Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-110733/7Kl/Rd/Pe

Linz, 19.04.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des Herrn I C, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Dr. B B, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding  vom 9.11.2006, VerkGe96-110-1-2006, wegen verspäteter Einbringung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 11.4.2007 zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 und 71 AVG iVm §§ 24 und 51 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat mit Bescheid vom 9.11.2006, VerkGe96-110-1-2006, den Antrag des I C auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist gegen das Straferkenntnis der belangten Behörde vom 10.7.2006, VerkGe96-110-1-2006, gemäß § 71 Abs.2 AVG als verspätet eingebracht zurückgewiesen.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und darin die Aufhebung des Bescheides sowie die Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.

Begründend wurde hiezu vom Rechtsvertreter des Bw ausgeführt, dass die Auffassung der belangten Behörde unrichtig sei, zumal aus dem Straferkenntnis in keiner Weise hervorgegangen sei, dass dieses angeblich am 1.9.2006 in den Briefkasten des Bw eingeworfen worden wäre. Noch weniger habe der Bw aufgrund des Straferkenntnisses erkennen können, dass dieses bereits rechtskräftig geworden ist und somit ein Fristenlauf für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand begonnen habe. Tatsache sei, dass erst im Zuge der Akteneinsicht durch den Beschuldigtenvertreter vor der belangten Behörde die Rechtskraft des zu bekämpfenden Straferkenntnisses festgestellt werden konnte, weshalb der Fristenlauf für die Wiedereinsetzung erst zu diesem Zeitpunkt in Gang gesetzt worden sei. Der Wiedereinsetzungsantrag sei sohin fristgerecht.

Selbst wenn man davon ausgehen würde, dass die Behebung des Straferkenntnisses durch den Bw aus dessen Postkasten den Fristenlauf in Gang setzen würde, so sei der Wiedereinsetzungsantrag fristgerecht, zumal der Bw das Straferkenntnis am 2.10.2006 behoben habe.

Richtig sei, dass der Bw nach seiner Rückkehr aus der Türkei den überfüllten Postkasten leerte. Im Anschluss habe der Bw die Post sortiert und diverse Schriftstücke gesichtet, wobei das zu bekämpfende Straferkenntnis nicht dabei gewesen sei. Auch an den folgenden Tagen habe der Bw seinen Postkasten regelmäßig geleert. Auch an diesen Tagen sei kein Straferkenntnis der belangten Behörde im Postkasten. Erst am 2.10.2006 war das zu bekämpfende Straferkenntnis unter den Poststücken, weshalb der Bw davon erst mit diesem Termin Kenntnis erlangt habe.

Warum auch immer das Straferkenntnis erst an diesem Tag in den Postkasten des Bw eingelegt worden sei, sei für diesen nicht ersichtlich. Jedoch könne ihm dieser Umstand nicht zum Nachteil gereichen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Über Antrag wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung am 11.4.2007 durchgeführt. Darin wurde bekräftigt, dass die Rückkunft am 24.9.2006 und die Behebung am 2.10.2006 erfolgte.

Aufgrund der im Akt befindlichen Zustellurkunde, welche als öffentliche Urkunde vollen Beweis liefert, wurde das Schriftstück am 1.9.2006 in den Briefkasten der Wohnung eingelegt. Es wäre daher eine Kenntnisnahme am Tag der Rückkunft, also am 24.9.2006, möglich gewesen. Eine weitere Beweisaufnahme hiezu war nicht erforderlich, insbesondere auch nicht betreffend der Behebung am 2.10.2006.

 

4. Es ist daher nachstehender Sachverhalt erwiesen:

 

Mit Schriftsatz vom 16.10.2006 wurde vom Rechtsvertreter ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand  sowie gleichzeitig Berufung gegen das Straferkenntnis vom 10.7.2006 erhoben. Aufgrund der im Akt befindlichen Postzustellungsurkunde – die als rechtsgültiger Zustellnachweis anzusehen ist – ist erwiesen, dass das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding dem Bw am 1.9.2006 durch Einlegen in den zur Wohnung des Bw gehörenden Briefkasten rechtswirksam zugestellt wurde. Entsprechend dem Vorbringen des Rechtsvertreters des Bw, hat sich der Bw vom 4.8.2006 bis zum 24.9.2006 in der Türkei aufgehalten und ist am 24.9.2006 nach Rückkehr der Postkasten vom Bw geleert worden. Die vorgelegten Reisepasskopien können lediglich einen Türkeiaufenthalt von 15.8.2006 bis 15.9.2005 nachweisen. Die Rückkehr am 24.9.2006 wird mit einer Reise auf dem Landweg erklärt. Dass ein Schriftstück der Bezirkshauptmannschaft Schärding erst am 2.10.2006 im Briefkasten vorgefunden wurde, widerspricht der Zustellurkunde. Diese liefert vollen Beweis. Eine unrichtige Beurkundung wurde nicht behauptet. Am 9.10.2006 wurde durch den Rechtsvertreter des Bw bei der belangten Behörde Akteneinsicht genommen.

