Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222124/2/Bm/Sta

Linz, 03.04.2007

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des Herrn R I, H, N, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. J L, Dr. E W, Mag. C. O, Dr. H N, G, S, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 29.1.2007, Zl. Ge-1266/06, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Gewerbeordnung 1994,  zu Recht erkannt:

 

I.                    Die Berufung wird hinsichtlich Schuld als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass die Wortfolge "gemäß § 370 Abs.2 GewO 1994" in "gemäß § 370 Abs.1 GewO 1994" geändert wird.

II.                  Hinsichtlich der Strafhöhe wird der Berufung insoweit Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 100 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 30 Stunden herabgesetzt werden.

III.                Der Beitrag des Berufungswerbers zu den Kosten des Verfahrens vor der Erstbehörde wird auf 10 Euro herabgesetzt; für das Berufungsver­fahren ist kein Verfahrenskostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu I. und II.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 19, 24, und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG;

Zu III.: §§ 64 und 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 29.1.2007, Ge-1266/6, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 150 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden, wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 1 Abs.3 Oö. Sperr­zeitenverordnung idgF iVm § 113 Abs.1 und 7 sowie § 368 GewO 1994 verhängt. Dem Schuldspruch liegt nachstehender Tatvorwurf zu Grunde:

"Sie haben es als gewerberechtlicher Geschäftsführer und somit gem. § 370 Abs.2 GewO 1994 verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher der Firma I C in S, P, zu vertreten, dass in der Betriebsstätte oa. Firma in S, P (Lokal "W"), am 8.12.2006 um 4.35 Uhr ca. 10 Gästen das Verweilen in derselben gestattet wurde, obwohl die Sperrstunde dieses Lokales (dessen Betriebsart "Nachtklub" ist) gemäß der Oö. Sperr­zeiten­verordnung mit 4.00 Uhr festgesetzt ist."

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und das Straferkenntnis in seinem ganzen Umfang angefochten. Es wurde ausgeführt, dass sich die Berufung auch gegen die Höhe der Geldstrafe richte. Das Monatsnettoeinkommen betrage derzeit 502 Euro. Der Berufungswerber sei für 2 Kinder im Alter von 7 und 12 Jahren sorgepflichtig und verfüge über kein Vermögen.  Beginnend mit 1.8.2006 sei
§ 1 der Sperrzeiten-Verordnung geändert worden. Die Regelung für 4. 00 Uhr solle generell für alle Gastgewerbebetriebe als Maximum gelten. Die Verordnung BGBl. Nr. 83/2006 und damit im Zusammenhang die derzeit geltende Sperrzeiten-Verordnung sei gesetzwidrig. Diese Regelung schaffe eine undifferenzierte und damit unsachliche Gleichschaltung, die mit dem Gesetz nicht im Einklang stehe. Nach § 113 Abs. 1 GewO sei auf die Bedürfnisse der ortsansässigen Bevölkerung .... Bedacht zu nehmen und erforderlichenfalls von der Festlegung einer Sperrzeit abzusehen. Statt dem Rechnung zu tragen und etwa für Kerngebiete eine flexible Regelung zu schaffen, werde generell für alle Bars, Diskotheken und Nachclubs
4.00 Uhr festgelegt. Das führe insbesondere zu Ungleichbehandlungen ganz besonderer Art, in dem etwa dem Kulttempel N ungehindert die Öffnungszeiten zugebilligt würden, während alteingesessene Betriebe um 4.00 Uhr zusperren müssten. Eine solche undifferenzierte und gleichzeitig dem Gleichheitsgrundsatz widersprechende Regelung (Verordnung) sei gesetzwidrig.  Es werde daher angeregt, ein Normenprüfungsverfahren zu beantragen. Gleichzeitig wurde der Antrag gestellt, der Berufung Folge zu geben und das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben.

 

3. Der Bürgermeister der Stadt Steyr hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz. Auf Grund der Höhe der verhängte Geldstrafe und des Umstandes, dass letztlich der Sachverhalt nicht bestritten wurde, sondern lediglich die Gesetzwidrigkeit der Sperrzeiten-Verordnung vorgebracht und zudem eine mündliche Verhandlung nicht ausdrücklich beantragt wurde, war eine solche nicht anzuberaumen.

Aus der Anzeige vom 8.12.2006 geht eindeutig hervor, dass am 8.12.2006 von 04.15 Uhr bis 04.35 Uhr eine Kontrolle des Nachtklubs "W" ergeben hat, dass mehrere (ca. 10) Gäste im Nachtclub und zwar im Bereich der Bar aufhältig waren. Dieser Sachverhalt wurde weder im Verfahren erster Instanz noch in der Berufung bestritten; er kann daher als erwiesen zu Grunde gelegt werden. Weiters steht auf Grund der Gewerberegisterauskunft, Reg.Nr.  fest, dass Frau C I über eine Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe in der Betriebsart "Nachtclub" verfügt und gewerberechtlicher Geschäftsführer der Berufungswerber ist.

  

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 368 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 1.090 Euro zu bestrafen ist, wer andere als in den §§ 366 und 367 GewO 1994 genannten Gebote oder Verbote dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen oder der Bescheide, die auf Grund der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes oder auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassener Verordnungen ergangen sind, nicht einhält.

 

Gemäß § 113 Abs.1 GewO hat der Landeshauptmann den Zeitpunkt zu dem die gastgewerblichen Betriebe geschlossen werden müssen (Sperrstunde), und den Zeitpunkt, zu dem sie geöffnet werden dürfen (Aufsperrstunde), für die einzelnen Betriebsarten der Gastgewerbe durch Verordnung festzulegen; er hat hiebei auf die Bedürfnisse der ortsansässigen Bevölkerung und der Touristen Bedacht zu nehmen und erforderlichenfalls von der Festlegung einer Sperrzeit abzusehen.

 

Gemäß § 113 Abs.7 leg.cit. haben die Gastgewerbetreibenden die Betriebsräume und die allfälligen und sonstigen Betriebsflächen, ausgenommen die der Beherbergung dienenden, während der festgelegten Sperrzeiten geschlossen zu halten, während dieser Zeit dürfen sie Gästen weder den Zutritt zu diesen Räumen und zu diesen Flächen noch dort ein weiteres Verweilen gestatten und die Gäste auch nicht in anderen Räumen oder auf anderen sonstigen Flächen gegen Entgelt bewirten. Die Gastgewerbetreibenden haben die Gäste rechtzeitig auf den Eintritt der Sperrstunde aufmerksam zu machen; sie haben den Betrieb spätestens zur Sperrstunde zu verlassen.

 

Gemäß § 1 Abs.1 der Oö. Sperrzeiten-Verordnung 2002, LGBl. Nr. 150/2001 idF LGBl. Nr. 83/2006, müssen Gastgewerbebetriebe, soweit im Folgenden nichts anderes bestimmt ist, spätestens um 2.00 Uhr geschlossen und dürfen frühestens um 6.00 Uhr geöffnet werden.

 

Nach § 1 Abs.2 Oö. Sperrzeiten-Verordnung 2002 müssen Gastgewerbebetriebe in der Betriebsart Cafe, Cafe-Restaurant, Cafehaus, Pup und Tanzcafe spätestens um 4.00 Uhr geschlossen und dürfen frühestens um 6.00 Uhr geöffnet werden.

 

Nach Abs.3 dieser Bestimmung müssen Gastgewerbebetriebe in der Betriebsart Bar, Diskothek und Nachtclub spätestens um 4.00 Uhr geschlossen und dürfen frühestens um 18.00 Uhr geöffnet werden.

 

5.2. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes liegt ein Nichteinhalten der Bestimmung des § 113 Abs.7 GewO 1994 bereits dann vor, wenn den Gästen lediglich ein weiteres Verweilen gestattet wird, und ist zur Erfüllung des Tatbestandes des Nichteinhaltens dieser Bestimmung nicht erforderlich, dass das Gestatten des weiteren Verweilens mit einer zur Einhebung von gesonderten Entgelten verbundenen Bewirtung verbunden ist. Weiters schließt der der Pflicht der Gäste, den Betrieb spätestens zur Sperrstunde zu verlassen, korrespondierende Ausdruck "gestatten" die Verpflichtung des Gewerbetreibenden in sich, bis zum Eintritt der Sperrstunde das Ziel zu erreichen, dass sich keine Gäste mehr im Betrieb aufhalten und somit beizeiten alle jene Maßnahmen zu ergreifen, die zur Verfügung stehen, um ein unzulässiges Verweilen abzuwenden (VwGH vom 24.10.2001, 99/04/0096 und die darin zitierte Vorjudikatur).

Auf Grund des unbestrittenen Sachverhaltes hielten sich zu dem angegebenen Tatzeitpunkt, jedenfalls über die festgelegte Sperrstunde von 4.00 Uhr hinaus, Gäste im Lokal auf. Es wurde ihnen daher das Verweilen gestattet und ist somit der objektive Tatbestand der gegenständlichen Verwaltungsübertretung als gegeben zu erachten und da keine Schuldausschließungsgründe vom Berufungswerber vorgebracht wurden, diese Verwaltungsübertretung auch in subjektiver Hinsicht zu vertreten.

 

Die Bedenken hinsichtlich Gesetzmäßigkeit der Sperrzeiten-Verordnung können vom Oö. Verwaltungssenat nicht geteilt werden. Die Sperrzeiten-Verordnung enthält je nach Betriebsart verschiedene Aufsperr- und Sperrstunden. So müssen Gastgewerbebetriebe spätestens um 2.00 Uhr geschlossen und dürfen frühestens um 6.00 Uhr geöffnet werden. Gastgewerbebetriebe in der Betriebsart Cafe, Cafe-Restaurant, Cafehaus, Pup und Tanzcafe müssen spätestens um 4.00 Uhr geschlossen und dürfen frühestens um 6.00 Uhr geöffnet werden. Gastgewerbebetriebe in der Betriebsart Bar, Diskothek und Nachtclub müssen spätestens um 4.00 Uhr geschlossen und dürfen frühestens um 18.00 Uhr geöffnet werden.

Mit der Festlegung der Sperrstunde 4.00 Uhr und Aufsperrstunde 18.00 Uhr für die Betriebsart Nachtclub wird jedenfalls auf die Bedürfnisse und Erwartungen der Konsumenten Bedacht genommen und darf nicht übersehen werden, dass unter Bedürfnisse der ortsansässigen Bevölkerung auch das Ruhebedürfnis zu verstehen ist. Die Sperrzeiten-Verordnung findet insbesondere deshalb im § 113 Abs.1 GewO 1994 Deckung, da Sperrzeiten eben für die einzelnen Betriebsarten und nicht für die einzelnen Gastgewerbebetriebe festzulegen ist. Nicht nachvollziehbar sind die Ausführungen hinsichtlich Kulttempel N, da auch für diesen je nach in der Gewerbeanmeldung bezeichneter Betriebsart die entsprechende Sperrstunde einzuhalten ist. In diesem Zusammenhang wird aber auf die Bestimmung des § 113 Abs.3 GewO 1994 verwiesen, wonach die Gemeinde unter Bedachtnahme auf die sonstigen öffentlichen Interessen für einzelne Gastgewerbebetriebe eine frühere Aufsperrstunde oder eine spätere Sperrstunde bewilligen kann.

 

5.3. Zur Strafhöhe ist festzustellen, dass die belangte Behörde auf die Strafbemessungsgründe gemäß § 19 Abs.1 und 2 VStG Bedacht genommen hat. Bei der Strafbemessung wurde als erschwerend gewertet, dass der Beschuldigte bereits wegen der Übertretung der Bestimmung der Oö. Sperrzeiten-Verordnung bestraft worden ist. Strafmildernd wurde kein Umstand gewertet und hinsichtlich des Verschuldens Fahrlässigkeit angenommen. Die belangte Behörde ist mangels Angaben des Berufungswerbers bei der Bewertung der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse von einem monatlichen Nettoeinkommen von 2.000 Euro und keinen Sorgepflichten ausgegangen. Der Berufungswerber ist in der Berufungsschrift dieser Schätzung insofern entgegen getreten, als er ein Monatsnettoeinkommen von 502 Euro und Sorgepflichten für 2 Kinder sowie kein Vermögen angegeben hat.

Mit seinen Berufungsausführungen vermag der Berufungswerber der hier erfolgten Strafzumessung mit Erfolg entgegenzutreten. Bei der Bemessung der Geldstrafe sind die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten wichtige Kriterien. Die Berufungsbehörde hat ein für die Strafbemessung relevantes Vorbringen bis zur Erlassung des Bescheides zu berücksichtigen (VwGH 8.7.1988, 86/18/0127). Unter Berücksichtigung der vom Berufungswerber nunmehr vorgebrachten persönlichen Verhältnisse, die von der Berufungsbehörde jedenfalls bei der Bemessung der Geldstrafe heranzuziehen sind, erachtet es der Unabhängige Verwaltungssenat als vertretbar, die Geldstrafe, auch unter dem Gesichtspunkt der Spezialprävention zu reduzieren.

 

 

Zu II.: Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richts­hof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. B i s m a i e r

 

 

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