Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-230463/7/Br

Linz, 13.11.1995

VwSen-230463/7/Br Linz, am 13. November 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn A A, vertreten durch Dr. J P Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz, vom 11.

August 1995, Zl. St. 262/94 HU, nach der am 25. Oktober 1995 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und der Verkündung am 13. November 1995 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine F o l g e gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird vollinhaltlich bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995 AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1 §, 51e Abs.1 und § 51i Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 620/1995 VStG.

II. Als Kosten für das Berufungsverfahren werden dem Berufungswerber zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten 400 S (20% der verhängten Strafe) auferlegt.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 u. 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem Straferkenntnis vom 11. August 1995, Zl.: St. 262/94 HU, wider den Berufungswerber wegen der Übertretung nach § 17 Abs.3 iVm § 82 Abs.1 Z1 FrG eine Geldstrafe von 2.000 S und für den Fall der Nichteinbringlichkeit 48 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er als Fremder nach Erlassung einer Ausweisung (durchsetzbar seit 29. April 1994) nicht rechtzeitig ausgereist sei, da er sich am 1.9.1994 (21.30 Uhr) noch immer im Bundesgebiet von Österreich (L, B) aufgehalten habe.

1.1. Begründend führt die Erstbehörde im wesentlichen aus, daß sich der Berufungswerber trotz des wider ihn erlassenen Ausweisungsbescheides vom 29.4.1994 bis zum 1.9.1994 im Bundesgebiet aufgehalten habe. Dies sei durch seine Aufgreifung zum letztgenannten Datum erwiesen. Den bezughabenden Bescheid habe der Berufungswerber selbst am 14. April 1994 bei der Post abgeholt. Dieser sei am 29.4.1994 in Rechtskraft erwachsen.

2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter eingebrachten Berufung.

2.1. Er führt inhaltlich im wesentlichen aus, daß er den Ausweisungsbescheid bei der Post nicht behoben bzw. diesen nie gesehen habe. Er könne sich die angebliche Behebung bei der Post nicht erklären. Vom Ausweisungsbescheid habe er erst anläßlich seiner Schubhaftnahme erfahren. Sohin habe ihm nicht bekannt sein können, daß sein Aufenthalt im Bundesgebiet nicht rechtmäßig sei.

3. Da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt wurde, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied zur Entscheidung berufen. Zumal in der Berufung auch Tatsachen bestritten werden, wurde zwecks unmittelbarer Erörterung des Sachverhaltes eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme und Erörterung des Inhaltes des von der Erstbehörde vorgelegten Verwaltungsaktes, Zl. St. 262/94 HU, anläßlich der öffentlichen mündlichen Verhandlung. Ferner noch durch Beischaffung des Administrativaktes der Erstbehörde und des Vorhaltes des Sachverhaltes an den Rechtsvertreter des Berufungswerbers im Hinblick auf die Behebung des Ausweisungsbescheides beim Postamt am 14. April 1994.

5. Dem Berufungswerber wurde anläßlich seiner Einvernahme am 5. April 1994, welcher ein Dolmetsch beigezogen war, eröffnet, daß sein Asylverfahren seit dem 17.6.1993 negativ abgeschlossen und die Ausweisung seiner Person nach § 17 Abs.1 FrG beabsichtigt sei. Der bezughabende Bescheid, Zl.

Fr-85.098, wurde am 11.4.1994 erlassen und für den Berufungswerber am 14. April 1994 beim Postamt L hinterlegt.

Noch am gleichen Tag wurde dieser Bescheid - offenkundig vom Berufungswerber - behoben, wobei auf der Empfangsbestätigung die Ausweisdaten des Ausweises des Berufungswerbers, ausgestellt durch das Bundesasylamt, Außenstelle L, aufscheinen. Ebenfalls findet sich eine nicht leserliche Unterschrift, welche zumindest hinsichtlich des Anfangsbuchstabens eine Vergleichbarkeit mit einigen im Akt erliegenden Unterschriften des Berufungswerbers aufweist.

Festzuhalten ist, daß mehrere vom Berufungswerber geleistete Unterschriften im Schriftzug voneinander abweichen.

Am 1. September 1994 wurde der Berufungswerber schließlich in seiner Wohnung aufgegriffen und in Schubhaft genommen.

Anläßlich seiner Vernehmung am 2. September 1994 gab der Berufungswerber an, daß er seinen Ausweis verloren gehabt hätte. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes O.ö. hat mit Bescheid vom 7. September 1994, Zl. VwSen-400291, der Schubhaftbeschwerde gemäß § 51 Abs.1 FrG keine Folge gegeben. Mit Bescheid vom 6. September 1994 leitete die Erstbehörde durch Erlassung einer Strafverfügung gegenständliches Strafverfahren ein. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz wurde dem Antrag auf "Abschiebungsaufschub" für die Dauer eines Jahres keine Folge gegeben. Schließlich wurde der Berufungswerber am 12. Oktober 1994 mit der Aeroflott ab Wien außer Landes Richtung Ghana - gebracht. Durch Erkenntnis des VwGH vom 13. Oktober 1994 wurde der Berufungsbescheid des BMfI, Zl. 4.322.025/2-III/13/91, vom 14. Juni 1993, betreffend den negativ beschiedenen Asylantrag unter Hinweis auf die Aufhebung des Wortes "offenkundig" im Asylgesetz als verfassungswidrig (Zl. G 92,93,94 v.1. Juli 1994) aufgehoben.

5.1. Dieses Beweisergebnis stützt sich auf die Aktenlage.

Der Berufungswerber bzw. dessen ag. Rechtsvertreter vermochte nicht darzutun, daß ihm der Ausweisungsbescheid nicht zugekommen wäre und er diesen daher unverschuldet nicht befolgen habe können. Dies ergibt sich insbesondere aus der Tatsache der Behebung des Ausweisungsbescheides vom Postamt 4040 Linz am 14. April 1994 unter Vorweisung des für den Berufungswerber ausgestellten eigenen Ausweises.

Schließlich wurde ihm auch bereits anläßlich der Einvernahme am 5. April 1994 eröffnet, daß seine Ausweisung beabsichtigt sei. Die Angabe des Berufungswerbers, daß dieser Ausweis ihm in einer Telefonzelle abhanden gekommen sei, ist somit nicht glaubhaft, zumal der unehrliche Finder wohl kaum an die Hinterlegungsanzeige an der Wohnadresse des Berufungswerbers gekommen wäre. Schließlich wäre es auch völlig unlogisch, daß jemand ohne Wissen des Adressaten einen fremden Bescheid bei der Post abholen sollte.

Der Berufungswerber verzichtete schließlich mit seiner schriftlichen Erklärung vom 9. November 1995 auf die Abgabe einer Stellungnahme bezüglich des im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 25. Oktober 1995 dargelegten Beweisergebnisses.

5.2. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat wie folgt erwogen:

5.2.1. Nach § 17 Abs.1 sind Fremde mit Bescheid auszuweisen, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten; hierbei ist auf § 19 Bedacht zu nehmen.

Die Ausweisung gemäß Abs.2 wird mit ihrer - wenn auch nicht rechtskräftigen - Erlassung durchsetzbar; der Fremde hat dann unverzüglich auszureisen (Abs.3 leg.cit.).

5.2.2. Wer nach Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung nicht rechtzeitig ausreist (§ 82 Abs.1 Z1 FrG).....

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist in den Fällen der Z1 und 2 mit Geldstrafe bis zu 10.000 Schilling oder mit Freiheitsstrafe bis zu 14 Tagen, sonst mit Geldstrafe bis zu 10.000 Schilling zu bestrafen. Als Tatort gilt der Ort der Betretung oder des letzten bekannten Aufenthaltes.

6.1. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

6.2. Konkret ist zur Strafzumessung auszuführen, daß der Berufungswerber vorsätzlich den Ausweisungsbescheid nicht befolgte und dieser rechtswidrige Zustand über einen längeren Zeitraum aufrechterhalten wurde. Dadurch wurde gesetzlich geschützten Interessen eines geordneten Fremdenwesens nicht bloß unerheblich zuwider gehandelt.

Der von der Erstbehörde verhängten Strafe in Höhe von 2.000 S, das entspricht einer Ausschöpfung des gesetzlichen Strafrahmens im Aumaß von 20%, kann somit objektiv nicht entgegengetreten werden. Sie liegt durchaus innerhalb des gesetzlichen Ermessens. Dies selbst dann nicht, wenn der Berufungswerber, welcher sich nicht mehr in Österreich aufhält, über ein bloß unterdurchschnittliches Einkommen verfügt und ihm der Milderungsgrund der Unbescholteheit zugutezuhalten ist.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum