Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222122/7/Bm/RSt

Linz, 26.04.2007

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des Herrn Dipl.-Ing. Dr. F L,  gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 9.1.2007, GZ 0008529/2004, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird mangels eines rechtswirksam erlassenen Strafer­kennt­nisses als unzulässig zurückgewiesen.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG 1991.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Mit oben bezeichnetem Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) eine Geldstrafe von 500 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 77 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 367 Z25 iVm § 82 Abs.1 Gewerbe­ordnung (GewO) BGBl Nr. 194/1994 iVm § 5 Abs.5 und § 1 Z1 der VOC-Anlagen-Verordnung-VAV verhängt, weil er es als gewerberechtlicher Geschäftsführer der DSM F C A Nfg GmbH & Co KG mit dem Sitz in L für den Bereich "Herstellung, Abfüllung oder Abpackung von Arzneimitteln in der Form eines Industriebetriebes" und somit als gemäß § 370 Abs.1 GewO gewerberechtlicher Verantwortlicher zu vertreten hat, dass von der DSM F C A Nfg GmbH & Co KG in der Zeit von 1.4.2003 bis 26.5.2004 keine Lösemittelbilanz iSd § 5 Abs.5 VOC-Anlagen-Verordnung-VAV für die von ihr im Standort L betriebene Betriebsanlage vorgelegt wurde, obwohl diese Betriebsanlage unter § 1 Z1 VAV fällt und somit einmal jährlich (das erste Mal spätestens am 31.3.2003) der Behörde eine Lösemittelbilanz (in Kopie) vorzulegen ist. In den Bauten 30, 52 und 700 der DSM F C A Nfg GmbH & Co KG werden bei der Herstellung von Arzneimitteln (Anhang 1 zu VAV, Z17) jährlich mehr als 10 t  Lösemittel (Schwellen­wert laut Anhang 2 zu VAV) eingesetzt.

 

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bw Berufung eingebracht und in dieser ausgeführt, dass er im genannten Zeitraum gewerberechtlicher Geschäftsführer der DSM gewesen sei. Am 31.7.2006 sei er als gewerberechtlicher Geschäftsführer und Mitarbeiter der DSM ausgeschieden. Dies sei beim Bezirksverwaltungsamt des Magistrates Linz aktenkundig. Das Straferkenntnis sei per Adresse DSM zugestellt und dort irrtümlich von der Poststelle des Chemieparks Linz übernommen worden. Da es ihm nicht persönlich zugestellt worden sei, sei das Straferkenntnis nicht wirksam geworden.

In weiterer Folge wurde in der Berufung auch zur Sache Stellung genommen.

 

3. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt und gleichzeitig ausgeführt, dass das Straferkenntnis vom 9.1.2007 Herrn DI Dr. F L offensichtlich tatsächlich zugekommen und daher ein allfälliger Zustellmangel (Zustellung an die DSM, obwohl der Beschuldigte wegen seiner Pensionierung dort nicht mehr beschäftigt ist) als geheilt anzusehen ist. Der Rückschein ist dem Magistrat Linz aus unerklärlichen Gründen bis Dato nicht retourniert worden. Da aus dem elektronischen Akt jedoch ersichtlich ist, dass der Rückschein erst am 11.1.2007 gedruckt wurde, das Straferkenntnis aus diesem Grund erst nach dem 11.1.2007 die Behörde verlassen hat und die Berufung am 24.1.2007 bei der Behörde einging, ist davon auszugehen, dass die Berufung rechtzeitig erfolgte.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie Einholung einer Stellungnahme des Bws zur Frage, in welcher Form er vom Straferkenntnis Kenntnis erlangt hat.

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

 

Der Bw war im vorgeworfenen Tatzeitraum gewerberechtlicher Geschäftsführer der DSM. Mit 31.7.2006 ist der Bw als Mitarbeiter der DSM und somit auch als gewerberechtlicher Geschäftsführer ausgeschieden. Dieser Umstand wurde der Behörde mitgeteilt. Zugestellt wurde das Straferkenntnis vom 9.1.2007 dem Beschuldigten per Adresse DSM F C A Nfg GmbH & Co KG. Im Februar 2007 wurde das gegenständliche Straferkenntnis an den Magistrat Linz zurückgesandt; der Rückschein enthält keine Übernahmebestätigung und ist auf der Rückseite des Kuverts "Empfänger aus der Firma ausgeschieden" handschriftlich vermerkt. Das Kuvert befand sich in geöffnetem Zustand.

 

Das Straferkenntnis wurde vom Sekretariat der Geschäftsleitung der DSM F C A Nfg GmbH & Co KG an den Bw per E-Mail übermittelt.

 

Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 13 Abs.1 Zustellgesetz ist die Sendung dem Empfänger an der Abgabestelle zuzustellen. Ist aber aufgrund einer Anordnung einer Verwaltungs­behörde oder eines Gerichtes an eine andere Person als den Empfänger zuzustellen, so dritt diese an die Stelle des Empfängers.

 

Nach § 4 Abs. 1 leg.cit. darf, soweit gesetzlich nicht die Zustellung an bestimmte Zustelladressen vorgeschrieben ist, einem Empfänger an jede Zustelladresse zugestellt werden. Sie ist in der Zustellverfügung zu benennen.

 

Zustelladresse ist nach § 2 Z 4 eine Abgabestelle (Z 5) oder elektronische Zustelladresse; Abgabestelle ist die Wohnung oder sonstige Unterkunft, die Betriebs­stätte, der Sitz, der Geschäftsraum, die Kanzlei oder auch der Arbeitsplatz des Empfängers, im Fall einer Zustellung anlässlich einer Amtshandlung auch deren Ort.

 

Gemäß § 7 Zustellgesetz gilt, wenn im Verfahren der Zustellung Mängel unterlaufen, die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist.

 

Nach dem vorliegenden Sachverhalt steht fest, dass die im Straferkenntnis und Zustellschein angeführte Adresse im Jänner 2007 keine Abgabestelle iSd § 2 Zustellgesetz war, an der der angefochtene Bescheid dem Bw hätte zugestellt werden dürfen.

Der Arbeitsplatz des Empfängers ist nämlich nur dann Abgabestelle, wenn sich der Empfänger regelmäßig zur Verrichtung von Arbeiten dort aufhält. Ein solcher regelmäßiger Aufenthalt durch den Bw ist jedoch mit dem Ausscheiden aus dem Unternehmen nicht gegeben.

Nach § 7 Zustellgesetz ist eine Heilung dieses Zustellmangels zwar grundsätzlich möglich, doch liegen im gegenständlichen Fall die Voraussetzungen hiefür nicht vor. Entscheidend ist nämlich, dass das Schriftstück dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes stellt die Kenntnis vom Bescheidinhalt durch Übermittlung einer Kopie kein tatsächliches Zukommen des Bescheides dar. Maßgeblich für den Tatbestand des "tatsächlichen Zukommens" ist, dass der Bescheid im Original vom von der Behörde bestimmten Empfänger tatsächlich (körperlich) in Empfang genommen wird (VwGH 29.8.1996, 95/06/0128).

 

Im vorliegenden Fall hat der Bw Kenntnis vom Bescheidinhalt durch E-Mail-Übermittlung (was einer Übermittlung mittels Telekopie gleichkommt) erlangt, was kein Zukommen iSd § 7 ZustG ist (VwGH 15.12.1995, 95/11/0333). 

Eine Heilung des Zustellmangels iSd vorgenannten Gesetzesstelle ist somit nicht eingetreten, weshalb im Ergebnis für das gegenständliche Berufungsverfahren davon auszugehen ist, dass die belangte Behörde das angefochtene Straferkenntnis nicht rechtswirksam gegen den Bw erlassen hat. Die Berufung war daher, ohne auf die Sache einzugehen, mangels eines tauglichen Anfechtungsobjekts als unzulässig zurückzuweisen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richts­hof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. B i s m a i e r

 

Beschlagwortung:

Heilung, Zustellmangel § 7 ZustG

 

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