Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161934/14/Zo/Jo

Linz, 16.04.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung der Frau C G, vom 11.01.2007 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau vom 02.01.2007, Zl. VerkR96-738-2006, wegen einer Übertretung der StVO 1960 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 12.04.2007 und sofortiger Verkündung zu Recht erkannt:

 

         I.      Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

       II.      Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.:   § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 45 Abs.1 Z1 VStG.

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau hat der Berufungswerberin im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass sie mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei und weder ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle verständigt noch den anderen Beteiligten bzw. den Geschädigten ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen habe. Der Vorfall habe sich am 04.01.2006 um ca. 16.15 Uhr in Braunau, Erlachweg 13, auf dem Parkplatz der Firma I ereignet und die Berufungswerberin habe einen Pkw mit dem Kennzeichen gelenkt. Sie habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs.5 StVO 1960 begangen, weshalb über sie eine Geldstrafe von 200 Euro (Eratzfreiheitsstrafe 96 Stunden) verhängt wurde. Weiters wurde sie zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 20 Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte die Berufungswerberin aus, dass der Tatvorwurf nicht berechtigt sei. Sie habe von Anfang an die Durchführung eines Lokalaugenscheines mit einem kfz-technischen Sachverständigen sowie die Vermessung des beträchtlichen Schadens am linken hinteren Kotflügel im Bereich des Radkastens am Renault Megane sowie der minimalen Kratzer links hinten an ihrem Pkw beantragt. Dies deswegen, um zu beweisen, dass die Berufungswerberin mit ihrem Pkw den gravierenden Schaden am Pkw der Frau P nicht verursacht haben könne, weil dies weder der Höhe nach noch der Intensität nach möglich gewesen sei. Der Schaden am Renault Megane habe 1.800 Euro betragen, was nur bei einer hohen Kollisionsenergie möglich gewesen sei, weshalb auch an ihrem Fahrzeug ein entsprechender Schaden gewesen sein müsste. Auch sei am Pkw von Frau P kein blauer Lackabrieb vorgefunden worden.

 

Dem erstinstanzlichen Gutachten des Amtssachverständigen liege keine Befundaufnahme an den Fahrzeugen und auch keine Gegenüberstellung der Pkw zu Grunde. Es sei auch nicht begründet worden, weshalb aus technischer Sicht die Möglichkeit der Schadensverursachung durch die Berufungswerberin bestehen würde. Es seien die Schäden nicht beschrieben worden und das Gutachten auch aus diesem Grund nicht nachvollziehbar.

 

Die Erstinstanz hätte sich nicht mit den Zeugenaussagen von Frau und Herrn W begnügen dürfen sondern den beantragten Lokalaugenschein durchführen müssen. Da sie dies unterlassen habe, habe sie unzulässigerweise eine vorgreifende Beweiswürdigung vorgenommen.

 

Im Berufungsschriftsatz befindet sich weiters ein Absatz, welcher die Lenkereigenschaft in Frage stellt, dieser bezieht sich aber offensichtlich auf ein anderes Verfahren und dürfte lediglich aufgrund eines Textbausteines irrtümlich in die Berufung eingegangen sein.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Braunau hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 12.04.2007, an welcher die Berufungswerberin und ihr Rechtsvertreter sowie eine Vertreterin der Bezirkshauptmannschaft Braunau teilgenommen haben. Es wurden die Zeugen P sowie Martina und Gottfried W zum Sachverhalt einvernommen und ein Gutachten eines Sachverständigen für Verkehrstechnik zu der Frage erstellt, ob die Schäden am Pkw vom behaupteten Ausparkmanöver der Berufungswerberin verursacht werden konnten oder nicht.

 

4.1. Daraus ergibt sich zusammengefasst folgender wesentliche Sachverhalt:

 

Sowohl das Fahrzeug der Geschädigten als auch der Berufungswerberin waren zur Vorfallszeit auf dem Parkplatz der Firma I abgestellt. Die Berufungswerberin lenkte ihren Pkw rückwärts aus der Parklücke, wobei sie mit ihrem linken hinteren Fahrzeugeck entweder in die unmittelbare Nähe des linken hinteren Radkastens des Renault Megane kam oder – entsprechend den Aussagen der Zeugen W – diesen relativ heftig berührte.

 

Die durchgeführte Stellprobe ergab, dass die im Akt dokumentierten Schäden am Renault Megane von der Fahrzeughöhe her durchaus vom Fahrzeug der Berufungswerberin verursacht werden konnten, in der entsprechenden Höhe befindet sich beim Fahrzeug der Berufungswerberin eine kleine Delle. Der Sachverständige führte zur Frage ob die gegenständlichen Schäden korrelieren aus, dass der eingedrückte Kotflügel grundsätzlich durch einen spitzwinkeligen Zusammenstoß mit dem rückwärts ausparkenden Skoda verursacht werden konnte. Allerdings sind auf den im Akt befindlichen Fotos im Bereich der Eindruckstelle auf dem Radbogen an der oberen und der unteren Kante Abriebspuren ersichtlich. Diese Abriebspuren, welche parallel verlaufen und eben nur die obere und untere Kante des Radbogens betreffen, nicht aber die Fläche zwischen diesen Kanten, wären aus technischer Sicht nach den Ausführungen des Amtssachverständigen dann gut erklärbar, wenn entweder der Radbogen oder jener Gegenstand, mit welchem dieser berührt wurde, eine Pombierung aufweisen würde. Es ist jedoch sowohl der Radbogen des Renault Megane als auch die vermutliche Anstoßstelle beim Skoda Fabia völlig eben ausgeführt, sodass bei einem Zusammenstoß dieser Fahrzeugteile Kratzspuren über der gesamten Fläche des Radbogens nahezu zwangsläufig zu erwarten gewesen wären. Der Umstand, dass diese Abschürfungen jedoch nur auf der oberen und der unteren Kante ersichtlich sind und die dazwischenliegende Fläche des Radbogens völlig unbeschädigt ist, ist nach den schlüssigen Ausführungen des Sachverständigen nicht wirklich erklärbar.

 

5. Aus rechtlicher Hinsicht ergibt sich daraus Folgendes:

 

Die Ausführungen des Sachverständigen beim Lokalaugenschein sind gut nachvollziehbar. Unter Berücksichtigung dieses Gutachtens verbleiben doch Zweifel daran, ob die Berufungswerberin den Schaden am gegnerischen Fahrzeug tatsächlich verursacht hat. Wenn auch die Zeugen W, welche einen durchaus glaubwürdigen Eindruck hinterließen, eine Kontaktierung der beiden Fahrzeuge lebensnah schilderten,  mussten sie doch einräumen, dass sie die unmittelbare Anstoßstelle nicht einsehen konnten. Unter Berücksichtigung aller Umstände verbleiben letztlich zumindest geringe Zweifel daran, dass die Berufungswerberin den gegenständlichen Verkehrsunfall tatsächlich verursacht hat. Dementsprechend war nach dem im Strafverfahren geltenden Grundsatz "in dubio pro reo" das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Mag. Z ö b l

 

 

 

 

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