Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230352/2/Br

Linz, 03.10.1994

VwSen - 230352/2/Br Linz, am 3. Oktober 1994 DVR.0690392

Erkenntnis

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung der Frau M H, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 29. August 1994, Zl.: Sich-IA/353/1993, zu Recht:

I. Der Berufung wird hinsichtlich des Schuldspruches keine F o l g e gegeben; im Strafausspruch wird jedoch in Punkt 1.) eine Geldstrafe von 2.000   S und eine Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden und in Punkt 2.) eine Geldstrafe von 3.600 S und eine Ersatzfreiheitsstrafe von 90 Stunden verhängt. Rechtsgrundlage: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 866/1992 - AVG iVm § 19, § 22, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 666/1993 VStG.

II. Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten betragen zu 1.) 200 S und zu 2.) 360 S. Für das Berufungsverfahren wird der Berufungswerberin zu 1.) ein Verfahrenskostenbeitrag von 400 S (20% der verhängten Strafe) auferlegt. Zu 2.) entfällt für das Berufungsverfahren der Verfahrenskostenbeitrag.

Rechtsgrundlage: § 64 Abs.1 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems hat mit dem Straferkenntnis vom 29. August 1994, Zl.: Sich-IA/353/1993, wider die Berufungswerberin wegen Übertretungen nach §§ 5 Abs.1 und 7 Abs.6 iVm § 22 Abs.2 Z6, sowie §§ 5 Abs.2 und 7 Abs.6 iVm § 22 Abs.2 Z6 Meldegesetz 1.) zwei Geldstrafen von je 1.000 S und für den Nichteinbringungsfall jeweils 24 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe und 2.) 11 Geldstrafen von je 400 S und für den Nichteinbringungsfall jeweils 10 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil sie in der Zeit vom 4. bis 8. Juli 1993 in ihrem Beherbergungsbetrieb in S dreizehn Kinder sowie zwei Betreuer des C Austria beherbergt gehabt und es unterlassen habe 1.) zwei Personen überhaupt anzumelden und 2.) bei elf Kindern dieser Reisegruppe die Abmeldung maximal 24 Stunden vor bis unmittelbar nach der tatsächlichen Abreise im Gästeblatt einzutragen, indem die Eintragung der Abmeldung bereits zwei Tage vor der tatsächlichen Abreise erfolgt sei. 1.1. Begründend führt die Erstbehörde im wesentlichen aus, daß die Übertretung durch ein Kontrollorgan der Verwaltungsgemeinschaft der Gemeinden des Bezirkes Kf vom 16. August 1993 erwiesen sei. Trotz der Möglichkeit zur Rechtfertigung habe die Berufungswerberin davon nicht Gebrauch gemacht. Erschwerend wären drei einschlägige Vormerkungen zu werten gewesen, während mildernde Umstände nicht vorgelegen hätten. Ausgehend von einem geschätzten Monatseinkommen in der Höhe von 15.000 S seien "unter Hinweis auf den gesetzlichen Strafrahmen (gemeint wohl bis zu 5.000 S bzw. im Wiederholungsfall bis zu 15.000 S)" die verhängten Strafen angemessen gewesen. 2. Dagegen wendet sich die Berufungswerberin mit ihrer Berufung, worin sie sinngemäß ausführt, daß die genannten Personen in ihrem Beherbergungsbetrieb Unterkunft bezogen hatten. Die Gäste seien jedoch ohne die offene Forderung zu bezahlen vorzeitig abgereist. Sie ersuche daher die nicht vorschriftsmäßige Anmeldung zu entschuldigen. Sie könne auch die Strafe nicht bezahlen. Im Ergebnis wird das zur Last gelegte Verhalten von der Berufungswerberin nicht bestritten.

3. Da keine 10.000 S übersteigenden Strafen verhängt worden sind, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied zur Entscheidung berufen. Zumal sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt - welcher in der Berufung unbestritten geblieben ist - bereits aus der Aktenlage ergibt, wurde mangels eines gesonderten diesbezüglichen Antrages eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht durchgeführt.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme des von der Erstbehörde vorgelegten Verwaltungsakt. Daraus ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt.

