Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-150488/9/Lg/Hue

Linz, 10.04.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 27. März 2007 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung der M H, 40 T, E, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. H und Dr. J B, 40 L, A, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 22. August 2006, Zl. BauR96-667-2004/Stu, wegen einer Übertretung des Bundes­straßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG) zu Recht erkannt:

 

 

I.                    Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt. Der Adressat des angefochtenen Straferkenntnisses ist dahingehend zu korrigieren, dass er auf M H zu lauten hat.

 

II.                  Die Berufungswerberin hat zusätzlich zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in der Höhe von  80 Euro zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu  I.:  § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 24, 16 Abs. 2, 19 VStG.

Zu II.:  §§ 64ff VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über die Berufungswerberin (Bw) eine Geldstrafe von 400 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 34 Stunden verhängt, weil sie es als Lenkerin des Kfz mit dem polizeilichen Kennzeichen         LL zu vertreten habe, dass sie am 5. Juni 2004 um 15.02 Uhr die mautpflichtige A, Höhe ca. km 17, Raststation A in Fahrtrichtung W benützt habe, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß durch Anbringen einer Mautvignette am Kfz entrichtet zu haben.

 

In der Berufung wird dagegen im Wesentlichen vorgebracht, dass von der belangten Behörde das Zahlscheinduplikat (gemeint wohl: Ersatzmautangebot), welches angeblich am Kfz angebracht worden sei, entgegen eines entsprechenden Antrages anlässlich einer Kommission am 6. Dezember 2005 nicht beigeschafft wurde. Falls kein Zahlschein am Kfz angebracht worden sein sollte, hätte man der Bw nachträglich diese Möglichkeit einräumen müssen. Es werde eingeräumt, dass am Kfz keine Vignette angebracht gewesen sei. Die Bw habe sich in einem nicht vorwerfbaren Irrtum befunden, da sie in dem Glauben gewesen sei, dass der gegenständliche Parkplatz nicht der Mautpflicht unterliege. Sinn und Zweck des BStMG sei es wohl vorrangig, die Benützer einer Autobahn an den Kosten der Erhaltung derselben zu beteiligen. Da lediglich ein Parkplatz benützt worden sei, sei der Unrechtsgehalt hier wesentlich geringer. Eine Kenntnis der Bestimmung des § 3 BStG sei der Bw nicht zumutbar. Infolge des bisher unbescholtenen Lebenswandels der Bw und des als gering zu wertenden Verschuldens hätte mit der Anwendung des § 21 oder zumindest des § 20 VStG das Auslangen gefunden werden können.

 

Beantragt wird die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu die Anwendung des § 21 VstG, in eventu die Anwendung des § 21 (gemeint wohl: § 20) VStG nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung.

 

Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der Ö/A vom 9. August 2004 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Demnach sei am Kfz keine gültige Mautvignette angebracht gewesen. Gem. § 19 Abs. 3 BStMG sei am Kfz ein Ersatzmautangebot hinterlassen, diesem Angebot jedoch nicht entsprochen worden.

 

Nach Strafverfügung vom 9. September 2004 bestritt die Bw, die zur Last gelegte Verwaltungsübertretung begangen zu haben.

 

Einer zusätzlichen Stellungnahme der A vom 14. November 2005 ist die Wiedergabe des Anzeigeninhaltes bzw. der Rechtslage zu entnehmen.

 

Eine weitere Stellungnahme der Bw ist – trotz eingeräumter Möglichkeit – im Verfahrensakt nicht enthalten.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

Auf Anforderung wurde dem Unabhängigen Verwaltungssenat von der A am 9. Oktober 2006 eine Kopie des am Kfz hinterlassenen Ersatzmautangebotes übermittelt.

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung brachte die Bw nach Einschau in die Kopie des Ersatzmautangebotes vor, dass sie sich sicher sei, kein Ersatzmautangebot erhalten zu haben, da sie ansonsten diesen Betrag bezahlt hätte. Die Ordnungsgemäßheit der Beschilderung des gegenständlichen Parkplatzes zur Tatzeit werde nicht in Streit gezogen. Verschulden liege nicht vor, da der Bw die Mautpflicht des gegenständlichen Parkplatzes nicht bekannt gewesen sei und sie deshalb auch nicht in einem gebotenen Maß auf die Beschilderung geachtet habe. In der Familie der Bw seien zwei Kfz vorhanden, wobei eines über eine Vignette verfüge. Sie habe damals als Teilnehmerin einer Fahrgemeinschaft mit Herrn Mag. L zu einer Wanderung das Kfz, auf welchem keine Mautvignette angebracht gewesen sei, auf dem Parkplatz abgestellt.

 

Beantragt wurde mangels Verschulden der Bw die Einstellung des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu die Anwendung der §§ 20 oder 21 VStG wegen des geringen Verschuldens.

 

Eine Bestätigung von Herrn Mag. L, dass die Bw am Tattag mit ihm zu dieser Wanderung gefahren sei, wurde zum Akt genommen.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

5.1. Gemäß § 10 Abs. 1 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 t beträgt, der zeitabhängigen Maut.

 

Gemäß § 11 Abs. 1 BStMG ist die zeitabhängige Maut vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.

 

Gemäß § 20 Abs. 1 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 400 Euro bis 4.000 Euro zu bestrafen.

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 300 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).

Kann wegen einer von einem Organ der öffentlichen Aufsicht dienstlich wahrgenommene Verwaltungsübertretung gem. § 20 Abs. 1 keine bestimmte Person beanstandet werden, so ist nach Möglichkeit am Fahrzeug eine schriftliche Aufforderung zur Zahlung der  Ersatzmaut zu hinterlassen. Die Aufforderung hat eine Identifikationsnummer und eine Kontonummer zu enthalten. Ihr wird entsprochen, wenn die Ersatzmaut binnen zwei Wochen ab Hinterlassung der Aufforderung dem angegebenen Konto gutgeschrieben wird und der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer enthält (Abs. 3).

 

Gemäß § 3 Bundesstraßengesetz 1971 gelten u.a. Parkflächen als Bestandteile der Bundesstraße.

 

5.2. Unbestritten ist, dass die Bw gegenständlich die Lenkerin war, der gegenständliche Parkplatz mautpflichtig ist und am Kfz zum Zeitpunkt der Kontrolle – mithin zur vorgeworfenen Tatzeit – keine Mautvignette angebracht war.

 

Die Bw behauptet, das Ersatzmautangebot (Zahlschein) an ihrem Fahrzeug nicht (mehr) vorgefunden zu haben. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht im Zweifel zugunsten der Bw davon aus, dass die Zahlungsaufforderung ohne Verschulden der Bw in Verlust geraten war, sodass diese von ihr nicht Kenntnis nehmen konnte.

 

Zu prüfen ist die (Rechts-)Frage, ob in einer solchen Situation die Bestrafung zulässig ist. Wessely, Zum Bundesstraßen-Mautgesetz 2002, ZVR 7/8 2004, S. 229ff, 232, vertritt dazu die Auffassung, dass das Risiko des Verlustes oder der Beschädigung der Aufforderung der Lenker trägt. Der Unabhängige Verwaltungssenat schließt sich dieser Auffassung an. Dies u.a. aus der Überlegung heraus, dass bei gegenteiliger Auffassung missbräuchlichen Praktiken in einem Ausmaß Tür und Tor geöffnet wäre, die die Effektivität des Gesetzes in einer diesem nicht zusinnbaren Weise unterlaufen würde. Auch ist eine "nachträgliche Einräumung der Möglichkeit zur Entrichtung der Ersatzmaut" im BStMG nicht vorgesehen.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass weder dem Fahrzeuglenker noch dem Zulassungsbesitzer das Recht auf Übermittlung einer Aufforderung zur Zahlung einer Ersatzmaut zukommt (i.d.S. klarstellend die EB, 1262 Blg. NR 22 GP, Seite 5).

 

Die Tat ist daher der Bw in objektiver – und da keine Entschuldigungs­gründe ersichtlich sind – auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Im Zweifel ist zugunsten der Bw von Fahrlässigkeit auszugehen, nämlich in dem Sinne, dass ihr die Mautpflicht des gegenständlichen Parkplatzes nicht zu Bewusstsein kam bzw. sie über die Rechtslage nicht ausreichend informiert war.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass ohnehin die gesetzliche Mindestgeldstrafe (und eine entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde. Mildernd wirkt lediglich die Unbescholtenheit. Überwiegende Milderungsgründe im Sinne des § 20 VStG sind nicht ersichtlich. Auch kann sich die (behauptete) Tatsache, dass die Bw über das niederrangige Straßennetz zugefahren sei und nicht die Autobahn i.e.S. benützen wollte, nicht strafmildernd auswirken. Die Tat bleibt auch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG gerechtfertigt wäre. Insbesondere ist der Schuldgehalt als nicht geringfügig anzusehen, da der Bw bei entsprechender Aufmerksamkeit die Mautpflicht des gegenständlichen Parkplatzes nicht entgehen hätte dürfen.

 

Im bekämpften Straferkenntnis wurde irrtümlich die Bw als M H benannt.

Dem gem. § 32 Abs. 2 VStG gegebenen Erfordernis, dass die Verfolgungshandlung (im gegenständlichen Fall: die Strafverfügung vom 9. September 2004) gegen eine "bestimmte Person" gerichtet sein muss, wird dann entsprochen, wenn eindeutig feststeht, um welche konkret (individuell) bestimmte Person es sich handelt. Diese Person muss nach dem umschriebenen Merkmal unverwechselbar erkennbar sein (vgl. VwGH 2001/03/0419 v. 25.2.2004).

Die Bezeichnung des Adressaten ist im AVG nicht ausdrücklich angeordnet, die Notwendigkeit dieser Angabe ergibt sich aber aus dem Charakter des Bescheides als individueller Rechtsnorm. Die individualisierende Bezeichnung des Adressaten ist ein konstituierendes Bescheidmerkmal; es muss erkennbar sein, an wen sich die Erledigung richtet. Diese Angabe muss nicht im Spruch erfolgen, sondern kann sich auch aus der Adressierung des Bescheides oder aus der Zustellverfügung ergeben.  Die Bezeichnung des Adressaten hat i.d.R. mit seinem natürlichen Namen zu erfolgen. Ist der Name nicht bekannt, kann der Adressat aber auch durch Angabe anderer Merkmale individualisiert werden. Die Rechtsprechung ist aber zurecht großzügig: Vergreift sich die Behörde bloß in der Bezeichnung des Adressaten, ist aber aus der Erledigung insgesamt offenkundig, wer gemeint ist, schadet die fehlerhafte Bezeichnung nicht; es handelt sich in diesem Fall um einen nach § 62 Abs. 4 AVG berichtigungsfähigen Fehler. Eine Berichtigung nach § 62 Abs. 4 AVG kommt nur bezüglich rechtskräftiger Bescheide in Betracht; solange noch ein Rechtsmittelverfahren anhängig ist, kann die Rechtsmittelbehörde aufgrund ihrer umfassenden Entscheidungsbefugnis Fehler des Bescheides ohnedies berichtigen, ohne § 62 Abs. 4 AVG heranziehen  zu müssen (vgl. Thienel, Verwaltungsverfahrensrecht, 2. Auflage, S. 212 und S. 223).

 

Demzufolge, da in der verfolgungsverjährungsunterbrechenden Strafverfügung die Bw mit korrektem Vornamen bezeichnet wurde und die Bw während des Verwaltungsstrafverfahrens nicht vorbrachte, dass es sich bei der Person, auf die sich der Tatvorwurf (im Straferkenntnis) bezog, nicht um sie, sondern um eine andere Person handeln würde und die Täterschaft nicht bestritt, konnte ein Zweifel, dass es sich bei der mit dem Vornamen "M" bezeichneten Person um die Bw handelte, nicht bestehen, zumal auch der Vertreter der Bw in der Berufung irrtümlicherweise den Vornamen Maria angegeben hat. Aus diesen Gründen war der Adressat des bekämpften Straferkenntnisses zu korrigieren.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Langeder

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum