Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-320142/19/Kl/Pe

Linz, 20.02.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des Herrn C Z, vertreten durch Rechtsanwälte G L T & Partner, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 25.11.2005, N96‑6‑2004, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 2001 (Oö. NSchG) nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 1.2.2007 zu Recht erkannt:

 

I.      Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.     Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 25.11.2005, N96‑6‑2004, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 1.000 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 56 Abs.3 Z2 iVm § 10 Oö. NSchG 2001 iVm der Verordnung der Oö. Landesregierung über den Landschaftsschutz im Bereich von Flüssen und Bächen verhängt, weil er als Eigentümer der Grundstücke 1744/4 und 1744/5, KG G und Gemeinde K den Auftrag erteilt hat und somit dafür verantwortlich ist, dass im Zeitraum vom 20.4. bis 3.5.2004 im 50 m Uferschutzbereich der Großen Mühl größere Mengen an Erd- und Steinmaterial (etwa 30 Lkw-Fuhren) konsenslos (ohne bescheidmäßige Feststellung gemäß § 10 Abs.2 Oö. NSchG 2001) abgelagert wurden. Das Material wurde von der Straßenmeisterei O bereitgestellt. Das Material wurde auf der flussseitigen Wegseite und zum Teil direkt in den steilen bestockten Flusshang hineingelagert. Der Forstweg verläuft im Nahbereich der Großen Mühl.

Die vom Berufungswerber in Auftrag gegebenen Maßnahmen sind als bedingt vorsätzlich anzusehen.

Gründe für die bedingt vorsätzliche Handlung:

Es kam lt. Auskunft beim Forststraßenpolier des Landes Oberösterreich, Herrn M G, am Dienstag 15.4.2004, zwischen 16.00 und 17.00 Uhr, im Bereich der Grundstücke 1744/5 und 1744/4, KG G, Gemeinde K, zu einer Zusammenkunft von Herrn G und dem Berufungswerber, mit folgendem Verlauf:

Der Berufungswerber hat bei Herrn G angefragt, ob er im Bereich der genannten Grundstücke in den Flusshang Erdmaterial zur Hangsicherung hineinschütten darf. Herr G hat darauf geantwortet: „Herr Z, Sie dürfen im Uferschutzbereich der Großen Mühl ohne naturschutzrechtliche Bewilligung nichts tun.“

An diesem Tag lagen lt. Herrn G noch keine Erdanschüttungen vor.

Lt. Anfrage der belangten Behörde am 19.5.2004 beim Straßenmeister von O, Herrn P, hat der Berufungswerber auf Befragen hin, ob er die behördlichen Bewilligungen für die Anschüttungsmaßnahmen hat, mitgeteilt, dass er diese Bewilligungen hat. Es lagen jedoch keine derartigen Bewilligungen vor.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses, in eventu Herabsetzung der Strafe beantragt. In der Begründung wurde auf die Vielzahl von Verfahren vor der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hingewiesen, insbesondere auf das Verfahren zu Gz.: N10-110-2004, in welchem zur Zeit eine Berufung anhängig ist. Der Beschuldigte hätte immer das Einvernehmen mit der Behörde gesucht und hätte die Behörde gegen die geplanten Maßnahmen offensichtlich auch nichts einzuwenden gehabt. Die vorgenommenen Arbeiten seien keineswegs konsenslos erfolgt. Auch sei zu berücksichtigen, dass der Beschuldigte über kein geregeltes Einkommen verfüge und ihm im monatlichen Schnitt nicht mehr als 1.000 Euro zur Verfügung stünden. Auch sei die Liegenschaft mit Hypotheken überbelastet.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 1.2.2007, zu welcher der Berufungswerber und sein Rechtsvertreter sowie die belangte Behörde geladen wurden und erschienen sind. Weiters wurden die Zeugen P T, Mag. S P, Straßenmeister J P und M G geladen und einvernommen.

Als erwiesen steht fest, dass der Berufungswerber im unmittelbaren Bereich der Großen Mühl auf den Grundstücken Nr. 1744/4 und 1744/5 der KG G im Zeitraum vom 20.4. bis 3.5.2004 Erd- und Steinmaterial im Ausmaß von etwa 30 Lkw-Fuhren auf der flussseitigen Wegseite und direkt in den bestockten Flusshang abgelagert hat. Ein naturschutzbehördlicher Feststellungsbescheid liegt nicht vor.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 10 Abs.1 Z2 Oö. NSchG 2001, LGBl. Nr. 129/2001 idF LGBl. Nr. 106/2003 (zum Tatzeitpunkt geltende Fassung), gilt der Natur- und Landschaftsschutz für sonstige Flüsse und Bäche (einschließlich ihrer gestauten Bereiche) und einen daran unmittelbar anschließenden 50 m breiten Geländestreifen, wenn sie in einer von der Landesregierung zu erlassenden Verordnung angeführt sind.

 

Gemäß § 10 Abs.2 leg.cit. ist in geschützten Bereichen gemäß Abs.1 jeder Eingriff

1) in das Landschaftsbild und

2) im Gründland (§ 3 Z6) in den Naturhaushalt

verboten, solang die Behörde nicht bescheidmäßig festgestellt hat, dass solche öffentliche Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes oder des Naturhaushaltes, die alle anderen Interessen überwiegen, nicht verletzt werden. Ausgenommen von diesem Verbot sind Eingriffe in geschlossenen Ortschaften oder in Gebieten, für die ein rechtswirksamer Bebauungsplan (§ 31 Oö. Raumordungs­gesetz 1994) vorhanden ist.

 

Gemäß § 56 Abs.3 Z2 leg.cit. begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 35.000 Euro zu bestrafen, wer Eingriffe, die im Schutzbereich übriger Gewässer (§ 10) verboten sind, ohne bescheidmäßige Feststellung im Sinn des § 10 Abs.2 ausführt.

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und

2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass  er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Gemäß § 31 Abs.1 und 2 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von sechs Monaten von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung.

 

Es muss daher die Tat unter Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, Seite 937 ff).

 

Diesen Anforderungen wird aus nachstehenden Gründen nicht entsprochen:

Dem Berufungswerber wird im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen „größere Mengen an Erd- und Steinmaterial … abgelagert“ zu haben. Dass es sich dabei um einen Eingriff in das Landschaftsbild oder in den Naturhaushalt handelt und dieser verboten ist, wird hingegen dem Berufungswerber nicht vorgeworfen. Es wird ihm auch im Spruch des Straferkenntnisses nicht die Ausführung eines verbotenen Eingriffes ohne bescheidmäßige Feststellung angelastet. Dies ist aber Tatbild der Verwaltungsübertretung gemäß § 56 Abs.3 Z2 Oö. NSchG.

Weil der Tatvorwurf auch im sonstigen Verwaltungsstrafverfahren, nämlich insbesondere auch in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 21.5.2004, welche noch innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist ergangen ist, nicht anders formuliert wurde, ist Verfolgungsverjährung gemäß § 31 Abs.2 VStG eingetreten und war daher das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG einzustellen.

 

Im Hinblick auf das tatsächlich vorgeworfene Tatverhalten des „Ablagerns“, das allenfalls auf eine bewilligungspflichtige Maßnahme nach § 5 Oö. NSchG 2001 hindeutet, fehlen aber weitere konkretisierte Angaben, die eine eindeutige Zuordnung zu einem der in § 5 Oö. NSchG aufgezählten Maßnahmen zulässt.

 

6. Weil sohin die Berufung Erfolg hat und das Strafverfahren eingestellt wurde, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Klempt

 

 

 

Beschlagwortung:

Eingriff, Tatkonkretisierung

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum