Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-230450/2/Br

Linz, 29.06.1995

VwSen-230450/2/Br Linz, am 29. Juni 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn M K, H, vertreten durch Dr. A W, Rechtsanwalt, B, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz, vom 22. Mai 1995, Zl.: St.-14.751/94-B, zu Recht:

I. Der Berufung wird F o l g e gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr.52/1991, zuletzt geändert BGBl. Nr. 666/1993 - VStG.

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

Rechtsgrundlage:

§ 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem Straferkenntnis vom 22. Mai 1995, Zl.: St.-14.751/94-B, über den Berufungswerber wegen der Übertretung nach § 81 Abs.1 Sicherheitspolizeigesetz eine Geldstrafe von 800 S und für den Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden verhängt, weil er am 30. Oktober 1994 um 02.05 Uhr in L, W v.d. Lokal M, durch besonders rücksichtsloses Verhalten die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt gestört habe, indem er durch heftiges Reißen an der Eingangstür des bereits geschlossenen M - Lokales Einlaß begehrte.

1.1. Begründend führt die Erstbehörde im wesentlichen aus, daß die Übertretung auf Grund der schlüssigen, widerspruchsfreien und übereinstimmenden zeugenschaftlichen Angaben der Sicherheitswachebeamten erwiesen sei. Darüber hinaus habe sich der ag. Rechtsvertreter zum abschließenden Beweisergebnis nicht geäußert, sodaß letztlich ohne weitere Anhörung des Berufungswerbers zu entscheiden gewesen sei.

2. In der dagegen fristgerecht durch den ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung wird im wesentlichen ausgeführt, daß das dem Berufungswerber zur Last gelegte Verhalten nicht den Tatbestand nach § 81 Abs.1 SPG erfülle.

Auf Grund des Umstandes, daß zu dieser Zeit keinerlei Leute vor dem Lokal gewesen seien, konnte durch das Verhalten des Berufungswerbers eine Ruhestörung nicht erfolgt sein.

Schließlich führt der Rechtsvertreter des Berufungswerbers noch aus, daß gegenüber der früheren Rechtslage nach Art. IX EGVG in zwei Punkten zurückgenommen worden sei und nunmehr auch auf die Intention des Täters abzustellen sei. Er beantragt die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses, in eventu das Strafausmaß schuld- und tatangemessen herabzusetzen.

3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Entscheidung vorgelegt.

Somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu erkennen.

Gemäß § 51e Abs.1 VStG war die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht erforderlich.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis geführt durch die Einsichtnahme in den erstbehördlichen Verwaltungsakt. Daraus ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt hinreichend.

5. Aufgrund der Anzeige steht fest, daß der Berufungswerber zur fraglichen Zeit an der Tür des M rüttelte und dort Einlaß gewährt bekommen wollte. Das Lokal war zu diesem Zeitpunkt jedoch bereits geschlossen. Dabei wurde er von Sicherheitswachebeamten beanstandet und zur Leistung einer Organmandatsstrafe verhalten, deren Bezahlung der Berufungswerber verweigerte. Der Berufungswerber gab gegenüber den einschreitenden Beamten vorerst auch einen falschen Namen an. Er war zum Vorfallszeitpunkt erheblich alkoholisiert und war im Zuge der Amtshandlung offenbar frech und auch nicht kooperativ.

5.1. Diesem Beweisergebnis läßt sich jedoch nicht entnehmen, worin ein besonders rücksichtsloses Verhalten erblickt werden könnte. Das im Spruch genannte heftige Reißen an der Eingangstür läßt auf ein solches Verhalten jedenfalls nicht schließen, sodaß der Berufungswerber mit seiner Verantwortung Recht behält.

6. Rechtlich ist somit folgendes zu erwägen:

6.1. Gemäß § 81 Abs. 1 SPG begeht eine Verwaltungsübertretung, "wer durch besonders rücksichtsloses Verhalten die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt stört; er ist mit einer Geldstrafe bis zu 3.000 S zu bestrafen.

Anstelle einer Geldstrafe kann bei Vorliegen erschwerender Umstände eine Freiheitsstrafe bis zu einer Woche, im Wiederholungsfall bis zu zwei Wochen verhängt werden." 6.1.1. Nach der nunmehrigen "neuen Rechtslage" wurde, wie der Berufungswerber zutreffend ausführt, die Strafbarkeit gegenüber der früheren Bestimmung des Art. IX Abs.1 Z1 EGVG in zwei Punkten inhaltlich zurückgenommen. Es ist nunmehr einerseits mehr auf die Intention des Täters abzustellen, andererseits soll auch entscheidend sein, ob es eine Rechtfertigung für die Störung der Ordnung gibt (aus den Gesetzesmaterialien zum Sicherheitspolizeigesetz, Fuchs Funk - Szymanski, Manz Taschenbuchausgabe, Seite 154 ff).

Das Verhalten des Berufungswerbers erfüllt hier den Tatbestand schon im Hinblick auf die (zusätzlich) geforderte "Rücksichtslosigkeit" nicht. Das heftige Reißen an einer Geschäftstür um zwei Uhr morgens vermag jedenfalls nicht als "besondere Rücksichtslosigkeit" erkannt werden. Es ist auch sehr zweifelhaft, ob durch dieses Verhalten der "um diese Zeit noch rege Personenverkehr" auf dem offenbar nahegelegenen Parkplatz störend beeinträchtigt wurde oder objektiv hiezu geeignet war. Auch der Anzeige läßt sich jedenfalls nicht einmal in Ansätzen entnehmen, inwiefern hiedurch die öffentliche Ordnung gestört worden wäre. Nach der ständigen Rechtsprechung ist das Tatbild der "Ordnungsstörung" durch zwei Elemente gekennzeichnet: Zum ersten muß der Täter ein Verhalten gesetzt haben, das objektiv geeignet ist, Ärgernis zu erregen. Zum zweiten muß durch dieses Verhalten die Ordnung an einen öffentlichen Ort gestört worden sein. Die Beurteilung, ob einem Verhalten die objektive Eignung der Ärgerniserregung zukommt, ist wohl nicht dem Empfinden der durch das Verhalten besonders betroffenen Personen vorzunehmen, sondern unter der Vorstellung, wie unbefangene Menschen auf ein solches Verhalten reagieren würden; von einem Ärgernis wird man dann sprechen können, wenn eine Handlung bei anderen die lebhafte Empfindung des Unerlaubten und Schädlichen hervorzurufen geeignet ist (vgl. VwGH 9.7.1984, 84/10/0080, 30.9.1985, 85/10/0027 ua). Der Zeugenaussage der Meldungsleger ist eher zu entnehmen, daß allenfalls eine aggressive Verhaltensweise gegenüber den Polizeibeamten und dabei möglicherweise auch die Amtshandlung behindert wurde (Angabe eines falschen Namens), vorgelegen zu sein scheint.

Das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Berufungswerber ist daher mangels Begehung der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung einzustellen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum