Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-340052/18/Br/Ps

Linz, 23.04.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn G S, geb., S, N, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 29.1.2007, Zl. Agrar96-20-2005-Ma, und gegen die Ermahnung vom 16.8.2005, nach der ad a) am 19.3.2007 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und ad b) ergänzend durchgeführter Beweisaufnahme, zu Recht:

 

I.      a)    Der Berufung wird hinsichtlich des Wiedereinsetzungsantrages      stattgegeben;

        b)   der Berufung gegen die Ermahnung wird Folge gegeben, der           Schuldspruch wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 24 VStG iVm § 66 Abs.4 u. § 71 Abs.1 u. 3 AVG, sowie § 45 Abs.1 Z1 u. § 51e Abs.1 Z1 VStG.

 

II.            Für das Berufungsverfahren entfallen Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Bescheid des Bezirkshauptmannes von Braunau am Inn wurde der Antrag des Berufungswerbers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 2.5.2006 und ergänzt mit seinem Schreiben vom 30.8.2006 als unbegründet abgewiesen. Gestützt wurde die Entscheidung auf § 71 Abs.1, 3 u. 4 AVG.

 

1.1. Begründend traf die Behörde erster Instanz als Organ der Landesverwaltung in I. Instanz nachfolgende Feststellungen und führte Folgendes aus:

"Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 16.8.2005, Agrar96‑20‑2005‑Ma, wurde Herrn G S als Jagdleiter der Jagdgesellschaft N zur Last gelegt, dass die Jagdgesellschaft N für den Bereich der Genossenschaftsjagd N die mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 8.6.2004, Agrar01‑250‑2004‑Mc, genehmigten Abschusszahlen des Abschussplanes für das Jagdjahr 2004/05 von 233 Stück Rehwild um 30 Stück (d.s. 13 %) unterschritten und somit den Bestimmungen des § 50 Abs. 1 Oö. Jagdgesetz zuwidergehandelt hat. Von der Verhängung einer Strafe wurde abgesehen und wurde eine Ermahnung erteilt. Der gegenständliche Bescheid wurde am 23.8.2005 von Herrn G S übernommen und wurde in der Folge rechtskräftig. Mit Schreiben vom 10.3.2006 ersucht Herr G S um Bekanntgabe des Verfahrensstandes und bringt vor, dass er mit Schreiben vom 22.8.2005 Berufung gegen den zitierten Bescheid erhoben hat. Diesem Schreiben war die Kopie einer Berufung vom 22.8.2005 angeschlossen.

 

Zu diesem Schreiben wurde Herr G S seitens der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn mit Schreiben vom 20.4.2006 darauf aufmerksam gemacht, dass die erwähnte Berufung bei der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn nie eingelangt ist und wurde er ersucht, einen Nachweis über das tatsächliche Einlagen der Berufung (Einschreiben etc.) vorzulegen. Ferner wurde er gebeten aufzuklären, warum die Berufung mit 22.8.2005 datiert, während die Ermahnung von ihm laut Rückschein erst am 23.8.2005 übernommen wurde. Für das Einlangen einer Stellungnahme wurde eine Frist von 14 Tagen eingeräumt.

 

In der Folge Übermittelte Herr G S ein mit 2.5.2006 datiertes Schreiben, indem er vorbringt, überrascht zu sein, dass seine Eingabe, datiert mit 22.8.2005, nicht bei der Behörde eingelangt sei. Sie sei von ihm zur Post gegeben worden. Er bringt weiters vor, dass in seinem Betrieb der Postbote die bereitgelegten Poststücke jeweils mitnimmt, sodass er selbst nicht zum Postamt zu gehen habe, um diese aufzugeben. Er habe aufgrund dessen auch keine Veranlassung gesehen, die Eingabe eingeschrieben aufzugeben.

 

Zum Umstand, die Berufung sei schon vor der Zustellung des Bescheides datiert, könne nur auf einen Irrtum hingewiesen werden. Keinesfalls solle unterstellt werden, dass die Eingabe gar nicht gemacht oder abgeschickt worden sei. Im übrigen, welchen Anlass soll es geben, gerade jetzt, mehr als 8 Monate nach der Bescheiderlassung plötzlich eine Eingabe zu machen, um nach dem Verfahrensstand zu fragen, wäre keine Berufung erhoben worden.

 

Wiederholt wird, dass die Eingabe (Berufung) sofort nach Bescheidzustellung gemacht worden sei.

 

Abschließend wurde von Herrn S vorsorglich beantragt, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand betreffend die Versäumung der Berufungsschrift zu bewilligen. Zur Rechtzeitigkeit des Wiedereinsetzungsantrages wird vorgebracht, dass der Umstand, dass die Berufung nicht bei der Behörde eingelangt sei, erst mit Schreiben vom 20.4.2006 bekannt geworden sei. Abschließend wird die Berufung wiederholt, auf die Darstellung in der Eingabe vom 22.8.2005 verwiesen und der Antrag wiederholt, das Strafverfahren einzustellen.

 

In der Folge vertrat die Behörde zunächst die Ansicht, der Wiedereinsetzungsantrag sei verfristet, was sie allerdings mit Schreiben vom 17.8.2006 revidierte, Herrn S aber auftrug, glaubhaft zu machen, durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert gewesen zu sein, die Berufungsfrist einzuhalten. Er wurde eingeladen, Beweise dahingehend vorzulegen, dass die Berufung innerhalb der Berufungsfrist vom ihm zur Post gegeben worden sei. Für die Behebung des Mangels wurde eine Frist von 14 Tagen eingeräumt und wurde auf eine mögliche Zurückweisung hingewiesen.

 

Zu diesem Schreiben hat Herr S mit Schreiben vom 30.8.2006 eine eidesstättige Erklärung vorgelegt, in der er selbst an Eides statt erklärt, dass es in seinem Betrieb ständige Übung sei, die Post nicht beim Postamt aufzugeben sondern dem Zusteller mitzugeben und dass es betreffend die tatsächliche Übergabe der Poststücke vom Zusteller an das Postamt zumindest nach seiner Erinnerung zu keinerlei Unregelmäßigkeiten gekommen sei. Die Berufung sei fristgerecht geschrieben und sei dieser an die Bezirkshauptmannschaft Braunau am hin adressierte Brief sofort gemeinsam mit der Geschäftspost dem Zusteller zur Übergabe an das Postamt N mitgegeben worden.

 

B e g r ü n d u n g:

 

Gemäß § 71 Abs. 1 AVG 1950 ist auf Antrag der Partei die Versäumung gegen die Versäumung einer Frist, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft (l. Variante).

 

Gemäß § 71 Abs. 3 AVG hat im Fall der Versäumung einer Frist die Partei die versäumte Handlung gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag nachzuholen.

 

Gemäß § 71 Abs. 4 AVG ist zur Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung die Behörde berufen, bei der die versäumte Handlung vorzunehmen war.

 

Wie der Einleitung zum gegenständlichen Bescheid zu entnehmen ist, wurde gegen Herrn G S als Jagdleiter der Jagdgesellschaft N wegen einer Übertretung des Oö. Jagdgesetzes. eine Ermahnung erteilt. Da bei der Behörde innerhalb der Rechtsmittelfrist keine Berufung eingelangt ist, erlangte der gegenständliche Bescheid Rechtskraft. Zirka ein Jahr später hat sich Herr S schriftlich nach dem Verfahrensstand, bezüglich der von ihm erhobenen Berufung erkundigt und diesem Schreiben eine Kopie der Berufung angeschlossen. In der Folge wurde ihm mitgeteilt, dass bei der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn innerhalb der Rechtsmittelfrist keine Berufung gegen den zitierten Bescheid eingelangt ist, was ihn veranlasste einen Antrag zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu stellen. Behauptet wurde, die Berufung sei jedenfalls der Behörde übermittelt worden, zwar insofern, als sämtliche Poststücke im Hause S dem Postboten zur Mitnahme an das Postamt N übergeben wurden, so auch die gegenständliche Berufung.

Mit Schreiben vom 17.8.2006 wurde Herr G S insofern zur Mängelbehebung seines Wiedereinsetzungsantrages aufgefordert, als ihm aufgetragen wurde, glaubhaft zu machen, dass die Berufung innerhalb der Berufungsfrist zur Post gegeben wurde und aus welchem Grund auch immer bei der Behörde nicht eingelangt ist. Seine von ihm unterfertigte eidesstättige Erklärung wurde vorgelegt, in der wiederholt wird, dass es im Betrieb des Herrn G S ständige Übung sei, die Post nicht beim Postamt aufzugeben sondern dem Zusteller mitzugeben und dass es betreffend die tatsächliche Übergabe der Poststücke vom Zusteller an das Postamt zumindest nach Erinnerung des Herrn G S zu keinerlei Unregelmäßigkeiten gekommen sei. Die Berufung wurde fristgerecht geschrieben und wurde der an die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn adressierte Brief sofort gemeinsam mit der Geschäftspost dem Zusteller zur Übergabe an das Postamt N mitgegeben. Weitere Erklärungen, insbesondere eine eidesstättige Erklärung des Postbediensteten, oder ähnliches wurden nicht vorgelegt. Herr G S bringt ferner vor, dass er durch einen nicht mehr nachvollziehbaren Verlust des Poststückes in der rechtzeitigen Erhebung gehindert wurde.

 

Es stellt sich aber in weiterer Folge die Frage, ob ein derartiges Postübergabesystem nicht ein Verschulden zumindest eine Fahrlässigkeit beinhaltet, zumal es insbesondere bei fristgebundenen Schriftstücken üblich ist, derartige Poststücke entweder eingeschrieben direkt am Postamt zu versenden oder aber bei einer Übergabe an Bedienstete der Post in einem Postbuch oder ähnlichem zu vermerken. Insofern kann nicht davon ausgegangen werden, dass Herrn G S an der Versäumung der Frist zur Erhebung der Berufung zumindest geringes Verschulden trifft, obwohl er vorbringt, dass es bei der Übergaben von Poststücken an den Mitarbeiter des Postamtes N bislang noch nie zu Schwierigkeiten gekommen ist. Vielmehr wäre er verpflichtet gewesen ‑ und entspricht dies auch dem allgemein üblichen ‑den Brief mit der Berufung nachweislich aufzugeben und ihn nicht wie die sonstige Geschäftspost zu behandeln.

 

Sohin trifft ihn zumindest eine Fahrlässigkeit in Bezug auf die Art und Weise, wie er die Berufung zur Post gegeben hat, sodass die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gegeben sind und spruchgemäß zu entscheiden war."

 

2. Der Zurückweisungsbescheid wurde dem Berufungswerber am 1.2.2007 eigenhändig zugestellt.

 

2.1. Dagegen wendet er sich mit seiner per 12.2.2007 bei der Behörde erster Instanz (durch Abgabe in der Einlaufstelle) fristgerecht eingebrachten Berufung mit nachfolgenden Ausführungen:

"Gegen den Bescheid vom 29.01.2007, mit dem mein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgewiesen worden ist, erhebe ich das Rechtsmittel der

 

Berufung

und begründe dieses wie folgt:

 

Der Bescheid wird wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung zur Gänze angefochten.

 

Die Behörde folgt nach den allerdings insoweit undeutlichen Feststellungen meinem Vorbringen zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrages, wobei aber die Übergabe des Briefes an die Behörde an den Postbediensteten als Verschulden qualifiziert wird. Ohne dies ausdrücklich auszuführen wird offenbar auch davon ausgegangen, dass ein "minderer Grad des Versehens" ebenfalls nicht anzunehmen ist.

Diese rechtliche Beurteilung ist unrichtig. Es entspricht der ständigen Erfahrung jedes Österreichers, dass in unserem Lande die Postbeförderung zuverlässig funktioniert. Dass ungeachtet dessen ‑ auch rec. ‑ Poststücke verschwinden können, ist niemals ausgeschlossen, kommt allerdings ganz selten vor. Jedenfalls muss ein Durchschnittsbürger mit einer derartigen Panne nicht rechnen. Die von mir dargestellte Praxis, dem Zusteller Poststücke mitzugeben, ist eine in Landgemeinden in denen ein entsprechend weiter Weg ins Dorf und zum Postamt besteht, völlig gängige übliche Vorgangsweise, wie sie nicht nur in N praktiziert wird, sondern auch anderswo bestens funktioniert. Auf Grund der Auflösung vieler Postämter besteht ja nunmehr landauf‑landab die Praxis, Zustellstücke in Kaufhäusern oder Trafiken zur Beförderung abzugeben, ohne dass dies an der Zuverlässigkeit der Postbeförderung etwas geändert hätte. Richtigerweise wäre von der Behörde die Übergabe des Briefes an den Postbediensteten ohne schriftlichen Nachweis der Übergabe überhaupt nicht als Verschulden zu qualifizieren gewesen, umso weniger kann ein derartiges Verhalten ‑ womit sich die Behörde aber nicht auseinander gesetzt hat ‑ als grob fahrlässig qualifiziert werden. Die Voraussetzung für die Bewilligung des Wiedereinsetzungsantrages liegen daher vor. Ich stelle daher den

Antrag

meiner Berufung Folge zu geben und den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass meinem Wiedereinsetzungsantrag Folge gegeben wird. Im übrigen wiederhole ich die bereits im Verfahren gestellten Anträge."

 

2.2. In der per 22.8.2005 datierten Berufung gegen die Ermahnung führte der Berufungswerber im Ergebnis aus, als Jagdleiter alles zur Erfüllung des Abschussplans für das Jagdjahr 2004/2005 unternommen zu haben. Darin wurden noch weitere Beweisanbote angekündigt.

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Verlesung des Verfahrensaktes der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn, sowie durch Anhörung des Berufungswerbers und der zeugenschaftlichen Einvernahme des postamtlichen Zustellers im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung.

Ergänzend wurde in Hinblick auf das Erstellungsdatum des verfahrensgegenständlichen Rechtsmittels in den Datenbestand des PC's (Notebook) des Berufungswerbers Einschau genommen. Zuletzt wurde dem Berufungswerber zur Vorlage weiterer Beweismittel eine Frist von zwei Wochen eröffnet. Dieser wurde mit der Vorlage einer eidesstättigen Erklärung eines jagdrechtlich informierten Vertreters vom 30.3.2007 entsprochen.

Der Behörde erster Instanz wurde folglich zur ergänzend vorgelegten eidesstättigen Erklärung als auch zur zwischenzeitig im Berufungsverfahren eingeholten jagdfachlichen Stellungnahme ein Parteiengehör eröffnet. Davon machte die Behörde erster Instanz in beiden Fällen Gebrauch.

 

3.1. Die Behörde erster Instanz sprach am 16.8.2005 gegen den Berufungswerber als Jagdleiter der Jagdgesellschaft N und demnach als nach § 9 Abs.1 VStG nach außen vertretungsbefugtes und verwaltungsstrafrechtlich verantwortliches Organ, wegen Nichterfüllung des Abschlussplanes (Unterschreitung um 13 %) im Jagdjahr 2004/2005 für das Rehwild, gestützt auf § 50 Abs.1 Oö. JagdG, eine Ermahnung aus.

Dieser Bescheid wurde dem Berufungswerber am 23.8.2005 bei eigenhändiger Übernahme der RSa-Sendung zugestellt.

Festzustellen ist eingangs die Auffälligkeit, wonach die angebliche Berufung gegen die Ermahnung einen Tag vor der Zustellung derselben – nämlich am 23.8.2005 – datiert ist. Darauf wies bereits die Behörde erster Instanz mit dem Schreiben an den Berufungswerber vom 20.4.2006 hin.

Darauf replizierte der Berufungswerber mit einem Irrtum im Datum und weiter im Ergebnis wie in der Begründung seiner verfahrensgegenständlichen Berufung zum abgewiesenen Wiedereinsetzungsantrag.

Ein gänzliches Unterbleiben einer Berufung stellt der Berufungswerber mit Nachdruck in Abrede. Warum, so der Berufungswerber, sollte er sich acht Monate nach Verfahrenserledigung nach dem Verfahrensstand erkundigt haben, wenn er gegen diese Entscheidung kein Rechtsmittel ergriffen hätte. Seine Eingabe (Berufung) sei unmittelbar nach der Zustellung gemacht worden.

In der aufgetragenen Mitteilung vom 30.8.2006  erklärte der Berufungswerber das Rechtsmittel in verkehrsüblicher Weise dem Zusteller zur Beförderung übergeben zu haben. Dies untermauerte er durch seine mit ebenfalls 30.8.2006 datierten eidesstättigen Erklärung. Ebenfalls wurde zu dieser Praxis die Einvernahme eines informierten Vertreters des Postamtes N beantragt. Abermals verwies er auf die Widersinnigkeit, sich nach einem Verfahrensstand zu erkundigen, von dessen Erledigung er überzeugt gewesen wäre.

Daher möge seinem Antrag stattgegeben werden.

 

3.2. Feststellungen zur Wiedereinsetzung:

Der Berufungswerber verfasste nach Zustellung der Ermahnung das Rechtsmittel, welches er wohl irrtümlich mit 22.8.2005 datiert haben dürfte. Die Berufungsbehörde geht davon aus, dass er dieses dem Postboten zur Beförderung übergeben hat, wobei dieses jedoch bei der zuständigen Abteilung der Bezirkshauptmannschaft Braunau – aus welchen Gründen auch immer – nicht einlangte.

Am 10.3.2006 stellte der Berufungswerber eine Anfrage über den Sachausgang hinsichtlich der von ihm per Schreiben vom 22.8.2005 verfassten Berufung. Mit Schreiben vom 20.4.2006 teilte ihm die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn u.a. mit, dass ein Rechtsmittel nicht eingegangen sei.

Mit der Eingabe des Berufungswerbers vom 2.5.2006 beantragte er unter Hinweis auf seine bereits der Anfrage vom 10.3.2006 angeschlossenen Berufung "vorsorglich" die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

 

3.2.1. Der Berufungswerber bekräftigte abermals im Rahmen der Berufungsverhandlung, die Berufung mit Sicherheit schon am Tag nach der Zustellung der Ermahnung dem Zusteller – welchen er auf Grund der zwischenzeitig mehrfachen Wechsel nicht mehr benennen könne – zwecks postamtlicher Beförderung an die Behörde erster Instanz übergeben zu haben.

Die Verfassung der Berufung unmittelbar am Anschluss der Zustellung könnte allenfalls auch von Jagdkameraden, denen er von der Ermahnung erzählt habe und welche ihm zum Rechtsmittel geraten hätten, bestätigt werden.

Der nach Entbindung von der amtlichen Verschwiegenheitspflicht zeugenschaftlich dazu befragte Zusteller G S bestätigte im Rahmen der Berufungsverhandlung die Darstellung des Berufungswerbers insoweit, als er regelmäßig vom Berufungswerber Post zur Beförderung übernommen habe. Dies ebenfalls im August 2005. Ob sich darunter allerdings ein Schreiben an die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn befunden hat, konnte der Zeuge jedoch naturgemäß nicht mehr bestätigen. Andererseits wies der Zeuge darauf hin, auch Einschreibesendungen übernommen zu haben, für welche er entsprechende Bestätigungen ausstellte. Von dieser Möglichkeit wurde offenbar im gegenständlichen Fall laut Zeugen vom Berufungswerber nicht Gebrauch gemacht.

Jedenfalls vermochte der Berufungswerber eine derartige Bestätigung nicht vorzulegen, weil er laut Darstellung im Antrag vom 2.5.2006, "auf Grund des guten Funktionierens der bloßen Übergabe an den Postboten", eine Sendung als  Einschreiben nicht notwendig erachtet habe.

Der Berufungswerber bot der Berufungsbehörde letztlich noch die Beweisvorlage in Form einer entsprechenden Erklärung einer über die behauptete rechtzeitige Berufungserhebung informierten Person an. Ebenfalls erklärte er sich zur Einschau in den Datenbestand seines PC's über das Erstellungsdatum des fraglichen Schreibens bereit. Vorweg wies er jedoch diesbezüglich auf eine wegen PC-Tausches allenfalls zwischenzeitig schon erfolgten Löschung dieser Datei hin.

Dies wurde vom Verhandlungsleiter im Anschluss an die Berufung vor Ort noch überprüft, wobei jedoch auf dem Notebook keine entsprechende Datei in dem im Windows-Explorer angelegten Ordner "JAGD" vorgefunden werden konnte.

Zuletzt reichte der Berufungswerber binnen der ihm anlässlich der Berufungsverhandlung eröffneten zweiwöchigen Frist eine Erklärung des Dr. G. R nach. Darin gelangt durch Dr. R. zum Ausdruck, vom Berufungswerber regelmäßig in jagdrechtlichen Fragen zur Rate gezogen zu werden. Er könne sich erinnern anlässlich der dem Berufungswerber zugegangenen Ermahnung diese von ihm vorgelesen erhalten zu haben. Der Berufungswerber habe gemeint, dagegen nichts unternehmen zu wollen, weil es sich ohnedies nur um eine Ermahnung handle. Nach Erklärung der Sach- u. Rechtslage in Verbindung mit dem Hinweis, dass aus seiner Sicht (des Dr. G. R.) von einem Verschulden nicht die Rede sein könne, habe sich der Berufungswerber zur Ergreifung eines Rechtsmittels entschlossen. Das Rechtsmittel habe er ihm dann dem Inhalt nach am Telefon diktiert, wobei der Berufungswerber offenkundig mitgeschrieben und erklärt habe, dieses sofort an die Bezirkshauptmannschaft zu schicken.

 

3.2.2. Vor dem Hintergrund dieses Beweisergebnisses wird von einer fristgerechten Postaufgabe des Rechtsmittels und demnach von einer unverschuldeten Versäumnis der Rechtsmittelfrist ausgegangen. Dies kann einerseits mit Blick auf die Angaben des Zustellers, aber auch der Darstellung des Berufungswerbers und der von ihm vorgelegten eidesstättigen Erklärungen zumindest im Zweifel nicht von der Hand gewiesen werden. Wenn als Datum des Berufungsschreibens irrtümlich der 22.8.2005 genannt wurde, vermag dies durchaus eher als Indiz für eine unverzügliche Erstellung dieses Rechtsmittels herhalten, als etwa eine Rückdatierung zwischen dem 10.3.2006 und dem 2.5.2006, als er sich mit dem Schreiben vom 10.3.2006 über den Sachausgang erkundigte. Es wird in diesem Zusammenhang dem Berufungswerber nicht zugesonnen, dass er sich im Wissen der versäumten Frist, quasi nur scheinhalber über den ihm durch die unbekämpft gebliebene Ermahnung ohnedies bekannten Sachausgang erkundigt hätte, um dann einen Wiedereinsetzungsantrag zu stellen. Wenn die entsprechende Rechtsberatung bereits im Zuge der Zustellung der Ermahnung erfolgte, scheint es logischer, dass dieses Rechtsmittel offenkundig doch sofort verfasst und auch dem Postbediensteten mitgegeben wurde. Dass es schließlich, aus welchen Gründen auch immer, nicht bei der Bezirkshauptmannschaft einlangte, kann daher nicht zwingend als Verschulden des Berufungswerbers umgedeutet werden.

Dass sich schließlich auch die diesbezügliche Datei nicht mehr am PC des Berufungswerbers auffinden ließ, ist mit dem Hinweis auf eine zwischenzeitig mögliche Löschung bzw. Nichtübernahme der Daten auf ein neues Notebook ebenfalls nicht unplausibel. Dass sämtliche Eingaben im identen Schriftbild (Times New Roman 12 dpi) verfasst wurden, unterstützt die Glaubwürdigkeit der Darstellung des Berufungswerbers ebenfalls.

Natürlich wäre die damalige Einbringung des Rechtsmittels leichter und schlüssiger glaubhaft zu machen gewesen, hätte sich der Berufungswerber der vom Postzusteller dargelegten Einschreibemöglichkeit bedient. Aber auch in diesem Fall wäre er bei einem nicht unwahrscheinlicher zu erwarten gewesenen Verlust des Schreibens auf das Rechtsinstitut der Wiedereinsetzung und die Glaubhaftmachung der Beförderung dieses Rechtsmittels angewiesen geblieben.

Die Behörde erster Instanz spricht sich im Rahmen des ihr unter Anschluss der eidesstättigen Erklärung des Dr. G. R gewährten Parteiengehörs gegen die Gewährung der Wiedereinsetzung aus. Im Ergebnis wird unter Hinweis auf die Beweisaufnahme im Berufungsverfahren vermeint, es gelte vom Wiedereinsetzungs- bzw. Berufungswerber die unverschuldete Fristversäumnis auch durch die vorgelegte eidesstättige Erklärung des Dr. R. keineswegs als glaubhaft gemacht. Zutreffend ist darin wohl kein Beweis für die Beförderung des Rechtsmittels zu erblicken. Aber es genügt für die Wiedereinsetzung dessen Glaubhaftmachung, um dieses Institut nicht auf eine bloß theoretische, letztlich aber in der Realität nicht umsetzbare Möglichkeit zu reduzieren, wie es offenbar der Behörde erster Instanz durch deren Stellungnahme vorzuschweben scheint. 

 

4. Feststellungen in der Sache:

Vom Berufungswerber wurde für das fragliche Jahr am 21.4.2004  der Behörde eine Abschussplanung von 212 Rehen (70 Böcke, 70 Altgeißen, sowie 24 männliche und 48 weibliche Kitze) zur Genehmigung vorgelegt. Diese Anzahl hat dem im Vorjahr festgelegten Abschussplan entsprochen. Einer Erhöhung dieses Planziels wurde mit dem Hinweis auf ein diesbezügliches Einvernehmen mit dem Jagdausschuss entgegengetreten. 

Dennoch befand die Behörde unter Hinweis auf Ergebnis der Begehung durch den Vertreter des forsttechnischen Dienstes am 1.4.2004 (eine Fläche mit einer Verbisssituation der Stufe III, drei Flächen der Stufe II und zwei der Stufe I) um 10 % zu erhöhen.

Faktum ist ferner, dass aus den im Akt erliegenden Aufzeichnungen eine mit 1.5. beginnende und bis zum 30.12.2004 durchgehende Abschussaktivität zu verzeichnen ist. So wurden etwa im Dezember noch 38 Rehe erlegt, wobei diese Abschüsse durch die Beteiligung von an die zwanzig verschiedener Jäger getätigt wurden.

Bei den weiblichen Stücken als Nachwuchsträger ergab sich mit 114 % sogar eine Übererfüllung des Planziels.

Der Sachverständige führt dazu im Detail aus:

"…….Zu begründen ist dies damit, dass die Mindererfüllung gegenüber den Abschussplanvorgaben überwiegend bei den Böcken (-43 %), und zu einem geringeren Anteil bei den Kitzen (-11 %) gegeben ist. Bei den Geißen, also den eigentlichen "Zuwachsträgern", wurden hingegen um rund 10 Stück mehr als im Abschussplan vorgegeben (+ 14 %) erlegt. Eine Beurteilung der Abschussliste lässt darauf schließen, dass sowohl für den Bockabschuss, als auch den Abschuss der Geißen und Kitze die Abschusszeit ausreichend genützt wurde. Auch das Geschlechterverhältnis der erlegten Stücke, insbesondere auch bei den Kitzen, lässt keinen Hinweis auf ein schuldhaftes Verhalten erkennen.

Die Verbissbeurteilung Stufe I mit positiver Tendenz lässt darüber hinaus darauf schließen, dass durch die Abschüsse der vorangegangenen Jahre und dem gegenständlichen Jagdjahr eine gegenüber den Vorjahren deutliche Verbesserung der Verhältnisse im Jagdgebiet eingetreten ist, sodass davon auszugehen ist, dass mit den kontinuierlichen Abschussplan- und Abschusserhöhungen in den vergangenen Jahren die mit der gegenständlichen Abschussplanverordnung vorgesehenen Intentionen, der Herstellung einer tragbaren Wilddichte, zumindest für das Jagdjahr 2004/05 im Genossenschaftsjagdgebiete N, trotz einer Mindererfüllung des Abschussplanes, erreicht scheinen.    ….."

 

4.1. Der im Berufungsverfahren beigezogene jagdfachliche Sachverständige erblickt demnach im Gegensatz zum forsttechnischen Dienst der Behörde erster Instanz in dieser Faktenlage kein jagdfachliches Manko. Die Behörde erster Instanz trat dieser Fachmeinung in ihrer abschließenden Stellungnahme an die Berufungsbehörde vom 18.4.2007 nicht entgegen, verwies jedoch abermals auf die Ausführungen im Wiedereinsetzungsverfahren, worin die Berufungsabweisung betreffend den Wiedereinsetzungsantrag beantragt wurde.

Demnach sollte die Sache einer meritorischen und damit an der einer inhaltlichen Richtigkeit zugänglichen Erledigung entzogen bleiben.

 

4.2. Die Behörde erster Instanz schien bei der Einschätzung des dem Schuldspruch zu Grunde liegenden Sachverhalts ausschließlich der an der Abschussplanung und den dieser Planung zu Grunde liegenden Einschätzung des forsttechnischen Dienstes zu folgen. Dies betreffend die künftige Entwicklung in einem Jagdrevier und die Annahme der Erfüllbarkeit und Planvorgaben. Demnach wäre trotz der jagdlichen Aktivität im Dezember das vermeintlich in den Vormonaten eingetretene Abschussdefizit nicht mehr aufholbar gewesen. Daran wurde der Schuldspruch geknüpft.

Vor dem Hintergrund einer weder ausschließlich statistischen Beurteilbarkeit der Rehwildpopulation bzw. Rückschlüsse auf deren Dichte auf Grund bereichsweise festgestellter Verbiss- und Fegeschäden, ist letztlich ein Jagderfolg auch nicht beliebig an Zahlenvorgaben erzwingbar noch mit den verfügbaren und an Sachzwängen begrenzten Ressourcen leistbar. Insbesondere dürfte nicht unberücksichtigt bleiben, wenn etwa in den Vorjahren hohe Planzielvorgaben nicht wirkungslos geblieben sind, sodass es daher logisch betrachtet, "irgendwann zu einer Unerfüllbarkeit numerisch gleicher bzw. noch höherer Vorgaben kommen müsste".

Wie im Fachkreis allgemein bekannt, kann diesbezüglich auf das zurückliegende Jagdjahr verwiesen werden, in dem oberösterreichweit die Planvorgaben in großer Zahl nicht erfüllt werden konnten. Schon damit ist belegt, dass Mindererfüllungen nicht zwingend den Schluss auf eine jagdfachliche Fehlleistung bzw. ein Verschulden des für die Umsetzung von Planvorgaben Verantwortlichen zulassen.

Die Darstellungen des dem Berufungsverfahren beigezogenen jagdfachlichen Sachverständigen sprechen diesbezüglich eine klare Sprache. Der Verantwortung des Berufungswerbers vermag daher gefolgt werden, wenn er hier im Ergebnis meint, "alles unternommen zu haben um auch das Abschussplanziel des Jahres 2004/2005 zu erfüllen."

Insbesondere kommt hier auch der Beurteilungskompetenz des örtlichen Jagdausschusses nicht unwesentliche Bedeutung zu, wenn dieser einer geringeren Planzielvorgabe zustimmte, als letztlich der aus der Distanz planenden und doch eher nur auf statistisches Material und einmalige Begehungsergebnisse angewiesenen behördlichen Organe ihrer Planvorgabe zu Grunde zu legen vermögen.

Der Hinweis auf das sogenannte Subsidiaritätsprinzip sei in diesem Zusammenhang legitim. Wenn hier vom Berufungswerber im Einvernehmen mit dem Jagdausschuss per 21.4.2004 ohnedies nur 212 Stück Rehwild als Planziel eingereicht wurden und dieses Abschussvolumen – als Ausfluss der Privatautonomie der Grundbesitzer – offenbar ausreichend beurteilt wurde, spricht letztlich auch dies für eine objektive Unerfüllbarkeit der von der Behörde durch den Bescheid vom 8.6.2004, Agrar01-250-2004-Mc, mit insgesamt 233 Stück Rehwild festgelegten höheren Abschussplanvorgabe.

 

5. Zur Wiedereinsetzung hat der unabhängige Verwaltungssenat rechtlich erwogen:

 

§ 71 Abs.1 AVG:

Gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung ist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn:

  1. die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, oder

  2. die Partei die Rechtsmittelfrist versäumt hat, weil der Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung, keine Rechtsmittelfrist oder fälschlich die Angabe enthält, dass kein Rechtsmittel zulässig  sei.

§ 71 Abs.2 AVG:

Der Antrag auf Wiedereinsetzung muss binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt hat, gestellt werden.

            ………

Nach Abs.3 leg.cit. hat im Fall der Versäumung einer Frist die Partei die versäumte Handlung gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag  nachzuholen.

 

5.1. Die Behörde erster Instanz qualifizierte mit Blick auf den in zutreffender Weise in die zweiwöchige Frist für die Stellung eines Wiedereinsetzungsantrages nicht einzurechnenden Postlauf den bei ihr erst am 8.5.2006 einlangenden Wiedereinsetzungsantrag vom 2.5.2006 als rechtzeitig (VwGH 27.4.1995, 94/11/0355).

Da hier davon auszugehen ist, dass die Berufung bei der Behörde erster Instanz nicht einlangte, wurde die Frist versäumt, was grundsätzlich wiedereinsetzungsfähig ist.

Selbst wenn hier der Berufungswerber nicht in der Lage ist, eine diesbezügliche Absendung an die Behörde erster Instanz konkret zu belegen, spricht hier dennoch mehr für die fristgerechte Übergabe des Rechtsmittels an den Postzusteller und damit an die Post zur Beförderung. Dem Berufungswerber kann demnach hinsichtlich des Nichteinlangens nicht zwingend ein Verschulden zur Last fallen. Es darf grundsätzlich auch ohne Einschreiben mit einer verlässlichen postalischen Beförderung gerechnet werden.

Obwohl eine Partei, die entgegen der allgemein zu erwartenden prozessualen Vorsicht eine fristgebundene Eingabe nicht "eingeschrieben" zur Post gibt, sondern etwa lediglich in den Postkasten wirft, das Risiko auf sich nimmt den von ihr geforderten Gegenbeweis in Hinsicht auf die Rechtzeitigkeit der Postaufgabe nicht erbringen zu können, steht dies einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht derart entgegen, dass ein Nichteinlangen im Ergebnis zwingend dem Absender als Verschulden zur Last gelegt werden müsste (VwGH 27.11.2000, 2000/17/0165 mit Hinweis auf VwGH 13.2.1997, 94/09/0300).

Hier wurde in einem aufwändigen Beweisverfahren zumindest glaubhaft gemacht, dass den Berufungswerber am Nichteinlangen vermutlich kein Verschulden trifft (vgl. auch Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, Seite 259).

Die Behörde erster Instanz scheint mit ihrer in der Stellungnahme vom 3.4.2007 hervorleuchtenden Rechtsauffassung den Sinn des Institutes der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand insofern zu verkennen, als der Verlust einer Eingabe gleichsam immer ein Verschulden des Absenders indizierte, was letztlich die Anwendung dieses Rechtsinstitutes in solchen Fällen im Ergebnis inhaltsleer machen würde. Es geht aber nicht um den Beweis – hier der Postaufgabe – sondern um deren Glaubhaftmachung bzw. der Würdigung des diesbezüglichen Tatsachenvorbringens (VwGH 30.1.2001, 98/18/0225).

Dazu ein Auszug aus Hauer/Leukauf, Handbuch des österr. Verwaltungsverfahrens6, zu § 71, S 1062 ff): "Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand versteht sich als das „Korrekturmittel zur Erzielung der materiell richtigen Entscheidung". Diese Kurzfassung scheint den wesentlichen Sinn der Einrichtung und damit den Sinn des Gesetzes zu be­zeichnen, nach dem bei der Auslegung in erster Linie vorgegangen werden muss. Den Verfechtern der bisherigen Rechtsprechung des VwGH ist einzuräumen, dass die Bestimmungen des formellen Rechts in gleich vollgültigem Sinne Recht sind wie die des materiellen Rechts. Für Bestand und Funktionieren eines Rechtsstaa­tes mag ein festgefügtes, auf liberaler Grundlage gestaltetes Verfahrensrecht sogar wesentlicher sein als eine umfassende Ordnung des materiellen Rechts oder der In­halt dieser Ordnung. Bei aller Wertschätzung der Funktion des Verfahrensrechts darf aber nie vergessen werden, dass es institutionell seine Berechtigung daraus ableitet, dass es die Durchsetzbarkeit des materiellen Rechtes im weitestmöglichen Umfange garantiert. Gerade das Institut der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aber soll verhindern, dass einer Partei, die gegen ein unverschuldet und unvorhergesehen eintretendes Ereignis persönlich nicht das Geringste unternehmen konnte, wegen der prozessualen Folgen dieses Ereignisses die Prüfung ihres materiellen Anspruches verweigert wird, dieser Anspruch mithin untergeht, mag er noch so berechtigt sein."

 

5.2. Wenn nun ein glaubhaft der Post zur Beförderung übergebenes Rechtsmittel – aus welchen Gründen immer – letztlich die Behörde nicht erreichte, macht dies aus der Sicht des Absenders im Ergebnis keinen Unterschied, ob er die Sendung per Einschreiben oder mit "normaler Post" befördern ließ.

Er wird immer glaubhaft zu machen haben, dass ihn am Nichteinlangen bzw. verspäteten Einlangen kein bzw. nur ein minderer Grad des Verschuldens trifft.

Als minderer Grad des Versehens versteht sich etwa (nur) eine leichte Fahrlässigkeit im Sinn des § 1332 ABGB. Der Wiedereinsetzungswerber darf also hinsichtlich der Fristversäumnis nicht auffallend sorglos gehandelt haben. Auffallend sorglos handelt jemand, der die im Verkehr mit Gerichten und Behörden für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht lässt. Auch ohne nachweisliche Postaufgabe wurde dieser Sorgfaltsmaßstab nicht verlassen. Selbst Irrtümer und Fehler von Hilfskräften stehen einer Wiedereinsetzung dann nicht im Weg, wenn sie trotz Einhaltung der zumutbaren Kontrolle des Wiedereinsetzungswerbers geschehen.

Der die Stellungnahme v. 3.4.2007 verfassende Vertreter der Behörde erster Instanz verkennt scheinbar, dass der Zusteller hier nicht als Bote des Berufungswerbers, sondern als Organ der Post aufgetreten ist. In welcher Sphäre (Post oder Behörde) letztlich sein Rechtsmittel in Verstoß geriet (geraten sein dürfte), berührt jedenfalls nicht die Verschuldenssphäre des Berufungswerbers.

Er machte hier mit durchaus erheblichem Beweisaufwand glaubhaft, dass er das bei der Behörde wohl nicht eingelangte Rechtsmittel eher doch rechtzeitig der Post zur Beförderung übergeben haben dürfte und in Folge durch das Nichteinlangen das Verstreichen der Rechtsmittelfrist von ihm nicht verschuldet ist (VwGH 6.12.1985, 85/18/0347).

Der Verwaltungsgerichtshof sieht in der Versäumung einer Berufungsfrist kein Hindernis für die Stellung eines Wiedereinsetzungsantrages und über die Berufung zu entscheiden ([verst. Sen] Slg. 12275 A).

Mit Blick darauf sah sich der unabhängige Verwaltungssenat veranlasst, hier die Beweiswürdigung zumindest im Zweifel zu Gunsten einer Entscheidungsmöglichkeit in der Sache vorzunehmen.

 

6. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat rechtlich erwogen:

Die Pflichten der Jagdausübungsberechtigten gründen § 50 Abs.1 iVm § 93 Abs.1 lit.j Oö. JagdG in Verbindung mit dem von der Behörde iSd Abs.2 leg.cit. festgesetzten Abschussplan.

Zutreffend qualifizierte die Behörde erster Instanz Nichterfüllung eines Abschussplanes als sogenanntes Ungehorsamsdelikt iSd § 5 VStG.

Übersehen wird jedoch, dass bloß in bestimmten Prozentzahlen zum Ausdruck gelangende Mindererfüllungen noch keinen Schuldbeweis eines Ungehorsamsdeliktes nach § 5 Abs.1 VStG bedingen (VwGH v. 20.9.1995, 93/03/0083). Dem ist entgegen zu halten, dass im Sinne einer verfassungskonformen Interpretation diese Rechtsvorschrift nicht etwa bewirkt, dass ein Verdächtiger seine Unschuld nachzuweisen hat (VfSlg. 11195/1986). Vielmehr hat die Behörde die Verwirklichung des (objektiven) Tatbestandes durch den Beschuldigten nachzuweisen und bei Vorliegen von Anhaltspunkten, die an seinem Verschulden zweifeln lassen, auch die Verschuldensfrage von Amts wegen zu klären. Das Gesetz befreit die Behörde in Anbetracht der regelmäßigen Sachlage nur insoweit von weiteren Nachforschungen über die subjektive Tatseite (insbesondere einen Irrtum über den Sachverhalt oder die allfällige Unmöglichkeit, das Verbot zu beachten), als ein entgegen dem Anschein behauptetes fehlendes Verschulden eben nicht glaubhaft ist. Nur eine solche der Lebenserfahrung Rechnung tragende Regelung ist nicht von vornherein durch Art. 6 Abs.2 EMRK ausgeschlossen.

Unter diesem Aspekt kann unter Würdigung des festgestellten Sachverhaltes die Verletzung von Sorgfaltspflichten hinter der an den nicht erreichten Planvorgaben erwiesenen Mindererfüllung des Abschusses aber dennoch nicht erblickt werden. Der Begriff der objektiven Sorgfaltspflicht versteht sich im Sinne der Judikatur derart, dass der hiefür geltende Maßstab ein objektiv-normativer ist. Maßfigur ist der einsichtige und besonnene Mensch, den man sich in die Lage des Täters zu versetzen zu denken hat. Objektiv sorgfaltswidrig hätte der Täter – hier der jagdlich Verantwortliche – nur dann gehandelt, wenn sich ein einsichtiger und besonnener Mensch des jeweiligen Verkehrskreises, dem der Handelnde angehört, an seiner Stelle anders verhalten hätte (VwSlg 9710 A und 28.10.1980, 2244/80, sowie VwGH 12.6.1989, 88/10/0169). Die Beantwortung der Frage, ob der nach dem Abschussplan bewilligte bzw. der von der Behörde festgesetzte Abschuss auf Grund der tatsächlichen Gegebenheiten im Revier erfüllbar war, kann nicht immer – gleichsam automatisch – auf die Nichterfüllung eines behördlichen Planziels reduziert werden; darüber ist sachverständig zu befinden (VwGH 21.4.1971, 1139/70). Das hier vorliegende Fachgutachten gelangt sowie die Fachmeinung der Grundbesitzervertreter und des Berufungswerbers zum Ergebnis, dass der Mindererfüllung kein schuldhaftes Verhalten in Form einer Minderaktivität zu Grunde liegt!

Aus der Sicht der Berufungsbehörde scheint hier das Planziel unter Zugrundelegung objektiv zumutbarer jagdlicher Aktivitäten tatsächlich unerfüllbar gewesen zu sein.

Da selbst schon bei bloßem Zweifel am Tatvorwurf von der Fortführung eines Verwaltungsstrafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen ist, war hier der Schuldspruch zu beheben und das Verfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen (vgl. VwGH 12.3.1986, 84/03/0251; ZfVB 1991/3/1122).

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro  zu entrichten.

 

Dr.  B l e i e r

 

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