 2005 der Vollzug angezeigt worden sei. Daraufhin habe er den Antrag auf neuerliche Zustellung des Straferkenntnisses bei der belangten Behörde gestellt, da laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (95/06/0128 vom 29. August 1996) auch der beiläufige Erhalt der Kopie des Straferkenntnisses am 21. Dezember 2005 den Zustellmangel nicht heilen würde. Diesem Antrag sei, wie aus dem Schreiben der belangten Behörde vom 27. Jänner 2006 ersichtlich, nicht Folge geleistet worden, da erneut eine Kopie des Straferkenntnisses als Beilage übersandt worden sei.

 

Sollte der Oö. Verwaltungssenat zu dem Schluss kommen, dass das Straferkenntnis am 31. Jänner 2006 wirksam zugestellt wurde, sei in der Sache selbst vorzubringen, dass am 1. Juli 2003 zwischen der S T GmbH und der Firma gfm, s.r.o., ein Projektvertrag abgeschlossen worden sei. Dieser Projektvertrag sei in der Zwischenzeit von Seiten des Projektauftragnehmers auf die Firma S L I  GmbH übergegangen. Weiters sei es so, dass der gegenständliche Projektvertrag zwischen der Firma gfm, s.r.o., und S L I  GmbH laufend modifiziert worden sei und neben vereinbarten Werkleistungen kleinere (zusätzliche) Werkleistungen von Zeit zu Zeit in Regie durchgeführt worden seien. Die Firma gfm, s.r.o., habe wöchentliche Rechnungen an die Firma S L I  GmbH für die von ihr erbrachten Werkleistungen erstellt und diese seien auch immer bezahlt worden. Keiner der drei Arbeitnehmer der Firma gfm, s.r.o., habe je direkt Zahlungen von der S L I  GmbH erhalten. Die vom Werkunternehmer in Erfüllung des Werkes nach Linz entsandten Arbeitnehmer hätten teilweise mit eigenem Werkzeug gearbeitet, teilweise sei ihnen das Werkzeug zur Verfügung gestellt worden. Die drei genannten Personen seien nie im Betrieb der S L I  GmbH eingegliedert gewesen.

 

 

2.1. Mit Schreiben vom 27. Februar 2006 legte die belangte Behörde den bezug­habenden Verwaltungsakt vor; ergänzend brachte sie vor, dass seitens der belangten Behörde bezüglich des Antrags des Bw auf neuerliche Zustellung des Straferkenntnisses wegen Mangelhaftigkeit der Zustellung kein Bescheid erlassen worden sei. Zur Berufung gegen das Straferkenntnis wurde ausgeführt, dass die Zustellung des Straferkenntnisses seitens der Bezirkshauptmannschaft Freistadt bereits am 20. Dezember 2005 per Fax und per Post erfolgt sei. Bereits am 21. Dezember 2005 hätte der Bw das Straferkenntnis wieder rückübermittelt. Nach Ansicht der Bezirkshauptmannschaft Freistadt sei die Berufung daher zu spät eingebracht worden.

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat erhob Beweis durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde.

 

Gemäß § 51e Abs. 2 Z 1 VStG entfällt eine mündliche Verhandlung, wenn der Antrag der Partei oder die Berufung zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Akten­lage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist. Im gegenständlichen Verfahren war allein schon aus der Aktenlage klar ersichtlich, dass die Berufung verspätet eingebracht wurde, weshalb die mündliche Verhandlung im Sinn des § 51e Abs. 2 Z. 1 entfiel.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

 

Der Bw war zum Tatzeitpunkt – gemeinsam mit V S – handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma S L I  GmbH.

 

Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Freistadt vom 5. September 2005, AZ. SV96-1-2005, wegen einer Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes wurde eine Geldstrafe von 1.000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 5 Tage) verhängt. Dieser Bescheid wurde – mangels Anwesenheit des Bw an der Abgabestelle – am 8. September 2005 beim Zustellpostamt zur Abholung hinterlegt und mangels Behebung am 26. September 2005 an die belangte Behörde retourniert.

 

Mit Schreiben vom 3. Oktober 2005 wurde von Seiten der belangten Behörde die Prüfung über das Vorliegen eines Zustellmangels aufgenommen und der Bw aufge­fordert mitzuteilen, ob er zwischen 8. September 2005 und 22. September 2005 laufend von der Abgabestelle abwesend gewesen sei bzw. den Zeitpunkt seiner Rückkehr bekanntzugeben. Eine diesbezügliche Mitteilung des Bw unterblieb.

 

Der Bw war im Zeitraum von 5. September 2005 bis 15. Oktober 2005 niemals an seiner Wohnadresse anwesend.

 

Mit Telefax vom 15. Dezember 2005 ersuchte eine Mitarbeiterin des Bw in dessen Auftrag die belangte Behörde das verfahrensgegenständliche Straferkenntnis nochmals zu senden und teilte gleichzeitig eine Telefaxnummer mit.

 

Am 20. Dezember 2005 übermittelte die belangte Behörde das gegenständliche Straferkenntnis per Telefax sowie postalisch eine Kopie, die dem Bw am 21. Dezember 2005 an seiner Firmenadresse in F , zuging.

 

Mit Schreiben vom 21. Dezember 2005 retournierte der Bw der belangten Behörde das gegenständliche Straferkenntnis mit der Bemerkung, es müsse sich um einen Irrtum von Amts wegen handeln.

 

Mit Schreiben datiert vom 3. Jänner 2006, Datum des Poststempels: 25. Jänner 2006, stellte der Bw – nunmehr durch rechtsfreundliche Vertretung – einen Antrag auf Zustellung des Straferkenntnisses.

 

Mit Schreiben vom 27. Jänner 2006 übermittelte die belangte Behörde dem Bw zu Handen seines rechtsfreundlichen Vertreters nochmals eine Kopie des gegen­ständlichen Straferkenntnisses.

 

Mit Schriftsatz vom 14. Februar 2006 erhob der Bw durch rechtsfreundliche Vertretung Berufung.

 

2.4. Der Bw konnte glaubhaft machen, dass er im Zeitraum von 5. September bis 15. Oktober 2005 niemals an seiner Wohnadresse anwesend war und belegte dies durch die Beibringung einer eidesstattlichen Erklärung von ihm selbst sowie von der zweiten handelsrechtlichen Geschäftsführerin.

 

Wie auch der Bw selbst in seinem durch rechtsfreundliche Vertretung gestellten An­trag auf Zustellung des Straferkenntnisses – datiert vom 3. Jänner 2006, Datum des Poststempels: 25. Jänner 2006 – anmerkt, hat die belangte Behörde mit Schreiben vom 20. Dezember 2005 dem Bw am 21. Dezember 2005 Kopien des gegen­ständlichen Straferkenntnisses an die Firmenadresse übermittelt. Dies ist jedenfalls glaubhaft, da der Bw das Schriftstück mit der Bemerkung, es müsse sich um einen Irrtum seitens der belangten Behörde handeln, mit Schreiben vom 21. Dezember 2005 an die belangte Behörde zurücksandte. Unzweifelhaft ist auch, dass die belangte Behörde das gegenständliche Straferkenntnis am 20. Dezember 2005 vorab per Telefax übermittelte, was aus den Ausführungen in der Gegenschrift der belangten Behörde ersichtlich wird.

 

Insbesondere war auch zu würdigen, dass das Schreiben des rechtsfreundlichen Vertreters des Bw, das mit 3. Jänner 2006 datiert wurde, erst am 25. Jänner 2006 zur Post gegeben wurde.

 

Im Übrigen ergibt sich der Sachverhalt unzweifelhaft aus der Aktenlage und wird auch vom Bw im Wesentlichen nicht bestritten.

 

2.5. Da im angefochtenen Straferkenntnis im Einzelnen keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).


3. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

Nach dem festgestellten Sachverhalt steht unstrittig fest, dass der Bw im gegen­ständlichen Zeitraum als handelsrechtlicher Geschäftsführer das zur Vertretung nach außen berufene Organ war.

 

3.2. Im Schriftsatz vom 14. Februar 2006 erhebt der Bw Berufung gegen die Abweisung des Antrages auf neuerliche Zustellung des Straferkenntnisses wegen Mangelhaftigkeit der Zustellung. Wie im Sachverhalt dargestellt, übermittelte die belangte Behörde mit Schreiben vom 27. Jänner 2006 dem rechtsfreundlichen Vertreter des Bw auf dessen Antrag datiert vom 3. Jänner 2006 (Datum des Post­stempels: 25. Jänner 2006) eine Kopie des gegenständlichen Straferkenntnisses. Auch wenn man davon ausgeht, dass dieses Schreiben samt Bescheidkopie dem Bw erst am 31. Jänner 2006 zugestellt wurde und somit eine mögliche Berufung rechtzeitig wäre, ist jedoch festzuhalten, dass das bloße Begleitschreiben der belangten Behörde – mangels normativen Gehalts – keinen Bescheid im Sinne der Verwaltungsverfahrensgesetze darstellt. Mangels Vorliegens eines Bescheides war die Berufung in diesem Punkt daher als unzulässig zurückzuweisen.

 

3.3. Im vorliegenden Fall ist insbesondere die Frage der Zustellung des gegenständlichen Straferkenntnisses zu überprüfen.

 

Kann eine Sendung an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist gemäß § 17 Abs. 1 Zustellgesetz das Schriftstück im Fall der Zustellung durch die Post beim zuständigen Postamt zu hinterlegen. Gemäß Abs. 2 leg. cit. ist von der Hinterlegung der Empfänger schriftlich zu verständigen.

 

Nach Abs. 3 leg. cit. ist die hinterlegte Sendung mindestens zwei Wochen zur Abholung bereit zu halten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Sendungen gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte.

 

3.4. Nach dem festgestellten Sachverhalt steht unzweifelhaft fest, dass der Bw in der Zeit zwischen 5. September und 15. Oktober 2005 nicht an der von der belangten Behörde gewählten Abgabestelle anwesend war. Die Sendung wurde am 8. September 2005 beim Zustellpostamt hinterlegt und am 26. September 2005 an die belangte Behörde retourniert. Da der Bw innerhalb der Hinterlegungsfrist nicht an der Abgabestelle anwesend war, konnte gemäß § 17 Abs. 3 Zustellgesetz mit der Hinterlegung die Zustellung nicht rechtswirksam erfolgen. Auch das Schreiben der belangten Behörde vom 3. Oktober 2005, in dem der Bw aufgefordert wurde eine allfällige Abwesenheit von der Abgabestelle bekannt zu geben, konnte diesen Zustellmangel nicht heilen.

 

3.5. Unterlaufen im Verfahren der Zustellung Mängel, so gilt gemäß § 7 Abs. 1 Zustellgesetz die Zustellung als in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist.

 

Im gegenständlichen Verfahren ist unbestritten, dass die belangte Behörde mit Schreiben vom 20. Dezember 2005 eine Kopie des Straferkenntnisses an die Firmenadresse des Bw übermittelte, die ihm am 21. Dezember 2005 auch tatsächlich zuging.

 

Strittig ist, ob die Übermittlung einer Kopie als Zustellung des Dokuments im Sinne des § 7 Abs. 1 Zustellgesetz zu verstehen ist. Nach der Judikatur des Verwaltungs­gerichtshofs heilt der Erhalt einer Kopie eines Bescheides einen Zustellmangel noch nicht. Umso weniger belegen weitere Verfahrenshandlungen des Empfängers zwingend eine wirksame Zustellung des in Rede stehenden Bescheides. Eine wirksame Zustellung kann zwar durch Übermittlung einer Kopie des ursprünglichen Originals des Bescheides nach den zustellrechtlichen Vorschriften erfolgen. Ob die Zustellung einer solchen Ausfertigung eine Bescheiderlassung darstellt, hängt davon ab, ob die zugestellte Ausfertigung den Anforderungen des § 18 Abs. 4 AVG entspricht (Verwaltungsgerichtshof vom 29. August 1996, 95/06/0128).

 

Der Firmensitz ist eine geeignete Zustelladresse im Sinn des § 4 Abs. 1 Zustellge­setz. Der Bw ist im Schreiben der belangten Behörde vom 20. Dezember 2005 aus­drücklich als Empfänger genannt, weshalb kein Umstand ersichtlich ist, der auf eine Verletzung der Regeln über die Zustellung schließen lässt. Dass das Schriftstück dem Bw auch tatsächlich zugegangen ist, wird einerseits aus dem Schreiben des Bw vom 21. Dezember 2005, mit dem er das Straferkenntnis an die belangte Behörde retournierte, andererseits auch aus dessen eigenen Angaben im Schreiben datiert vom 3. Jänner 2006 deutlich.

 

Gemäß § 18 Abs. 4 AVG haben externe Erledigungen die Bezeichnung der Behörde, das Datum der Genehmigung und den Namen des Genehmigenden zu enthalten. Die dem Bw von der belangten Behörde übermittelte Kopie des Bescheides weist alle erforderlichen Bescheidmerkmale auf; gegenteiliges wurde auch vom Bw selbst nicht behauptet.

 

Das Straferkenntnis gilt somit am 21. Dezember 2005 als zugestellt.

 

3.6. Darüber hinaus ist anzumerken, dass nach § 1 Abs. 2 Zustellgesetz eine rechts­wirksame Zustellung auch per Telefax zulässig ist. Die grundsätzliche Zulässigkeit einer Zustellung per Telefax folgt aus § 18 Abs. 3 AVG. Auch ein per Telefax dem Empfänger tatsächlich zugekommenes Schriftstück gilt daher als zugestellt und unterlaufene Zustellmängel gelten als geheilt (vgl. Verwaltungsgerichtshof vom 17. Dezember 1992, 92/09/0103).

 

Nachdem die belangte Behörde das gegenständliche Straferkenntnis am 20. Dezember 2005 auch per Telefax übermittelte, wobei feststeht, dass der Bw von dessen Inhalt jedenfalls am 21. Dezember 2005 Kenntnis hatte, ist die rechts­wirksame Zustellung auch auf diesem Wege erfolgt.

 

3.7. Gemäß § 63 Abs. 5 AVG, der nach § 24 VStG auch im Verwaltungsstraf­ver­fahren anzuwenden ist, ist die Berufung von der Partei binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung der schriftlichen Aus­fertigung des Bescheides, im Fall bloß mündlicher Verkündung mit dieser. Wird eine Berufung innerhalb dieser Frist bei der Berufungsbehörde eingebracht, so gilt diese als rechtzeitige Einbringung; die Berufungsbehörde hat die bei ihr eingebrachte Berufung unverzüglich an die Behörde erster Instanz weiterzuleiten.

 

Die Berufung des Bw datiert vom 14. Februar 2006 und ist daher in diesem Punkt zweifellos als verspätet anzusehen; dem Oö. Verwaltungssenat ist daher die inhaltliche Prüfung der Berufung verwehrt.

 

3.8. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Bernhard Pree

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgewiesen.

VwGH vom 29.01.2009, Zl.: 2007/09/0082-6

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