Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-720156/8/SR/Ri

Linz, 03.04.2007

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Berufung des B D D, geboren am, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. R G, Dr. J K, Mag. H P und Mag. H L, Mstraße, L, gegen den Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom 31. Jänner 2007, AZ: Fr-86.810, wegen Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 23. März 2007, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

Rechtsgrundlage:

§ 86 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 99/2006) iVm §§ 63 ff Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Bescheid des Polizeidirektors der Landeshauptstadt Linz vom 31. Jänner 2007, Zl. FR-86.810, wurde über den Berufungswerber B D D, geb. am, polnischer Staatsangehöriger (im Folgenden: Bw), ein auf 10 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich erlassen.

 

In der Begründung hat die Behörde erster Instanz klar und übersichtlich den bisherigen Werdegang des Bw, seine gerichtlichen Verurteilungen und das familiäre und soziale Umfeld dargelegt. Auf Grund des festgestellten Sachverhaltes hat die belangte Behörde den Schluss gezogen, dass das persönliche kriminelle Verhalten des Bw eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstelle, die ein Grundinteresse der österreichischen Gesellschaft berühre.

 

Die belangte Behörde hat das vom Bw ausgehende Gefährdungspotential dargelegt, Ausführungen zur familiären und sozialen Integration getätigt und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die Erlassung des beabsichtigten Aufenthaltsverbotes in wesentlicher Form in das Privat- bzw. das Familienleben des Bw eingreife. Nach Abwägung sämtlicher Umstände gelangte die belangte Behörde zu einer negativen Zukunftsprognose und erachtete die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes als schwerwiegender als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Bw.

 

2. Gegen diesen Bescheid, der den Rechtsvertretern des Bw am 7. Februar 2007 zugestellt worden war, erhob der Bw durch rechtsfreundliche Vertretung innerhalb offener Frist Berufung. Darin wird ua der Antrag gestellt, den gegenständlichen Bescheid aufzuheben und eine mündliche Berufungsverhandlung durchzuführen.

 

Die im angefochtenen Bescheid aufgelisteten Straftaten werden nicht bestritten. Erläuternd wird dazu ausgeführt, dass diese nicht in nüchternem Zustand begangen wurden, sondern dass der Bw jedes Mal unter Alkoholeinfluss gestanden habe.

 

Einleitend bringt der Bw vor, dass im Hinblick auf die §§ 10 und 11 des Staatsbürgerschaftsgesetzes ein Aufenthaltsverbot nicht erlassen hätte werden dürfen. Weiters würde auch die Interessensabwägung des § 66 Abs. 2 FPG zu seinen Gunsten ausfallen, da er als Familienvater für seine teilinvalide Gattin und für die nicht selbst erhaltungsfähige 11-jährige Tochter S zu sorgen habe. Er sei seit Juni 1994 bis zuletzt in Österreich erwerbstätig gewesen, habe in Österreich die Lehrabschlussprüfung abgelegt und könne mehrere positive Dienstzeugnisse von Arbeitgebern vorlegen. Darüber hinaus beherrsche er die deutsche Sprache in Wort und Schrift und habe in Polen keine Angehörigen mehr. Die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes würde seine Familie schwer treffen, er könne für den Lebensunterhalt seiner Familie nicht mehr sorgen und die Tochter würde ihren Vater verlieren. Das Aufenthaltsverbot wäre somit ein unzumutbarer Eingriff in sein Familienleben.

 

Seine Gattin stünde nach wie vor zu ihm und er sei sich bewusst, dass er sein Alkoholproblem in den Griff bekommen müsse. Jedenfalls beantrage er zum Beweise seines Vorbringens die Einvernahme seiner Gattin.

 

Wie die Erstbehörde richtig erkannt habe, seien strafrechtliche Verurteilungen allein kein hinreichender Grund für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen einen freizügigkeitsberechtigten EWR-Bürger. Dieses sei nur dann zulässig, wenn die öffentliche Ordnung oder Sicherheit nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Vor der Verurteilung im Oktober 2006 habe er jedoch nur kurze Zeit das Haftübel zu verspüren gehabt. Nunmehr befinde er sich seit einigen Monaten in Haft und verbüße sämtliche ihm auferlegte Freiheitsstrafen. Dadurch komme es auch zu einem natürlichen Alkoholentzug, der die Wurzel seiner persönlichen Misere darstelle.

 

Zusammenfassend kommt der Bw zum Ergebnis, dass die Dauer seines bisherigen Aufenthaltes im Bundesgebiet und das große Ausmaß der Integration sowie die bestehende Intensität der familiären Bindungen dafür spreche, dass von einem Aufenthaltsverbot Abstand genommen werden müsse.

 

3. Mit Schreiben vom 22. Februar 2007 legte die belangte Behörde den gegenständlichen Verwaltungsakt vor. Ergänzend wurde am 19. März 2007 eine Urteilsausfertigung des Landesgerichtes Wels (Urteil vom 17. Juni 2004) nachgereicht.

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bundespolizeidirektion Linz zu AZ.: FB-86.810 sowie im Wege der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 23. März 2007, zu der als Parteien der Rechtsvertreter des Bw, ADir P als Vertreter der belangten Behörde, sowie die Gattin des Bw als Zeugin erschienen sind.

 

3.2. Im Zuge der Beweisaufnahme wurde folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:

 

3.2.1. Der aus Polen stammende Bw, ein EWR-Bürger, hält sich seit Dezember 1993 beinahe durchgehend rechtmäßig in Österreich auf.

 

Am 28. Dezember 1993 hat er die österreichische Staatsangehörige J D geheiratet (Heiratsurkunde, ausgestellt vom Standesamt Linz am 28. Dezember 1993, Nummer der Eintragung 988/1993). Der gemeinsamen Ehe entstammt die am 18. Mai 1995 geborene Tochter S D.

 

Der Bw war, abgesehen von kurzfristigen Unterbrechungen, seit Anfang 1994 durchgehend beschäftigt. Diverse Arbeitgeber haben den Bw als zuverlässigen, freundlichen und sehr engagierten Mitarbeiter beschrieben, der in jedem Arbeitsbereich die ihm gestellten Aufgaben stets gewissenhaft und zur vollsten Zufriedenheit ausgeführt hat.

 

Am 19. Februar 1998 hat der Bw die Lehrabschlussprüfung im Lehrberuf Schlosser bestanden.

 

3.2.2. Im Zeitraum zwischen 1998 und 2002 hat der Bw mehrere schwerwiegende Verwaltungsübertretungen (beispielsweise § 5 Abs.1 und § 5 Abs. 2 StVO) begangen.

 

Im Vorlageakt scheinen folgende Verurteilungen auf:

 

a) Mit dem Urteil des Landesgerichtes Linz vom 28.2.2003, 24 Hv 1080/2001f (rechtskräftig seit dem 28. Februar 2003) wurde der Bw wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 128 Abs.1 Ziff.4, 129 Ziff. 1 und 2, 130 4.Fall und § 15 Abs.1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 23 Monaten verurteilt. Die Freiheitsstrafe im Ausmaß von 18 Monaten wurde bedingt nachgesehen und eine Probezeit von 3 Jahren vorgesehen.

 

Mit Beschluss des Landesgerichtes Linz vom 22. Februar 2005, 22 Hv 186/2004z, wurde der bedingt nachgesehene Teil der Freiheitsstrafe widerrufen.

 

Der Bw wurde für schuldig erkannt im Zeitraum Dezember 2000 bis Jänner 2001 in insgesamt 10 Fällen fremde bewegliche Sachen in einem 25.000 Schilling übersteigenden Wert, nämlich 271.046 Schilling mit dem Vorsatz weggenommen bzw. wegzunehmen versucht zu haben, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei die Diebstähle in bewusstem und gewollten Zusammenwirken durch teils versuchten, teils vollendeten Einbruch in der Absicht begangen worden sind, sich durch wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahmequelle zu verschaffen.

 

In der Urteilsbegründung wird ausgeführt, dass der Bw die strafbaren Handlungen gewerbsmäßig begangen habe.

 

Bei der Strafbemessung wurden die Unbescholtenheit, das reumütige und umfassende Geständnis, sowie der Umstand gewertet, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist. Erschwerend wurde die Tatwiederholung und der hohe Schaden gewertet.

 

b) Mit Urteil des Landesgerichtes Linz vom 8. Juli 2003, 22 Hv 772003v, (rechtskräftig seit dem 16. Dezember 2003), wurde der Bw wegen des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 15, 127 und 129 Ziff. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 5 Monaten, bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren, verurteilt.

 

Der Bw wurde für schuldig erkannt, in der Nacht vom 22. auf 23. April 2003 fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz wegzunehmen versucht zu haben, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei er den Diebstahl beging, indem er mit einem unbekannten Gegenstand in ein Transportmittel, nämlich verschiedene PKW's, einzubrechen versuchte.

 

Bei der Strafbemessung wurde mildernd gewertet, dass es beim Versuch geblieben ist, erschwerend wurde die einschlägige Verurteilung und die mehrfache Tatwiederholung gewertet.

 

c) Mit Urteil des Landesgerichtes Wels vom 17. Juni 2004, Zl. 13 Hv 78/2004f (rechtskräftig seit dem 20. Jänner 2005) wurde der Bw wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 129 Z1 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 6 Monaten verurteilt.

 

Der Bw wurde für schuldig erkannt Anfang des Jahres 2004 in Pucking, teils alleine, teils in bewusstem und gewollten Zusammenwirken als Mittäter fremde bewegliche Sachen in unbekanntem Wert mit dem Vorsatz sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, weggenommen zu haben.

 

Bei der Strafbemessung wurde ein Umstand mildernd gewertet. Erschwerend haben sich zwei einschlägige Vorstrafen ausgewirkt.

 

d) Mit Urteil des Landesgerichtes Linz vom 22. Februar 2005, 22 Hv 186/2004z (rechtskräftig seit dem 26. Februar 2005) wurde der Bw wegen des Verbrechens des Diebstahls nach § 127 zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 2 Monaten verurteilt.

 

Der Bw wurde für schuldig erkannt, am 30. September 2004 in Linz fremde bewegliche Sachen in einem Gesamtwert von 350 Euro mit dem Vorsatz wegzunehmen versucht zu haben und sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.

 

e) Mit Urteil des Landesgerichtes Linz vom 24. Oktober 2006, 28 Hv 140/2006g (rechtskräftig seit dem 24. Oktober 2006) wurde der Bw wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 129 Ziff.1 und 15 Abs.1 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 7 Monaten verurteilt.

 

Der Bw wurde für schuldig erkannt, am 14. September 2006 und in der Nacht vom 14. September auf 15. September 2006 fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz weggenommen zu haben, sich durch Zueignung dieser Sachen unrechtmäßig zu bereichern.

 

Bei der Strafbemessung wurden das Geständnis, der Versuch um die Schadensgutmachung mildernd gewertet. Erschwerend haben sich mehrere einschlägige Vorstrafen und das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen ausgewirkt.

 

3.2.3. Der Bw ist der deutschen Sprache in Wort und Schrift mächtig. Das Familienleben ist intakt und wird von der Ehegattin als gut bezeichnet, ebenso besteht ein enger Kontakt zu der in der ehelichen Wohnung lebenden Tochter. In Polen hat der Bw keine Verwandten mehr.

 

Die seit 1998 bestehenden Alkoholprobleme haben nicht zur Zerrüttung der Ehe geführt. Sowohl die Ehegattin als auch die Tochter sind nach wie vor bestrebt, den Bw dabei zu unterstützen seine Alkoholprobleme in den Griff zu bekommen. Die noch voraussichtlich bis Februar 2008 andauernde Strafhaft trägt zur Alkoholentwöhnung wesentlich bei.

 

Durch das schwebende Aufenthaltsverbotsverfahren wird besonders die Tochter des Bw psychisch schwer belastet und aus diesem Grund haben sich ihre schulischen Leistungen wesentlich verschlechtert.

 

Die Ehegattin des Bw hat im Jahre 1998 eine Verletzung im Bereich des rechten Handgelenkes erlitten. Sie ist seither als teilinvalid zu betrachten, da sie mit der rechten Hand keine feinmotorischen Tätigkeiten vornehmen kann. Bedingt durch die Nachwirkungen dieser Verletzung war die Ehegattin des Bw nur eingeschränkt am Arbeitsmarkt vermittelbar und verfügt derzeit über ein monatliches Einkommen, das unter 1000 Euro liegt. Während der Zeiten der Strafhaft bedarf die Ehegattin des Bw staatlicher Unterstützung um die lebensnotwendigen Bedürfnisse für sich und ihre Tochter befriedigen zu können.

 

Am 29. September 2003 wurde der Bw niederschriftlich einvernommen und ihm dabei mitgeteilt, dass die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes für die Dauer von 5 Jahren beabsichtigt sei. Der Grund für die Einleitung des fremdenpolizeilichen Verfahrens  lag im strafrechtlichen Verhalten des Bw.

 

Trotz Kenntnis dieses Verfahrens hat der Bw anfangs 2004 wiederum strafrechtliche Verfehlungen gesetzt.

 

Im Hinblick weiterer strafrechtlicher Verurteilungen wurde dem Bw mit Schreiben vom 5. September 2006 mitgeteilt, dass die belangte Behörde beabsichtige, ein 10‑jähriges Aufenthaltsverbot zu erlassen. In Kenntnis der beabsichtigten Vorgangsweise hat der Bw am 4. September 2006 und in der Nacht vom 14. auf den 15. September 2006 unter Alkoholeinwirkung wiederum ein einschlägig strafrechtliches Verhalten gesetzt.

 

Der Bw befindet sich noch voraussichtlich bis Februar 2008 in Strafhaft.

 

3.3. Der festgestellte Sachverhalt ergibt  sich aus der Aktenlage und der  insoweit übereinstimmenden Aussage der in der öffentlichen Verhandlung vernommenen Zeugin. Auf Grund der Ergebnisse der Aktenlage und des Beweisverfahrens verzichteten die Parteien auf die Einvernahme des Bw.

 

Der festgestellte Sachverhalt ist unbestritten. Die als Zeugin vernommene Ehegattin des Bw hat das soziale Umfeld und seine Integration, sowie die Auswirkungen im Falle der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes glaubwürdig und überzeugend geschildert.

 

4. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 86 Abs. 1 FPG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen freizügigkeitsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige dann zulässig, wenn aufgrund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.

 

4.2. Beim Bw handelt es sich um einen polnischen Staatsangehörigen.  

 

§ 86 FPG enthält Sonderbestimmungen für den Entzug der Aufenthaltsberechtigung betreffend freizügigkeitsberechtigte EWR-Bürger. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Rechtslage vor dem 1. Jänner 2006 durfte gegen einen EWR-Bürger oder begünstigten Drittstaatsangehörigen ein Aufenthaltsverbot nämlich nur erlassen werden, wenn die Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 Z 1 FrG erfüllt waren. Dabei war § 36 Abs. 2 FrG als "Orientierungsmaßstab" heranzuziehen (vgl. Verwaltungsgerichtshof vom 13. Oktober 2000, 2000/18/0013).

 

Demgemäß sind auch die §§ 60 ff FPG als bloßer Orientierungsmaßstab für § 86 FPG anzusehen. Die belangte Behörde hat sich bei der Verhängung des Aufenthaltsverbotes an § 60 Abs. 1 und Abs. 2 FPG orientiert. 

 

Gemäß § 60 Abs. 1 Z 1 FPG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Aufenthalt die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährdet.

 

Als bestimmte Tatsache im Sinne des Absatz 1 gilt gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 leg. cit. insbesondere, wenn ein Fremder von einem inländischen Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als 3 Monaten, zu einer teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe, zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als 6 Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist.

 

Nach § 60 Abs. 3 leg. cit.  liegt eine gemäß Abs. 2 maßgebliche Verurteilung nicht vor, wenn sie bereits getilgt ist. Eine solche Verurteilung liegt jedoch vor, wenn sie durch ein ausländisches Gericht erfolgte und den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht.

 

§ 73 StGB bestimmt für den Fall, dass das Gesetz nicht ausdrücklich auf die Verurteilung durch ein inländisches Gericht abstellt, dass ausländische Verurteilungen inländischen gleichstehen, wenn sie den Rechtsbrecher wegen einer Tat schuldig sprechen, die auch nach österreichischem Recht gerichtlich strafbar ist, und in einem den Grundsätzen des Art. VI der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, entsprechenden Verfahren ergangen sind.

 

Würde nach § 60 Abs. 6 iVm § 66 Abs. 1 FPG durch ein Aufenthaltsverbot in das Privat- und Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist ein solcher Entzug der Aufenthaltsberechtigung nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten genannten Ziele dringend geboten ist.

 

Nach § 60 Abs. 6 iVm § 66 Abs. 2 leg.cit. darf ein Aufenthaltsverbot nicht erlassen werden, wenn die Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung. Bei dieser Abwägung ist insbesondere auf folgende Umstände Bedacht zu nehmen:

1.         die Dauer des Aufenthaltes und das Ausmaß der Integration des Fremden und  seiner Familienangehörigen

2.         die Intensität der familiären oder sonstigen Bindungen.

 

4.3.1. Da der Bw als polnischer Staatsbürger auch EWR-Bürger ist, war auf § 86 FPG abzustellen und zunächst zu prüfen, ob das persönliche Verhalten des Bw eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt.

 

Die Erläuterungen zu § 86 FPG (22 GP, RV 952, 106)  verweisen auf die Art. 27
Abs. 2 und Art. 28 Abs. 3 Z. a der Richtlinie 2004/38/EG und die Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 27.10.1977, Rs 30/77 – Fall Bouchereau).

 

Zur Beurteilung der Frage, ob ein bestimmter Sachverhalt die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen einen EWR-Bürger oder begünstigten Drittstaatsangehörigen  rechtfertigt, ist auf die demonstrative Aufzählung des § 60 Abs. 2 FPG nur als „Orientierungshilfe“ zurückzugreifen. Entgegenstehende europarechtliche Vorgaben sind dabei jedenfalls zu beachten.

 

Wie unter Punkt 3.2.2. ausführlich dargelegt, wurde der Bw wegen  Verbrechen und Vergehen nach dem Strafgesetzbuch, die auf der gleichen schädlichen Neigung beruhten, rechtskräftig zu mehreren bedingten und unbedingten Freiheitsstrafen (davon zumindest eine mehr als sechs Monate) verurteilt.

 

Würde § 63 Abs. 1 FPG unmittelbar Anwendung finden, wäre sogar die Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes zulässig.

 

4.3.2. Für den Oö. Verwaltungssenat steht zunächst zweifelsfrei fest, dass das Verhalten des Bw grundsätzlich ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt.

 

4.3.2.1. Der EuGH hat im Urteil vom 27. Oktober 1977, Rs 30/77, ausgeführt, dass jede Gesetzesverletzung eine Störung der öffentlichen Ordnung darstellt. Neben dieser Störung der öffentlichen Ordnung muss nach Ansicht des Gerichtshofes jedenfalls eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung vorliegen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Frühere strafrechtliche Verurteilungen dürfen nur insoweit berücksichtigt werden, als die ihnen zugrunde liegenden Umstände  ein persönliches Verhalten erkennen lassen, das eine gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung darstellt. Wenn auch in der Regel die Feststellung einer derartigen Gefährdung eine Neigung des Betroffenen nahelegt, dieses Verhalten in Zukunft beizubehalten, so ist es doch auch möglich, dass schon allein das vergangene Verhalten den Tatbestand einer solchen Gefährdung der öffentlichen Ordnung erfüllt. Es obliegt den nationalen Behörden und gegebenenfalls den nationalen Gerichten, diese Frage in jedem Einzelfall zu beurteilen, wobei sie die besondere Rechtstellung der dem Gemeinschaftsrecht unterliegenden Personen und die entscheidende Bedeutung des Grundsatzes der Freizügigkeit zu berücksichtigen haben.

 

Im konkreten Fall handelt es sich auch nicht um ein bloß sonstiges öffentliches Interesse, sondern tatsächlich um ein Grundinteresse der Gesellschaft. Die Straftaten des Bw wurden in den Urteilen des LG Linz und im Urteil des LG Wels als Verbrechen eingestuft und die Gerichte haben unter anderem die rasche Rückfallneigung des Bw als erschwerend gewertet. 

 

Wie ein roter Faden ziehen sich die Alkoholprobleme des Bw durch den zu beurteilenden relevanten Sachverhalt. Auslöser für diese Probleme dürften die Verschuldung des Bw (Wohnungskredit, Autokauf auf Leasing) und der damalige Freundeskreis gewesen sein. Da der Bw nur ansatzweise versucht hat, die Alkoholabhängigkeit in Griff zu bekommen, musste er, wie auch den Angaben seiner Ehegattin zu entnehmen ist, damit scheitern.

 

In der überwiegenden Zeit seines legalen Aufenthaltes in Österreich hat sich der Bw sozial verträglich verhalten und gute familiäre Beziehungen gepflegt.

 

Zu Beginn der Alkoholprobleme im Jahr 1998 hat der Bw vorerst einige schwerwiegende Verwaltungsübertretungen begangen und in der Folge mehrmals ein strafrechtlich relevantes Verhalten gesetzt, dass zu fünf rechtskräftigen Verurteilungen geführt hat. Abgesehen von der Serie von Einbruchsdiebstählen Ende 2000 / Anfang 2001 stellten die Einbruchsdiebstähle in den Jahren 2003, 2004 und 2006 jeweils nur Einzeltaten dar. Insgesamt hat sich die kriminelle Energie ausschließlich gegen fremde Sachen und nicht gegen Personen gerichtet. Diese Angriffe wurden vom Bw - laut unwidersprochen gebliebenem Vorbringen in der mündlichen Verhandlung - immer unter Alkoholeinfluss gesetzt.

 

Trotz der sich über die Jahre hin abschwächenden kriminellen Energie verhängten die zuständigen Gerichte wegen der einschlägigen Vorstrafen zuletzt unbedingte Freiheitsstrafen. Weder die bedingten Freiheitsstrafen noch das bereits 2003 eingeleitete Aufenthaltsverbotsverfahren konnten den Bw dazu bringen, sein Alkoholproblem in den Griff zu bekommen und keine weiteren Straftaten mehr zu setzen.

 

Die nicht unerhebliche kriminelle Energie des Bw richtete sich punktuell über einen längeren Zeitraum gegen wesentliche Grundinteressen der Gesellschaft.  

 

Stellt man ausschließlich auf das bisher gesetzte strafrechtlich relevante Verhalten des Bw unter Außerachtlassung des Alkoholproblems des Bw ab, wäre der belangten Behörde zu folgen und könnte eine positive Prognose für ihn keinesfalls erstellt werden.

 

Ein allfälliges Wohlverhalten in der Haft kann grundsätzlich nicht zur Begründung einer positiven Zukunftsprognose herangezogen werden. Im gegenständlichen Verfahren wirkt sich die voraussichtlich über ein Jahr andauernde Haftstrafe auf die Prognoseentscheidung günstig aus. Da dem Bw während der Haftzeit der Genuss alkoholischer Getränke verwehrt ist, kann davon ausgegangen werden, dass der Bw quasi eine „staatlich verordnete“ Alkoholentziehungskur vornimmt. Dass der Bw zu Beginn der Haftzeit stark unter dem Alkoholentzug gelitten und die Entzugserscheinungen mittlerweile überwunden hat, konnte von seiner Ehegattin im Zuge der Befragung bei der mündlichen Berufungsverhandlung bestätigt werden.

 

Nachdem der Bw, bedingt durch die Strafhaft, erstmals einem längerfristigen Alkoholentzug unterworfen ist, er im Anschluss an die Strafhaft wohlwollend im Kreis der Familie aufgenommen worden und aufgrund seiner bisherigen zufrieden stellenden beruflichen  Arbeitsleistungen damit zu rechnen ist, dass er sich wieder in den Arbeitsprozess eingliedern kann, erscheint für den Fall einer künftigen Alkoholabstinenz eine positive Zukunftsprognose vertretbar.

 

4.3.2.2. Selbst wenn man der belangten Behörde folgend nur auf sein bisheriges gravierendes Fehlverhalten abstellt und  einen allfälligen weiteren Aufenthalt des Bw im Bundesgebiet für eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit, die das Grundinteresse der Gesellschaft an der Verhinderung von Eigentumsdelikten berührt, ansieht, könnte im Hinblick auf die Judikatur des EGMR angesichts der Umstände des vorliegenden speziellen Falles eine Interessensabwägung zu Lasten des Bw nicht vorgenommen werden. 

 

Nach Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, soweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist, ferner eine Maßnahme darstellt, die einem oder mehreren der in Art. 8 Abs. 2 EMRK formulierten Ziele (die nationale Sicherheit, die öffentliche Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung, die Verhinderung von strafbaren Handlungen, der Schutz der Gesundheit und der Moral und der Schutz der Rechte und Freiheiten anderer) dient und hierfür in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist.

 

Unstrittig liegt im vorliegenden Fall ein Eingriff vor. Der Eingriff verletzt den Schutzanspruch aus Art 8 Abs. 1 EMRK jedenfalls dann, wenn er zur Verfolgung der genannten Ziele in einer demokratischen Gesellschaft nicht notwendig ist, d.h. wenn er nicht durch ein dringendes soziales Bedürfnis gerechtfertigt und insbesondere nicht verhältnismäßig zum verfolgten legitimen Ziel ist.

