Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521575/2/Kof/Be

Linz, 10.04.2007

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung des Herrn G M, geb. X, U, R, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt  Mag. Dr. A M, J, L gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 15.2.2007, VerkR21-537-2006,         betreffend  Entziehung  der  Lenkberechtigung,  zu  Recht  erkannt:

 

 

Der Berufung wird insofern stattgegeben, als die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung auf 20 Monate – vom 7. März 2007 bis einschließlich
7. November 2008  –  herab- bzw. festgesetzt  wird.

 

Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen und der erstinstanzliche  Bescheid  bestätigt.

   

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 24 Abs.1 Z.1,  25 Abs.1  und  25 Abs.3  iVm.  §§ 7Abs.1 Z.2,  7 Abs.3 Z.8  und

      7 Abs.4 FSG,  BGBl. I/120/1997 zuletzt geändert durch BGBl. I/153/2006

§ 64 Abs.2 AVG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die belangte Behörde hat mit dem in der Präambel zitierten Bescheid dem nunmehrigen Berufungswerber (Bw) gemäß §§ 24 Abs.1, 25 Abs.1, 7 Abs.1 und                7 Abs.3 Z.8 FSG die Lenkberechtigung für die Klassen A und B auf die Dauer                von  drei  Jahren  –  gerechnet  ab  Zustellung  des  Bescheides  –  entzogen.

Einer allfälligen Berufung gegen diesen Bescheid wurde gemäß § 64 Abs.2 AVG            die  aufschiebende  Wirkung  aberkannt.

 

 

Gegen diesen Bescheid hat der Bw innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom 9.3.2007 eingebracht.

 

Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 67a Abs.1 AVG) erwogen:

 

Gemäß § 67d  Abs.3  1. Satz AVG ist die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung nicht erforderlich, da der – durch einen Rechtsanwalt vertretene  –  Bw  diese  in  der  Berufung  nicht  beantragt  hat;

VwGH vom 28.4.2004, 2003/03/0017

 

Der Bw wurde mit Urteil des Landesgerichtes Wels als Schöffengericht vom 8.11.2006, 11 Hv 109/06 b wegen dem Verbrechen der versuchten Vergewaltigung nach §§ 15 Abs.1, 201 Abs.1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten –            davon 6 Monate unbedingt und 12 Monate bedingt unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren – verurteilt.

 

Grund für diese Verurteilung war, dass der Bw

-          am 8.7.2006 in A. versucht hat, (Frau) D. R. mit Gewalt zur Vornahme oder Duldung des Beischlafes zu nötigen, in dem er diese von hinten an den Schultern gepackt, ihr den Mund zugehalten und sie in Richtung seines Pkw´s gezerrt hat, wobei es lediglich aufgrund des Umstandes, dass sich Frau D. R. losreißen konnte und ein Taxi am Tatort vorbeikommen ist, beim Versuch geblieben ist und

-          am 23.7.2006 in G. versucht hat, (Frau) L. S. mit Gewalt, in dem er die auf der Straße gehende L. S. zu Boden gestoßen, festgehalten und ihr den Mund zugehalten hat, zur Vornahme bzw. Duldung des Beischlafes zu nötigen versucht, wobei es lediglich aufgrund des Einschreitens von Passanten beim Versuch geblieben ist.

 

Dieses Urteil des Landesgerichtes Wels ist in Rechtskraft erwachsen.

 

Der Bw hat die unbedingt verhängte Freiheitsstrafe von sechs Monaten in der Zeit von 23.7.2006 bis 23.1.2007 bereits verbüßt.

 

Der UVS als Behörde II. Instanz in Angelegenheiten der Entziehung der Lenkberechtigung  ist  an  rechtskräftige  Entscheidungen  der  Gerichte  gebunden;

VwGH vom 6.4.2006, 2005/11/0214; vom 20.2.2001, 98/11/0317 mit Vorjudikatur und vom 6.7.2004, 2002/11/0163.

 

 

 

Gemäß § 24 Abs. 1 Z. 1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

Gemäß § 25 Abs. 1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird.

Dieser ist aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

 

Gemäß § 25 Abs. 3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.

 

Gemäß § 7 Abs.1 Z2 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

 

Gemäß § 7 Abs.3 Z.8 FSG hat als bestimmte Tatsache iSd Abs.1 zu gelten,                 wenn jemand eine strafbare Handlung gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung  gemäß  § 201 StGB  begangen  hat.

 

Gemäß § 7 Abs. 4 FSG sind für die Wertung der in Abs. 3 leg.cit. beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bilden bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit (allfällige) berufliche, wirtschaftliche, persönliche und familiäre Nachteile, welche mit der (Dauer der) Entziehung der Lenkberechtigung verbunden sind,  kein wie immer geartetes Beweisthema;

Erkenntnisse v. 30.5.2001, 2001/11/0081; vom 23.4.2002, 2000/11/0182;

vom 11.4.2002, 99/11/0328; vom 28.9.1993, 93/11/0142 mit Vorjudikatur;

vom 25.2.2003, 2003/11/0017; vom 4.10.2000, 2000/11/0176

 

Bei der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich um keine Strafe,                 sondern eine administrative Maßnahme zum Schutz der anderen Verkehrsteilnehmer oder  sonstiger  Rechtsgüter  vor  verkehrsunzuverlässigen  KFZ-Lenkern;

VfGH vom 14.3.2003, G203/02; vom 11.10.2003, B1031/02; vom 26.2.1999, B 544/97

VwGH vom 18.3.2003, 2002/11/0062; vom 22.11.2002, 2001/11/0108 uva.

Beim Verfahren betreffend die Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich nicht um ein (Verwaltungs-)Strafverfahren sondern um ein Administrativverfahren; VwGH vom 23.4.2002, 2002/11/0069; vom 24.4.2001, 2001/11/0104;

vom 9.2.1999, 97/11/0337; vom 21.1.1997, 95/11/0396; vom 17.11.1992, 91/11/0156;

vom 28.11.1983, 82/11/0270 – verstärkter Senat.

 

Die Bestimmungen des VStG sind daher im Verfahren betreffend die Entziehung der Lenkberechtigung nicht anzuwenden.

 

Ebenso hat das Rechtsinstitut der Verjährung (§§ 31 und 32 VStG) im Administrativ-verfahren zur Entziehung der Lenkberechtigung keinen Anwendungsbereich;

VwGH vom 28.11.1996, 96/11/0254.

 

Auch die Strafzumessungskriterien des VStG und subsidiär der StPO sind im Verfahren betreffend die Entziehung der Lenkberechtigung rechtlich irrrelevant.

Maßgebend sind allein die in § 7 Abs.4 FSG genannten Wertungskriterien;

VwGH vom 22.1.2002, 2001/11/0196 mit Vorjudikatur.

 

Der Ordnung halber wird darauf hingewiesen, dass die Charaktereigenschaft der Verkehrs(un)zuverlässigkeit einer Person keiner ärztlichen und/oder psychologischen Beurteilung zugänglich,  sondern von der Behörde anhand der Aktenlage im Wege der Lösung einer Rechtsfrage ohne Heranziehung von Sachverständigen zu beurteilen ist;

VwGH vom 11.7.2000, 2000/11/0011; vom 22.9.1995, 95/11/0202; vom 15.3.1994, 94/11/0064; vom 23.11.1993, 93/11/0218; vom 23.11.1993, 93/11/0214;  

vom 28.6.2001, 2001/11/0153 alle mit Vorjudikatur

 

Betreffend die Festsetzung der Entziehungsdauer wird auf folgende Rechtssprechung  des  Verwaltungsgerichtshofes  verwiesen:

- Erkenntnis vom 28.6.2001, 2001/11/0153:

     Der do Beschwerdeführer hat "nur" ein einziges Verbrechen der Vergewaltigung

     nach § 201 Abs.2 StGB begangen. 

     Der VwGH hat eine Entziehungsdauer von 20 Monaten als rechtmäßig bestätigt

     bzw. die dagegen erhobene Beschwerde als  unbegründet abgewiesen

- VwGH vom 28.6.2001, 2001/11/0173:

     Der do Beschwerdeführer hat "nur" ein einziges Verbrechen der Vergewaltigung

     nach § 201 Abs.1 StGB begangen.

      Der VwGH hat eine Entziehungsdauer von 20 Monaten als rechtmäßig bestätigt

      bzw. die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen

- VwGH vom 20.2.2001, 2000/11/0281:

      Der do Beschwerdeführer hat "nur" ein einziges Verbrechen der Vergewaltigung

      nach § 201 Abs.2 StGB begangen.

       Der VwGH hat eine Entziehungsdauer von 24 Monaten als rechtmäßig bestätigt

   bzw. die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

Im vorliegenden Fall ist zu werten.

 

-          zum Nachteil des Bw, dass er zweimal das Verbrechen nach § 201 Abs.1 StGB (am 8.7.2006 in A. – betreffend Frau D. R. und am 23.7.2006 in G. – betreffend Frau L.S.) begangen hat und insbesondere, dass er in beiden Fällen mit seinem Pkw zum jeweiligen Tatort gefahren ist und sich dadurch bei Begehung der beiden Verbrechen nach § 201 Abs.1 StGB eines Kraftfahrzeuges – und somit seiner Lenkberechtigung – bedient hat! (siehe Gerichtsurteil Seite 3 und 4).

 

-          zugunsten des Bw , dass er sich einer Therapie unterzieht.

 

Im Hinblick auf die zitierte Judikatur des VwGH (insbesondere die Erkenntnisse 2001/11/0153 und 2001/11/0173) ist es gerade noch gerechtfertigt und vertretbar,   die  Entziehungsdauer  auf  20 Monate  herab- bzw. festzusetzen.

 

Die Entziehungsdauer beginnt mit Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides an den  Rechtsvertreter  des  Bw  (= 7. März 2007).

 

Die Behörde kann iSd § 64 Abs. 2 AVG die aufschiebende Wirkung einer Berufung immer dann ausschließen, wenn die Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit entzogen wird; 

siehe die in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, 2. Auflage, E24 zu § 64 AVG                     (Seite 1222f)  zitierten  zahlreichen  VwGH-Entscheidungen.

 

Es war daher der Berufung insofern stattzugeben, als die Entziehungsdauer                      auf 20 Monate – vom 7. März 2007 bis einschließlich 7. November 2008  –                     herab- bzw. festgesetzt  wird.

 

Im Übrigen war die Berufung als unbegründet abzuweisen, der erstinstanzliche Bescheid  zu  bestätigen  und  spruchgemäß  zu  entscheiden. 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren von 13 Euro angefallen.

 

 

 

Mag. Kofler

 

 

 

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