4.1. Die Berufungswerberin hat es im fraglichen Zeitraum hinsichtlich in ihrem Beherbergungsbetrieb unterkunft- nehmenden Personen unterlassen, eine dem Gesetz entsprechende An- bzw. Abmeldung - weil diese bereits zwei Tage vor der Abreise von elf Gästen erfolgt ist - vorzunehmen. Dieser Umstand wurde von einem Kontrollorgan festgestellt. Selbst von der Berufungswerberin wird dies nicht bestritten. Ins Leere geht die Verantwortung der Berufungswerberin insbesondere deshalb, weil ein Zusammenhang dahingehend nicht erkennbar ist, was die um zwei Tage verfrühte Abmeldung mit einer angeblich noch früher als ursprünglich erwarteten Abreise der Unterkunftnehmer zu tun haben sollte. Ein Entschuldigungsgrund für die Unterlassung der Anmeldung bzw. die verfrühte Abmeldung kann dem Berufungsvorbringen nicht entnommen werden. 5.1. Rechtlich ist vom O.ö. Verwaltungssenat folgendes zu erwägen:

5.1.1. Aus § 5 Abs.1 VStG ergibt sich, daß, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit (bloß) fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Aus den zahlreichen und darunter auch vielen einschlägigen Vormerkungen wird verdeutlicht, daß die Berufungswerberin offenbar grundsätzlich nicht bereit ist im Hinblick auf die bestehenden, hier melderechtlichen Vorschriften eine zu erwartende Sorgfalt und ein gesetzestreues Verhalten obwalten zu lassen.

Den Materialien zum Meldegesetz (Erläuterungen zur Regierungsvorlage, Nr. 418 der Beilagen Seite 9 bis 17) ist hiezu zu entnehmen, daß der Sinn und Zweck der Regelung neben sicherheitspolizeilicher Aspekte, das Meldewesen auch Grundlage für verschiedenste im öffentlichen Interesse gelegenen Belange hat. Mit den gegenständlichen Verhaltensweisen, war daher, wie auch von der Erstbehörde zutreffend ausgeführt, eine erhebliche Beeinträchtigung gesetzlich geschützter Interessen verbunden.

Unterkunftgeber im Sinne dieses Bundesgesetzes ist derjenige, der über die von der anzumeldenden Person zur Unterkunftnahme benützten Räume, Liegenschaften etc., unmittelbare faktische (nicht unbedingt auch rechtliche) Verfügungsgewalt hat, und es zumindest duldet, daß diese Person bei ihm Unterkunft nimmt. In welcher zivilrechtlichen Form, ob gegen Entgelt oder unentgeltlich sich das Unterkunftsverhältnis darstellt, ist demnach ebenfalls gleichgültig.

Die der Berufungswerberin zur Last gelegten Verhaltensweisen sind daher nur unschwer unter die von der Erstbehörde angeführten meldegesetzlichen Vorschriften zu subsumieren.

5.2. Zur Frage der Kumulation (Bestrafung für jede an- bzw. abzumeldende Person) im Sinne des § 22 VStG ist zu festzustellen, daß grundsätzlich wohl für jedes Delikt eine eigene Strafe, somit bei mehreren Delikten entsprechend viele Strafen verhängt werden können. Das hier vorliegende Sachverhaltsbild besteht jedoch aus mehreren (auf jede an- bzw. abzumeldende Person bezogene) Einzelhandlungen, welche an sich jede für sich den Tatbestand erfüllt. Aufgrund der Gleichartigkeit der Begehungsform und der äußeren Begleitumstände besteht ein untrennbarer Zusammenhang sowie auf ein Gesamtkonzept hinauslaufendes Geschehen, sodaß dies auf das Vorliegen einer strafbaren Handlung bereits vorweg indiziert (vgl. die Judikatur des VwGH zum Begriff des fortgesetzten Deliktes, Slg. 7993(A)/71, Slg. 9001(A)/76, Slg. 9246(A)/77 v. 19.4.1979, Z.668, 669/78, sowie Erk. des verst. Senat, Slg. 10138(A)/80, sowie Slg. 10352/A/80, Zl. 818/80, 861/80, 944/80, 1003/80).

Auch nach der neueren Rechtsprechung des OGH ist zur Annahme eines Gesamtkonzeptes bei Vermögensdelikten auf einen einheitlichen Willensentschluß für die Begehung gleichartiger strafbarer Handlungen abgestellt (13.2.1975, Z 13 Os 131/74 u.a.). Der VwGH führt zur Frage der sogenannten unechten (scheinbaren) Realkonkurrenz <durch mehrere Handlungen wird dasselbe Delikt mehrmals verwirklicht> weiter aus, daß eine Haftung und Bestrafung nur wegen der Begehung eines Deliktes vorliege, weil die einzelnen Tathandlungen sich nur als Teilhandlungen darstellen und rechtlich eine Einheit bilden (verst. Senat, Zl. 3295/78, Slg. 10138, Hinweis auf Leukauf - Steininger, Kommentar zum Strafgesetzbuch, S 216, der zweiten Aufl. S 288). Dies ist etwa beim fortgesetzten Delikt und beim Sammel- (Kollektiv-)delikt der Fall (vgl. Rittler, Lehrbuch allgemeiner Teil, S. 346 ff; Altmann - Jakob, Kommentar zum österreichischen Strafrecht, S 122 ff; Nowarkowski, Das Österreichische Strafrecht in seinen Grundzügen, S 122 ff). In Anerkennung dieser Erkenntnis der Strafrechtslehre versteht der VwGH unter der strafrechtlichen Figur des fortgesetzten Deliktes eine Reihe von Einzelhandlungen, die vermöge der Gleichartigkeit ihrer Begehungsform und Ähnlichkeit der äußeren Begleitumstände, verbunden mit der zeitlichen Kontinuität, zu einer Einheit zusammentreten (vgl. dazu die Erk. des VwGH Slg 2931(A)/53, Slg. 7993(A)/71, Slg. 9001(A)/76 u.a.). Sohin werden die Tathandlungen der unterlassenen An- und Abmeldung betreffend mehrerer Personen als tateinheitlich, bestehend aus der jeweiligen Zahl von Teilhandlungen, erblickt. Die sich aus der Vielzahl der einzelnen Teilhandlungen ergebenden nachteiligen Folgen, wobei, wie oben schon dargelegt, wohl schon jede für sich das Tatbild der gegenständlichen Verwaltungsübertretungen erfüllt, sind innerhalb des vorgegebenen Strafrahmens bei der Festsetzung des Strafausmaßes entsprechend zu berücksichtigen. Die Addition einer Vielzahl von "tateinheitlichen Einzelhandlungen" könnte theoretisch zu einem ungerechten Ergebnis in der Gesamtstrafe führen. Durch die gegenständliche Betrachtung kann ein solches Ergebnis vermieden werden. 5.3. Die mit dieser Entscheidung vorgenommene weitergehende Ausschöpfung des Strafrahmens bei gleichzeitiger Einschränkung des Tatvorwurfes auf bloß je ein - tateinheitliches - Delikt oder auch die Vornahme einer anderen rechtlichen Subsumtion, steht nicht dem Grundsatz der reformatio in peius (Verschlechterungsverbot in der Berufungsentscheidung) entgegen (vgl. VwGH 6.4.1970 Slg. 7771/A, u.a., sowie Hauer - Leukauf, Handbuch des österr. Verwaltungsverfahrens, Seite 1031 ff, Anm. 25 - 27). 6. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

6.1. Konkret ist zur Strafzumessung daher auszuführen, daß die bisher wider die Berufungswerberin verhängten Strafen sie offenbar nicht davon abzuhalten vermochten, nicht abermals gegen meldegesetzliche Vorschriften zu verstoßen. Für die Betreiberin eines Beherbergungsbetriebes haben diese Vorschriften einen besonderen Stellenwert. Aus den zahlreichen Übertretungen muß wohl geschlossen werden, daß es ihr in diesem Zusammenhang an einer zu erwartenden Verbundenheit mit gesetzlich geschützten Werten ermangelt. Die verhängten Strafen finden daher, insbesondere im Gedanken der Spezialprävention (die Berufungswerberin künftighin doch noch vor weiteren derartigen Übertretungen abzuhalten), ihre Rechtfertigung. Angesichts des - im speziellen Fall - bis zu 15.000 S reichenden Strafrahmen ist die verhängte Strafe zu 1.) als durchaus angemessen zu erachten. Im Falle eines abermaligen Verstoßes gegen eine derartige Vorschrift wäre eine noch weitergehende Ausschöpfung des Strafrahmens indiziert. In Punkt 2.) scheint infolge des Vorliegens bloß einer einzigen Tathandlung mit einer Strafe in der Höhe von 3.600 S das Auslangen gefunden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

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