 

Ein Eingriff in das durch Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützte Recht ist nicht bereits dann notwendig, wenn die innerstaatliche Norm ihn gebieten oder erlauben und er einem der in Art. 8 Abs. 2 EMRK formulierten Ziel dient. Entscheidend ist, ob er auch verhältnismäßig zum verfolgten Eingriffsziel ist. Davon ist nur auszugehen, wenn Gewicht und Bedeutung des Eingriffziels Gewicht und Bedeutung des durch Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützten Schutzanspruchs überwiegt. Bei der Abwägung sind laut EGMR (Benhebba, Urteil vom 10.7.2003, Bsw.Nr. 53441/99; Üner, Urteil vom 5.7.2005, Bsw.Nr. 46410/99) jedenfalls folgende Aspekte zu berücksichtigen, zu gewichten und gegeneinander abzuwägen:

 

·                    Dauer des Aufenthaltes

·                    Beherrschung der Sprache des Aufenthaltsstaates in Wort und Schrift

·                    Wohnverhältnisse

·                    wirtschaftliche Integration

·                    soziale Kontakte und Bindungen, Alter der Kinder

·                    Antrag auf Verleihung der Staatsbürgerschaft

·                    Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes

·                    Bindungen an den Staat der eigenen Staatsangehörigkeit

·                    Straftaten

                        *          Natur und Schwere der Straftaten

                        *          Dauer des Zeitraums zwischen Begehung der Straftat und der                                   aufenthaltsbeendenden Maßnahme und das Verhalten des                                         Fremden während dieser Zeit

                        *          Dauer des Aufenthaltes im Aufenthaltsstaat

                        *          Staatsangehörigkeit der betroffenen Personen (Ehegatte, Kinder)

                        *          Schwierigkeiten, welche für den Ehepartner und/oder Kinder im

                                   Herkunftsstaat des Fremden zu erwarten sind

 

Ein wesentliches Element für die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit des zu erlassenden Aufenthaltsverbotes ist die Schwere der vom Bw begangenen Straftaten.

 

Der Bw wurde in den Jahren 2000 bis 2006 fünfmal wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten schweren und teils gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach dem Strafgesetzbuch (StGB) verurteilt. Obwohl sich die beiden ersten Verurteilungen auf schwerwiegendere Rechtsverstöße (abgestellt auf die Dauer und den Umfang der Tathandlungen) bezogen haben, wurden lediglich bedingte bzw. teilbedingte Strafen ausgesprochen. Aufgrund der Vorstrafen wurden bei den folgenden Verurteilungen unbedingte Strafen (6 Monate, 2 Monate und 7 Monate Freiheitsstrafe) verhängt. Seine kriminelle Energie richtete sich ausschließlich gegen Sachen. Soweit aus der Aktenlage und dem Beweisverfahren erschließbar, war bei der Tatbegehung die Hemmschwelle des Bw durch Alkoholkonsum herabgesetzt.  

 

Der EGMR hat sich in zahlreichen Urteilen (Boultif, Urteil vom 2.8.2001, Bsw.Nr. 54273/00; Baghli, Urteil vom 30.11.1999, Bsw.Nr. 34374/97) mit der Verhältnismäßigkeit derartiger Eingriffe auseinandergesetzt.

 

Im Urteil vom 6.2.2003, Bsw.Nr. 36757, Jakupovic, war der EGMR der Ansicht, dass "zwei Verurteilungen wegen Einbruchsdiebstahl nicht als besonders schwerwiegend beurteilt werden können, da die Straftaten keine gewaltsamen Elemente beinhalten" würden und er hat den Eingriff daher als nicht verhältnismäßig zum verfolgten Ziel beurteilt.

 

In der Beschwerde Keles (Urteil vom 27.10.2005, Bsw.Nr. 32.231/02) hat der Gerichtshof der Tatsache wesentliche Bedeutung beigemessen, dass die beiden einzigen verhängten Freiheitsstrafen nur fünf bzw. sechs Monate betragen hatten. Das Urteil gründete auf der Feststellung, dass der Beschwerdeführer in den zehn Jahren, die seiner Ausweisung vorangegangen sind, achtmal wegen Straftaten (davon viermal wegen Verkehrsdelikten) verurteilt worden war. Der Gerichtshof würdigt in diesem Zusammenhang das entschlossene Vorgehen der Behörde gegen Fremde, die sich bestimmter Delikte (wie etwa Drogenhandel) schuldigt gemacht haben. Die dem Sachverhalt zugrunde liegenden Straftaten würden aber nicht in diese Kategorie fallen.

 

Betrachtet man, abgesehen von der Schwere der vorliegenden Straftaten, die zeitlichen Abstände zwischen den einzelnen Taten, ist erkennbar, dass die Intensität der Angriffe gegen die Rechtsordnung abgenommen und der zeitliche Abstand zwischen den Straftaten wesentlich größer geworden ist (Tathandlung, die der vierten Verurteilung zugrunde gelegen ist: 30. September 2004; folgende und letzte Tathandlung: 14. September 2006). Bedenklich stimmt in diesem Zusammenhang, dass der Bw kurz nach Kenntnisnahme des eingeleiteten fremdenpolizeilichen Verfahrens zu Erlassung eines zehnjährigen Aufenthaltsverbotes wiederum einschlägig straffällig geworden ist und die Tatbegehung teilweise auf sein Alkoholproblem zurückzuführen war. 

 

Selbst wenn man die Straftaten als relativ schwer (im Gegensatz zu: besonders schwer) ansieht, müssten weitere Kriterien erfüllt sein, um den Eingriff in das Privat- und Familienleben des Bw rechtfertigen zu können.

 

Wie bereits festgestellt hält sich der Bw seit 1993 legal in Österreich auf, ging beinahe durchgehend einer legalen Beschäftigung nach und ist seit Dezember 1993 mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet. Der Ehe entstammt die gemeinsame zwölfjährige  Tochter. Aufgrund einer Freizeitverletzung im Jahre 1999 ist die Ehegattin des Bw teilinvalid und nur eingeschränkt am Arbeitsmarkt vermittelbar. Die monatlichen Einkünfte der Ehegattin bewegen sich unter 1.000 Euro. Sowohl die Tochter als auch die Ehegattin leiden unter den Auswirkungen der Strafverbüßung des Bw und der Ungewissheit über den Ausgang des fremdenpolizeilichen Verfahrens. Laut Angaben der Ehegattin des Bw haben sich dadurch die schulischen Leistungen der Tochter wesentlich verschlechtert und sind beide erheblich psychisch belastet.  

 

Neben der Beherrschung der deutschen Sprache in Wort und Schrift ist der Bw als wirtschaftlich und sozial integriert zu betrachten und hat seit Jahren keinerlei Kontakte mehr zu Polen. Im Hinblick darauf, dass seine Ehegattin und seine Tochter österreichische Staatsangehörige und der polnischen Sprache nicht mächtig sind, kann ihnen auch eine Übersiedelung nach Polen nicht zugemutet werden.

 

In Anbetracht der geschilderten - besonderen - Umstände diese Falles und der einschlägigen Judikatur des EGMR (neben den bereits zitierten Urteilen siehe auch: Berrehab, Urteil vom 21.6.1988, Bsw.Nr. 10730/84; Moustaquim, Urteil vom 18.2.1991, Bsw.Nr. 12313/86; Yildiz, Urteil vom 31.7.2002, Bsw.Nr. 37295/97; Mokrani, Urteil vom 15.7.2003, Bsw.Nr. 53306/99), der Art der vom Bw begangenen Straftaten, der Dauer seines rechtmäßigen Aufenthaltes, der nunmehrigen Stellung als Unionsbürger, der Unterstützungsbedürftigkeit seiner Ehegattin und seiner Tochter, der eingeschränkten Erwerbsfähigkeit der Ehegattin und dem durch die Strafhaft bedingten Alkoholentzug kann aufgrund der positiven Zukunftsprognose und der schwerer wiegenden Auswirkungen auf seine Lebenssituation und die seiner Familie ein Aufenthaltsverbot derzeit nicht erlassen werden.    

 

 4.4. Der gegenständlichen Berufung war stattzugeben und der angefochtene Bescheid zu beheben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweise:

 

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2. Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro (Eingabegebühr) angefallen; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

Mag. Stierschneider                                       

 

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