Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162133/3/Ki/Da

Linz, 05.04.2007

 

 

                                                          E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung der R S, W, P, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. E B, W, B, vom 26.3.2007 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 16.2.2007, VerkR96-20488-2006, wegen Übertretungen des FSG und der StVO 1960 zu Recht erkannt:

 

I.     Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

 

II.    Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskosten­beiträge.

 

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm  §§ 24, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG

zu II: § 66 Abs.1 VStG

 

 

                                                     Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems hat mit Straferkenntnis vom 16.2.2007, VerkR96-20488-2006, die Berufungswerberin nachstehender Verwaltungsübertretungen für schuldig befunden:

 

1. Sie habe am 20.8.2006 um 04.20 Uhr das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen X auf der B139 bis Strkm 12,9 in der Gemeinde Ansfelden mit dem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,27 mg/l gelenkt, obwohl das Lenken von Kraftfahrzeugen nur erlaubt ist, wenn der Alkoholgehalt der Atemluft weniger als 0,25 mg/l beträgt.

 

2. Sie habe am 20.8.2006 um 04.20 Uhr das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen X im Gemeindegebiet von Ansfelden auf der B139 bis zum Kreisverkehr bei km 12,9 gelenkt, wobei sie nach einem Verkehrsunfall, bei dem ihr Verhalten in ursächlichem Zusammenhang stand und es unterließen an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, da sie sich von der Unfallstelle entfernte.

 

3. Sie habe am 20.8.2006 um 04.20 Uhr das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen X im Gemeindegebiet von Ansfelden auf der B139 bis zum Kreisverkehr bei km 12,9 gelenkt und es unterlassen, nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden die nächste Polizeiinspektion ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Adresse der Unfallbeteiligten unterblieben ist.

 

Sie habe dadurch

1. § 14 Abs.8 FSG iVm § 37a FSG,

2. § 4 Abs.1 lit.c StVO iVm § 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 und

3. § 4 Abs.5 StVO iVm § 99 Abs.3 lit.b StVO 1960 verletzt.

 

Gemäß §§ 37a FSG, 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 und 99 Abs.3 lit.b StVO 1960 wurden Geld- bzw. Ersatzfreiheitsstrafen verhängt, weiters wurde gemäß § 64 VStG ein Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgeschrieben.

 

I.2. Die Rechtsmittelwerberin erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schriftsatz vom 26.3.2007 Berufung mit dem Antrag, der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wolle als Berufungsbehörde der Berufung Folge geben und das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos beheben, beantragt wurde die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung.

 

Begründet wird die Berufung im Wesentlichen damit, dass die Berufungswerberin am 20.8.2006 um 4:20 Uhr kein Kraftfahrzeug gelenkt und auch keinen Verkehrsunfall mit Sachschaden verursacht und verschuldet hat.

 

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder primäre Freiheitsstrafen noch 2.000 Euro übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

I.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt.

Von der Durchführung der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde abgesehen, weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

I.5. Laut einer Verkehrsunfallanzeige durch die Polizeiinspektion Neuhofen/Krems vom 1.9.2006 ist die Berufungswerberin verdächtig, am 20.8.2006 vor 03.57 Uhr ihren Toyota Corolla im Gemeindegebiet Ansfelden auf der Umfahrung der B139 von Pasching in Richtung Ansfelden gelenkt zu haben. Beim Kreisverkehr im Gemeindegebiet von Ansfelden, B139, Strkm 12,900 sei sie mit ihrem PKW geradeaus auf den Kreisverkehr gefahren und auf einem der dort liegenden Granitsteine zum Stehen gekommen, letzterer sei dadurch um 80 cm verschoben worden.

 

Als Beweismittel ist diesbezüglich angeführt, dass am 20.8.2006 um 03.57 Uhr ein Taxilenker angezeigt habe, dass ein PKW am Kombi-Glas Kreisverkehr an der B139 stehe. Am 20.8.2006 um 04.41 Uhr habe R R telefonisch bei der BLS Traun angezeigt, dass R R und die Berufungswerberin einen Unfall gehabt hätten und mit dem Fahrzeug nicht mehr vom Kreisverkehr wegkämen. Ein Abschleppdienst sei notwendig.

 

Die Streife "Traun Sektor 3", besetzt mit BI H N und Insp. E S, sei am 20.8.2006 um ca. 04.00 Uhr, noch vor Bekanntgabe des Unfalles durch die BLS, am Unfallort eingetroffen. Dabei hätten sich keine Personen mehr am Unfallort oder in dessen Nähe befunden und es sei festgestellt worden, dass die Motorhaube des Toyota noch lauwarm gewesen sei.

 

Im Rahmen einer zeugenschaftlichen Einvernahme bei der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land am 17.1.2007 führte BI N aus, dass bei einer Durchfahrt durch den unfallbetreffenden Kreisverkehr um ca. 03.25 Uhr keine Auffälligkeiten im Kreisverkehr wahrgenommen worden wären. Gegen 04.00 Uhr (Rückfahrt nach Neuhofen a.d.Krems) sei im sogenannten "Aktual Kreisverkehr" das gegenständliche Unfallfahrzeug wahrgenommen worden.

 

Die zweite an der Amtshandlung beteiligte Polizeibeamtin, Frau Insp. E S, wurde ebenfalls bei der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land am 17.1.2007 zeugenschaftlich einvernommen. Sie führte bei dieser Einvernahme aus, dass bei einem Passieren des Kreisverkehrs der B139, Strkm 12,9, um ca. 03.25 Uhr noch kein Unfall wahrgenommen werden konnte. Nach Durchführung einer Amtshandlung seien sie und ihr Kollege in Richtung Neuhofen gefahren, dabei hätten sie um 03.58 Uhr abermals den gegenständlichen Kreisverkehr passiert und den Toyota Corolla am Kreisverkehr stehen gesehen.

 

Im Verfahrensakt findet sich ferner eine weitere Anzeige der Polizeiinspektion Neuhofen a.d.Krems vom 1.9.2006, gerichtet an die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, in dieser Anzeige ist unter "Darstellung der Tat" die Tatzeit 20.8.2006, um 04:20 Uhr angegeben.

 

I.6. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch (eines Straferkenntnisses), wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Dieser Vorschrift ist dann entsprochen, wenn dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Beschreibung vorgeworfen ist, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen bzw sich rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Demnach ist die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass die vorgeworfene Tat in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale exakt beschrieben wird und die Identität der Tat auch nach Ort und Zeit unverwechselbar feststeht. Dies bedeutet, dass die Tatzeit ein wesentliches Tatbestandsmerkmal darstellt.

 

Der Berufungswerberin wird vorgeworfen, sie habe die gegenständlichen Verwaltungsübertretungen um 04:20 Uhr begangen, offensichtlich stützt sich die Behörde hinsichtlich der Tatzeit auf die an die Bezirkshauptmannschaft gerichtete Anzeige der Polizeiinspektion Neuhofen a.d.Krems, in welcher als Tatzeit "20.8.2006, 04:20 Uhr" angegeben ist. Tatsächlich kann diese Tatzeit jedoch nicht der Richtigkeit entsprechen, zumal in der Verkehrsunfallanzeige und auch bei den späteren zeugenschaftlichen Einvernahmen der beteiligten Polizeibeamten klar zum Ausdruck gebracht wurde, dass das Fahrzeug bereits vor 04:00 Uhr im Bereich des gegenständlichen Kreisverkehrs vorgefunden wurde. Demnach scheidet jedenfalls eine Tatzeit "04:20 Uhr" aus. Realistischerweise kann die Berufungswerberin daher im Falle, dass die Tatvorwürfe sonst zutreffen würden, nur in der Zeit zwischen 03:25 Uhr (nach dem erstmaligen Passieren des Kreisverkehrs durch die Meldungsleger) und 03.57 Uhr (Anzeige durch den Taxilenker) gelenkt bzw. den Unfall verursacht haben. Bezogen auf den frühest möglichen Zeitpunkt nach dem erstmaligen Passieren des Kreisverkehrs durch die Meldungsleger rechnet sich eine höchstmögliche Differenz zur tatsächlich vorgeworfenen Tatzeit um 04:20 Uhr im Ausmaß von 55 Minuten.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erachtet, dass der vorliegende konkrete Tatvorwurf bezogen auf die Tatzeit nicht entsprechend der Bestimmung des § 44a Z1 VStG konkretisiert ist, zumal durch die offensichtlich nicht richtige Tatzeit im Tatvorwurf objektiv gesehen die Beschuldigte nicht in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten bzw. kann insbesondere unter Berücksichtigung der vorliegenden Sachverhaltskonstellation nicht ausgeschlossen werden, dass die Berufungswerberin wegen desselben Verhaltens mehrfach zur Verantwortung gezogen werden könnte. Es liegt demnach bezogen auf das wesentliche Tatbestandsmerkmal der Tatzeit ein qualifizierter Spruchmangel vor und es ist der Berufungsbehörde im Hinblick auf die bereits eingetretene sechsmonatige Verfolgungsverjährung nicht mehr gestattet, hier eine Sanierung vorzunehmen.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen.

 

In Anbetracht der festgestellten Verfolgungsverjährung war daher in Stattgebung der Berufung das angefochtene Straferkenntnis zu beheben, von der Fortführung des Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen.

 

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

 

                                                        Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

                                                                    Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

                                                                Mag. K i s c h

                                                                                                                                                      

 

Beschlagwortung:

Lenken einer KFZ-Tatzeitabweichung von 55 Minuten nicht mehr akzeptabel.

 

 

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