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VwSen-230417/20/Br

Linz, 11.04.1995

VwSen-230417/20/Br Linz, am 11. April 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr.Bleier über die Berufung des Herrn M M, G, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. G. D und Dr. M. S, F gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 11. Februar 1995, Zl. St.

49/95-B, nach der öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung vom 11.4.1995 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird mit der Maßgabe F o l g e gegeben als das Strafausmaß auf 700 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf drei Tage ermäßigt wird.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr.

51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 866/1992 - AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 und § 51i Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 666/1993 - VStG; II. Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten ermäßigen sich demzufolge auf 70 S. Für das Berufungsverfahren entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 u. 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit Straferkenntnis vom 11. Februar 1995, Zl. St. 49/95-B über den Berufungswerber wegen der Übertretung nach dem Sicherheitspolizeigesetz eine Geldstrafe in Höhe von 3.000 S und für den Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen verhängt, weil er am 10.2.1995 von 22.40 bis 22.55 Uhr in L, B, K, auf besonders rücksichtslose Weise die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt gestört habe, indem er Ballbesucher anstänkerte, belästigte und beim Tanzen störte und indem er sich schließlich auf den Boden gelegt habe.

1.1. Mit dem Berufungswerber wurde am 11.2.1995 um 16.25 Uhr eine Strafverhandlung durchgeführt. Laut der Niederschrift hat der Berufungswerber dabei ein volles Geständnis abgelegt und schließlich diese Niederschrift mit seiner Unterschrift versehen. Nach der mit dieser Niederschrift einhergegangenen Verkündung des Straferkenntnisses hat der Berufungswerber keine Erklärung abgegeben. Dieser Niederschrift vorausgegangen waren bereits zwei Niederschriften des Kriminaldienstes der Bundespolizeidirektion Linz um 13.20 Uhr und 15.05 Uhr. Diese Niederschriften sind folgenden Inhaltes:

"Ich bin in L, G bei meinen Eltern, M S und M wohnhaft und dort auch gemeldet. Ich habe bis am 3.2.1995 die sechste Klasse der Mittelschule in L, H besucht. Ich bin aber aus der Schule ausgestiegen, weil mich die ganze Sache nicht mehr interessiert hat. Seither, seit 3.2.1995, gehe ich keiner Beschäftigung nach und ich habe derzeit überhaupt kein Einkommen. Ich lebe derzeit aus den finanziellen Unterstützungen meiner Eltern.

Bisher bin ich noch nicht gerichtlich vorbestraft. Ich wurde auch meiner Erinnerung nach bisher noch nie von der Kriminalpolizei wegen einer Strafsache angezeigt.

Der mir zur Last gelegte Sachverhalt wird mir konkret von dem mich einvernehmenden Kriminalbeamten zur Kenntnis gebracht.

Nunmehr wird mir mitgeteilt, daß ich berechtigt bin, einen Angehörigen oder eine andere Vertrauensperson und einen Verteidiger zu verständigen bzw. verständigen zu lassen.

Weiters habe ich das Recht, nicht auszusagen. Ich werde aufmerksam gemacht, daß meine Aussage meiner Verteidigung dienen, aber auch als Beweis gegen mich verwendet werden kann.

Ich gebe an, daß ich eine entsprechende Verständigung, weder von einer Vertrauensperson, noch von einem Anwalt derzeit wünsche.

Ich bin bereit, zur ganzen Sache nunmehr wahrheitsgetreue Angaben zu machen.

Gestern, dem 10.02.1995, gegen 20.00 Uhr, habe ich mit mehreren Freunden den S in L im k V, aufgesucht. Ich hatte eine entsprechende Karte aus dem Vorverkauf zum Preis von S 100.-- Zu diesem Zeitpunkt hatte ich bereits dreihalbe Bier konsumiert. Diese Biere habe ich im Lokal "T" in L, W getrunken.

Im k V habe ich dann meine Freunde aus den Augen verloren.Ich habe mir dann dort noch offiziell zwei halbe Bier, Wagenausschank, gekauft und auch konsumiert.

Weiters habe ich dann quer durch die Veranstaltung eine mir nicht mehr konkret in Erinnerung befindliche Alkoholmenge konsumiert. Es war so, daß ich gut drauf war und bei jeder Gelegenheit von Tischen, wo sich gerade niemand befunden hat, Bier, Wein getrunken habe. Ich habe einfach bereits aufgefüllte Gläser ausgetrunken. Weiters wurde ich glaublich von Gästen auf meinen unberechtigten Getränkekonsum hin angesprochen. Diese Leute habe ich daraufhin beschimpft.Ich habe die Leute auch provoziert und angerempelt. Meiner Erinnerung nach habe ich auch Getränkeflaschen zerschlagen.Ob ich sonst noch Sachen beschädigt habe, weiß ich nicht mehr.

Durch meinen ungezielten Alkoholkonsum war ich im Verlauf des Abends dann schon entsprechend angetrunken.

Über Befragung gebe ich an, daß ich aber schon noch mitbekommen habe, was sich um mich herum getan hat und was ich selbst gemacht habe. Warum ich mich an diesem Abend so benommen habe, ist mir aber unerklärlich. Zuvor habe ich mich noch nie so benommen.

Aufgrund meines Verhaltens wurde ich in der Folge von glaublich zwei oder drei Ordnern des V in der dortigen Diskothek zur Rede gestellt. Ich habe daraufhin die Ordner beschimpft. Was ich konkret zu diesen gesagt habe, weiß ich nicht mehr. Daraufhin haben mich die Ordner vor das k V gebracht. Ich habe mich gewaltsam geweigert, die Örtlichkeit zu verlassen, bin aber dann doch mitgegangen. Über Befragung gebe ich an, daß ich von den Ordnern nicht mißhandelt und verletzt worden bin.

In der Folge wurde ich vor dem V von einem Kriminalbeamten zur Rede gestellt. Über Befragung gebe ich an, daß sich der Kriminalbeamte bei mir, als er mich zur Rede stellte, mit einer Marke ausgewiesen hat. Ich selbst habe dem Beamten über dessen Aufforderung meinen Mopedausweis vorgezeigt und auch ausgehändigt. Mir war bewußt, daß es sich tatsächlich um einen Kriminalbeamten handelt.

Von dem Kriminalbeamten wurde mir mitgeteilt, daß ich mich beruhigen und mein bisheriges Verhalten einstellen soll.

Weiters hat mir der Kriminalbeamte mitgeteilt, daß ich angezeigt werde und die Örtlichkeit verlassen soll. Dies habe ich jedoch verweigert und angekündigt, daß ich trotzdem wieder in das V gehen werde.

Über Befragung gebe ich an, daß ich den Beamten offensichtlich deshalb nicht ernst genommen habe, weil ich gut drauf war.Ich wollte wieder in das Gebäude gehen und wurde vom Kriminalbeamten aufmerksam gemacht, daß ich seinen Aufforderungen endlich Folge leisten soll. Als ich neuerlich einen Versuch startete, teilte mir der Beamte mit, daß ich festgenommen bin. Dies hat mich nicht interessiert und ich wollte neuerlich hinein.

Als mich der Kriminalbeamte davon abhalten wollte, habe ich ihn mit beiden Händen zur Seite gestoßen. Ob er dadurch zu Sturz gekommen ist, weiß ich nicht.

Ich selbst bin dann davongelaufen, da ich nicht festgenommen werden wollte. Der Ernst der Situation ist mir plötzlich bewußt geworden.

Ich bin vom V in Richtung stadtauswärts davongelaufen und dann alleine auf dem Gehsteig zu Sturz gekommen. Der Kriminalbeamte ist mir nachgelaufen. Es ist richtig, daß ich daraufhin gewaltsam gegen den Beamten vorgegangen bin. Es kam zu einer "Rauferei", wobei ich auf den Beamten sowohl mit den Fäusten, als auch mit den Füßen, ich habe sogenannte "Doc Martens" getragen, eingeschlagen und eingetreten habe.

Der Beamte kam während der Auseinandersetzung zu Fall und lag auch am Boden. Dabei habe ich auch auf ihn mit den Füßen eingetreten.

Über Befragung gebe ich an, daß ich mir nicht erklären kann, warum ich mich so brutal verhalten habe. Ich habe mich gewehrt, weil ich nicht festgenommen werden wollte. Den Beamten wollte ich nicht verletzen. Ich kann auch nicht sagen, ob er verletzt wurde. Es ist mir aber klar, daß meine Gewalttätigkeiten, insbesondere meine Faustschläge und Fußtritte geeignet waren, entsprechende Verletzungen hervorzurufen.

Kurz darauf ist dem Beamten eine Funkstreife zu Hilfe gekommen und ich wurde festgenommen.

Ich werde nunmehr auf eine Verletzung an meiner Stirn und auf eine Verletzung, Hautabschürfung an meinem linken Knie und eine Beschädigung meiner Hose in diesem Bereich angesprochen.

Dazu gebe ich an, daß mir die Verletzung an der Stirn ein Unbekannter vor dem Besuch des k V auf dem WC des Wienerwaldlokales vermutlich mit einem Glas zugefügt hat.

Ich habe die Toilettanlage aufgesucht und der Mann, näheres kann ich nicht sagen, welcher hinausgetorkelt ist, ist bei mir angestreift und hat mich dabei mit dem Glas auf der Stirn verletzt. Ich bin dem Mann nicht gefolgt, da ich kurzzeitig nichts gesehen habe. Danach habe ich mir das Blut von der Stirn abgewischt. 0b der Mann mich absichtlich verletzt hat, oder ob es unabsichtlich war, kann ich nicht sagen. Ich habe den Mann zuvor nicht gesehen und kann ich auch nicht entsprechend beschreiben. Die Verletzung an meinem rechten Knie und die Beschädigung der Hose habe ich mir selbst bei dem von mir beschriebenen Sturz bei der Flucht, ich wollte nicht festgenommen werden, zugezogen.

Von den Polizisten habe ich dann die Handschellen angelegt bekommen. Ich habe mich auch bei den uniformierten Beamten gegenüber noch gewehrt.

Über Befragung gebe ich an, daß ich weder von den Ordnern, noch von den Polizisten verletzt wurde. Mir ist klar, daß mein Verhalten nicht richtig war. Warum ich es trotzdem getan habe, führe ich auf meine Alkoholisierung zurück. Ich habe aber schon gewußt was ich tat. Ich habe mich aus dem Grund gewehrt und bin so brutal gegen den Kriminalbeamten vorgegangen, weil ich nicht festgenommen werden wollte.

Die ganze Sache tut mir wirklich leid. Weitere Angaben kann ich nicht mehr machen.

Ende der NS.: 14.10 Uhr (e.h. Unterschrift) Vor mir: R S, BI (e.h.Unterschrift)" Zweite Niederschrift:

"Die von mir bisher gemachten niederschriftlichen Angaben halte ich zur Gänze aufrecht. Ich habe die Wahrheit gesagt.

Auf weitere Verletzungen hin angesprochen, gebe ich an, daß ich noch Hautabschürfungen im Bereich des linken Ellenbogen habe. Diese Verletzungen habe ich mir auch auf der Flucht bei dem von mir selbst verschuldeten Sturz zugezogen.

Es wird mir nunmehr von dem mich einvernehmenden Kriminalbeamten vorgehalten, daß durch meine Gewalttätigkeiten dem einschreitenden Kriminalbeamten gegenüber, dieser nicht nur entsprechend verletzt, sondern auch dessen zur betreffenden Zeit getragene Kleidung beschädigt wurde.

Dazu gebe ich an, daß ich nicht nur gewalttätig gegen den Beamten, die von mir angeführten Faustschlage und Fußtritte, vorgegangen bin, sondern diesen auch mit meinen beiden Händen an der Kleidung, insbesondere am Sakko und an der sonstigen Bekleidung am Oberkörper im Zuge der Auseinandersetzung festgehalten und herumgerissen habe.

Über Befragung gebe ich aber an, daß ich die Kleidung des Beamten keinesfalls beschädigen wollte.

Ich erkläre mich bereit, für die Schäden an der Kleidung des Kriminalbeamten aufzukommen, da dies auf mein Verschulden zurückzuführen ist.

Meine Angaben entsprechen der Wahrheit. Ich gebe nochmals an, daß mir die ganze Sache leid tut. Weitere Angaben kann ich nunmehr nicht machen.

Ende d. NS.:15.30 Uhr (e.h. Unterschrift)" 2. In seiner fristgerecht durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter erstatteten Berufung führt der Berufungswerber aus:

"Ich habe Herrn RA Dr. M S in L mit meiner Vertretung in dieser Angelegenheit beauftragt und beruft sich dieser gemäß § 8 RAO auf die mündlich erteilte Vollmacht.

Gegen das am 11.2.1995 mündlich verkündete Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz St 49/95-B (?) erhebe ich durch meine Vertreter fristgerecht das Rechtsmittel der BERUFUNG an den unabhängigen Verwaltungssenat für das Bundesland 0Ö und begründe dies wie folgt:

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wird mir zur Last gelegt, ich hätte am 10.2.1995 in der Zeit zwischen 22.40 Uhr und 22.55 Uhr im V in L auf besonders rücksichtslose Weise die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt gestört, in dem ich Ballbesucher angestänkert, belästigt, beim Tanzen gestört und deren Getränke ausgetrunken und mich schließlich auf den Boden gelegt hätte. Hiedurch hätte ich die Vorschrift des § 81 SPG verletzt und wurde über mich eine Geldstrafe von S 3.000,-- verhängt und ich außerdem zum Kostenersatz verurteilt.

Ich habe diese Verwaltungsübertretung nicht begangen. Das Straferkenntnis stützt sich offensichtlich ausschließlich auf mein angebliches Geständnis in der Verhandlung vom 11.2.1995. Eine dienstliche Wahrnehmung liegt der mir zur Last gelegten Tat nicht zu Grunde und wurde auch keinerlei Zeuge einvernommen. Man hat mir lediglich die Anzeige vorgehalten und mich schließlich gedrängt, den Sachverhalt global zuzugestehen, nachdem ich lange Zeit versucht habe, die Vorfälle so darzustellen, wie sie sich wirklich ereignet haben.

Richtig ist zwar, daß ich in der Diskothek des Balles des O S am 10.2.1995 intensiv getanzt habe und hiebei auch zweimal zu Boden stürzte. Hiedurch wurden allerdings keine anderen Ballbesucher belästigt. Völlig unrichtig ist, daß ich Ballbesucher angestänkert oder gar deren Getränke ausgetrunken hätte. Von einem besonders rücksichtslosen Verhalten, wodurch die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt gestört wurde, kann keine Rede sein. Während der fraglichen Zeit war zumindest Herr R D anwesend, dessen zeugenschaftlich Einvernahme ich ausdrücklich beantrage. Er ist in L, P wohnhaft.

Unter Hinweis auf mein angebliches Geständnis wurden weder weitere Beweise aufgenommen noch eine gesonderte Niederschrift verfaßt. Festgehalten ist zwar, daß ich weder über Einkommen noch über Vermögen verfüge, dennoch hat die Behörde über mich die Höchststrafe von S 3.000,-- verhängt, obwohl ich überdies noch völlig unbescholten bin. Diese Geldstrafe ist keinesfalls auch schuldangemessen, selbst wenn man die mir zur Last gelegte Tat als erwiesen ansehen sollte. Zudem entspricht sie keinesfalls meinen Einkommensund Vermögensverhältnissen. Ich habe bis zuletzt die 6.

Klasse des Oberstufenrealgymnasiums H besucht und erst kurz vor dem Vorfall die Schule abgebrochen. Ich habe daher keinerlei Einkommen und verfüge auch über kein Vermögen.

Da ich nicht imstande bin, die Kosten einer Verteidigung zu tragen, beantrage ich, mir gemäß § 51 A VStG die Verfahrenshilfe zu bewilligen. Mein ausgewiesener Vertreter ist bereit, diese Verfahrenshilfe zu übernehmen.

Schließlich beantrage ich, das angefochtene Erkenntnis aufzuheben und das gegen mich geführte Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

L, am 17.2.1995 S/W M M" 3.1. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt, somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Strafen verhängt worden sind, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu erkennen. Eine öffentliche mündliche Verhandlung war durchzuführen, weil auch in diesem Punkt das angelastete Verhalten bestritten wurde (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der Bundespolizeidirektion Linz, Zl.

St.49/95, sowie durch die Vernehmung des BezInsp. S, die Verlesung von drei am 10.4.1995 von der Erstbehörde nachgereichten Aussagen von im Ordnerdienst tätig gewesenen Schülern und schließlich durch die Vernehmung des Berufungswerbers als Beschuldigten. Der vom Berufungswerber noch nachträglich beantragte und zur Berufungsverhandlung noch geladene Zeuge D hat sich krankheitshalber und somit gerechtfertigt für sein Nichterscheinen entschuldigt.

Über den gleichzeitig mit der Berufung gestellten Verfahrenshilfeantrag wurde durch den unabhängigen Verwaltungssenat mit Bescheid vom 22. März 1995 abgesprochen.

5. Folgender Sachverhalt gilt als erwiesen:

5.1. Der Berufungswerber hielt sich am Abend des 10. Februar 1995 bei einer Ballveranstaltung im k V auf. Bis ca. 22.30 Uhr hatte er fünf Bier und eine unbestimmte Menge weiterer alkoholischer Getränke konsumiert. Die um 24.00 Uhr vorgenommene Blutabnahme hat einen Blutalkoholwert von 1,77 Promille ergeben. In weiterer Folge hat er schließlich von auf den Tischen stehenden Gläsern der Ballbesucher getrunken und die über sein Verhalten ihn zur Rede stellenden Personen angepöbelt und beschimpft. Aufgrund dieses Verhaltens wurde er vom Ordnungsdienst des Hauses verwiesen. Nachdem er abermals in das k V zurückkehren wollte, schritt der bei dieser Veranstaltung Aufsichtsdienst versehende Kriminalbeamte, BezInsp. S, gegen den Berufungswerber ein.

Diese Amtshandlung mündete letztlich am 22.55 Uhr zu einer Festnahme gemäß den einschlägigen Bestimmungen der Strafprozeßordnung. Die Haft wurde am 11.2.1995 um 16.25 Uhr nach Durchführung einer Strafverhandlung und Erlassung des hier angefochtenen Straferkenntnisses aufgehoben. Er wurde wegen Verdachtes wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt und des Verdachtes der schweren Körperverletzung (an BezInsp.S) dem Gericht angezeigt.

5.1.1. Das Beweisverfahren hat hier keine Zweifel darüber gelassen, daß der Berufungswerber unter erheblicher Alkoholbeeinträchtigung während der Ballveranstaltung Tanzpaare belästigte, anpöbelte und auch am Tisch stehende Getränke von Gästen konsumierte. Diese Angaben bestätigte er schließlich auch zweimal gegenüber den die Vernehmung durchführenden Kriminalbeamten tags darauf. Wenn dies nunmehr so dargestellt wird, daß diese Angabe nur deshalb gemacht worden sei, weil er befürchtet habe, daß er nicht aus der Haft entlassen würde, so kann dem nicht geglaubt werden. Immerhin war sein Verhalten sichtlich darauf ausgerichtet sich dort in irgendeiner Form in Szene zu setzen. Auch aus den verlesenen Aussagen, von drei bei der BPD L einernommenen im Ordnerdienst eingesetzter Personen, ergibt sich, daß der Berufungswerber wegen seines Verhaltens letztlich des Hauses verwiesen werden mußte und schließlich, als er wieder ins Haus wollte, der Kriminalbeamte eingeschaltet wurde. Der als Zeuge vernommene Kriminalbeamte gibt an, daß er vom Saalmeister darüber informiert worden sei, daß ein Gast (der Berufungswerber) des Saales verwiesen wurde und dieser wieder in den Saal zurück wollte. Nachdem sich der Zeuge BezInsp. S über den Grund des Lokalverbotes gegen den Berufungswerber erkundigte, sei ihm mitgeteilt worden, daß dieser Mann Gäste angepöbelt und sich zwischen Tanzpaare gemischt hätte. Die hier vorliegenden Schilderungen sind durchaus angetan sich die Vorgänge lebhaft vorstellen zu können. Sohin wird kein Zweifel daran gehegt, daß das dem Berufungswerber vorgeworfene Verhalten getätigt wurde. Schließlich gibt der Berufungswerber bei seinen zwei Aussagen vor den Kriminalbeamten der BPD L dieses Verhalten detailliert und umfangreich wieder. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, daß er diese Angaben nicht frei von Zwängen gemacht hätte.

Das weitere Verhalten hat letztlich dann einen Charakter gehabt, welcher in die Zuständigkeit der Gerichte fällt.

Dabei handelt es sich aber nicht um ein tateinheitliches Verhalten.

6. Rechtlich wird folgendes ausgeführt:

6.1. Gemäß § 81 Abs.1 SPG begeht eine Verwaltungsübertretung, "wer durch besonders rücksichtsloses Verhalten die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt stört; er ist mit einer Geldstrafe bis zu 3.000 S zu bestrafen.

Anstelle einer Geldstrafe kann bei Vorliegen erschwerender Umstände eine Freiheitsstrafe bis zu einer Woche, im Wiederholungsfall bis zu zwei Wochen verhängt werden." 6.1.1. Nach der nunmehrigen "neuen Rechtslage" wurde die Strafbarkeit gegenüber der früheren Bestimmung des Art. IX Abs.1 Z1 EGVG in zwei Punkten inhaltlich zurückgenommen. Es ist nunmehr einerseits mehr auf die Intention des Täters abzustellen, andererseits soll auch entscheidend sein, ob es eine Rechtfertigung für die Störung der Ordnung gibt (aus den Gesetzesmaterialien zum Sicherheitspolizeigesetz, Fuchs - Funk - Szymanski, Manz Taschenbuchausgabe, Seite 154 ff).

Eine solche Rechtfertigung kann in der Neigung des Berufungswerbers erblickt werden seinen subjektiven Standpunkt mit Nachdruck vertreten zu wollen. Die verbale Erregtheit des Berufungswerbers konnte dabei als eine Folge seiner bereits eine Stunde vorher erfolgten Beamtshandlung verstanden werden. Sein erregtes und möglicherweise etwas lauteres Reden und die offenkundig fehlschlagenden Versuche seinen - wenn auch nicht berechtigten - Argumenten bei den einschreitenden Beamten Nachdruck zu verschaffen, vermögen in diesem Zusammenhang (noch) nicht als tatbestandsmäßiges Verhalten qualifiziert werden. Die Ordnungsstörung ist ein sogenanntes Erfolgsdelikt (VwGH 25. September 1973, 1134/72); daraus folgt wohl, daß die Beweislastumkehr des § 5 Abs. 2 VStG nicht anzuwenden ist. Der "Erfolg" besteht darin, daß der normale Ablauf an einem öffentlichen Ort beeinträchtigt wird (wurde); diese Beeinträchtigung ist nach objektiven Kriterien zu messen. Der Verfassungsgerichtshof ist der Auffassung, daß unter 'Ordnung an öffentlichen Orten' nur der Zustand des gewöhnlichen Verhältnisses der Dinge der Außenwelt zueinander verstanden werden kann, eine Ordnung, die etwa durch Aufsehen oder durch einen Menschenauflauf gestört und in der Folge wiederhergestellt werden kann, somit die äußere öffentliche Ordnung. Es muß durch das fragliche Verhalten der Ablauf des äußeren Zusammenlebens von Menschen oder ein bestehender Zustand von Dingen in wahrnehmbarer Weise (vom Berufungswerber) gestört worden sein" (VfSlg. 4813/1964). "Eine solche negative Veränderung ist schon zu bejahen, wenn eine Person dazu bewogen wird, sich anders zu verhalten, als wenn der Vorfall nicht stattgefunden hätte" (VfGH vom 25. Jänner 1991, ZfVB 1992/460). Das Anpöbeln von sich auf einem Ball unterhalten wollenden und tanzenden Gästen, das Trinken aus deren Gläsern stellt wohl die klassische Form des tatbestandmäßigen Verhaltens dar.

Die Ordnungsstörung müßte letztlich nicht einmal zu einem Aufsehen, einem Zusammenlauf von Menschen und ähnlichem führen, um strafbar zu sein (VwSlg. 7527A/1969; VwGH vom 25.

November 1991, ZfVB 1993/130 sowie Hauer - Kepplinger, Handbuch zum Sicherheitspolizeigesetz, Seite 388, Anm.7).

Umso mehr trifft dies aber bei einem derart massiven Eingriff in das Ordnungsbedürfnis von Menschen zu.

7.1. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 Strafgesetzbuch - StGB sinngemäß anzuwenden.

7.1.1. Konkret zur Strafzumessung ist schließlich auszuführen, daß der Berufungswerber einerseits erheblich alkoholisiert gewesen ist und daher sicher im reduzierten Maße den objektiven Unwert seines Verhaltens zu erkennen vermocht hat. Ein antizipierter Schuldvorwurf kann ihm in diesem Zusammenhang nicht gemacht werden.

Er zeige sich letztlich zumindest teilweise schuldeinsichtig. Er geht derzeit einer Beschäftigung nach und ist noch völlig unbescholten, sodaß auch mit einer doch erheblich geringeren Strafe das Auslangen gefunden werden kann um ihn von weiteren derartigen Übertretungen abzuhalten und ihm den Tatunwert seines Fehlverhaltens bewußt werden zu lassen. Bei einem bloß vorübergehenden Einkommen von 8.000 S monatlich (bis zum Mai 1995) stellt immerhin auch die Leistung von bloß 700 S ein spürbares Opfer dar.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

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