Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-110728/11/Kl/Rd/Pe

Linz, 19.04.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr.  Klempt über die Berufung  des Herrn I C, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Dr. B B, gegen das Straferkenntnis der  Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 10.7.2006, VerkGe96-110-1-2006, wegen einer Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 11.4.2007 zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird als verspätet eingebracht zurückgewiesen.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 iVm 63 Abs.5 AVG iZm §§ 24 und 51 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat mit Straferkenntnis vom 10.7.2006, VerkGe96-110-1-2006, über Herrn I C wegen einer Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes eine Geld- und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe verhängt.

 

Überdies wurde der Bw zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bw Berufung erhoben und gleichzeitig einen Wiedereinsetzungsantrag gestellt. Vom Bw wurde bekannt gegeben, dass er am 24.9.2006 von einem Türkeiaufenthalt an die Adresse M, H zurückgekehrt sei und an diesem Tag den zur Wohnung gehörenden Briefkasten geleert habe und dabei kein Schriftstück der Bezirkshauptmannschaft Schärding vorgefunden hat, sondern sei erst mit 2.10.2006 ein solches eingelegt worden. Es wurde weiters eine Kopie des Reisepasses mit Einreisestempel in die Türkei vom 15.8.2006 und Ausreisestempel vom 15.9.2006 vorgelegt.

Die belangte Behörde hat die Berufung samt Verfahrensakt vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Über Antrag wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung am 11.4.2007 durchgeführt. Darin wurde bekräftigt, dass die Rückkunft am 24.9.2006 und die Behebung am 2.10.2006 erfolgte.

Aufgrund der im Akt befindlichen Zustellurkunde, welche als öffentliche Urkunde vollen Beweis liefert, wurde das Schriftstück am 1.9.2006 in den Briefkasten der Wohnung eingelegt. Es wäre daher eine Kenntnisnahme am Tag der Rückkunft, also am 24.9.2006, möglich gewesen. Eine weitere Beweisaufnahme hiezu war nicht erforderlich, insbesondere auch nicht betreffend der Behebung am 2.10.2006.

 

3. Es ist daher nachstehender Sachverhalt erwiesen:

 

Die belangte Behörde hat das mit 10.7.2006 datierte Straferkenntnis mittels internationalem Postrückschein dem Bw am 11.7.2006 zuzustellen versucht. Da das Schriftstück nicht abgeholt wurde, wurde von der Deutschen Post nach Ablauf der Lagerfrist selbiges am 26.7.2006 der Bezirkshauptmannschaft Schärding mit dem Hinweis "nicht abgeholt" rückgemittelt. In der Folge ersuchte die Bezirkshauptmannschaft Schärding mit Schreiben vom 18.8.2006 das Regierungspräsidium Freiburg um Zustellung des Straferkenntnisses mit Postzustellungsurkunde an den Bw. Wie der dem Akt einliegenden Zustellungsurkunde zu entnehmen ist, wurde das Schriftstück mittels der Deutschen Post AG durch einen Postbediensteten zu übergeben versucht. Weil die Übergabe des Schriftstückes in der Wohnung nicht möglich war, wurde das Schriftstück am 1.9.2006 in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten eingelegt. Dies ist durch die Zustellurkunde als öffentliche Urkunde, die vollen Beweis liefert, erwiesen. Dass eine unrichtige Beurkundung vorgenommen wurde, wurde nicht behauptet. Eine weitere Beweisaufnahme war nicht erforderlich.

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

4.1. Gemäß § 11 Abs.1 österreichisches Zustellgesetz sind Zustellungen im Ausland nach den bestehenden internationalen Vereinbarungen oder allenfalls auf dem Weg, den die Gesetze oder sonstigen Rechtsvorschriften des Staates, in dem zugestellt werden soll, oder die internationale Übung zulassen, erforderlichenfalls unter Mitwirkung der österreichischen Vertretungsbehörden, vorzunehmen.

 

Gemäß Art.10 Abs.1 des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen werden Schriftstücke in Verfahren nach Art.1 Abs.1 unmittelbar durch die Post nach den für den Postverkehr zwischen den Vertragsstaaten geltenden Vorschriften übermittelt. Wird ein Zustellnachweis benötigt, ist das Schriftstück als eingeschriebener Brief mit den besonderen Versendungsformen "eigenhändig" und "Rückschein" zu versenden. Kann eine Zustellung nicht unmittelbar durch die Post bewirkt werden oder ist dies nach Art und Inhalt des Schriftstückes nicht zweckmäßig, ist die zuständige Stelle im anderen Vertragsstaat um Vermittlung der Zustellung im Wege der Amts- und Rechtshilfe zu ersuchen. 

 

Gemäß § 9 der deutschen Postdienstverordnung, dBGBl. 1994 Teil I, werden gewöhnliche Briefsendungen durch Einlegen in eine für den Empfänger bestimmte und ausreichend aufnahmefähige Vorrichtung für den Empfang von Briefsendungen zugestellt. Ist die Zustellung nach Satz 1 wegen der Art oder des Umfangs dieser Briefsendung nicht möglich und wird ein nach § 8 Abs.1 und 2 Berechtigter nicht angetroffen, sind gewöhnliche Briefsendungen den in Absatz 2 genannten Ersatzempfängern zu übergeben. Sofern keine der in Absatz 2 genannten Personen angetroffen wird, können gewöhnliche Briefsendungen Haus- oder Wohnungsnachbarn als weiteren Ersatzempfängern übergeben werden.

 

Gemäß § 9 Abs.2 leg.cit. können eingeschriebene Briefsendungen Ersatz­empfängern übergeben werden, sofern keiner der nach § 8 Abs.1 und 2 Berechtigten angetroffen wird. Ersatzempfänger für eingeschriebene Briefsendungen sind

1. Angehörige der nach § 8 Abs.1 und 2 Berechtigten,

2. in der Wohnung oder im Geschäft des Empfängers angestellte Personen,

3. der Inhaber oder Vermieter der in der Anschrift angegebenen Wohnung.

 

§ 3 des deutschen Verwaltungszustellungsgesetzes – VwZG, dBGBl. I 2005, 2354, (Zustellung durch die Post mit Zustellungsurkunde) lautet:

"(1) Soll durch die Post mit Zustellungsurkunde zugestellt werden, übergibt die Behörde der Post den Zustellungsauftrag, das zuzustellende Dokument in einem verschlossenen Umschlag und einen vorbereiteten Vordruck einer Zustellungsurkunde.

 

(2) Für die Ausführung der Zustellung gelten die §§ 177 bis 182 der (deutschen) Zivilprozessordnung entsprechend. Im Fall des § 181 Abs.1 der Zivilprozessordnung kann das zuzustellende Dokument bei einer von der Post dafür bestimmten Stelle am Ort der Zustellung oder am Ort des Amtsgerichts, in dessen Bezirk der Ort der Zustellung liegt, niedergelegt werden oder bei der Behörde, die den Zustellungsauftrag erteilt hat, wenn sie ihren Sitz an einem der vorbezeichneten Orte hat. Für die Zustellungsurkunde, den Zustellungsauftrag, den verschlossenen Umschlag nach Absatz 1 und die schriftliche Mitteilung nach § 181 Abs.1 Satz 3 der Zivilprozessordnung sind die Vordrucke nach der Zustellungsvordruckverordnung zu verwenden. "

 

§ 5 VwZG (Zustellung durch die Behörde gegen Empfangsbekenntnis) lautet:

„(1) Bei der Zustellung durch die Behörde händigt der zustellende Bedienstete das Dokument dem Empfänger in einem verschlossenen Umschlag aus. Das Dokument kann auch offen ausgehändigt werden, wenn keine schutzwürdigen Interessen des Empfängers entgegenstehen. Der Empfänger hat ein mit dem Datum der Aushändigung versehenes Empfangsbekenntnis zu unterschreiben. Der Bedienstete vermerkt das Datum der Zustellung auf dem Umschlag des auszuhändigenden Dokuments oder bei offener Aushändigung auf dem Dokument selbst.

 

(2) Die §§ 177 bis 181 der Zivilprozessordnung sind anzuwenden. Zum Nachweis der Zustellung ist in den Akten zu vermerken:

1. im Fall der Ersatzzustellung in der Wohnung, in Geschäftsräumen und Einrichtungen nach § 178 der Zivilprozessordnung der Grund, der diese Art der Zustellung rechtfertigt,

2. .....

3. in Fällen der Ersatzzustellung  nach §§ 180 und 181 der Zivilprozessordnung der Grund der Ersatzzustellung sowie wann und wo das Dokument in einen Briefkasten eingelegt oder sonst niedergelegt und in welcher Weise die Niederlegung schriftlich mitgeteilt wurde. "

 

§ 8 VwZG (Heilung von Zustellungsmängeln) lautet:

"Lässt sich die formgerechte Zustellung eines Dokuments nicht nachweisen oder ist es unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen, gilt es als in dem Zeitpunkt zugestellt, in dem es dem Empfangsberechtigten tatsächlich zugegangen ist, im Fall des § 5 Abs.5 in dem Zeitpunkt, in dem der Empfänger das Empfangsbekenntnis zurückgesendet hat."

 

§ 178 (Ersatzzustellung in der Wohnung, in Geschäftsräumen und Einrichtungen) der deutschen Zivilprozessordnung – dZPO lautet:

"Wird die Person, der zugestellt werden soll, in ihrer Wohnung, in dem Geschäftsraum oder in einer Gemeinschaftseinrichtung, in der sie wohnt, nicht angetroffen, kann das Schriftstück zugestellt werden

1.         in der Wohnung einem erwachsenen Familienangehörigen, einer in der       Familie beschäftigten Person oder einem erwachsenen ständigen       Mitbewohner,

2.         in Geschäftsräumen einer dort beschäftigten Person,

3.         in Gemeinschaftseinrichtungen dem Leiter der Einrichtung oder einem dazu           ermächtigten Vertreter."

 

§ 180 (Ersatzzustellung durch Einlegen in den Briefkasten) dZPO lautet:

"Ist die Zustellung nach § 178 Abs.1 Nr.1 oder 2 nicht ausführbar, kann das Schriftstück in einen zu der Wohnung oder dem Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt werden, die der Adressat für den  Postempfang eingerichtet hat und die in der allgemein üblichen Art für eine sichere Aufbewahrung geeignet ist. Mit der Einlegung gilt das Schriftstück als zugestellt. Der Zusteller vermerkt auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstückes das Datum der Zustellung."

 

§ 182 (Zustellungsurkunde) dZPO lautet:

"(1) Zum Nachweis der Zustellung nach den § 171, 177 bis 181 ist eine Urkunde auf dem hiefür vorgesehenen Formular anzufertigen. Für diese Zustellungsurkunde gilt § 418.

 

(2) Die Zustellungsurkunde muss enthalten:

1.         die Bezeichnung der Person, der zugestellt werden soll,

2.         die Bezeichnung der Person, an die der Brief oder das Schriftstück übergeben      wurde,

3.         im Falle des § 171 die Angabe, dass die Vollmachtsurkunde vorgelegen hat,

4.         im Falle der §§ 178, 180 die Angabe des Grundes, der diese Zustellung      rechtfertigt und wenn nach § 181 verfahren wurde, die Bemerkung, wie die             schriftliche Mitteilung abgegeben wurde,

5.         im Falle des § 179 die Erwähnung, wer die Annahme verweigert hat und dass        der Brief am Ort der Zustellung zurückgelassen oder an den Absender   zurückgesandt wurde,

6.         die Bemerkung, dass der Tag der Zustellung auf dem Umschlag, der das    zuzustellende Schriftstück enthält, vermerkt ist,

7.         den Ort, das Datum und auf Anordnung der Geschäftsstelle auch die Uhrzeit           der Zustellung,

8.         Name, Vorname und Unterschrift des Zustellers sowie die Angabe des        beauftragten Unternehmens oder der ersuchten Behörde."

 

4.2. Vorweg ist zu bemerken, dass die Zustellung eines Straferkenntnisses nach österreichischem Recht mittels einfachem Zustellnachweis (RSb) gemäß § 16 Zustellgesetz erfolgen kann, im Gegensatz zu Strafverfügungen, bei welchen eine Zustellung zu eigenen Handen (RSa) gemäß § 21 Abs.1 Zustellgesetz, gesetzlich normiert sind. Bei ersterer ist eine Zustellung an einen Ersatzempfänger möglich. 

 

Wie bereits oben unter Punkt 3. ausgeführt wurde, wurde das nunmehr angefochtene Straferkenntnis - da eine Zustellung mittels internationalem Postrückschein nicht erfolgreich war - durch das Regierungspräsidium Freiburg aufgrund des Zustellersuchens der Bezirkshauptmannschaft Schärding gemäß des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen zugestellt, in dem das angefochtene Straferkenntnis laut Postzustellungsurkunde am 1.9.2006 durch einen Postbediensteten der Deutschen Post AG an den Bw an seiner Wohnung zu übergeben versucht wurde. Weil die Übergabe des Schriftstückes in der Wohnung nicht möglich war, wurde dieses von der Zustellerin in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten am 1.9.2006 eingelegt. Dieser Vorgang stellt eine Ersatzzustellung durch Einlegen in den Briefkasten gemäß § 180 der deutschen Zivilprozessordnung (dZPO) dar. Darüber hinaus erfüllt die Postzustellungsurkunde die gesetzlichen Erfordernisse des § 182 dZPO und stellt diese sohin einen rechtsgültigen Zustellnachweis dar.  Aufgrund der Bestimmungen des § 11 Abs.1 Zustellgesetz – die Zustellung hat nach den Gesetzen des Staates, in dem zugestellt werden soll, zu erfolgen - und  da weder das deutsche Verwaltungszustellgesetz noch die deutsche Zivilprozessordnung Bestimmungen beinhalten, die Zustellungen bei nur vorübergehender Ortsabwesenheit regeln, war davon auszugehen, dass durch das Einlegen des Schriftstückes in den Briefkasten des Bw am 1.9.2006 eine rechtmäßige Zustellung bewirkt wurde. Dies hat zur Folge, dass mit diesem Tag die mit zwei Wochen bemessene Berufungsfrist gemäß § 63 Abs.5 AVG iVm § 24 VStG zu laufen begonnen und am 15.9.2006 geendet hat. Trotz ordnungsgemäßer Rechtsmittelbelehrung wurde die Berufung jedoch erst am 16.10.2007 – sohin verspätet - eingebracht.

 

Auch ist für den Bw – unbeschadet der obigen Ausführungen – mit seinem Vorbringen, wonach er erst am 24.9.2006 wieder ortsanwesend war, nichts zu gewinnen. Würde man nämlich diesen Tag als jenen der Kenntniserlangung ansehen, so wäre die Einbringung des Rechtsmittels ebenfalls als verspätet anzusehen, da diesfalls die Frist mit 9.10.2006 geendet hätte.

Der gleichzeitig mit der Berufung eingebracht Antrag auf Wiedereinsetzung vom 16.10.2006 war daher ebenfalls verspätet eingebracht.

 

Die Berufung war daher ohne Eingehen auf das Berufungsvorbringen als verspätet zurückzuweisen.

 

Zur Erläuterung für den Bw wird bemerkt, dass es sich bei einer Berufungsfrist um eine gesetzliche Frist handelt, deren Verlängerung oder Verkürzung einer Behörde nicht zusteht.      

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Klempt

 

 

Beschlagwortung:

Zustellnachweis, deutsche Ersatzzustellung

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum