Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-110729/2/Kl/Rd/Pe

Linz, 30.03.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des Herrn B S, D, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 17.10.2006, VerkGe96-160-1-2006, wegen einer Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes zu Recht erkannt:

 

I.      Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.     Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z2  und 51 VStG.

zu II.: § 66 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 17.10.2006, VerkGe96-160-1-2006, wurde über den Bw eine Geldstrafe von 1.453 Euro sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 67 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 23 Abs.1 Z8 GütbefG iVm Art.3 Abs.1 der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 des Rates vom 26.3.1992 über den Zugang zum Güterkraftverkehrsmarkt in der Gemeinschaft für Beförderungen aus oder nach einem Mitgliedstaat oder durch einen oder mehrere Mitgliedstaaten verhängt, weil er als Unternehmer mit dem Sitz in D, am 6.9.2006 gegen 6.20 Uhr auf der Innkreisautobahn A8, Amtsplatz der Zollstelle Suben, Gemeindegebiet Suben, mit dem Sattelzugfahrzeug mit dem deutschen Kennzeichen und dem Sattelanhänger mit dem deutschen Kennzeichen, deren Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte insgesamt 3.500 kg überstiegen hat, Zulassungsbesitzer des Zugfahrzeuges: B S, Lenker: N B, welcher Staatsangehöriger eines Drittstaats (Staatsbürgerschaft: Türkei) ist, eine gewerbsmäßige Beförderung von Gütern (1.480 Kartons Bekleidung) von der Türkei durch Österreich mit einem Zielort in Deutschland (grenzüberschreitender gewerblicher Güterkraftverkehr) durchgeführt hat, ohne dafür gesorgt zu haben, dass die gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 erforderliche Fahrerbescheinigung mitgeführt wurde. 

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht. Begründend wurde vom Bw ausgeführt, dass er sich – da sein Fahrer in der Türkei erkrankte und für längere Zeit ausfalle – bei der Verkehrsbehörde in Deutschland darüber informiert habe, wie der Lkw so schnell wie möglich nach Deutschland verbracht werden könne. Dabei sei ihm angeraten worden, dass mithilfe eines Aushilfsfahrers das Fahrzeug nach Deutschland verbracht werden könne und er in Deutschland einen neuen Fahrer einstellen solle. Weiters sei ihm mitgeteilt worden, dass er bei Beanstandungen in der EU mit einer Geldstrafe von höchstens 200 Euro bis 300 Euro zu rechnen habe. Er sei dem Ratschlag der deutschen Verkehrsbehörde gefolgt und verstehe nunmehr nicht, weshalb eine so hohe Geldstrafe über ihn verhängt worden sei.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte Abstand genommen werden, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat hierüber erwogen:

 

4.1. Gemäß § 23 Abs.1 Z8 GütbefG begeht, abgesehen von gemäß dem V. Hauptstück der GewO 1994 zu ahndenden Verwaltungsübertretungen, eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 7.267 Euro zu ahnden ist, wer als Unternehmer nicht dafür sorgt, dass die gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 erforderlichen Gemeinschaftslizenzen oder Fahrerbescheinigungen mitgeführt werden.

 

Gemäß § 7 Abs.1 GütbefG ist die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen von Orten, die außerhalb des Bundesgebietes liegen, in das Bundesgebiet oder durch das Bundesgebiet hindurch, oder von innerhalb des Bundesgebietes liegenden Orten in das Ausland außer Inhabern von Konzessionen nach § 2 auch Unternehmern gestattet, die nach den im Staat des Standortes ihres Unternehmens geltenden Vorschriften zur Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen befugt sind und Inhaber einer der folgenden Berechtigungen sind:

1)        Gemeinschaftslizenz gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92,

2)        Genehmigung aufgrund der Resolution des Rates der Europäischen             Konferenz der Verkehrsminister (CEMT) vom 14.6.1973,

3)        Bewilligung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie für          den Verkehr nach, durch oder aus Österreich,

4)        aufgrund zwischenstaatlicher Abkommen vergebene Genehmigung des       Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie.

 

Gemäß § 23 Abs.1 Z3 GütbefG begeht, abgesehen von gemäß dem V. Hauptstück der GewO 1994 zu ahndenden Verwaltungsübertretungen, eine Verwaltungs­übertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 7.267 Euro zu ahnden ist, wer als Unternehmer Beförderungen gemäß §§ 7 bis 9 ohne die hiefür erforderliche Berechtigung durchführt oder Gebote oder Verbote von zwischenstaatlichen Vereinbarungen nicht einhält.

 

Strafbar ist nach Abs.1 Z3, Z6, Z8 oder Z11 ein Unternehmer auch dann, wenn er die in §§ 7 bis 9 genannten Verpflichtungen oder die in der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 normierten Gebote und Verbote im Ausland verletzt. Örtlich zuständig ist diesfalls jene Behörde, in deren Sprengel der Lenker im Zuge einer Straßenkontrolle betreten wird, sonst jene Behörde, in deren Sprengel der Grenzübertritt in das Bundesgebiet erfolgt (§ 23 Abs.3 leg.cit.).

 

Gemäß § 23 Abs.4 leg.cit. hat bei Verwaltungsübertretungen gemäß Abs.1 Z3 und Z8 bis Z11 sowie bei Verwaltungsübertretungen gemäß § 366 Abs.1 Z1 der GewO 1994 die Geldstrafe mindestens 1.453 Euro zu betragen.

 

Gemäß § 25 Abs.2 GütbefG ist, soweit in diesem Bundesgesetz auf die Verordnung (EWG) Nr. 881/92 verwiesen wird, die Verordnung (EWG) Nr. 881/92 des Rates vom 26.3.1992 über den Zugang zum Güterkraftverkehrsmarkt in der Gemeinschaft für Beförderungen aus oder nach einem Mitgliedstaat oder durch einen oder mehrere Mitgliedstaaten, ABl. L95 vom 9.4.1992, S.1, geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 484/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 1.3.2002, ABl. L76 vom 19.3.2002, S.1, ... anzuwenden.

 

4.2. Dem Bw wurde von der belangten Behörde zur Last gelegt, dass er als Inhaber des Güterbeförderungsbetriebs in, am 6.9.2006 mit dem Sattelzugfahrzeug Kz: (D), Anhänger: (D) eine gewerbsmäßige grenzüberschreitende Güterbeförderung, und zwar von Istanbul (TR) durch Österreich mit einem Zielort in Deutschland durch den türkischen Fahrer N B, durchführen hat lassen, ohne dafür gesorgt zu haben, dass die erforderliche Fahrerbescheinigung mitgeführt wurde.

Anlässlich der Amtshandlung wurde den Kontrollbeamten durch den Lenker eine beglaubigte Abschrift der Gemeinschaftslizenz mit der Nr. (gültig vom 15.12.2005 bis 14.12.2010), ein Frachtbrief sowie ein Lieferschein und zwei Fahrzeugscheine vorgewiesen.

Dass die gegenständliche grenzüberschreitende Güterbeförderung mit einer Gemeinschaftslizenz durchgeführt wurde, blieb vom Bw unbestritten.

 

4.3. Der Bw habe bereits in seiner Stellungnahme anlässlich der Aufforderung zur Rechtfertigung ausgeführt, dass sein Bruder V S, der eigentliche Fahrer des Sattelzugfahrzeuges mit dem Kennzeichen sei. Sein Bruder sei am 2.9.2006 in der Türkei erkrankt und habe dessen Schwager (der nunmehr beanstandete Lenker) ohne Bezahlung die Tour nach Deutschland übernommen. Aus diesem Grund habe der Lenker N B keine Fahrerbescheinigung. Da es sich beim Unternehmen des Bw um ein neugegründetes handle, würde jeder Stillstand des Lkw den finanziellen Untergang bedeuten. Auch die gegenständliche Berufung begründet der Bw dahingehend, dass aufgrund der Erkrankung des ursprünglichen Lenkers dessen Schwager die Fahrt nach Deutschland übernommen habe und dieser daher auch keine Fahrerbescheinigung besitze, da es sich lediglich um einen kurzfristig organisierten Ersatzfahrer handle.

 

4.4. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde ist der dem Bw zur Last gelegte Tatvorwurf unter die Strafbestimmung des § 7 Abs.1 iVm § 23 Abs.1 Z3 GütbefG zu subsumieren, da der Bw am Tattag über keine Fahrerbescheinigung für den Lenker N B verfügt hat und nicht unter § 23 Abs.1 Z8 GütbefG. Letztere Bestimmung zielt darauf ab, dass der Unternehmer im Besitz einer Berechtigung, hier der Fahrerbescheinigung, ist, jedoch nicht dafür gesorgt hat, dass diese auch mitgeführt wird. Es hat daher der Bw die ihm vorgeworfene Tat nicht begangen.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen.

 

Da hinsichtlich des zutreffenden Tatvorwurfes laut Aktenlage, nämlich dass der Bw überhaupt nicht im Besitze einer Fahrerbescheinigung war, keine entsprechende fristgerechte Verfolgungshandlung getätigt wurde, war es dem Oö. Verwaltungssenat verwehrt, eine dahingehende Spruchberichtigung vorzunehmen.

 

Es war daher der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

5. Weil die Berufung Erfolg hatte, entfällt für den Bw die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge (§ 66 VStG).

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Klempt

 

Beschlagwortung:

Fahrerbescheinigung, Mitführen setzt Vorhandensein voraus

 

Beachte:  vorstehende Entscheidung wurde aufgehoben; VwGH vom 15.11.2007, Zl.: 2007/03/0127-7
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