Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150522/11/Lg/Gru

Linz, 10.04.2007

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach der am 19. März 2007 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des M C, O, 70 W, gegen das Straferkenntnis des Bezirks­haupt­mannes von Linz-Land vom 27. November 2006, Zl. BauR96-528-2004/Je, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG) zu Recht erkannt:

 

I.                    Die Berufung wird dem Grunde nach abgewiesen. Es wird jedoch von der Verhängung einer Strafe abgesehen und eine Ermahnung ausgesprochen.

 

II.                  Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu  I.: § 66 Abs. 4 AVG iVm § 21 Abs. 1 VStG.

Zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 400 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 96 Stunden verhängt, weil er am 3.5.2004 um 15.05 Uhr als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem behördlichen Kenn­zeichen BN die mautpflichtige Bundesstraße A, bei km 158.000, im Gemeindegebiet von E, benützt habe, ohne dass die für die Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes vorgeschriebene fahrleistungs­abhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet worden sei.

 

2. In der Berufung wird dagegen vorgebracht:

"Seit Einführung der kilometerabhängigen Maut haben wir jeden Kilometer bezahlt (monatlich ca. € 65.000,--) – am Anfang ist es bei verschiedenen Geräten vorgekommen, dass sie bei diversen Abschnitten nicht ordnungsgemäß die Maut abgebucht haben.

 

Wir haben mehrere Fälle in Österreich gehabt – alle sind auf Berufung eingestellt worden. Wir sind nicht gewillt, die Strafen für das Nichtfunktionieren der GO-Boxen zu bezahlen.

 

Wie bereits im September 2004 beschrieben sind wir gerne bereit die entfallene Maut für die angefallenen Autobahnkilometer zu bezahlen.

 

Wir ersuchen nochmals um Einstellung des Verfahrens, da uns, L M & W Ges.mbH bzw. Herrn C M keine Schuld trifft.

 

Es handelte sich eindeutig um ein technisches Problem der GO-Boxen, welches nicht durch uns verursacht wurde.

 

Mit freundlichen Grüßen

G G

 

VOLLMACHT:

 

Ich, C M bevollmächtige L M & W Ges.mbH, vertreten durch G G, geschäftsführender Gesellschafter, wohnhaft in K, A-28 S gegen das Straferkenntnis vom 27.11.1996 – BauR96-528-2004/Je, zu berufen."

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der A vom 14.6.2004 zugrunde. Die Lenker­anzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Als Beanstandungsgrund ist angegeben, dass ein für die elektronische Entrichtung der fahrleistungsabhängigen Maut zwingend vorgeschriebenes Fahrzeuggerät nicht ordnungsgemäß angebracht gewesen und dadurch die fahrleistungsabhängige Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet worden sei.

 

Gegen die Strafverfügung vom 6.9.2004 äußerte sich der Bw dahingehend, dass seit Jänner 2004 alle Firmenfahrzeuge mit der GO-Box ausgestattet seien, so auch das Fahrzeug mit dem Kennzeichnen BN. Auch am 3.5.2004 sei dieses Fahrzeug mit der GO-Box ausgestattet gewesen, anbei sei die Abrechnung der E angeschlossen, wo man die ordnungsgemäße Abbuchung vom 3.5.2004 ersehen könne. Sollte die GO-Box nicht ordnungsgemäß abgebucht haben, liege dies sicherlich nicht im Ermessen des L S. Wie man der Rechnung der E entnehmen könne, sei auch nach dem 3.5.2004 abgebucht worden. Der Bw ersuche daher um Einstellung des Verfahrens.

 

Einer Stellungnahme der A vom 4.2.2005 ist zu entnehmen, dass es im besagten Mautabschnitt zu zwei Kontrollfällen gekommen sei, wo keine Abbuchungen vorgenommen werden haben können. Mit Inkrafttreten der Mautordnungsänderung per 1.7.2004 würden nunmehr nicht abgebuchte Maut­abschnitte durch die A nachverrechnet werden. Strafverfügungen zu Anzeigen, welche bis 1.7.2004 durch die Behörde ergangen seien, unterlägen nicht der Mautordnungsänderung bzw. dem Günstigkeitsprinzip. Laut der Einzel­leistungs­information sei ganz klar ersichtlich, dass am Mautabschnitt A S S um 15.05 keine Abbuchung stattgefunden habe. Die vom Bw vorgelegte Rechnung sei nicht aussagekräftig.

Beigelegt sind eine Einzelleistungsinformation vom Tattag sowie zwei Beweisfotos.

