Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-110738/2/Kl/Rd/Pe

Linz, 25.04.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des H B, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. N N, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 20.11.2006, VerkGe96-101-1-2006, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Güterbeförderungs­gesetz  zu Recht erkannt:

 

         I.                   Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben   und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.  

 

       II.                   Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z2 und 51 VStG.

zu II.: § 66   VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 20.11.2006, VerkGe96-101-1-2006, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 1.453 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 67 Stunden, wegen einer Verwaltungs­übertretung gemäß § 23 Abs.1 Z8 GütbefG iVm Art.3 Abs.1 der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 idFd Verordnung (EG) Nr. 484/2002  verhängt, weil er als Unternehmer mit dem Sitz in D, am 27.4.2006 gegen 15.30 Uhr auf der Innkreis-Autobahn A8, bei Strkm 75,500, Gemeindegebiet Suben, mit dem Sattelzugfahrzeug mit dem deutschen Kennzeichen und dem Sattelanhänger mit dem deutschen Kennzeichen, deren Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte insgesamt 3.500 kg überstiegen hat, Zulassungsbesitzer des Zugfahrzeuges: H B, Lenker: M Ö, welcher Staatsangehöriger eines Drittstaats (Staatsbürgerschaft: Türkei) ist, eine gewerbsmäßige Beförderung von Gütern (7 Neufahrzeuge) von der Niederlande durch Österreich mit einem Zielort in der Türkei (grenzüberschreitender gewerblicher Güterkraftverkehr) durchgeführt hat, ohne dafür gesorgt zu haben, dass die gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 erforderliche Fahrerbescheinigung mitgeführt wurde.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und begründend ausgeführt, dass Hr. S B vom Bw mit Bestellungsurkunde vom 1.4.2004 zum verantwortlichen Beauftragten bestellt wurde. Weiters wurde ein an den hessischen Verwaltungsgerichtshof gerichteter Schriftsatz vorgelegt, der sich mit der Problematik der Ausstellung von Fahrerbescheinigungen an Drittstaatsangehörigen aus­einandersetzt. Der Bw vertritt auch die Ansicht, dass durch die von den österreichischen Behörden geübte Verwaltungspraxis den Lastkraftwagenfahrern faktisch untersagt sei jeglicher Tätigkeit nachzukommen. Von dieser Verwaltungspraxis ausgehend sei sowohl eine Verletzung der Dienstleistungsfreiheit als auch der Freizügigkeit der Arbeitnehmer zu sehen und müsse berücksichtigt werden, dass die nationalen Vorschriften unter Berücksichtigung der europäischen Regelungen auszulegen sind. Unter Berücksichtigung der vorliegenden Milderungsgründe sei die verhängte Geldstrafe überdies als überhöht anzusehen.

Zudem werde ausdrücklich darauf verwiesen, dass die Bestimmung des § 23 Abs.3 GütbefG idF BGBl. Nr. 23/2006, wonach auch strafbar im Sinne der dort zitierten Bestimmungen ein Unternehmer ist, wenn er die dort zitierten Verpflichtungen oder normierten Gebote und Verbote im Ausland verletzt, dem Gemeinschaftsrecht widerspreche und daher rechtswidrig sei. Darüber hinaus wurde rechtswidrigerweise § 23 Abs.1 Z8 GütbefG angelastet; tatsächlich wäre aber im konkreten Fall § 23 Abs.1 Z3 GütbefG anzulasten gewesen, weshalb der Bescheid auch aus diesem Grunde rechtswidrig sei, da § 23 Abs.1 Z8 leg.cit. nur dann anzulasten sei, wenn eine vorhandene Fahrererlaubnis/Fahrerbescheinigung nur nicht mitgeführt wurde.

Es werde daher beantragt, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen in eventu eine Ermahnung auszusprechen in eventu die verhängte Geldstrafe im Sinne des § 20 VStG herabzusetzen.          

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte Abstand genommen werden, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat hierüber erwogen:

 

4.1. Gemäß § 23 Abs.1 Z8 GütbefG begeht, abgesehen von gemäß dem V. Hauptstück der GewO 1994 zu ahndenden Verwaltungsübertretungen, eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 7.267 Euro zu ahnden ist, wer als Unternehmer nicht dafür sorgt, dass die gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 erforderlichen Gemeinschaftslizenzen oder Fahrerbescheinigungen mitgeführt werden.

 

Gemäß § 7 Abs.1 GütbefG ist die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen von Orten, die außerhalb des Bundesgebietes liegen, in das Bundesgebiet oder durch das Bundesgebiet hindurch, oder von innerhalb des Bundesgebietes liegenden Orten in das Ausland außer Inhabern von Konzessionen nach § 2 auch Unternehmern gestattet, die nach den im Staat des Standortes ihres Unternehmens geltenden Vorschriften zur Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen befugt sind und Inhaber einer der folgenden Berechtigungen sind:

1)        Gemeinschaftslizenz gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92,

2)        Genehmigung aufgrund der Resolution des Rates der Europäischen             Konferenz der Verkehrsminister (CEMT) vom 14.6.1973,

3)        Bewilligung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie für          den Verkehr nach, durch  oder aus Österreich,

4)        aufgrund zwischenstaatlicher Abkommen vergebene Genehmigung des       Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie.

 

Gemäß § 23 Abs.1 Z3 GütbefG begeht, abgesehen von gemäß dem V. Hauptstück der GewO 1994 zu ahndenden Verwaltungsübertretungen, eine Verwaltungs­übertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 7.267 Euro zu ahnden ist, wer als Unternehmer Beförderungen gemäß §§ 7 bis 9 ohne die hiefür erforderliche Berechtigung durchführt oder Gebote oder Verbote von zwischenstaatlichen Vereinbarungen nicht einhält.

 

Strafbar ist nach Abs.1 Z3, Z6, Z8 oder Z11 ein Unternehmer auch dann, wenn er die in §§ 7 bis 9 genannten Verpflichtungen oder die in der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 normierten Gebote und Verbote im Ausland verletzt. Örtlich zuständig ist diesfalls jene Behörde, in deren Sprengel der Lenker im Zuge einer Straßenkontrolle betreten wird, sonst jene Behörde, in deren Sprengel der Grenzübertritt in das Bundesgebiet erfolgt (§ 23 Abs.3 leg.cit.).

 

Gemäß § 23 Abs.4 leg.cit. hat bei Verwaltungsübertretungen gemäß Abs.1 Z3 und Z8 bis Z11 sowie bei Verwaltungsübertretungen gemäß § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 die Geldstrafe mindestens 1.453 Euro zu betragen.

 

Gemäß § 25 Abs.2 GütbefG ist, soweit in diesem Bundesgesetz auf die Verordnung (EWG) Nr. 881/92 verwiesen wird, die Verordnung (EWG) Nr. 881/92 des Rates vom 26.3.1992 über den Zugang zum Güterkraftverkehrsmarkt in der Gemeinschaft für Beförderungen aus oder nach einem Mitgliedstaat oder durch einen oder mehrere Mitgliedstaaten, ABl. L95 vom 9.4.1992, S.1, geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 484/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 1.3.2002, Abl. L76 vom 19.3.2002, S.1, …. anzuwenden.

 

4.2. Dem Bw wurde von der belangten Behörde zur Last gelegt, dass er als Unternehmer mit dem Sitz in H, am 27.4.2006 mit dem Sattelzugfahrzeug Kz (D), Anhänger: (D) eine gewerbsmäßige grenzüberschreitende Güterbeförderung, und zwar von den Niederlanden durch Österreich mit einem Zielort in der Türkei durch den türkischen Fahrer M Ö, durchführen hat lassen, ohne dafür gesorgt zu haben, dass die erforderliche Fahrerbescheinigung mitgeführt wurde.

 

Vom Regierungspräsidium Gießen wurde am 16.10.2006 in Entsprechung der Anfrage vom 29.9.2006 der Bezirkshauptmannschaft Schärding mitgeteilt, dass für den Fahrer M Ö keine Fahrerbescheinigung erteilt wurde. Dass er nicht im Besitz einer Fahrerbescheinigung für den betroffenen Lenker ist, wurde vom Bw auch nicht bestritten.

 

4.3. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde ist der dem Bw zur Last gelegte Tatvorwurf unter die Strafbestimmung des § 7 Abs.1 iVm § 23 Abs.1 Z3 GütbefG zu subsumieren, da der Bw am Tattag über keine Fahrerbescheinigung für den Lenker M Ö verfügt hat und nicht unter § 23 Abs.1 Z8 GütbefG. Letztere Bestimmung zielt darauf ab, dass der Unternehmer im Besitz einer Berechtigung, hier der Fahrerbescheinigung, ist, jedoch nicht dafür gesorgt hat, dass diese auch mitgeführt wird. Es hat daher der Bw die ihm vorgeworfene Tat nicht begangen.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen.

 

Da hinsichtlich des zutreffenden Tatvorwurfes laut Aktenlage, nämlich dass der Bw überhaupt nicht im Besitze einer Fahrerbescheinigung war, keine entsprechende fristgerechte Verfolgungshandlung getätigt wurde, war es dem Oö. Verwaltungssenat verwehrt, eine dahingehende Spruchberichtigung vorzunehmen.

 

Es war daher der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Auf die weiteren Berufungsausführungen war daher nicht mehr näher einzugehen.

 

5. Weil die Berufung Erfolg hatte, entfällt für den Bw die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge (§ 66 VStG).    

    

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Klempt

 

 

Beschlagwortung:

Mitführen einer Fahrerbescheinigung setzt deren Vorhandensein voraus

Beachte:

vorstehende Entscheidung wurde aufgehoben;

VwGH vom 17.12.2007, Zl.: 2007/03/0128-2

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