 

5. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 71 Abs.1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn:

1.         die Partei glaubhaft macht, dass durch ein unvorhergesehenes oder             unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur       Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer       Grad des Versehens trifft, oder

2.         die Partei die Rechtsmittelfrist versäumt hat, weil der Bescheid keine           Rechtsmittelbelehrung, keine Rechtsmittelfrist oder fälschlich die Angabe         enthält, dass kein Rechtsmittel zulässig sei.

 

Gemäß § 71 Abs.2 AVG muss der Antrag auf Wiedereinsetzung binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt hat, gestellt werden.    

 

5.2. Vom Rechtsvertreter des Bw wurde anlässlich des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand der 24.9.2006 als jener Tag bezeichnet, an dem der Bw von seinem Türkeiaufenthalt zurückgekommen ist. Mit diesem Tag ist sohin das Hindernis, nämlich die Ortsabwesenheit des Bw, weggefallen. An diesem Tag konnte der Bw von dem nachweislich in den Briefkasten eingelegten Straferkenntnis Kenntnis erlagen. Als Hindernis iSd § 46 VwGG, nach dessen Aufhören die Frist zur Stellung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu laufen beginnt, kann nur das die Säumnis verursachende Ereignis angesehen werden (vgl. VwGH 2.6.1992, 92/14/0045, 19.2.1997, 96/21/1024 ua). Es beginnt daher mit 24.9.2006 gemäß § 71 Abs.2 AVG die zweiwöchige Frist zur Stellung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und endet diese mit 9.10.2006. Wenn der Rechtsvertreter nunmehr einwendet, der Bw habe erst am 2.10.2006 Kenntnis von der Existenz eines Straferkenntnisses gegen ihn erlangt, ändert dies nichts an der Tatsache, dass bereits mit 24.9.2006, nämlich der Rückkehr des Bw an seinen Wohnsitz, das Hindernis weggefallen ist, zumal er an diesem Tag Kenntnis erlangen konnte. Wann er tatsächlich Kenntnis nahm, ist hingegen für den Fristenlauf nicht relevant.

 

Zudem hätte der Rechtsvertreter als rechtskundige Person bereits im Zuge der Akteneinsicht am 9.10.2006 erkennen müssen, dass dieser der letzte Tag der Frist zur Stellung des Antrages auf Wiedereinsetzung bzw zur Berufungserhebung ist, da er eine Zustellurkunde über eine Zustellung am 1.9.2006 vorgefunden hat und der Bw selbst eingestanden hat, am 24.9.2006 wieder ortsanwesend gewesen zu sein und mit diesem Tag auch seinen Postkasten geleert zu haben. Der Vorwand, wonach bei der ersten Sichtung kein Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Schärding vorgefunden wurde, sondern erst am 2.10.2006, erscheint dem Oö. Verwaltungssenat nicht glaubhaft, da eine mit 1.9.2006 ausgefüllte Postzustellungsurkunde ausgestellt wurde und dem vorgelegten Verwaltungsstrafakt einliegt. Einen Nachweis, dass die Zustellurkunde unrichtig ist und eine Zustellung erst am 2.10.2006 tatsächlich erfolgt ist, hat der Bw hingegen nicht erbracht. Es ist daher von der Richtigkeit der Zustellurkunde als öffentliche Urkunde auszugehen. Auch kann die Behauptung den Bw nicht von seinem Verschulden, nämlich  der mangelnden Sorgfalt bei der Sichtung des Postkasteninhaltes, befreien. Auch liegt – entgegen der Ansicht des Bw – kein minderer Grad des Versehens vor, zumal nach der allgemeinen Lebenserfahrung erwartet werden kann, dass behördliche Schriftstücke besonders "ins Auge stechen". Wenn der Bw aber auch vermeint, er hätte kein Schriftstück (gemeint wohl: keinen Briefumschlag) mit der Aufschrift "Bezirkshauptmannschaft Schärding" vor dem 2.10.2006 aufgefunden, könnte sich dies damit erklären, dass aufgrund des Zustellersuchens das Schriftstück in einen Briefumschlag des Regierungspräsidiums Freiburg eingelegt war, zumal auf der Postzustellungsurkunde das Aktenzeichen "Az: 15-0137.2/5084" aufscheint. Dieser Umstand ändert jedoch nichts daran, dass der Bw am 24.9.2006 an seinen Wohnsitz zurückgekehrt ist und mit diesem Tag von der von der Behörde veranlassten Zustellung Kenntnis nehmen konnte.

 

Es war daher der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 16.10.2006 als verspätet eingebracht anzusehen.

 

Gemäß § 71 Abs.5 AVG findet gegen die Versäumung der Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrages keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand statt.

 

Hinsichtlich der Berufung gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 10.7.2006, VerkGe96-110-1-2006 wird auf die Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates vom 19. April 2007, VwSen-110728/11/Kl/Rd/Pe, hingewiesen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Klempt

 

 

 

Beschlagwortung:

deutsche Ersatzzustellung, Fristenlauf ab Kenntnis, Wegfall des Hindernisses

 

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