Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420497/7/Ste/FJ

Linz, 21.03.2007

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Vizepräsident Mag. Dr. Wolfgang Steiner über die Beschwerde des G E O, vertreten durch E W D, S, 11 W, H, wegen der Vorführung zur nigerianischen Botschaft zu Recht erkannt:

 

 

Die Beschwerde gegen die Vorführung des Beschwerdeführers bei der nigerianischen Botschaft zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates am 1. März 2007 wird als unzulässig zurückgewiesen.

 

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei: Bezirks­haupt­mann des Bezirks Vöcklabruck) Kosten in Höhe von 220,30 Euro Schriftsatzaufwand sowie 51,50 Euro Vorlageaufwand, insgesamt also 271,80 Euro binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlagen:

Art. 129a Abs. 1 Z 2 B-VG iVm § 67a Abs. 1 Z 2 AVG; § 67c AVG; § 79a AVG iVm UVS-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 334/2003

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Nach Schilderung des George Eze Onuchukwu (in der Folge: Beschwerdeführer – Bf) wurde er durch Beamte des Landespolizeikommandos Oberösterreich im Auftrag des Bezirks­hauptmanns des Bezirks Vöcklabruck am 1. März 2007 der nigerianischen Botschaft zur Feststellung seiner Identität vorgeführt. Zum Zeitpunkt der Vornahme der Vorführung habe er sich im Polizeianhaltszentrum (PAZ) W in Schubhaft befunden, wohin er auch in Folge zum weiteren Vollzug zurückgebracht wurde. In diesem Zusammenhang sei es überdies zu einer gemäß § 57 Abs. 10 Asylgesetz 2005 unzulässigen Übermittlung personenbezogener Daten an die obgenannte Botschaft gekommen.

 

2. Gegen diese Maßnahmen (Vorführung und Übermittlung personenbezogener Daten) richtet sich die vor­liegende, am 1. März 2007 beim Oö. Verwaltungssenat eingelangte, Be­schwerde in der Fassung der dazu mit Schreiben vom 5. März 2007 (VwSen-420497/3/Ste) aufgetragenen und am 15. März 2007 beim Oö. Verwaltungssenat eingelangten Verbesserung.

 

Darin wird zunächst ausgeführt, dass der Bf nigerianischer Staatsbürger sei, der am 16. Jänner 2007 einen (neuerlichen) Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe. Dieser sei mit Bescheid der Erstaufnahmestelle West vom 1. Februar 2007, Zl. 07 00.543, wegen entschiedener Sache zurückgewiesen geworden. Mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 15. Februar 2007, 267.785-2/3E-XII/05/07 sei über seine Berufung diesem Antrag jedoch stattgegeben worden. Am 19. Februar 2007 sei ihm vom Bundesasylamt eine Aufenthaltsberechtigungskarte ausgestellt worden.

 

Mit Bescheid des Bezirkshauptmanns des Bezirks Vöcklabruck vom 1. Februar 2007, Sich40-2372-2004, sei über den Bf zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft angeordnet worden.

 

Darin sei begründend ausgeführt worden, dass der Bf am 14. September 2004 unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich eingereist sei und sein Asylantrag mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 5. April 2006 abgewiesen worden sei. Eine Behandlung seiner Beschwerde sei vom VwGH abgelehnt worden. Weiters sei ausgeführt worden, dass sich der Bf gelinderen Mitteln, angeordnet durch den Polizeidirektor der Stadt Linz mit 25. Oktober 2006, entzogen habe und erst am 15. Jänner 2007 aufgegriffen worden sei. Aus diesem Grund sei die Schubhaft anzuordnen gewesen. Am 28. Februar 2007 habe der Bf Schubhaftbeschwerde eingereicht.

Am 1. März 2007 sei der Bf durch Beamte des Landespolizeikommandos Ober­österreich im Auftrag des Bezirkshauptmanns des Bezirks Vöcklabruck der nigerianischen Botschaft zur Feststellung seiner Identität vorgeführt worden und danach wieder in das PAZ W zurückgebracht worden. In diesem Zusammenhang sei es auch zu einer unzulässigen Übermittlung von personenbezogenen Daten an die nigerianische Botschaft gekommen.

 

In der Verbesserung brachte der Bf ergänzend vor, dass seine Schubhaft mit Bescheid des Oö. Verwaltungssenates vom 7. März 2007 ab 15. Februar 2007 für rechtswidrig erklärt worden sei.

 

In rechtlicher Hinsicht wird ausgeführt, dass es sich bei dem Bf gemäß § 2 Abs. 1 Z. 14 AsylG um einen Asylwerber handle und daher gemäß § 57 Abs. 3 Z. 10 AsylG (gemeint wohl § 57 Abs. 10 AsylG) die Übermittlung der Daten eines Asylwerbers nicht zulässig sei. Lediglich zur Beschaffung der Bewilligungen, die zur Einreise erforderlich seien, dürften Daten übermittelt werden, wenn der Antrag des Asylwerbers ab- oder zurückgewiesen worden sei und die Identität des Asylwerbers nicht geklärt sei.

 

Im vorliegenden Fall sei aber durch die Behebung der zurückweisende Entscheidung des Bundesasylamtes durch den Unabhängigen Bundesasylsenat diese zurück­weisende Entscheidung nicht mehr existent. Die Übermittlung der personenbezogenen Daten im Rahmen der Vorführung am 1. März 2007 an die Botschaft von Nigeria sei daher unzulässig gewesen und aus dem gleichen Grund fehle daher auch jegliche Rechtsgrundlage für die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt im Rahmen der Vorführung vor die og. Botschaft. Dies ergebe sich aus der Verknüpfung der Vorführung mit der Übermittlung personenbezogener Daten.

 

Der Bf beantragte die Erstattung der Kosten und die Feststellung der Rechts­widrigkeit der Übermittlung der personenbezogenen Daten (bei Vorführung) sowie die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Vorführung am 1. März 2007 zur nigeria­nischen Botschaft, durch den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Ober­österreich.

 

2.1. Mit Schreiben vom 5. März 2007 wurde der Bezirkshauptmann des Bezirks Vöcklabruck als nach dem vom Bf angegebenen Ort der Amtshandlung zuständige Behörde zur Erstattung einer Gegenschrift eingeladen.

 

Mit Schreiben vom 6. März 2007 legte die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck den bezughabenden Akt dem Oö. Verwaltungssenat per Fax vor und teilte mit, dass die in Frage kommende Datenweitergabe an die Botschaft der Republik Nigeria nicht am 1. März 2007 erfolgt sei.

 

Bereits am 2. Juni 2006 seien vom Bundesministerium für Inneres die Daten des Bf an die genannte Botschaft übermittelt worden. Ein erster Vorführtermin sei abgesagt worden, weil seitens des Verwaltungsgerichtshofs im Asylverfahren aufschiebende Wirkung zuerkannt worden sei.

 

Am 1. Februar 2007 sei durch das Bundesasylamt Erstaufnahmestelle West eine durchsetzbare Zurückweisung gem. § 68 AVG iVm § 10 AsylG 2005 erlassen worden. In der Folge habe das Bundesministerium für Inneres im Auftrag der Botschaft der Republik Nigeria um Vorführung das Bf am 1. März 2007 um 12.00 Uhr gebeten. Diesem Ersuchen der nigerianischen Botschaft sei die Bezirkshaupt­mannschaft Vöcklabruck durch die Vorführung des Bf nachgekommen. Eine neuerliche Übermittlung von Daten (nach dem 2. Juni 2006) habe in diesem Zusammenhang jedoch nicht stattgefunden.

 

Der Bezirkshauptmann des Bezirks Vöcklabruck beantragte die Abweisung der Maßnahmenbeschwerde und den Ersatz der angelaufenen Kosten.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat hat durch Einsichtnahme in die vorliegenden Verwaltungsakte und die vorgelegten Schriftsätze Beweis erhoben. Von der Durch­führung einer mündlichen Verhandlung wurde mangels Erforderlichkeit gemäß § 67d Abs. 1 AVG, zumal eine solche durch den rechtfreundlich vertretenen Bf auch nicht beantragt wurde und sich der maßgebliche, entscheidungswesentlich Sachverhalt aus dem vorgelegten Akt der belangten Behörde und den vorgelegten Schriftsätzen schlüssig und widersp­ruchsfrei ergab, abgesehen.

 

2.4. Aus dem vorliegenden Akt (einschließlich der Schriftsätze der Parteien) ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zugrunde liegt:

 

Der Bf reiste am 14.September 2004 unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich ein und beantragte noch am selben Tag Asyl. Der Bf führte bei seiner Einreise keine Dokumente, die seine Identität belegt hätten, mit sich. Sein Antrag wurde mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 5. April 2006 abgewiesen. Seiner Beschwerde ist vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 22. Mai 2006, zugestellt am 8.Juni 2006, aufschiebende Wirkung zuerkannt worden.

 

Am 2. Juni 2006 richtet die Bundespolizeidirektion Linz ein Schreiben an das Bundesministerium für Inneres mit dem Ersuchen für den Bf bei der Botschaft der Republik Nigeria ein Heimreisezertifikat und einen Vorführtermin zu erwirken. In diesem Zusammenhang wurden ein Fingerabdruckblatt, 2 Fotografien und eine Niederschrift zur Datenbefragung übermittelt.

 

Aufgrund dieses Ersuchens konnte für den 6. Juli 2006, um 12.00 Uhr ein Vorführ­termin für den Bf bei der genannten Botschaft erwirkt werden. Dieser wurde jedoch nicht wahrgenommen, weil die Bundespolizeidirektion Linz seitens des damaligen rechtsfreundlichen Vertreters des Bf am 8. Juni 2006 über die zuerkannte aufschiebende Wirkung der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde des Bf unterrichtet worden war.

 

Am 15. Jänner 2007 wurde der Bf festgenommen und Schubhaft angeordnet, nachdem er gelinderen Mitteln nicht Folge geleistet hatte. Am 16. Jänner stellte der Bf einen Folgeantrag auf Asyl. Dieser wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes Erstaufnahmestelle West vom 1. Februar 2007 gemäß § 68 AVG durchsetzbar zurückgewiesen und der Bf gem. § 10 AsylG 2005 durchsetzbar aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich ausgewiesen.

 

Am 1. Februar 2007 regte die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck beim Bundes­ministerium für Inneres die neuerliche Vereinbarung eines Vorführtermins zur Er­wirkung eines Heimreisezertifikates an. Eine neuerliche Übermittlung von Daten – wie dies am 2. Juni 2006 erfolgt war – fand nicht statt. Mit Schreiben vom 13. Februar 2007 ersuchte das Bundesministerium für Inneres um die Vorführung des Bf am 1. März 2007 um 12.00 Uhr bei der Konsularabteilung der Botschaft von Nigeria.

 

Mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 15. Februar 2007, wurde die Zurückweisung des Asylantrages vom 1. Februar aufgehoben und der Bf zum Asylverfahren zugelassen.

 

Am 1. März 2007 wurde der Bf von GI Schiffer der PI Neustadt im Auftrag des Bezirkshauptmanns des Bezirks Vöcklabruck mit dem Zweck der Ausstellung eines Heimreisezertifikates in der Zeit von 08.30 bis 17.00 der nigerianischen Botschaft vorgeführt. Im Zuge dieser Vorführung ergaben sich keine Vorfälle. Der Bf wider­setzte sich der Vorführung zu keinem Zeitpunkt. Daten wurden in diesem Zusam­menhang keine übermittelt.

 

Mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 7. März 2007 wurde die Schubhaft des Bf ab 15. Februar 2007, 15.24 Uhr für rechtswidrig erklärt und am Tag der Erlassung des Bescheides aus der Schubhaft entlassen.

 

2.5. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich im Wesentlichen widerspruchsfrei aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und den gegenseitigen Behauptungen in den vorgelegten Stellungnahmen.

 

2.5.1. Fest steht, dass ein erster Vorführversuch bei der nigerianischen Botschaft bereits für den 6. Juli 2006 terminisiert war. Ebenfalls fügt sich die, durch Unterlagen nachgewiesene, Datenübermittlung am 2. Juni 2006 an die genannte Botschaft zwanglos in den geschilderten zeitlichen Ablauf. Es war auf diese Weise auch möglich festzustellen, welche Daten Gegenstand der Übermittlung waren.

 

Diesbezüglich finden sich keine Angaben des Bf, doch ist der Ablauf aus dem vorgelegten Verwaltungsakt lückenlos nachvollziehbar. Aus einem im Akt befind­lichen Schreiben des damaligen rechtsfreundlichen Vertreters ergibt sich zudem, dass die Bundespolizeidirektion Linz erst nach dem 2. Juni 2006 nämlich am 8. Juni 2006 über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch den Verwaltungs­gerichtshof (mit Beschluss vom 22. Mai 2006, zugestellt am 8.Juni 2006) unterricht wurde.

 

Unstrittig ist, dass die Vorführung des Bf am 6. Juli unterblieb.

 

2.5.2. Weiters ist im Akt jener Schriftverkehr, der anlässlich der Anbahnung des zweiten Vorführtermins geführt worden war, enthalten. Daraus ergab sich, dass im Gegensatz zu gesetzten Schritten im Vorfeld des ersten Termins am 6. Juli 2006, für die Vorbereitung der Vorführung am 1. März 2006 keine auf den Bf bezogenen Daten mehr an die Botschaft übermittelt wurden.

 

Völlig ist unstrittig ist, dass die Vorführung des Bf zur nigerianischen Botschaft am 1. März erfolgte.

 

2.5.3. Dem Akt ist ein Bericht jenes Beamten zu entnehmen, der die Vorführung des Bf bei der nigerianischen Botschaft überwachte. Daraus ergibt sich, dass sich in diesem Zusammenhang keine Vorfälle ereigneten. Gegenteiliges wurde auch vom Bf, trotz ausdrücklicher Aufforderung unter Hinweis auf die bestehende Judikatur der Höchstgerichte, nicht behauptet. Vielmehr machte der Bf weder in seiner Maß­nahmenbeschwerde vom 1. März 2007 noch in seiner Stellungnahme anlässlich der aufgetragenen Verbesserung Angaben darüber, inwieweit er sich der Vorführung widersetzt hätte. Weiters brachte der Bf keine Umstände vor, aus denen geschlossen werden könnte, in seine Rechte sei auf andere Weise, als durch die Übermittlung personenbezogener Daten, unter Missachtung der Rechtsordnung eingegriffen worden, um die Durchführung der Vorführung zu ermöglichen.

 

Weiters ergibt sich unbestritten, dass die Aufhebung der Schubhaft, mit Wirkung vom 15. Februar 2007, am 7. März 2007 erfolgte.

 

2.6. Gemäß § 67a Abs. 1 AVG ist zur Entscheidung über die vorliegende Be­sch­werde das durch die Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied des Oö. Ver­waltungssenates berufen.

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 67a Abs. 1 Z. 2 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 10/2004, entscheiden die Unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungs­be­hördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausge­nommen in Finanzstrafsachen (vgl. auch Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG). Solche Beschwerden sind nach § 67c Abs. 1 AVG innerhalb von sechs Wochen ab dem Zeitpunkt beim Unabhängigen Verwaltungs­senat einzubringen, in dem der Be­schwerdeführer von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt Kenntnis erlangt hat.

 

Die behaupteten Maßnahmen fanden am 1. März 2007 statt. Die Beschwerde, die vom 1. März 2007 datiert ist, langte noch am 1. März 2007 per Telefax beim Oö. Verwaltungssenat ein; sie ist daher rechtzeitig erhoben worden.

 

3.2. Neben der Rechtzeitigkeit ist weitere Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Beschwerde nach Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG und § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG, dass überhaupt ein Akt der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt vorliegt, der sich gegen die Person gerichtet hat, die als Be­schwerdeführer im Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat auftritt (vgl. Aichlreiter in Rill/Schäffer, Bundesverfassungsrecht, RZ 49 zu Art. 129a B-VG) und dass die Verletzung eines subjektiven Rechts des Beschwerdeführers zumindest möglich ist (vgl. VwGH vom 20. Dezember 1995, 95/03/0288, 0289).

 

Die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt liegt nach der höchstgerichtlichen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) dann vor, wenn einseitig in subjektive Rechte des Betroffenen eingegriffen und hierbei physischer Zwang ausgeübt wird oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwanges bei Nichtbefolgung eines Befehls droht (vgl. VwGH vom 29. Juni 2000, 96/01/0596 mwN und unter Hinweis auf die Lehre). Entscheidend ist dabei, dass es sich um einen Hoheitsakt einer Verwaltungsbehörde handelt, mit dem in die Rechte von individuellen natürlichen oder juristischen Personen eingegriffen wird, ohne dass ein Bescheid erlassen wird (vgl. Köhler in Korinek/Holoubek [Hrsg], Österrei­chisches Bundesverfassungsrecht, Rz 45 f zu Art. 129a B-VG).

 

Der Bf wurde als Schubhäftling des PAZ W im Auftrag des Bezirkshauptmanns des Bezirks Vöcklabruck der nigerianischen Botschaft mit Sitz in Wien vorgeführt. Dabei wurde dem Bf gegenüber kein Zwang ausgeübt; er hat sich gegen die Durchführung dieser Vorführung in keiner Weise geäußert; sie fand daher dem Grunde nach freiwillig statt. Der UVS verkennt dabei nicht, dass sich der Bf durch die Anhaltung in Schubhaft an sich in einem besonderen Verhältnis befand. Eine in diesem Zusammenhang allerdings stattfindende weitere "Maßnahme" wie etwa im vorliegenden Fall kann jedoch nicht selbständig angefochten werden, es sei denn es käme zu einem Exzess mit besonderer Gewaltanwendung (vgl. etwa eine Verletzung des Art. 3 EMRK). Dies ist aber im vorliegenden Fall weder ersichtlich, noch wurde solches behauptet. Die Beschwerde war daher als unzulässig zurückzuweisen.

 

3.3. Selbst wenn man von einer besonderen Maßnahme ausgehen würde, wäre die Beschwerde dagegen im vorliegenden Fall im Ergebnis unbegründet. Es wäre nämlich zu beurteilen, ob für diese "Maßnahme" (die Vorführung des Bf vor die Botschaft seines Heimatstaates) eine Rechtsgrundlage vorhanden wäre bzw. im Zeitpunkt der Amtshandlung vorhanden gewesen wäre.

 

Der Bf brachte in seiner Beschwerde zwar vor, die Vorführung vor die Botschaft sei gegen seinen Willen erfolgt. Er legte aber weder in der Beschwerde selbst noch in der aufgetragenen Verbesserung dar, welche Handlungen er gesetzt haben oder zumindest welche Äußerungen er getroffen haben soll, in denen sich manifestiert hätte, dass diese Amtshandlung gegen seinen Willen durchgeführt worden wäre.

 

Eine Anordnung der Schubhaft ist gem. § 76 Abs. 2 Z. 3 FPG auch dann möglich, wenn gegen den Fremden vor der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz, eine durchsetzbare Ausweisung vorlag. Im vorliegenden Fall wurde gegen den Bf die angeordnete Schubhaft auch auf § 76 Abs. 2 Z. 3 FPG gestützt, weil gegen ihn im Zeitpunkt der Beantragung der Gewährung internationalen Schutzes, eine rechtskräftige Ausweisung vorlag.

 

Aus § 46 Abs. 1 FPG ist ersichtlich, dass Fremde auch gegen ihren Willen zur Ausreise verhalten werden können (Abschiebung); Zur Sicherung der Abschiebung (aber auch des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung) kann auch die Schubhaft verhängt werden (§ 76 Abs. 2 FPG). Um aber diese Abschiebung zu ermöglichen, wird es allenfalls erforderlich sein, vom Heimatstaat ein Heimreise­zertifikat zu erlangen, was jedoch die Feststellung der Identität und der Staats­angehörigkeit des Fremden voraussetzt. Dementsprechend hat auch der Verwaltungsgerichtshof (vgl. etwa das Erkenntnis vom 28. Juli 1995, Zlen. 94/02/0117, 0231, 0278) in seiner Rechtsprechung zur alten, insofern aber vergleich­baren, Rechtslage eine Mitwirkungspflicht des Fremden zur Erlangung des erforderlichen Heimreise­zertifikates oder eines nationalen Reisepasses bejaht. Dies habe sich aus § 48 Abs. 4 Z. 2 und Z. 3 Fremdengesetz (wonach sich die Schubhaft verlängert, wenn der Fremde an der Feststellung seiner Identität und Staatsangehörigkeit nicht im erforderlichen Ausmaß mitwirkt oder weil er die für die Einreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staaten nicht besitzt) ableiten lassen (vlg. dazu auch das Erkenntnis des VwGH vom 28. Februar 1997, Zl. 96/02/0405).

 

Die geltende Rechtslage nach dem FPG ist in diesem Punkt mit der damaligen Rechtssituation vergleichbar. § 80 FPG regelt die zulässige Dauer der Schubhaft. Gemäß § 80 Abs. 4 FPG kann die grundsätzliche Höchstdauer der Schubhaft von zwei Monaten (§ 80 Abs. 2 FPG) bis zu einer Gesamtdauer von 10 Monaten innerhalb von zwei Jahren überschritten werden, wenn die Abschiebung eines Fremden deswegen nicht möglich ist, weil die Feststellung seiner Identität und Staats­angehörigkeit nicht möglich ist (§ 80 Abs. 4 Z. 1 FPG) oder weil die für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt (§ 80 Abs. 4 Z. 2) und die Nichtvornahme der Abschiebung dem Verhalten des Fremden zuzurechnen ist. Eine Anordnung der Schubhaft ist dabei gem. § 76 Abs. 2 Z. 3 FPG auch dann möglich, wenn gegen den Fremden vor der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz, eine durchsetzbare Ausweisung vorlag. Es besteht daher auch nach den gesetzlichen Bestimmungen des FPG weiterhin eine Mitwirkungs­pflicht des Fremden an der Erlangung eines Heimreisezertifikates oder eines nationalen Reisepasses.

 

Das Begehren der Vertretung des Heimatstaates, vor Ausstellung eines Heimreise­zertifikates die Identität und Staatangehörigkeit des Fremden allenfalls auch durch persönliche Kontaktaufnahme zu prüfen kann daher auch im Wege einer soge­nannten "faktischen Amtshandlung" durchgesetzt werden. Damit wird dem Erforder­nis Rechnung getragen, die Abschiebung auch in dieser Hinsicht rechtlich und faktisch zu ermöglichen (vgl. dazu das Erkenntnis des VwGH vom 20. Dezember 1996, Zl. 95/02/0572 und das Erkenntnis vom 28. Februar 1997, Zl. 96/02/0405). Dass die aktuelle Rechtslage nach dem FPG in diesem Punkt zu jener nach dem außer Kraft getretenen Fremdengesetz vergleichbar ist wurde bereits oben darge­legt.

 

Damit geht aber die Ausführung des Bf in Leere, wonach seine Vorführung zur nigerianischen Botschaft gegen seinen Willen erfolgt sei. Es kann im vorliegenden Fall in der bloßen Vorführung des Bf daher keine Verletzung seiner Rechte erblickt werden. Die Beschwerde wäre demzufolge jedenfalls abzuweisen.

 

4. Zur Frage der Übermittlung von Daten an die nigerianische Botschaft im Rahmen der Vorführung am 1. März 2007:

 

Nach § 90 SPG hat die Datenschutz­kommission gemäß § 31 des Daten­schutzge­setzes 2000 über Beschwerden wegen Verletzung von Rechten durch Verwenden personenbezogener Daten in Angelegen­heiten der Sicherheits­verwaltung entgegen den Bestimmungen des Datenschutz­gesetzes zu entscheiden. Davon ausgenommen ist die Beurteilung der Recht­mäßigkeit der Ermittlung von Daten durch die Ausübung verwaltungsbehördliche Befehls- und Zwangsgewalt.

 

Eine Prüfung dieser Frage durch den Oö. Verwaltungssenat kommt demnach nur in Frage, wenn im Rahmen der Vorführung eine Verletzung von Rechten durch das Verwenden von Daten erfolgte. Die Rechtmäßigkeit von Ermittlungsmaßnahmen zur Erhebung personenbezogener Daten im Rahmen der Sicherheitspolizei, die keine Akte unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt sind, ist nämlich ausschließlich von der Datenschutzkommission zu überprüfen (vgl. dazu Erkenntnis des VwGH vom 29. Juni 2007, Zl. 2005/01/0032).

 

Wie oben festgestellt wurde, handelte es sich bei der Vorführung des Bf vor die Botschaft von Nigeria – mit dem Zweck die Ausstellung eines Heimreisezertifikates zu erwirken – um keinen Akt der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt. Nur wenn es sich um einen solchen gehandelt hätte, wäre der Oö. Verwaltungssenat dazu berufen zu beurteilen, ob dadurch in die Rechte des Bf eingegriffen worden wäre.

 

Der Bf brachte aber schon keine Behauptungen vor, die die Annahme rechtfertigen würden, anlässlich der Vorführung am 1. März 2007 sei es tatsächlich zu einer Datenübermittlung gekommen. In der Maßnahmenbeschwerde vom 1. März 2007 findet sich lediglich die Behauptung, dass bei einer Vorführung vor eine Botschaft mit dem Zweck der Erwirkung eines Heimreisezertifikates naturgemäß auch die Übermittlung personenbezogener Daten erfolge. Der Bf legte aber weder in seiner Beschwerde vom 1. März 2007 noch in der aufgetragenen Verbesserung vom 15. März 2007 dar, in welchen Akten im konkreten Fall eine Datenübermittlung zu ersehen sei.

 

Dagegen ergibt sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt, dass personenbezogene Daten des Bf, nämlich dessen Fingerabdrücke, zwei Fotografien und eine Nieder­schrift zur Datenbefragung bereits am 2. Juni 2006 an die Botschaft von Nigeria übermittelt wurden. Diese Übermittlung erfolgte in Vorbereitung einer Vorführung vor die nigerianische Botschaft, die für den 6. Juli 2006 geplant war, jedoch in der Folge, wie oben bereits dargestellt, unterblieb.

 

Es ist aber nicht ersichtlich, dass es, wie der Bf unsubstantiiert behauptete, im Rahmen der tatsächlich stattgefundenen Vorführung am 1. März 2007 zu einer noch­maligen Datenübermittlung kam. Dagegen sprechen der vorgelegte Verwaltungsakt und die Stellungnahme der belangten Behörde. Derartiges erfolgte auch nicht in Vorbereitung dieser Vorführung.

 

4.1. Die allenfalls stattgefundene Übermittlung von Daten war daher wohl am 2. Juni 2006 abgeschlossen und es kann daher nicht davon gesprochen werden, dass diese Übermittlung einen Teil der Vorführung vom 1. März 2007 darstellte. Was aber vom Bf auch ohnedies nicht behauptet wurde. Es will auch der vom Bf in Treffen geführte § 57 Abs. 10 AsylG 2005 alleine die Übermittlung personenbezogener Daten eines Asylwerbers an den Herkunftsstaat verhindern, weil alleine daraus eine Gefahr für den geschützten Personenkreis droht. Daraus resultiert, dass im vorliegenden Fall die Datenverwendung am 2. Juni 2006 als isolierter Akt auf ihre Zulässigkeit hin zu beurteilen ist. Es muss nicht abgewartet werden, dass die ursprünglich beabsichtigte faktische Amtshandlung, die dann unterblieb, nachgeholt wird.

 

Entsprechend § 90 SPG entzieht sich aber aus diesem Grund, weil keine Erhebung von Daten in Zusammenhang mit einem Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt stattfand, die Frage der Verletzung von Rechten durch das Verwenden personenbezogener Daten der Beurteilung durch den Oö. Verwal­tungssenat.

 

4.2. Entsprechend den oben getroffenen Feststellungen ging das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates in der Frage, ob der Bf durch die Übermittlung personenbezogener Daten an die nigerianische Botschaft in seinen Rechten verletzt wurde, davon aus, dass in diesem Punkt entsprechen § 90 SPG eine ausschließliche Zuständigkeit der Datenschutzkommission gegeben sei.

 

Nach den Verfahrensergebnissen war keine Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Er­mittlung von Daten durch die Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt vorzunehmen, was gem. § 90 Satz 2 SPG eine Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates begründet hätte (vgl. zu dieser Frage auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Juni 2006, Zl. 2005/01/0032).

 

§ 6 AVG sieht vor, dass die Behörde ihre sachliche und örtliche Zuständigkeit von Amts wegen wahrzunehmen hat; langen bei ihr Anbringen ein, zu deren Behandlung sie nicht zuständig ist, so hat sie diese ohne unnötigen Aufschub auf Gefahr des Einschreiters an die Zuständige Stelle weiterzuleiten oder den Einschreiter an diese zu weisen.

 

Entsprechend dieser Bestimmung wurde das Anbringen des Bf zusammen mit der erstatteten Verbesserung, zur Beurteilung der datenschutzrechtlichen Frage, mit Schreiben vom 15. März 2007, VwSen-420497/6, an die Datenschutz­kommission weitergeleitet.

 

5. Bei diesem Verfahrensergebnis ist gemäß § 79a Abs. 2 und 3 AVG hinsichtlich der Beschwerde die belangte Behörde als obsiegende Partei anzusehen.

 

Der Kostenausspruch gründet sich auf § 79a AVG in Verbindung mit der UVS-Auf­wand­er­satz­ver­ordnung 2003, wonach die im Verfahren nach § 67c obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterliegende Partei hat.

 

Da die belangte Behörde obsiegende Partei ist, hat sie gemäß § 79a Abs. 3 AVG Anspruch auf Kostenersatz. Ihr waren daher Schriftsatz- und Vorlageaufwand gemäß der UVS-Auf­wand­er­satz­ver­ordnung zuzusprechen.

 

6. Im Verfahren sind Gebühren in Höhe von 13 Euro (Eingabegebühr) angefallen; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Wolfgang Steiner

Beachte:

vorstehende Entscheidung wurde aufgehoben;

VwGH vo 14.04.2011, Zl.: 2007/21/0322-5

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