 

Im vorliegenden Verwaltungsakt ist eine Antwort des Bw zur daraufhin erfolgten "Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme" vom 17. Februar 2005 nicht enthalten.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

4. In einem Schreiben vom 7.2.2007 teilte die A dem Unabhängigen Ver­waltungssenat mit, dass der zweite Kontrollfall am 3.5.2004 auf der A W KN G registriert worden sei. Ein GO-Box Tausch sei am 20.12.2006 erfolgt (u.zw., wie seitens der A in einem ergänzenden Telefonat mitgeteilt wurde: gratis). Der nähere Grund des Tausches sei unbekannt. Es sei zu keinen weiteren Anzeigen gekommen. Weiters wird mitgeteilt, dass das Ersatzmautangebot an den Zulassungsbesitzer gerichtet wurde.

 

5. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 19.3.2007 brachte der Vertreter des Bw vor, dass es firmenintern bekannt sei, dass es im Zeitraum etwa Mai 2004 bei einigen von den 40 firmeneigenen Lkw`s Probleme in dem Sinn gegeben habe, dass die GO-Box nicht funktioniert habe. Es habe sich durchwegs um vergleichbare Fälle gehandelt, nämlich in dem Sinn, dass aus den Einzelleistungsnachweisen ersichtlich gewesen sei, dass punktuell Abbuchungen nicht erfolgt seien. Es habe mehrere Strafverfahren gegeben, welche aber mit der Begründung eingestellt worden seien, dass ein technisches Gebrechen der GO-Boxen nicht auszuschließen sei. Das gegen­ständliche Strafverfahren sei das einzige, das noch aktuell sei. Im konkreten Fall sei vom Bw offenbar überhört worden, dass die GO-Box nicht gepiepst habe.

Die GO-Boxen seien von jedem Fahrer nach dem Kauf bei der Tankstelle selbst zu montieren. Der Bw sei damals wie heute mit diesem Lkw gefahren. Nur in Ausnahmefällen, wenn er auf Urlaub oder im Krankenstand sei, würde dieser Lkw auch von anderen Fahrern verwendet werden. Er sei die ganze Zeit vom Kauf der GO-Box – die er selbst montiert habe – bis zum Austausch der GO-Box mit gegenständlichem Fahrzeug gefahren.

Der Vertreter des Bw legte dar, dass der Fahrer zwar auf die Piepstöne achten müsse, andererseits solle er sich auf den Verkehr konzentrieren und er habe auch eine Freisprechanlage, da könne es leicht passieren, dass ein einzelner Ausfall des Piepstones nicht wahrgenommen werden würde. Da die GO-Box nach dem gegenständlichen Vorfall bis zum Austausch der GO-Box klaglos funktioniert habe, sei nicht auf einen Montagefehler, sondern auf einen Defekt der GO-Box zu schließen.

Auf die Frage, warum die GO-Box damals ausgetauscht wurde, erklärte der Bw, dass seitens der A ein Schreiben gekommen sei, dass mehrere GO-Boxen ausgetauscht werden müssten. Dies deshalb, weil das Abbuchungskonto von der E auf die Österreichische Verkehrskreditbank gewechselt worden sei.

 

Der Sachverständige erklärte dazu, dass dies in solchen Fällen so üblich sei, da das Umprogrammieren für die A aufwendiger wäre, als ein GO-Box-Austausch.

 

Zur Frage, ob bei einzelnen Nichtabbuchungen, wie im gegenständlichen Fall, auf eine mangelnde Funktionsfähigkeit der GO-Box zu schließen sei, erläuterte der Sach­verständige:

 

"Aufgrund der konstruktiven Ausführung der GO-Box die aus einer Platine mit aufgelötetem Chip bestehe, ist davon auszugehen, dass – wenn es zu einem mechanischen Gebrechen zB einem Bruch einer Lotstelle kommt – dadurch die GO-Box auf Dauer nicht mehr funktionstüchtig ist, da sich dieser Mangel der aufgrund eines mechanischen Defektes zurückzuführen ist, selber nicht behebt. Wenn man daher davon ausgeht, dass es zwischendurch zu kurzen Abbuchungsproblemen kommt, so ist das mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit darauf zurück­zuführen, dass die GO-Box nicht entsprechend montiert wurde. Im Probebetrieb konnte festgestellt werden, dass falsch montierte GO-Boxen eine Kommunikation mit dem Mautbalkensystem zwar herstellen, aber es immer wieder Situationen gegeben hat, dass die Kommunikation sich nicht aufbaute und nach zehn – zwanzig korrekt durchgeführten Kommunikationen (Abbuchungen) es zu einer Nichtabbuchung aufgrund der falschen Anbringung der GO-Box gekommen ist.

 

Eine weitere Möglichkeit, die zu einem kurzfristigen 'Ausfall' der GO-Box führt, ist zum Beispiel, dass sich zwischen der Windschutzscheibe und dem schmalen Spalt der GO-Box eine Zeitung, ein Lieferschein oder ein anderes abschirmendes Element befindet, das die Kommunikation zwischen der GO-Box soweit behindert, dass sie nicht vollständig durchgeführt werden kann und fallweise es dadurch zu einer Nichtabbuchung kommt. Diese vorgenannten Fälle wurden im Praxisbetrieb bekannt. Es wurde daher versucht, durch die Mautordnung sicherzustellen, dass es durch eine bestimmte vorgeschriebene Anbringung der GO-Box und durch das Verbot zwischen der GO-Box und der Windschutzscheibe irgendwelche 'Dinge' zu befestigen zu einer einwandfreien Abbuchung kommt. Im Probebetrieb, also durch Versuche, konnte festgestellt werden, dass durch eine falsch angebrachte GO-Box eine Abbuchung möglich ist, aber es nicht immer zu einer korrekten Abbuchung kommt. Fehlab­buchungen sind also durchaus möglich und können auch im Versuch nachgestellt werden.

 

Aufgrund der vorliegenden Darstellung des Einzelleistungsnachweises ist aus technischer Sicht eher davon auszugehen, dass aufgrund einer falschen Montage oder aufgrund eines 'Fremdkörpers zwischen GO-Box und Windschutzscheibe' es fallweise zu einer Nichtabbuchung gekommen ist, da in diesen Fällen die Kommunikation nicht wie nötig aufgebaut werden konnte.

 

Wenn man von einem mechanischen Gebrechen ausgeht, dann könnte dieses grundsätzlich vorgelegen sein, daraus wäre aber der Schluss zu ziehen, dass die GO-Box nicht mehr funktioniert und es nach diesen Fehlabbuchungen zu keinen korrekten Abbuchungen mehr gekommen ist. Wie recherchiert werden konnte, wurde aber die GO-Box mit der gegenständlichen GO-Box Nummer zum Beispiel vom 4.9.2006 bis 20.12.2006 vor dem Austausch verwendet und in dieser Zeit funktionierte die GO-Box offenbar korrekt. Es ist in dieser Zeit laut Einzelleistungs­nachweis der A zu keinen Fehlabbuchungen oder Beanstandungen gekommen. Nachdem die GO-Box vom 4.9.2006 bis 20.12.2006 verwendet wurde, wurde die GO-Box getauscht. Der Grund für den Tausch der GO-Box ist nicht bekannt. Es kann aber u.a. der Grund sein, dass die Batterie einen zu geringen Ladungszustand gehabt hat. Wenn die GO-Box viel benützt wird und es zu vielen Abbuchungen kommt, könnte es sein, dass die Batterie sich früher leert und dadurch ein Gratisaustausch vollzogen worden ist. Das ist eine Denkvariante. Im gegenständlichen Fall war der Grund für den GO-Boxen Tausch die Änderung der Abbuchungsmodalität (es wurde das Bankinstitut geändert )und das führt zu einem Tausch der GO-Box, da das Umprogrammieren für die A aufwändiger ist, als die zur Verfügungstellung einer neuen GO-Box. Aus diesem Austausch am 20.12.2006 kann daher nicht auf einen technischen Defekt der GO-Box geschlossen werden."

 

Seitens des Bw wurde Einschau in die im Akt aufliegenden Fotos genommen, die jedoch – was eine allfällige Falschmontage der GO-Box betrifft – auf Grund ihrer mangelhaften Qualität nicht auswertbar waren.

 

Der Bw legte dar, dass seitens des Unternehmens penibel auf die Mautleistung geachtet und im Monat 70.000,-- Euro an Maut bezahlt werden würde. Es stünde daher die Strafe in keiner Proportion zum Mautentgang. Um das Risiko einer Fehlabbuchung auszuschalten, würden die GO-Boxen im gegenständlichen Unter­nehmen nur mehr auf vier Achsen eingestellt werden. Es handle sich um ein solides Unternehmen.

 

Der Bw erklärte, dass, selbst dann, wenn man von einer objektiven Vorwerfbarkeit ausgehen würde, die Tat entschuldigt oder das Verschulden äußerst geringfügig wäre.

 

Seitens des Unabhängigen Verwaltungssenates wurde vor der öffentlichen mündlichen Verhandlung von der A die telefonische Auskunft eingeholt, dass die GO-Box vom 4.9.2006 bis 20.12.2006 problemlos abgebucht habe. Auf die Frage, was mit der gegenständlichen GO-Box zwischen dem Tattag 3.5.2004 und dem 4.9.2006 geschehen sei, da laut Auskunft der A für den genannten Zeitraum keine Einzelleistungsnachweise vorliegen würden, hielt der Vertreter des Bw nochmals aus­drücklich fest, dass diese Box sehr wohl durchgehend in Betrieb gewesen und es zu keinen Beanstandungen gekommen sei. Weiters machte der Vertreter des Bw deutlich, dass der GO-Box-Austausch nachweislich erst im Dezember 2006 erfolgt und der gegen­ständliche Lkw mit Sicherheit nicht in einem so langen Zeitraum außer Betrieb gewesen sei. Nach den Umständen des Falles könne auch ausgeschlossen werden, dass die GO-Box aus dem Auto genommen worden sei oder ähnliches. Es sei so, dass die Firma jedes Monat eine Auswertung für die einzelnen Fahrzeuge machen würde, dabei würde der Nettoumsatz errechnet werden. Dazu sei die Information, ob Maut bezahlt wurde wichtig. Der Bw könne mit Sicherheit ausschließen, dass das gegenständliche Fahrzeug über den Zeitraum vom Tattag bis zum 4.9.2006 irgendwann eine längere Zeit außer Betrieb gewesen sei; notfalls könnte dies mit Stellkartenabrechnungen belegt werden.

 

Seitens der A wurde die Auskunft erteilt, dass die gewünschten Daten möglicherweise nicht mehr im aktuellen abrufbaren System gespeichert seien; man müsste gegebenenfalls Recherchen im Archiv betreiben.

 

Abschließend argumentierte der Vertreter des Bw, wenn es auch sein möge, dass nach den Regeln der Technik – wie vom Sachverständigen dargestellt – eine mangelnde Funktions­fähigkeit der GO-Box unwahrscheinlich sei, jedoch darauf zu verweisen sei, dass es bei Zugrundelegung eines normgerechten Fahrers durchaus passieren könne, dass dieser in einer sehr geringen Anzahl von Fällen überhört, dass kein Piepston ertönt. Es sei daher das Verschulden als geringfügig anzusehen. Außerdem seien die Folgen des Handelns als unbedeutend zu bezeichnen, da der Mautentgang eine Bagatelle darstellen würde, insbesondere verglichen mit der Höhe der verhängten Strafe. Diesbezüglich würde ein geradezu unvertretbares Missverhältnis herrschen.

Es wird beantragt, dass angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren einzustellen, in eventu § 21 VStG anzuwenden und eine bloße Ermahnung aussprechen, in eventu das außerordentliche Milderungsrecht anzu­wenden und die Strafe auf die Hälfte herabzusetzen.

 

6. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

6.1. Auszugehen ist von folgendem Sachverhalt:

 

Der Bw hat unbestritten am 3.5.2004 um 15.05 Uhr die mautpflichtige Bundesstraße A1, bei km 158.000, im Gemeindegebiet von E benützt, ohne dass die für die Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes vorgeschriebene fahrleistungs­abhängige Maut ordnungs­gemäß entrichtet wurde.

 

Aus den Aussagen des verkehrstechnischen Amtssachverständigen, an dessen Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit der Unabhängige Verwaltungssenat keinen Zweifel hat und dem der Bw nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten ist, ergibt sich, dass bei Einhaltung der Mautordnung, mit der darin vorgesehenen Mitwirkung des Lenkers, mit an Sicherheit grenzender Wahrschein­lichkeit die gegenständliche GO-Box technisch einwandfrei funktioniert hat. Die punktuellen Kommunikationsstörungen sind vor allem auf die Fehlmontage der GO-Box zurückzuführen oder auch auf andere Ursachen, etwa das Dazwischenschieben eines Blattes Papier zwischen Box und Windschutzscheibe. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die konkrete Ursache der Kommunikationsstörung unbekannt ist, die denkbaren Ursachen jedoch jedenfalls in der Sphäre des Lenkers liegen.

 

Ferner ist anzunehmen, dass aufgrund der technischen Funktionsweise der GO-Box bei den zwei gegenständlichen Mautbalken der Piepston ausfiel und dies vom Bw offenbar überhört wurde.

 

Die Tat ist daher dem Bw in objektiver Hinsicht zuzurechnen. Sie ist aber auch verschuldet, weil für den Lenker die Pflicht besteht, gem. Pkt. 8.2.4.3. der Mautordnung auf die (nicht) akustischen Signale zu  achten.

 

6.2. Gemäß § 6 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstzulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 t beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 BStMG ist die Maut durch Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Verrechnung im Nachhinein zu entrichten.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 BStMG haben Lenker, soweit sie nicht von anderen in der Mautordnung vorgesehenen Formen der Mautentrichtung Gebrauch machen, vor der Benützung von Mautstrecken ihr Fahrzeug mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut auszustatten.

 

Gemäß § 8 Abs. 2 BStMG haben sich Lenker bei der Verwendung von Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut vor, während und nach jeder Fahrt auf Mautstrecken der Funktionsfähigkeit dieser Geräte zu vergewissern und Funktionsstörungen unverzüglich zu melden.

 

Pkt. 8.2.4.3. der Mautordnung besagt, dass der Nutzer (Lenker) während der Fahrt folgendes akustisches Signal zu beachten hat: Vier kurze Signal-Töne oder kein Signal-Ton: Es hat keine Mautentrichtung stattgefunden. Zur Verifizierung der akustischen Anzeige kann die ordnungsgemäße Entrichtung der Maut beim GO-Service-Center oder an jeder GO-Vertriebsstelle überprüft werden. Der Nutzer hat auch die Möglichkeit, sich zuerst an das Call Center zu wenden, um dort über die Funktionstüchtigkeit der Mautanlage informiert zu werden.

 

Gemäß § 20 Abs. 2 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 400 Euro bis 4.000 Euro zu bestrafen.

Gemäß § 20 Abs. 3 BStMG wird eine Übertretung gemäß § 20 Abs. 2 BStMG straflos, wenn der Mautschuldner fristgerecht die in der Mautordnung festgesetzte Ersatzmaut bezahlt.

 § 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 300 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).

Kommt es bei einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 zu keiner Betretung, so hat die A den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung oder auf dienstlicher Wahrnehmung eines Organes der öffentlichen Aufsicht beruht und die Geltendmachung der Haftung gemäß § 23 weder offenbar unmöglich noch wesentlich erschwert sein wird. Die Aufforderung hat eine Identifikationsnummer und eine Kontonummer zu enthalten. Ihr wird entsprochen, wenn die Ersatzmaut binnen drei Wochen ab Ausfertigung dem angegebenen Konto gutgeschrieben wird und der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer enthält (Abs. 4).

 

6.3. Zur Bemessung der Strafhöhe:

 

Die Anwendung des § 21 Abs.1 VStG setzt kumulativ voraus, dass das Verschulden geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind.

 

Gegenständlich erscheint es vertretbar, von einer Geringfügigkeit des Verschuldens des Fahrers auszugehen, weil es auch einem maßstabgerechten bzw. sorgfältigen Lenker widerfahren kann, dass er zwei Mal den Ausfall des Piepstones nicht wahrnimmt. Wenn, wie hier, einerseits am Tattag alle sonstigen Abbuchungs­vorgänge korrekt erfolgten und andererseits die Go-Box schon vor der Tat in Betrieb war und keine Ausfälle des Piepstones zu vermerken waren, wird man das Verschulden bei Anwendung des richtigen Augenmaßes nicht hoch veranschlagen dürfen. Wäre die konkrete Ursache der Kommunikationsstörung bekannt, so wäre daraus das Verschulden des Lenkers genauer bestimmbar. Da dies jedoch nicht der Fall ist, ist die Schuldensbemessung bloß aus dem Umstand des Überhörens von zwei Piepstonausfällen abzuleiten.

 

Zu den Tatfolgen ist zu bemerken, dass der „Mautverlust“ vernachlässigbar gering ist. Dies allein kann jedoch die Anwendung des § 21 VStG nicht rechtfertigen, da die Höhe des Mautverlustes für die Strafbarkeit nach dem Bundesstraßenmautgesetz nicht maßgeblich ist. Die Geringfügigkeit des „Mautverlustes“ kann daher nur dann eine Rolle spielen, wenn wie hier, eine besondere Konstellation gegeben ist. Berücksichtigt man die besondere Situation des Falles, wie sie oben beschrieben wurde, so erscheint es vertretbar, hier ausnahmsweise von unbedeutenden Tat­folgen auszugehen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Langeder

 

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