Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-110745/12/Kl/Ps

Linz, 16.03.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des Herrn A T, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. N, Dr. N, Dr. N, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 23. November 2006, Zl. VerkGe96‑128-1-2006, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Güterbeförderungsgesetz nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 6. März 2007 zu Recht erkannt:

 

I.      Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich mit der Maßgabe bestätigt, dass bei der verletzten Rechtsvorschrift „und Abs.4“ zu entfallen hat.

 

II.     Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat einen Verfahrenskostenbeitrag in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, d.s. 290,60 Euro, zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 19 und 51 VStG.

zu II.: § 64 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 23. November 2006, Zl. VerkGe96-128-1-2006, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 1.453 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 67 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 7 Abs.1 Z1 und § 23 Abs.1 Z3 und Abs.4 GütbefG 1995 verhängt, weil er als Unternehmer mit dem Sitz in D, am 17.07.2006 gegen 21.50 Uhr, auf der Innkreis-Autobahn A8, bei Strkm 75,200, Gemeindegebiet Suben, mit dem Sattelzugfahrzeug mit dem deutschen Kennzeichen und dem Sattelanhänger mit dem deutschen Kennzeichen, deren Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte insgesamt 3.500 kg überstiegen hat, Zulassungsbesitzer des Zugfahrzeuges: A T, Lenker: F Ö, welcher Staatsangehöriger eines Drittstaates (Staatsbürgerschaft: Türkei) ist, eine gewerbsmäßige Beförderung von Gütern (Textilien) von der Türkei durch Österreich mit einem Zielort in Deutschland (grenzüberschreitender gewerblicher Güterkraftverkehr) ohne Fahrerbescheinigung durchgeführt, obwohl der grenzüberschreitende Verkehr einer Gemeinschaftslizenz in Verbindung – sofern der Fahrer Staatsangehöriger eines Drittstaates ist – mit einer Fahrerbescheinigung unterliegt.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und das Straferkenntnis zur Gänze angefochten. Begründend wurde dargelegt, dass ein ordentliches Ermittlungsverfahren mit Einvernahme der Meldungsleger nicht erfolgt sei und die Tat bestritten werde. Es hätte sich gezeigt, dass der Lenker F Ö eine gültige Fahrerbescheinigung mit sich geführt hatte, dass er jedoch auf Grund von Verständigungsproblemen diese nicht vorgezeigt hatte. Auch sei die Tatzeit nicht geklärt. Weiters wurde vorgebracht, dass schon vor der Fahrt, nämlich am 12. Juni 2006 eine Fahrerbescheinigung für den Lenker F Ö beantragt wurde und dass jedenfalls – wie die Behörde schon festgestellt hat – mit 18. Juli 2006 eine gültige Fahrerbescheinigung für diesen Lenker erteilt wurde. Weiters wurde das Strafausmaß bekämpft und eine außerordentliche Milderung beantragt.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Aus der Anzeige gegen den Berufungswerber iVm der gleichzeitig ergangenen Anzeige an den Lenker geht hervor, dass am 17. Juli 2006 ein gewerblicher Gütertransport von der Türkei nach Deutschland durch den Lenker F Ö für das Transportunternehmen A T durchgeführt wurde, ohne dass eine Fahrerbescheinigung vorlag. Der Fahrer legte eine beglaubigte Abschrift der Gemeinschaftslizenz vor. Eine CEMT-Genehmigung lag nicht vor. Der gewerbliche Gütertransport ist aus dem CMR-Frachtbrief ersichtlich. Anlässlich der Anhaltung gab der Lenker an, dass er keine Fahrerbescheinigung habe, aber eine solche bereits beantragt sei. Er wisse jedoch nicht, wann er sie erhalte.

Auf Grund einer Anfrage der belangten Behörde an das Landratsamt Ansbach teilte dieses mit 10. Oktober 2006 mit, dass der Firma A T am 17. Jänner 2006 eine Gemeinschaftslizenz mit 19 beglaubigten Abschriften, gültig von 17. Jänner 2006 bis 16. Jänner 2011, erteilt wurde. Für den Fahrer F Ö wurde am 18. Juli 2006, befristet vom 18. Juli 2006 bis 8. Juli 2007, eine Fahrerbescheinigung erteilt.

Weiters hat der Oö. Verwaltungssenat eine öffentliche mündliche Verhandlung für den 6. März 2007 anberaumt und an diesem Tage durchgeführt. Der Berufungswerber ist nicht erschienen und wurde durch seinen Rechtsvertreter vertreten. Die belangte Behörde hat sich für die mündliche Verhandlung entschuldigt. Weiters wurde der Meldungsleger Inspektor J B geladen und einvernommen. Die weiters geladenen Zeugen Inspektor A S und F Ö sind nicht erschienen.

Der Meldungsleger sagte glaubwürdig bei seiner Einvernahme, dass der Lenker bei der Fahrzeugkontrolle keinen internationalen Führerschein mit hatte, jedoch eine gültige Gemeinschaftslizenz vorweisen konnte. Eine Fahrerbescheinigung konnte er nicht vorweisen. Sprachliche Probleme gab es insofern nicht, als bei der Kontrolle immer eine Mustermappe mitgeführt wird, wobei den Lenkern immer das entsprechende Muster vorgelegt wird, das verlangt wird. Im Übrigen besteht auch die Möglichkeit mit den Speditionen in Kontakt zu treten, wenn dann noch sprachliche Schwierigkeiten bestehen. Auch haben die Lenker die Möglichkeit zu telefonieren. Schließlich wurde vom Meldungsleger ausgeführt, dass in der Anzeige gegen den Unternehmer ein Tippfehler beim Tatzeitpunkt passierte und dieser anstelle von 17. Juni 2006 auf 17. Juli 2006 lauten müsste. Diesbezüglich gibt es auch einen internen Dienstbericht.

Die Aussagen sind glaubwürdig und widerspruchsfrei und können der Entscheidung zugrunde gelegt werden.

 

Danach steht als erwiesen fest, dass am 17. Juli 2006 ein gewerblicher Gütertransport von der Türkei über Österreich nach Deutschland durch den Berufungswerber vorgenommen wurde, wobei der eingesetzte Lenker F Ö, welcher türkischer Staatsangehöriger ist, keine Fahrerbescheinigung vorweisen konnte, weil keine Fahrerbescheinigung zum Tatzeitpunkt vorhanden war. Diese war lediglich bei der zuständigen Behörde beantragt, aber noch nicht ausgestellt. Die Fahrt wurde mit einer beglaubigten Abschrift der Gemeinschaftslizenz durchgeführt; eine CEMT-Genehmigung liegt nicht vor.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß Art. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 idF Nr. 484/2002 unterliegt der grenzüberschreitende Verkehr einer Gemeinschaftslizenz in Verbindung – sofern der Fahrer Staatsangehöriger eines Drittstaates ist – mit einer Fahrerbescheinigung.

 

Gemäß § 7 Abs.1 GütbefG 1995 idF BGBl. I Nr. 23/2006 (zum Tatzeitpunkt geltende Fassung) ist die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen von Orten, die außerhalb des Bundesgebietes liegen, in das Bundesgebiet oder durch das Bundesgebiet hindurch oder von innerhalb des Bundesgebietes liegenden Orten in das Ausland außer Inhabern von Konzessionen nach § 2 auch Unternehmern gestattet, die nach den im Staat des Standortes ihres Unternehmens geltenden Vorschriften zur Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen befugt sind und Inhaber einer der folgenden Berechtigungen sind:

1. Gemeinschaftslizenz gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92.

 

Gemäß § 25 Abs.2 GütbefG ist, soweit in diesem Bundesgesetz auf die Verordnung (EWG) Nr. 881/92 verwiesen wird, die Verordnung (EWG) Nr. 881/92 des Rates vom 26. März 1992, geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 484/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 1. März 2002 anzuwenden.

 

Gemäß § 23 Abs.1 Z3 iVm § 23 Abs.4 GütbefG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe von mindestens 1.453 Euro bis zu 7.267 Euro zu bestrafen ist, wer als Unternehmer Beförderungen gemäß §§ 7 bis 9 ohne die hiefür erforderliche Berechtigung durchführt.

 

Gemäß § 23 Abs.3 GütbefG ist ein Unternehmer nach Abs.1 Z3 auch dann strafbar, wenn er die in §§ 7 bis 9 genannten Verpflichtungen oder die in der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 normierten Gebote und Verbote im Ausland verletzt. Örtlich zuständig ist diesfalls jene Behörde, in deren Sprengel der Lenker im Zuge einer Straßenkontrolle betreten wird.

 

5.2. Unter Zugrundelegung des erwiesenen Sachverhalts wurde daher ein grenzüberschreitender Gütertransport durch einen Lenker mit türkischer Staatsangehörigkeit für das Unternehmen des Berufungswerbers mit Sitz in Deutschland durchgeführt, ohne dass eine Fahrerbescheinigung zum Tatzeitpunkt für diesen Lenker bestanden hat, obwohl für diesen Gütertransport eine gültige Gemeinschaftslizenz verwendet wurde. Da gemäß der zitierten Bestimmung des § 7 Abs.1 iVm § 25 Abs.2 GütbefG und Art. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 idF Nr. 484/2002 bei Lenkern mit türkischer Staatsangehörigkeit (Lenkern aus einem Drittstaat) eine Gemeinschaftslizenz iVm einer Fahrerbescheinigung erforderlich ist, wurde diese Bestimmung nicht eingehalten und daher der objektive Tatbestand der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung einwandfrei erfüllt.

Der Berufungswerber hat die Tat aber auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt nämlich zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten und ist Fahrlässigkeit bei Ungehorsamsdelikten, zu welchen auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung zählt, dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Lenker nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Einen derart geforderten Entlastungsnachweis hat der Berufungswerber nicht erbracht. Vielmehr ist ihm als Sorgfaltsverletzung anzulasten, dass er als Güterbeförderungsunternehmer Kenntnis über die entsprechenden Berufsvorschriften haben muss bzw. sich entsprechende Kenntnis zu verschaffen hat. Dies allenfalls durch eine entsprechende Auskunft bei der zuständigen Behörde. Dass eine solche Auskunft angestrebt wurde, wurde vom Berufungswerber nicht einmal behauptet. Im Übrigen gibt der Berufungswerber die Kenntnis der Verwaltungsvorschrift zu, indem er selbst darlegt, dass eine Fahrerbescheinigung zum Tatzeitpunkt beantragt wurde, allerdings noch nicht genehmigt bzw. ausgestellt wurde. Vor Ausstellung der Fahrerbescheinigung darf aber nicht das Ergebnis vorweg genommen werden und daher keine Fahrt mit dem Fahrer durchgeführt werden. Es war daher auch Verschulden des Berufungswerbers vorhanden.

 

Wenn sich der Berufungswerber hingegen auf die Bestimmung des § 23 Abs.1 Z8 GütbefG stützt, nämlich dass er nicht dafür Sorge getragen hätte, dass die Fahrerbescheinigung mitgeführt wird, so ist ihm entgegen zu halten, dass diese Bestimmung voraussetzt, dass eine Fahrerbescheinigung überhaupt vorliegt. Wie aber als erwiesen feststeht, lag zum Tatzeitpunkt 17. Juli 2006 für den genannten türkischen Lenker eine Fahrerbescheinigung nicht vor – diese wurde erst mit 18. Juli 2006 ausgestellt –, sodass zum Tatzeitpunkt auch ein Sorgetragen für das Mitführen der Fahrerbescheinigung nicht in Frage kommt, zumal ein Mitführen ja nicht möglich ist. Vielmehr ist – wie oben ausgeführt – bei einem grenzüberschreitenden gewerblichen Gütertransport eine Gemeinschaftslizenz und wenn ein Lenker, der Staatsangehöriger eines Drittstaates ist, verwendet wird, eine Gemeinschaftslizenz iVm einer Fahrerbescheinigung erforderlich. Liegen diese nicht vor, so wurde eine Verwaltungsübertretung gemäß § 23 Abs.1 Z3 GütbefG begangen.

 

5.3. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die belangte Behörde hat bei ihrer Strafbemessung insbesondere auf den Unrechtsgehalt der Tat hingewiesen. Diese Ausführungen sind vollinhaltlich zu bestätigen. Mildernd war lediglich die Unbescholtenheit zu werten, Erschwerungsgründe lagen nicht vor. Auch in der Berufung wurden keine Milderungsgründe geltend gemacht und keine für die Strafmilderung zu wertenden Umstände vorgebracht. Da von der belangten Behörde die Mindeststrafe verhängt wurde, war die verhängte Geldstrafe zu bestätigen. Diese ist auch nicht als überhöht zu werten. Die Anwendung des § 20 VStG war jedoch nicht erforderlich, zumal ein Überwiegen der Milderungsgründe nicht festzustellen war. Allein die Unbescholtenheit ergibt kein erhebliches Überwiegen der Milderungsgründe. Mangels der weiteren Voraussetzungen nach § 21 VStG, nämlich geringfügiges Verschulden, war auch nicht von einer Strafe abzusehen. Geringfügigkeit des Verschuldens ist nämlich dann nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes anzunehmen, wenn das Verhalten des Beschuldigten weit hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurückbleibt. Auf Grund der festgestellten Umstände war dies jedoch nicht der Fall. Entsprechend war auch die Ersatzfreiheitsstrafe gemäß § 16 VStG zu bestätigen.

 

6. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte, war ein Verfahrenskostenbeitrag in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe gemäß § 64 VStG vorzuschreiben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Klempt

 

 

 

Beschlagwortung:

Fahrerbescheinigung, Verschulden

 

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