Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162022/3/Fra/Hu/Ga

Linz, 20.04.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn Mag. Dr. H B, M, 40 L, gegen die Höhe der mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 16. Jänner 2007, VerkR96-24923-2004/Pos, wegen Übertretung des § 18 Abs.1 StVO 1960, verhängten Strafe, zu Recht erkannt:

 

I.                     Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die Geldstrafe auf 36 Euro herabgesetzt wird. Für den Fall der Uneinbringlichkeit dieser wird eine Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden festgesetzt.

II.                   Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat keinen Kostenbeitrag zu entrichten. Für das Verfahren erster Instanz ermäßigt sich der Kostenbeitrag auf 10 % der neu bemessenen Strafe (3,60 Euro).

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 VStG; §§ 16 und 19 VStG;

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des § 18 Abs.1 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 100 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) verhängt, weil er am 8.11.2004 um 10.07 Uhr im Gemeindegebiet E auf der A, Strkm 18, in Fahrtrichtung S, als Lenker des Kfz, polizeiliches Kennzeichen W, beim Fahren hinter dem nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug keinen solchen Abstand eingehalten hat, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich gewesen wäre, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst worden wäre, da er bei einer Fahrgeschwindigkeit von 93 km/h (Messtoleranz bereits zu seinen Gunsten abgezogen) einen Sicherheitsabstand von nur 0,47 Sekunden einhielt.

 

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

 

I.2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land - als nunmehr belangte Behörde - legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil im angefochtenen Straferkenntnis weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000  Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c erster Satz VStG).

 

I.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

Der Bw hat im Rechtsmittelverfahren seine Berufung auf das Strafausmaß eingeschränkt. Der Schuldspruch ist sohin in Rechtskraft erwachsen, weshalb diesbezüglich eine Berufungsentscheidung entfällt. Der Oö. Verwaltungssenat hat demnach zu überprüfen, ob die Strafe nach den Kriterien des § 19 VStG rechtmäßig bemessen wurde und ob allenfalls eine Herabsetzung dieser in Betracht kommt.

 

Bei der Strafbemessung obliegt es der Behörde, gemäß § 60 AVG iVm § 24 VStG die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage, gelegen in der gesetzmäßigen Ausmessung der Strafe, klar und übersichtlich zusammenzufassen. Als Rechtsfrage stellt sich hiebei für die Behörde die Aufgabe, unter Bedachtnahme auf die soziale und wirtschaftliche Situation des Beschuldigten im Rahmen des gesetzlichen Strafsatzes die dem Unrechts- und Schuldgehalt der Tat angemessene Strafe festzusetzen, also bei der Strafbemessung auf objektive und subjektive Kriterien der Tat Bedacht zu nehmen.

 

Eine Anwendung des § 21 VStG scheidet aus, weil das Verschulden des Bw nicht geringfügig ist. Nach der einschlägigen Judikatur des VwGH kann die Schuld des Beschuldigten nur dann als geringfügig angesehen werden, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt. Dies ist hier aus nachstehenden Gründen nicht der Fall:

 

Der Sicherheitsabstand soll mindestens gleich sein wie etwa die Länge des Reaktionsweges. Die Faustformel für die Berechnung des Reaktionsweges lautet: 1/10 der Geschwindigkeit x 3. Der Bw hätte sohin bei einer Geschwindigkeit von rund 90 km/h rund 27 m Sicherheitsabstand einhalten müssen. Tatsächlich hat er abzüglich der Toleranzen lediglich rund 12 m eingehalten. In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass ein zu geringer Sicherheitsabstand gerade auf Autobahnen, wo sich die Fahrzeuge naturgemäß mit hohen Geschwindigkeiten bewegen, eine der Gefahrenquellen schlechthin ist und dadurch die Interessen der Verkehrssicherheit wesentlich beeinträchtigt werden. Der Unrechts- und dadurch indizierte Schuldgehalt der Übertretung ist daher nicht als geringfügig anzusehen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass durch die Übertretung keine nachteiligen Folgen zu verzeichnen waren.

 

Die Strafe war dennoch aus drei Gründen neu zu bemessen:

 

  1. Der Bw ist verwaltungsstrafrechtlich unbescholten. Dieser Umstand fällt zugunsten des Bw besonders ins Gewicht. Erschwerende Umstände sind im Verfahren nicht hervorgekommen.
  2. Der Bw ist für Gattin und sieben Kinder sorgepflichtig.
  3. Entsprechend den Strafbemessungskriterien des § 19 VStG iVm § 34 Abs.2 StGB „ist es auch ein Milderungsgrund, wenn das gegen den Täter geführte Verfahren aus einem nicht von ihm oder seinen Verteidiger zu vertretenden Grund unverhältnismäßig lange gedauert hat“ (zu § 34 Abs.2 StGB vergleiche die EB zur RV zum Strafrechtsänderungsgesetz 1996, 33 Blg. Nr. 20.GP). Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 5.12.2001, Zl. B4/01, ausgesprochen, dass das Gesetz bei der Strafbemessung in einer dem Artikel 6 Abs.1 MRK widersprechenden Weise angewendet wird, wenn eine (über)lange Verfahrensdauer nicht festgestellt und als strafmildernd bewertet wird. Im hier durchgeführten Verfahren ist festzustellen, dass der Bw aufgrund der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 23. Mai 2005 eine mit 6.7.2005 datierte und am 7. Juli 2005 bei der belangten Behörde eingelangte Stellungnahme abgegeben hat. Bis zum Zeitpunkt der Erlassung des Straferkenntnisses (Zustellung am 19. Jänner 2007) hat die belangte Behörde keine Aktivitäten gesetzt. Dieser Umstand ist bei der Strafbemessung im Sinne der oa. Judikatur zusätzlich als mildernd zu werten.

 

Mit der neu bemessenen Strafe wurde der gesetzliche Strafrahmen lediglich zu rund 5 % ausgeschöpft. Die Strafe ist nach Auffassung des Oö. Verwaltungssenates unter Berücksichtigung der oa. Umstände nunmehr tat- und schuldangemessen festgesetzt und den sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Bw angepasst. Eine weitere Herabsetzung der Strafe ist aus präventiven Gründen nicht vertretbar.

 

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

II. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss  - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. F r a g n e r

 

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