Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161654/20/Bi/Se

Linz, 19.03.2007

 

 

                                                                                                           

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn KR J P, L, vertreten durch RA Mag. P R, L, vom 19. September 2006 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptfrau von Rohrbach vom 1. September 2006, VerkR96-1137-2006, wegen Übertretungen der StVO 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 16. Februar 2007 und 8. März 2007 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

 

 

I. Die Berufung wird abgewiesen und das Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass die Punkte 2) und 3) insofern zusammen­gefasst werden, als im Punkt 2) der Berufungswerber eine Verwaltungsübertretung gemäß §§ 84 Abs.2 iVm 99 Abs.3 lit.j StVO 1960 und § 9 VStG begangen hat, wobei der Tatvorwurf lautet: "Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der "P-W Wgesellschaft mbH" mit dem Sitz in Linz und somit als der gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen Berufene zu verantworten, dass von dieser ohne straßenpolizeiliche Bewilligung jedenfalls am 19. Mai 2006 um 12.15 Uhr im Gemeindegebiet von 4122 Arnreit, an der Rohrbacher Straße B127 auf Höhe von Strkm 40.410 links im Sinne der Kilometrierung, in Fahrtrichtung Rohrbach die Werbung "Fussl Modestraße"  und die Werbung "30 Jahre – Jubiläumstour Klostertaler open air – Allerheiligen iM, Samstag, 17. Juni 2006" außerhalb des Ortsgebietes und innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand angebracht waren." Die Geldstrafe wird mit 260 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe mit 120 Stunden festgesetzt.

 

II. Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erst­instanz, die im Punkt 1) 13 Euro und im Punkt 2) 26 Euro betragen,  den Betrag von 1) 26 Euro und im Punkt 2) 52 Euro, ds jeweils 20 % der verhängten Strafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 44a, 22 Abs.1 und 19 VStG

zu II.: § 64 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurden über den Beschuldigten wegen Verwaltungsübertretungen gemäß 1), 2) und 3) je §§ 84 Abs.2 iVm 99 Abs. 3 lit.j StVO 1960 und § 9 VStG Geldstrafen von 1), 2) und 3) je 130 Euro (je 60 Stunden EFS) verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der "P-W Wgesellschaft mbH" mit dem Sitz in Linz und somit als der gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen Berufene zu verantworten habe, dass

1)  von dieser ohne straßenpolizeiliche Bewilligung jedenfalls am 19. Mai 2006 um 12.05 Uhr im Gemeindegebiet von Berg bei Rohrbach an der Rohrbacher Straße B127 auf Höhe von Strkm 44.300 links im Sinne der Kilometrierung, in Fahrt­richtung Linz die Werbung "First Class Shopping PlusCity" außerhalb des Ortsge­bietes und innerhalb der Entfernung von 100m vom Fahrbahnrand angebracht gewesen sei,

2) von dieser  ohne straßenpolizeiliche Bewilligung jedenfalls am 19. Mai 2006 um 12.15 Uhr im Gemeindegebiet von 4122 Arnreit, an der Rohrbacher Straße B127 auf Höhe von Strkm 40.410 links im Sinne der Kilometrierung, in Fahrtrichtung Rohrbach die Werbung "Fussl Modestraße" außerhalb des Ortsgebietes und innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand angebracht gewesen sei,

3) von dieser ohne straßenpolizeiliche Bewilligung jedenfalls am 19. Mai 2006 um 12.15 Uhr im Gemeindegebiet von 4122 Arnreit, an der Rohrbacher Straße B127 auf Höhe von Strkm 40.410 links im Sinne der Kilometrierung, in Fahrtrichtung Rohrbach die Werbung "30 Jahre – Jubiläumstour Klostertaler open air – Allerheiligen iM, Samstag, 17. Juni 2006" außerhalb des Ortsgebietes und innerhalb einer Entfernung von  100 m vom Fahrbahnrand angebracht gewesen sei. 

Gleichzeitig wurden ihm Verfahrenskostenbeiträge von gesamt 39 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 16. Februar 2007 und 8. März 2007 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Beschuldigtenvertreters RA Mag. R (BV), des Behördenvertreters W K und der Zeugen G S und F L durchgeführt. Der Bw war bei beiden Terminen entschuldigt, der Behördenvertreter am 8. März 2007. Auf die mündliche Verkündung der Berufungsentscheidung wurde verzichtet.

 

3. Der Bw, handelsrechtlicher Geschäftsführer der P WgesmbH in Linz, macht im Wesentlichen geltend, die Werbetafeln befänden sich innerhalb des Ortsgebietes und damit sei eine Bestrafung nach § 84 Abs.2 StVO unzulässig. Durch die Werbung werde der Schutzzweck des § 84 Abs.2 StVO nicht über­schritten, weil dadurch die Aufmerksamkeit von Straßenbenützern nicht beein­trächtigt und kein Gefahrenpotential für Unfälle geschaffen werde. Die ihm vorge­worfene Bestimmung sei längst überholt und nicht mehr zeitgemäß. Die Nichtein­holung eines verkehrs­psychologischen Gutachtens dazu stelle einen Verfahrens­mangel dar. Die unter­schiedliche Zulässigkeit von Werbung innerhalb und außerhalb des Ortsgebietes sei verfassungsrechtlich unzulässig. ­Durch das Zusammenwach­sen der Gemeinden im Ballungsraum rund um Rohrbach sei es für Kraftfahrer auf einer der vielen Durchzugsstraßen meist gar nicht mehr erkennbar, ob er sich im oder außer­halb des Ortsgebietes befinde. Eine Differenzierung der Werbeeindrücke ebenso wie der notwendigen Aufmerksamkeit sei nicht zulässig und nicht notwendig. Bei großen Durchzugsstraßen bestehe auch kein Unterschied bei den erlaubten Höchst­geschwindigkeiten im und außerhalb des Ortsgebietes, dort sei die Geschwindigkeit ohnehin überall auf 70 km/h beschränkt. In Ballungsräumen sei ein Autofahrer permanent mit Werbung konfrontiert, stumpfe dadurch ohnehin ab und nehme diese Reize nicht mehr wahr. Gewerbebetriebe seien großteils nicht  mehr im Ortszentrum, sondern an der Peripherie - Eigenwerbung wäre dort zulässig, Fremd­werbung unzulässig, was verfassungswidrig sei. Ein anderer Zweck der Bestimmung als die Verhinderung der Ablenkung und damit der Unfallwahrschein­lichkeit dürfe nicht erreicht werden. Nachdem heutzutage im Auto Radiohören und Telefonieren zulässig sei und der durchschnittliche Konsument optische Werbung im Fernsehen konsumiere, könne nicht davon ausgegangen werden, dass Werbung eine unzulässige Ablenkung von Autofahrern bewirke. Die Behörde hätte überdies einen Ortsaugenschein wegen der Entfernung vom Fahrbahnrand ebenso wie zur Frage der möglichen Ablenkung vornehmen müssen.

Die Entscheidung des VwGH vom 6.6.1984, 84/03/0016, lasse eine ausführliche Begründung vermissen; die Entscheidung vom 20.1.1988, 87/03/0181, halte am Stehsatz von 1984 fest. Dabei frage es sich, zu welchem "Straßennetz" eine Straße gehöre, die außerhalb eines durch Hinweiszeichen umschlossenen Gebietes (Orts­gebietes) liege. Diese Frage werde in der Entscheidung nicht beantwortet. Im Jahr 1963 sei es bereits aus verkehrstechnischer Sicht ein Risiko gewesen, schneller als 70 bis 100 km/h auf Freilandstraßen zu fahren, zumal das Fahren mit Autos aus dieser Zeit einer erhöhten Aufmerksamkeit bedurft und schon die geringste Ablen­kung zu einer Beeinträchtigung und zu gefährlichen Situationen geführt hätten. Der Bremsweg eines Kfz von 1963 sei mit dem moderner Kfz nicht vergleichbar. Die Bestimmung sei heute nicht mehr zeitgemäß. Weil aber keine Beeinträchtigung des Straßenverkehrs durch die ggst Werbeeinrichtung bzw Werbung erfolgen könne, dürfe auch keine Bestrafung erfolgen.

Die Werbetafel sei bereits vor der nunmehr errichteten Umfahrung Arnreit dort aufgestellt gewesen; die Ortstafeln seien im Zuge der Errichtung der Umfahrung verändert worden, daraus habe sich eine Änderung der Zulässigkeit ergeben, weil früher keine Verletzung des § 84 Abs.2 StVO vorgelegen habe. Ihm  sei die Veränderung der Ortstafeln unbekannt gewesen und habe ihm diese auch nicht bekannt sein müssen, weshalb ein Verschulden gänzlich fehle. Die GesmbH verfüge auch über eine baurechtliche Genehmigung für die Werbetafel. Durch die bisherige Zulässigkeit der Werbetafel sei die Gefahr einer Doppelbestrafung gegeben, weil nicht nur seine wirtschaftlichen Interessen, sondern auch die des Unternehmens durch den Umbau der Straße und der nunmehrigen Unzulässigkeit der Werbetafel betroffen sei – das sei ein unzulässiger Eingriff in wohlerworbene Rechte. Eine einmal bewilligte Werbetafel könne nicht durch den Umbau der Straße bzw der Ortstafel unzulässig werden, er dürfe dafür nicht bestraft werden. Die Wegnahme der Tafel bedeute einen enormen wirtschaftlichen Nachteil. Außerdem sei am 19. Mai 2006 offiziell noch keine Bundesstraße neben der Ortstafel vorbeigegangen.

Hinsichtlich der Werbetafel in Berg verweist der Bw auf die Stellungnahme vom 26. Juni 2006. Die WerbeGmbH sei zwar ein Profiunternehmen, was aber nicht bedeute, dass es kein Versehen oder keinen Irrtum geben könne. Es sei aber sofort nach Kenntniserlangung eine Richtigstellung durch Überklebung mit weißem aufdruck­losem Papier und ein Antrag auf Erteilung der Zustimmung zur Werbung "Kloster­taler" erfolgt. Es habe sich um ein geringes, vernachlässigbares Verschulden gehandelt. Neben dieser Werbung habe es aber andere, offensichtlich zulässige Werbung gegeben. Das Versehen sei nicht in der falschen Plakatierung gelegen gewesen, sondern in der falschen Deklarierung als frei. Der Plakatierer habe fälschlicherweise ein Plakat angebracht. Die Tatortbeschreibung sei unrichtig, weil die Kilometrierung für die Umfahrung nicht rechtkräftig gewesen sei. Der Antrag auf Ausnahmebewiligung für die Werbung "Klostertaler" sei abgewiesen worden, obwohl erhebliches Interesse der Straßenbenützer am Inhalt des Werbeplakates bestanden habe. Das Konzert im Mühlviertel sei von örtlichem und überörtlichem Interesse für Autofahrer gewesen, kulturell hochwertig und dem Tourismus im Mühlviertel dienend, sodass ein Interesse der Allgemeinheit gemäß § 84 Abs.3 StVO bestanden habe. Der abweisende Bescheid sei mit Berufung vom 26. Juni 2006 bekämpft worden, das Verfahren sei noch offen.

Der Spruch des Straferkenntnisses sei unrichtig, die Werbungen lägen innerhalb des Ortsgebietes. Die Strafe sei zu hoch, frühere Verfahren seien mit diesem Sachverhalt nicht vergleichbar. Es sei die erste Übertretung vor der BH Rohrbach gewesen, die Einbeziehung von Vormerkungen bei der BH Wels-Land sei unzulässig. Es habe immer eine entsprechende Berechtigung bestanden und er habe die Umlegung der Straße nicht zu vertreten. Mildernd sei zu werten, dass das Risiko, dass die Bestimmung 1963 bezweckt habe, noch nie eingetreten sei und man seine Argumente nicht von der Hand weisen könne. Die Übertretung habe keine nach­teiligen Folgen gehabt. Ein Rechtsunterworfener dürfe auf den Wortlaut des Gesetzes vertrauen; bei diesem Fall handle es sich um einen Grenzbereich, der durch den Bau der Umfahrung überschritten, vorher aber nie thematisiert worden und für ihn als Geschäftsführer der GesmbH nicht als Problembereich erkennbar gewesen sei. Beantragt wird Verfahrenseinstellung, in eventu die Anwendung des § 21 VStG, in eventu Rückverweisung an die Erstinstanz.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der beide Parteien gehört und nach Durchführung eines Ortsaugenscheins am 5. März 2007 die beiden Zeugen einvernommen wurden.

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Laut Aktenvermerk vom 19. Mai 2006 stellte der Behördenvertreter an diesem Tag um 12.15 Uhr im Rahmen einer Besichtigung der B127 im Bereich Arnreit fest, dass bei km 40.410 links im Sinne der Kilometrierung und in Fahrt­richtung Rohrbach sichtbar die der GesmbH des Bw zuzuordnenden Werbungen "Fussl" und "Klostertaler" auf einer gemeinsamen Werbetafel angebracht waren. Die Werbetafel steht laut dem im Akt befindlichen Foto sowie den Feststellungen beim Ortsaugenschein beim Haus Arnreit 20 an der Hauswand direkt an der Kreuzung alte B127 - neue B127 im Ortsgebiet Arnreit, wobei aber die neue B127 als Freilandstraße außen am Ortsgebiet vorbeiführt. Für beide Werbungen wäre demnach eine straßenpolizeiliche Bewilligung erforderlich gewesen, zumal die Entfernung der Werbungen vom Fahrbahnrand der neuen B127 offensichtlich weniger als 100 m beträgt.

 

Der Behördenvertreter stellte weiters am 19. Mai 2006 um 12.15 Uhr fest, dass an der B127 bei km 44.300 links iSdK in Fahrtrichtung Rohrbach einsehbar die der GesmbH des Bw zuzuordnende Werbung "PlusCity" im Ortsgebiet Neundling, Gemeinde Berg, direkt neben der Ortstafel, aber offensichtlich in einer Entfernung von weniger als 100 m vom Fahrbahnrand der B127, einer Freilandstraße, angebracht war. Von der genannten Werbung wurden Fotos angefertigt und dem Akt beigelegt. Wie sich in der mündlichen Verhandlung am 16. Februar 2007 herausstellte, bestand zum damaligen Zeitpunkt eine Erklärung der GesmbH gegenüber der Erstinstanz, dass die Werbetafel in Neundling im Mai 2006 freibleiben werde. Deshalb fehlte auch eine straßenpolizeiliche Bewilligung für die Werbung "PlusCity".

 

Nach den Aussagen des Behördenvertreters ist richtig, dass die Werbetafel bei km 40.410 der B127 bislang und immer noch im Ortsgebiet, und zwar am südlichen Ortseingang von Arnreit steht, wobei Werbungen dort vor der Umlegung der B127 nicht bewilligungs­pflichtig waren, weil die B127 früher durch das Ortsgebiet verlief. Nunmehr wurde – keineswegs unauffällig und nicht nur in kleinem Umfang, sondern im Sinne eines gewaltigen Bauvorhabens und als Großereignis für den an sich kleinen Ort Arnreit – der Verlauf der B127 im Zuge der Errichtung einer Umfahrung so geändert, dass diese nunmehr als Freilandstraße auf der Ostseite am Ortsgebiet vorbeiführt, wobei die Ortstafeln – in Bezug auf die Werbetafel beim Haus Arnreit 20 irrelevant – ein  kleines Stück versetzt wurden, weil die neue B127 in Fahrt­richtung Rohrbach südlich vor dem Ortsgebiet Arnreit in die alte, als Ortsdurch­fahrt weiter bestehende Gemeindestraße eingebunden wurde. Die der GesmbH des Bw zuzuordnende Werbetafel bei Haus Arnreit 20, dh km 40.410 der neuen B127, links im Sinne der Kilometrierung, wurde nicht verändert, war aber rechtlich mit Inbetriebnahme der Umfahrung, die der Zeuge L  mit Jahreswechsel 2005/2006 zeitlich zugeordnet hat, von der örtlichen Lage her mit dem als Grundlage für das Erkenntnis des VwGH vom 6. Juni 1984, 84/02/0016, dienenden Sachverhalt insofern vergleichbar, als die darauf befindliche Werbung zwar auf der im Ortsgebiet stehenden Werbetafel, jedoch innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand der Freilandstraße, nämlich der neuen B127, angebracht und damit nur mehr aufgrund einer Ausnahmebewilligung gemäß § 84 Abs.3 StVO 1960 zulässig war. Die Ortstafeln wurde im § 2 Abs.11 Z6 lit.a der Verordnung der BH Rohrbach vom 6. April 2006, VerkR10-505-2006, verordnet. Der Behördenvertreter hat dazu ausgeführt, mögli­cher­weise sei die südliche Ortstafel um einige Meter versetzt worden, aber die Verordnung sei eigentlich als Zusammenfassung aller, dh auch der bisher dort schon bestanden habenden, Verkehrsbeschränkungen und
-verbote zu verstehen. In Bezug auf die immer schon im Ortsgebiet stehende Werbetafel hat sich durch eine geringfügige Versetzung der Ortstafel – bis auf die nunmehrige Nähe zur neuen Umfahrung – keine Änderung ergeben.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 99 Abs.3 lit.j StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer in anderer als der in lit.a bis h sowie in den Abs.1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b, 2c und 4 bezeichneterweise Gebote, Verbote oder Beschränkungen sowie Auflagen, Bedingungen oder Fristen in Bescheiden nicht beachtet.

Gemäß § 84 Abs.2 StVO 1960 sind (ansonsten) außerhalb des Ortsgebietes  Werbungen und Ankündigungen an Straßen innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand verboten.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 22. Februar 2002, 2000/02/0303, unter Hinweis auf sein Erkenntnis vom 6. Juni 1984, 84/03/0016, und dem ausdrück­lichen Hinweis, es bestehe kein Grund, von der darin vertretenen Rechts­ansicht abzugehen, in einem gleich gelagerten Fall ausgeführt, es sei bei der Beurteilung des in § 84 Abs.2 StVO normierten Verbotes nach dem Gesetzeswortlaut und dem Zweck der Bestimmung jeweils auf allen Straßen, in deren Blickfeld, welches der Gesetzgeber mit 100 m vom jeweiligen Fahrbahnrand aus gerechnet festgelegt habe, die Werbung bzw. Ankündigung falle, abzustellen. Es komme auf die Ent­fernung der Werbung vom Straßenrand einer Straße, welche außerhalb des Orts­gebietes liege, an.

Auch in dem neueren VwGH-Erkenntnis zugrundeliegenden Fall befand sich der Anbringungsort der Werbung einerseits an einer Straßen­stelle, welche in einem Bereich lag, der durch die Aufstellung von Ortstafeln zum Ortsgebiet gehörte, andererseits aber in einer Entfernung von weniger als 100 m vom Fahrbahnrand einer Straße, die an dieser Stelle nicht durch die Aufstellung von Ortstafeln als Ortsgebiet festgelegt war.

Dass in den ggst Fällen die Werbungen in einer Entfernung von weniger als 100 m vom Fahr­bahnrand der B127 positioniert waren, sich aber innerhalb des im Punkt 1) Ortsgebietes Neundling, in den Punkten 2) und 3) des Ortsgebietes Arnreit befanden, und zwar in annähernd rechtem Winkel zur B127 im Punkt 1) bzw zur neuen B127 in den Punkten 2) und 3) links im Sinne der Kilometrierung, sodass für die diesen Straßenzug benutzen­den Lenker die einzelnen Werbungen in Fahrtrichtung Rohrbach einzusehen waren, ließ sich bei aus den der Anzeige beigelegten Fotos und beim vom erkennenden Mitglied am 5. März 2007 durchgeführten Ortsaugen­schein eindeutig und zweifelsfrei ersehen. Damit liegt aber jeweils ein gleich gelagerter Fall wie in den beiden oben angeführten Erkennt­nissen des VwGH vor.

 

Im Rahmen des beim UVS Oö. anhängig gewesenen Ver­waltungs­strafverfahrens VwSen-107109, das dem Bw in bester Erinnerung sein müsste, vertrat das (überdies auch für die Verfahren VwSen-108297-108303 und VwSen-108544-108546) zuständige Mitglied eine zur Judikatur des VwGH konträre Rechtsansicht - die Entscheidung wurde mit Beschwerde des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie bekämpft und mit Erkenntnis des VwGH vom 22. Februar 2002, 2000/02/0303, wegen Rechts­widrigkeit des Inhalts aufgehoben - während das im gleich gelagerten Verfahren VwSen-107147 zuständige Mitglied unter Zitierung des VwGH-Erkenntnisses vom 6. Juni 1984, 1984/03/0016, angefoch­ten mit Bescheidbeschwerde, die mit VwGH-Erkenntnis vom 23. November 2001, 2000/02/0338, als unbegründet abge­­wiesen wurde, die vom VwGH letztlich beibe­haltene Rechtsansicht vertrat. Betreffend das Verfahren VwSen-107109 wurden vom Verfassungs­gerichts­hof mit Erkenntnis vom 22. Dezember 2002, SlgNr.16773, die Anträge des UVS Oö. auf Aufhebung der Wortfolgen "Werbungen und" und "und Ankündigungen" in § 84 Abs.2 StVO abgewiesen und der Eventual­antrag, der VfGH möge aussprechen, "dass in verfassungskonformer Anwendung der obgenannten Geset­zes­­bestimmung die verfahrensgegenständlichen Sachver­halte keine Strafbarkeit begründen" bzw "dass in verfassungskonformer Anwendung der obgenannten Gesetzesbestimmung der verfahrens­gegenständliche Sachverhalt vom Verbots­umfang nicht erfasst ist", zurückge­wiesen und dazu ausgeführt, Gegenstand der Beurteilung durch den VfGH sei im Verfahren gemäß Art.40 B-VG die angefochtene gesetzliche Vorschrift an sich, nicht aber der Inhalt der dazu ergangenen Rechtsprechung des VwGH oder der dazu bestehenden Rechtsan­­sichten einzelner mit der Anwendung dieser Norm befasster Verwaltungs­behörden und es sei auch nicht über die Richtigkeit der vom VwGH vertretenen Auslegung der angefochtenen Gesetzesstelle abzusprechen. Der Vorwurf des UVS, die Recht­sprechung des VwGH zu § 84 Abs.2 StVO überschreite den Wortlaut des Gesetzes oder verstoße gegen das Analogieverbot, gehe insofern ins Leere, als jede wenn auch analoge oder überschießende Anwendung des Gesetzes im jeweiligen Einzel­fall der Vollstreckung zuzurechnen sei, somit jedenfalls nicht zur Verfassungswidrig­keit des Gesetzes führen könne. Dem einzelnen Rechts­unterworfenen bleibe aber unbenommen, nach Erschöpfung des Instanzenzuges beim Verfassungs­gerichtshof Beschwerde nach Art.144 B-VG zu erheben.

 

Der Ersatz­bescheid des UVS Oö. vom 27. Jänner 2003 wurde mittels Bescheid­beschwerde beim VfGH angefochten - die Ablehnung wurde dem Bw am 31. Oktober 2003 zugestellt und die Ablehnung gemäß § 33a VwGG durch den VwGH am 13. Februar 2004, wobei der Beschwerde keine aufschiebende Wirkung zuerkannt worden war.

Aus all diesen Überlegungen besteht kein Zweifel, dass die ggst Sachverhalte nach der Judikatur des VwGH unter die Bestimmung des § 84 Abs.2 StVO zu subsumieren sind - obwohl sich eine wie oben beschrieben positionierte Werbung tatsächlich nicht "außerhalb von Ortsge­bieten" gemäß dem Wortlaut der Gesetzes­bestimmung, sondern gerade im Ortsgebiet befindet - weil nicht auf den Standort der Werbung in Bezug auf ein Ortsgebiet, sondern vielmehr auf die Position der Werbung in Bezug auf die (Freiland)Straße, auf der Verkehrsteilnehmer (mögli­cher­­weise dadurch) abgelenkt werden können, abzustellen ist.

 

Zu Punkt 1) des Straferkenntnisses:

Unbestritten ist, dass am 19. Mai 2006 für den Standort Neundling, dh km 44.300 der B127 liSdK,  keine straßenpolizeiliche Bewilligung gemäß § 84 Abs.2 StVO bestand. Das Beweisverfahren hat ergeben, dass es üblich ist, dass die GesmbH jeweils am Monatsende für das nächste Monat um die jeweiligen Ausnahmebewilligungen bei der Erstinstanz ansucht und für den Fall, dass nicht beabsichtigt ist, eine Werbefläche zu bekleben, der Erstinstanz mitteilt, dass die Werbefläche "freibleiben" werde. Mit E-Mail vom 28. April 2006 wurde der Erstinstanz seitens der GesmbH mitgeteilt, dass der Standort an der B127 bei der Ortstafel Neundling in Richtung Linz im Mai 2006 freibleiben werde.

Bei der Besichtigung am 19. Mai 2006, 12.15 Uhr, wurde jedoch festgestellt, dass dort die Werbung "PlusCity" angebracht war.

Der Bw hat nun geltend gemacht, dabei habe es sich um ein Versehen des Plakatierers gehandelt, und dafür G S und F L als Zeugen geltend gemacht.

 

Der Zeuge S hat am 8. März 2007 ausgeführt, er erhalte von der GesmbH die Plakate und eine Liste, aus der seine konkreten Aufträge zu ersehen sind, nämlich welche konkrete Werbung wo genau zu kleben ist. Außerdem erhalte er weitere Plakate, die er für den Fall, dass er eine Werbefläche, die ja jedem Wetter ausge­setzt sei, für unansehnlich befinde (zB weil sich Papier von der Unterlage gelöst habe und herunterhänge), anbringe. Da habe er den grundsätzlichen Auftrag, solche Flächen mit Regionalwerbung zu bekleben. Er richte sich dabei nach der Aktualität der Werbungen, deren Gültigkeits­zeitraum er aus kleinen Aufschriften auf den Werbeplakaten ersehe. Die Anbringung der PlusCity-Werbung in Neundling sei insofern ein Versehen gewesen, als er die Werbefläche mit Mängeln vorgefunden und gemäß seinem grundsätzlichen Auftrag dort das von ihm gewählte Werbeplakat angebracht habe, weil diese Werbung einen langen Gültigkeitszeitraum gehabt habe. Er habe von der Mitteilung der GesmbH an die Erstinstanz, die Werbefläche werde im Mai 2006 frei bleiben, nichts gewusst. Seine Abrechnungen samt der Liste mit seinen jeweiligen Vermerken zu den angeführten Werbeflächen – er habe die Beklebung mit der genannten Werbung dort vermerkt – bringe er erst gegen Monats­ende zur GesmbH zurück, sodass dort eine irrtümlich falsche Beklebung möglicher­weise zwei bis drei Wochen nicht bekannt werde; daraus habe die Werbung am 19. Mai 2006 resultiert.

Der Zeuge L  hat diese Aussagen auch im Hinblick auf den grundsätzlichen Auftrag an den Zeugen S indirekt bestätigt und ausgeführt, die Beklebung mit weißem Papier sei auf der Werbefläche in Neundling sofort nach Zustellung der Strafverfügung  an den Bw am 23. Mai 2006, dh mit Kenntnis von der irrtümlich unrichtigen Beklebung, erfolgt. Der Zeuge ist nach eigenen Angaben aber nur für Standort und Zustand der Werbetafeln zuständig, nicht für deren konkrete Beklebung, dh auch nicht für die Beantragung oder Umsetzung von Ausnahme­bewilligungen.

 

Aus der Sicht des UVS hat die Anbringung einer PlusCity-Werbung mit dem grund­sätzlichen Auftrag an den Zeugen S, er habe auf fehlerhaft vorgefundenen Werbeflächen "Regional­werbung" anzubringen, wenig zu tun, weil die genannte Werbung schon wegen des Standortes der PlusCity im Bezirk Linz-Land keine Regionalwerbung sein kann. Dass der Plakatierer sich nicht um behördliche Ausnahme­b­ewilligungen bzw deren Vorhandensein für eine konkrete Werbefläche kümmern kann, liegt auf der Hand; diesbezüglich sind die Aussagen der Zeugen glaubhaft und schlüssig. Allerdings trifft die GesmbH, wenn sie schon der Erstinstanz mitteilt, die Werbefläche werde im Mai 2006 freibleiben, die Verpflichtung, solches auch dem von ihr beschäftigten Plakatierer mitzuteilen, dh solches in der diesem übergebenen Liste zu vermerken. Auch wenn kein konkreter Auftrag besteht, die Werbefläche anders zu bekleben, ist im Fall eines Mangels der Werbefläche aufgrund des von den Zeugen bestätigten generellen Auftrages nicht auszu­schließen, dass die Werbefläche mit "Regionalwerbung" beklebt wird, für die genauso eine Bewilligung nach § 84 Abs.3 StVO erforderlich gewesen wäre. Dass der Plakatierer nicht mit solchen rechtlichen Problemen belastet werden kann, liegt auf der Hand, allerdings lässt dessen glaubhafte Schilderung den Schluss zu, dass in diesem Fall die ihm im Büro der GesmbH ausgehändigte Liste fehlerhaft bzw unvollständig gewesen sein muss. Damit liegt die Verantwortung für den "Irrtum" aber wieder beim Bw, der es verabsäumt hat, in der GesmbH für ausreichende Information der Arbeitnehmer bzw der sonst von ihm Beschäftigen zu sorgen. Dass, wie beide Zeugen ausgeführt haben, die Werbetafel in Neundling ca zwei Monate vor Mai 2006 vom anderen Ortsende zu km 44.300 umplaziert und damit darauf angebrachte Werbung plötzlich bewilligungspflichtig geworden sei, rückt die mangelnde Information in der GesmbH nur umso deutlicher ins Licht, zumal in der StVO keine Ausnahme für einen "Gewöhnungszeitraum" vorgesehen ist.

 

Im Ergebnis hat der Bw den ihm im Punkt 1) des Straferkenntnisses zur Last gelegten Tatbestand damit erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten, wobei angesichts der bisherigen Vormerkungen des Bw und seiner offenkundigen Sorglosigkeit bereits von dolus eventualis auszugehen ist. Gerade wenn eine Werbetafel umplaziert wird, hat sich der dafür Verantwortliche um eine eventuell damit entstehende Bewilligungspflicht zu kümmern. Der Bw hat es nicht  für erforderlich gehalten, dem Plakatierer die notwendigen Informationen zukommen zu lassen, und damit in Verbindung mit dem vom Zeugen glaubwürdig geschilderten generellen Auftrag, bei vorgefundenen Mängeln an Werbetafeln diese mit Werbung seiner Wahl zu bekleben, vorsätzlich, zumindest in Form eines dolus eventualis im Sinne des § 5 Abs.1 StGB, gehandelt, indem er die Beklebung mit Werbung ohne Bewilligung trotz der örtlichen Lage der Werbetafel und seiner Zusage der Erstinstanz gegenüber, dh die Verwirklichung des gesetzlichen Tatbildes, mangels entsprechender Information des Plakatierers ernstlich für möglich hielt und halten musste und sich damit offensichtlich abgefunden hat.    

  

Zu den Punkten 2) und 3) des Straferkenntnisses:

Mit E-Mail vom 26. Mai 2006 wurde seitens der GesmbH ua um Ausnahmebe­willigung für die Werbung "Klostertaler" für die Zeit von 1. Juni bis 30. Juni 2006 in Arnreit, B127 neben Ortstafel Haus Nr.20, angesucht. 

 

Laut dem von der Erstinstanz dem UVS auf Anfrage vorgelegten do Akt VerkR10-31-2006 wurde der GesmbH am 1. Juni 2006 eine Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 30. Mai 2006 zugestellt, in der mitgeteilt wurde, dass die beantragte Werbung am ggst Standort keinem vordringlichen Bedürfnis der Straßen­benützer diene und für diese nicht von erhebli­chem Interesse und daher beabsichtigt sei, den Antrag abzuweisen – in diesem Sinne erging auch der Bescheid der Erst­instanz vom 30. Juni 2006, VerkR10-31-2006, im Hinblick auf die beantragte Ausnahme­bewilligung für die Werbung "Klostertaler". Die dagegen eingebrachte Berufung wurde seitens der Oö. Landesregierung mit Bescheid vom 20. Oktober 2006, VerkR-180.209/1-Vie/Eis, abgewiesen. Laut BV wurde dagegen Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, über die noch nicht entschieden wurde.

 

Das Beweisverfahren hat ohne jeden Zweifel ergeben, dass für 19. Mai 2006 weder für die Werbung "Fussl" noch für die Werbung "Klostertaler" eine Ausnahmebe­willigung bestanden hat und für diesen Zeitpunkt auch gar nicht darum angesucht worden war. Nach der Aktenlage hat die GesmbH erstmals mit Zustellung der Strafverfügung am 23. Mai 2006 vom Tatvorwurf erfahren und am 26. Mai 2006 eine Ausnahmebewilligung beantragt, allerdings nur bezogen auf die "Klostertaler"-Werbung; von der "Fussl"-Werbung war darin keine Rede.

 

Der Bw hat eingewendet, er habe, wenn überhaupt, hinsichtlich beider Punkte nur eine einzige Verwaltungsübertretung zu verantworten, weil, wie auch der Zeuge S – schon vom üblichen Arbeitsablauf her nicht unglaubwürdig – bestätigt hat, beide Plakate gleichzeitig angebracht wurden, und hat diese Auffassung mit dem Hinweis auf VwGH 7.12.1979, 103/78, begründet.

Der VwGH hat im zitierten Erkenntnis ausgeführt, dass gemäß § 84 Abs.2 StVO Werbungen und Ankündigungen an Straßen innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand verboten seien. Somit stelle nicht schon schlechthin das Anbringen jedes einzelnen Plakates eine gesonderte und für sich zu bestrafende Werbung dar. Das Anbringen mehrere Plakate gleichzeitig oder doch zumindest in unmittelbarer zeitlicher Aufeinanderfolge auf einer Plakattafel stellt ein fortgesetztes Delikt und eine einzige Verwaltungsübertretung dar.

 

Um von einem fortgesetztes Delikt sprechen zu können, müssen Einzelakte von einem vorgefassten einheitlichen Willensentschluss, einem Gesamtvorsatz, getragen werden, dh der Täter muss von vornherein ein bestimmtes Endziel ins Auge gefasst haben, das er durch die Begehung mehrerer Teilakte, somit schrittweise erreichen will. Der allgemeine Entschluss, eine Reihe gleichartiger strafbarer Handlungen bei jeder sich bietenden Gelegenheit zu begehen, reicht für die Begründung eines subjektiven Fortsetzungszusammenhangs aber nicht aus. Fahrlässige Begehungen scheiden für die Annahme eines fortgesetzten Deliktes aus (vgl Hauer/Leukauf. Handbuch des Österreichischen Verwaltungsrechts, 6. Auflage, § 22 VStG, S 1376f).

Es kommt damit nicht auf den Umstand an, dass der Plakatierer zwei Werbungen an einem Werbeträger zur etwa gleichen Zeit angebracht hat, sondern darauf, dass der Bw als handelsrechtlicher Geschäftsführer des GesmbH, der diese Werbungen zuzu­ordnen sind, weil sie über den Werbeträger verfügt, die Anbringung beider, dem Verbot des § 84 Abs.2 StVO widersprechender Werbungen, ohne Vorliegen einer straßenpolizeilichen Bewilligung durch Erteilung eines entsprechenden Auftrages an den Plakatierer veranlasst hat.

Dass im ggst Fall von einer einzigen mit Gesamt­vorsatz begangenen Verwaltungsübertretung auszugehen ist, kann beim Bw, dessen Uneinsichtigkeit im Hinblick auf die (von ihm sogar veranlasste) VwGH-Judikatur (siehe oben) geradezu "amts­be­kannt" ist, insofern angenommen werden, als auch hier zumindest von dolus eventualis auszugehen ist - im Sinne des § 5 Abs.1 StGB liegt Vorsatz schon dann vor, wenn der Täter einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet.

 

Dass der Bw als handelsrechtlicher Geschäftsführer, der allein seit 2003 bis zum ggst Vorfall bereits mehrmals für Verwaltungsübertretungen gemäß §§ 84 Abs.2 iVm 99 Abs. 3lit.j StVO und § 9 VStG fast ausschließlich in der Fallkonstellation wie VwGH 6.6.1984, 1984/03/0016, rechts­kräftig bestraft wurde, sodass an sich eine besondere Sensi­bilität und Sorgfalt bei der Wahl der Standorte der Werbungen zu erwarten wäre, die Ansicht vertritt, der Behördenvertreter müsse ihn anlässlich der Inbetriebnahme der Umfahrung Arnreit darauf aufmerksam machen, dass er möglicherweise für bislang nicht bewilligungspflichtige Werbungen nunmehr Bewilligungen nach § 84 Abs.3 StVO einholen müsse, spricht dafür, dass der Bw solche Rechtsfragen immer noch grund­sätzlich ignoriert. Die Umfahrung Arnreit ist nicht über Nacht entstanden und die Inbetriebnahme war nach Aussage des beim Bw beschäftigten Zeugen L  bereits um die Jahreswende 2005/2006, dh fast ein halbes Jahr vor dem Tatzeitpunkt. Auch wenn die Werbetafel vom Standort her nicht geändert worden war, mussten dem Bw als wegen ähnlich gelagerter Übertretungen Bestraftem zumindest Bedenken zur Bewilligungspflicht von Werbungen bei der Qualifikation der neuen B127 als Freilandstraße – zu erkennen an der fehlenden Ortstafel – kommen, die zB durch Nachfrage bei der örtlich zuständigen Erstinstanz zu klären gewesen wären. Der Bw ist, zumal für die Einhaltung der die GesmbH unmittelbar betreffenden rechtlichen Vorschriften des § 84 StVO kein  verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs.2 VStG bestellt war, der den Bw als handelsrechtlichen Geschäftsführer gezielt entlastet hätte, für die Einhaltung dieser Bestimmungen verantwortlich und hat sich daher aus eigenem Antrieb bei geeigneter Stelle und umfassend über die Zulässigkeit von Werbungen an bestimmten Standorten zu informieren. Der Behördenvertreter war nicht verpflichtet, den Bw auf eine eventuelle neue Bewilligungspflicht aufmerksam zu machen.

Die Berufungsausführungen im Hinblick auf die Eröffnung der Umfahrung geht insofern ins Leere, als die Eröffnung lediglich ein gesellschaftliches Ereignis darstellt, das mit der tatsächlichen Inbetriebnahme der Umfahrung als Freilandstraße in keinem Zusammenhang steht. Ob die Kilometrierung am 19. Mai 2006 bereits rechtskräftig war bzw die südliche Ortstafel Arnreit ordnungsgemäß verordnet und kundgemacht war, ist insofern irrelevant, als die Umfahrung eben keine Ortstafel aufweist und die Kilometrierung eine messtechnische aber nicht rechtskraftfähige Tatsache darstellt.

Die richtige Bezeichnung der in der Strafverfügung irrtümlich angeführten B38 Böhmerwaldstraße anstelle der B127 Rohrbacher Straße wurde mit dem ange­fochtenen Straferkenntnis vom 1. September 2006, das innerhalb der sechs­monatigen Verfolgungsver­jährungsfrist erging, korrigiert. Die "wohlerworbenen Rechte" des Bw können sich nicht auf geänderte örtliche Gegebenheiten beziehen, die baubehördliche Bewilligung der Werbetafel bleibt von der Zulässigkeit der darauf platzierten Werbungen nach der StVO unberührt. Die vom Bw gerügte "Doppelbestrafung" ist im Sinne der Beurteilung der wirtschaftlichen Rentabilität einer Werbetafel, auf der Werbung nur mit Ausnahmebewilligung angebracht werden darf, zu verneinen, jedenfalls aber nicht an der Tatsache zu messen, dass sich der Wunsch des Bw, die nicht bewilligten Werbungen würden unentdeckt bleiben, nicht erfüllt hat.

Aus all diesen Überlegungen gelangt der Unabhängige Verwaltungssenat zur Auffassung, dass der Bw die ihm nunmehr im Form einer Verwaltungsüber­tretung zur Last gelegten Tatbestände erfüllt und sein Verhalten als eine Verwaltungsüber­tretung zu verantworten hat. 

 

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 99 Abs.3 StVO 1960 bis zu 726 Euro Geldstrafe, im Fall der Uneinbringlichkeit bis zu zwei Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.

 

Der Bw weist zahlreiche rechtskräftige Vormerkungen nach § 84 Abs.2 StVO 1960 allein seit dem Jahr 2003 bis zum 19. Mai 2006 auf und ist gänzlich uneinsichtig. Sein vorsätzliches Zuwiderhandeln musste sich daher in der Strafbemessung niederschlagen, zumal er auch die Schätzung seiner finanziellen Verhältnisse durch die Erstinstanz (2000 Euro netto monatlich, durch­schnitt­liches Vermögen, keine Sorgepflichten) nicht bestritten oder gegenteilig belegt hat, sodass sie auch der Berufungsentscheidung zugrundezulegen war.

Dass der vom Zweck der verletzten Bestimmung beabsichtigte Erfolg bislang nie eingetreten wäre, kann nicht gesagt werden, zumal es dafür außer der Behauptung des Bw keine Beweise gibt – ihm wäre es jederzeit frei gestanden, seine Behauptung durch das beantragte verkehrspsychologische Gutachten nachzuweisen.

Die Anwendung der §§ 20 oder 21 VStG scheidet aus. Selbst wenn die Über­tretungen – außer finanziellen Erfolgen für die GesmbH – keine nachteiligen Folgen nach sich gezogen hätten, ist von geringfügigem Verschulden des Bw keine Rede; vielmehr war von vorsätzlicher Begehung auszugehen. § 99 Abs.3 StVO sieht keine unterschreitbare Mindest­strafe vor.

Die Errichtung der Umfahrung kann wohl nicht ernsthaft als Milderungsgrund geltend gemacht werden. Der Bw konnte aufgrund seiner zahlreichen Vormerkungen gerade nicht auf den Wortlaut des Gesetzes vertrauen, was ihm bereits seitens der Höchstgerichte eindrucksvoll vor Augen geführt wurde.

 

Für die Herabsetzung der verhängten Geld- und im Verhältnis dazu angemessenen Ersatzfreiheitsstrafen findet sich daher kein Ansatz. Die Strafen entsprechen den Kriterien des § 19 VStG, wobei allein aufgrund der Zusammen­fassung der Punkte 2) und 3) zu einer einzigen Verwaltungsübertretung eine Herabsetzung der Strafe nicht gerechtfertigt ist, weil sich dadurch weder am Unrechts- noch am Schuldgehalt des "neuen" Tatvorwurfs irgendetwas ändert.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

Irrtum des Plakatierers ist bei falscher Information durch GesmbH B zuzuordnen, 2 Plakate auf 1 Werbetafel gleichzeitig geklebt = 1 VWÜ dabei Zusammenfassung 1+3 zu P 2, Strafherabsetzung nicht gerechtfertigt, Bestätigung

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VfGH vom 20.06.2007, Zl.: B 758/07-3

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VwGH vom 25.04.2008, Zl.: 2007/02/0211-8

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