Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162060/2/Fra/RSt

Linz, 30.04.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn K J A, D, CH-9 S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 29. Jänner 2007, VerkR96-10948-2005-Pi, betreffend Übertretung des § 52 lit.a Z10a StVO 1960, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt; der Berufungswerber hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu entrichten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 u. 45 Abs.1 Z1 VStG; § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des § 52 lit.a Z10a StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 29 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) verhängt, weil er als Lenker des Fahrzeuges SG am 1.1.2005 um 17.31 Uhr in der Gemeinde A, Autobahn F, bei km 18 die durch Straßenverkehrszeichen in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 16 km/h überschritten hat, wobei die in Betracht kommende Messtoleranz bereits zu seinen Gunsten abgezogen wurde. Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land – als nunmehr belangte Behörde – legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51d erster Satz VStG).

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

Der Bw bestreitet ua. die Lenkereigenschaft und führt hiezu an, dass die belangte Behörde von ihm nie eine Lenkererhebung verlangt habe. Dieses Vorbringen entspricht der Aktenlage und wurde auch von der belangten Behörde nicht als unrichtig dargestellt.

 

Dazu rechtlich beurteilend ist festzustellen, dass das Verwaltungsverfahren und auch das Verwaltungsstrafverfahren von den Grundsätzen der materiellen Wahrheit sowie der Offizialmaxime (§§ 37 u. 39 Abs.2 AVG) geprägt ist. Die Behörde hat die Pflicht, den maßgebenden Sachverhalt (hier: ua. den Lenker) festzustellen. Der Beschuldigte ist nicht dazu verpflichtet, von sich aus der Behörde seine mangelnde Lenkereigenschaft glaubhaft zu machen oder zu beweisen. Wenn sich die Verantwortung des Beschuldigten lediglich auf einen bestimmten Aspekt der Tat bezieht, ändert dieser Umstand nichts an der Aufgabe der Behörde, von sich aus den maßgeblichen Sachverhalt festzustellen. Würde man dem Beschuldigten die Pflicht auferlegen, sich selbst zu belasten, würde dies gegen das verfassungsrechtlich normierte Verbot der Selbstbezichtigung (Art. 90 Abs.2 – BVG) verstoßen. Der Beschuldigte ist jedoch im Verwaltungsstrafverfahren an eine gewisse Mitwirkungspflicht gebunden. Diese erfordert es, dass er seine Verantwortung nicht darauf beschränken darf, die ihm vorgehaltenen konkreten Erhebungsergebnisse für unrichtig zu erklären, ohne diesen ebenso konkrete Behauptungen entgegenzusetzen und entsprechende Beweise anzubieten. Der Bw hat jedoch im konkreten Verfahren gegen diese Mitwirkungspflicht nicht verstoßen. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann zwar die Verwaltungsstrafbehörde ohne Verletzung von Verfahrensvorschriften aus dem Untätigbleiben des Zulassungsbesitzers im Verwaltungsstrafverfahren gegenüber dem Vorwurf eines bestimmten strafbaren Verhaltens im Rahmen ihrer freien Beweiswürdigung den Schluss ableiten, der Zulassungsbesitzer selbst sei der Lenker gewesen, wobei es nicht relevant ist, ob es zu einer auf § 103 Abs.2 KFG 1967 gestützten Lenkeranfrage gekommen ist (VwGH vom 11.5.1990, Zl. 90/18/0022). Dieses Judikat ist jedoch auf den gegenständlichen Sachverhalt nicht anwendbar, weil der Bw zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens darüber befragt wurde, ob er auch der Lenker des gegenständlichen Fahrzeuges zu der im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses angeführten Zeit war. Wurde er darüber jedoch nicht befragt, kann ihm auch eine mangelnde Mitwirkung an der Sachverhaltsfeststellung nicht vorgeworfen werden. Wenn der Bw erstmals in einem Rechtsmittel gegen das oa. Straferkenntnis die mangelnde Lenkereigenschaft releviert, kann ihm dies unter den oa. Prämissen nicht zur Last gelegt werden.

 

Da sohin ein Beweis für die Lenkereigenschaft des Bw nicht vorliegt, war spruchgemäß zu entscheiden. Bei diesem Ergebnis konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG abgesehen werden.

 

4. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss  - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. F r a g n e r

 

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