Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550344/8/Kl/Rd/Pe

Linz, 29.05.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 5. Kammer (Vorsitzende: Mag. Michaela Bismaier, Berichterin: Dr. Ilse Klempt, Beisitzer: Mag. Thomas Kühberger) über den Antrag der P H GmbH, vertreten durch H S Rechtsanwälte GmbH, vom 22.5.2007 auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Vergabeverfahren der Auftraggeber SHV Oberösterreichs betreffend Lieferung von Inkontinenzprodukten, zu Recht erkannt:

 

Dem Antrag wird stattgegeben und den Auftraggebern die Erteilung des Zuschlags bis zur Entscheidung in diesem Nachprüfungsverfahren, längstens aber bis  22. Juli 2007, untersagt.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 1, 2, 8 und 11 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz – Oö. VergRSG, LGBl. Nr. 130/2006.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Eingabe vom  22.5.2007 hat die P H GmbH (im Folgenden: Antragstellerin) einen Antrag auf  Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, den Auftraggebern die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren, zu untersagen, gestellt. Im Übrigen wurde die Zuerkennung der entrichteten Pauschalgebühren beantragt.

 

Begründend führte die Antragstellerin eingangs hiezu aus, dass Auftraggeber gemäß den Ausschreibungsunterlagen die im Antrag eingangs zitierten Sozialhilfeverbände (SHV), vertreten durch den SHV L-L, seien. In der Bekanntmachung sei allerdings nur der SHV L-L als Auftraggeber genannt.

Am 8.12.2006 sei das Verfahren als offenes Verfahren im Oberschwellenbereich im Supplement S zum Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften EU-weit bekannt gemacht worden. Die Angebotsfrist habe am 31.1.2007, 10.00 Uhr, geendet. Die Antragstellerin habe sich am gegenständlichen Vergabeverfahren beteiligt und ein ausschreibungskonformes Angebot sowie ein ausschreibungskonformes Abänderungsangebot abgegeben. Mit Telefax vom 8.5.2007 sei der Antragstellerin die Zuschlagsentscheidung in allen Gruppen zu Gunsten der S H P GmbH bekannt gegeben worden.

Bei ordnungsgemäßer Bewertung wäre die Antragstellerin als Bestbieterin zu ermitteln gewesen.

 

Die Antragstellerin habe ihr Interesse am Vertragsabschluss durch die Übersendung der umfangreichen Angebotsunterlagen eindeutig dargelegt und seien der Antragstellerin durch die Beteiligung am Vergabeverfahren Kosten in Höhe von zumindest 3.000 Euro angefallen und drohe ihr bei Nichterhalt des Zuschlags auch ein Schaden durch den entgangenen Deckungsbeitrag von zumindest 5 % der Angebotssumme. Des weiteren habe die Antragstellerin Kosten der Pauschalgebühren sowie der anwaltlichen Vertretung zu tragen. Zudem drohe der Verlust eines Referenzprojektes.

 

Die Antragstellerin werde in ihren Rechten auf Zuschlagserteilung, auf Durchführung eines rechtskonformen Vergabeverfahren, auf rechtskonforme Prüfung der Angebote, auf Gleichbehandlung der Bieter, auf Vergleichbarkeit der Angebote, auf Nichtberücksichtigung des in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängers, auf Festlegung vergabekonformer Zuschlagskriterien und auf Grundlage einer eindeutigen und vollständigen Leistungsbeschreibung verletzt.

 

Als Begründung für die Rechtswidrigkeit der Zuschlagsentscheidung bringt die Antragstellerin ua vor, dass keine vergaberechtskonforme Prüfung der Angebot vorgenommen worden sei. So sei im gegenständlichen Vergabeverfahren kein BVergG-konformes Angebotseröffnungsprotokoll vorhanden. Es seien lediglich die Bieternamen sowie die Höhe des jeweiligen Angebots festgehalten worden. Darüber hinaus finden sich darin lediglich vereinzelt kurze und schwer leserliche Anmerkungen. Andere Bieterangaben, wie Angaben zur Überprüfung der Logistik und Servicequalität, die sich aufgrund der Zuschlagskriterien auf die Angebotsbewertung auswirken, seien nicht festgehalten worden. Auch wurde im  Protokoll keine Aufstellung über die Vorlage von zwingend vorzulegenden Unterlagen zum Nachweis der Eignung oder allenfalls vorgelegte Subunternehmererklärungen  getätigt.

 

Nach schriftlicher Anfrage vom 16.5.2007 sei der  Antragstellerin eine Niederschrift der Teststellung vom 15.2.2007 ausgehändigt worden. Die Bewertungskommission habe im Rahmen der Tischtests für jedes angebotene Produkt jeweils 1 bis 5 Punkte, 5 war die Höchstpunktezahl, vergeben. Im mit der Niederschrift übermittelten Begleitschreiben vom 18.5.2007 haben die Auftraggeber mitgeteilt, dass für die Bewertungskommission am 15.2.2007 von einer Vorprüfungskommission ergänzende Festlegungen zu den Bewertungskriterien getroffen worden seien. Mit diesem Schreiben sei eingestanden worden, dass die Qualitätsbewertung nicht gemäß den in den Ausschreibungsunterlagen festgelegten Bewertungskriterien stattgefunden habe. Ergänzende Festlegungen einer Vorprüfungskommission, die der Antragstellerin nicht vor Ende der Angebotsfrist zur Kenntnis gebracht werden und daher auch nicht bei der Erstellung des Angebots berücksichtigt werden können, stellen eine unzulässige nachträgliche Änderung der Bewertungskriterien dar, die  die Nichtigkeit der Zuschlagsentscheidung zur Folge habe.

Zudem sei bei Durchsicht der Niederschrift aufgefallen, dass die Mitglieder keine verbale Begründung ihrer Entscheidung gegeben haben. Vielmehr seien die jeweiligen Punkte unkommentiert in die Tabelle eingetragen worden. Eine Begründung wäre aufgrund der massiven Bewertungsdiskrepanzen der einzelnen Jurymitglieder zueinander notwendig gewesen. Die Qualitätsbewertung sei daher nicht nachvollziehbar und nicht transparent.

 

Außerdem habe die S H P GmbH bei fast allen Kriterien durchgehend die Höchstpunkteanzahl erhalten, während die Mitbieter in der Bewertung deutlich abgefallen seien. Auffällig sei dies deshalb, weil die meisten der angebotenen Produkte der Bieter seit Jahren in den Krankenhäusern zum Einsatz gekommen seien. So auch die Antragstellerin, die seit Jahren auch Krankenhäuser in , stets zur absoluten Zufriedenheit der Kunden und Anwendung, beliefert habe. Es sei daher davon auszugehen, dass die Angebotsprüfung nicht gehörig und objektiv durchgeführt worden sei. Auch sei die Dauer der Angebotsprüfung im Ausmaß von 4 Stunden bei der Vielzahl der angebotenen Produkte unmöglich.

 

Weiters werde die vorgenommene Bewertung von der Antragstellerin als rechtswidrig erachtet, zumal die in der Angebotsunterlage festgelegten Zuschlagskriterien nicht der vergaberechtlichen Konkretisierungspflicht entsprechen.

Von den Auftraggebern seien in den Ausschreibungsunterlagen Subkriterien für die Bewertung der angebotenen Produkte formuliert worden. Die Qualitätsbewertung solle anhand der festgelegten Subkriterien beurteilt werden. Die dargestellten Subkriterien können aber nur nach Anwendung aufwendiger technischer Prüfverfahren bewertet werden. So sei nicht nachvollziehbar, wie etwa "entsprechende Saugkraft" oder "Gute Sichtbarkeit am Produkt" durch einen bloßen Tischtest bewertet werden können. Die Antragstellerin könne die schlechtere Bewertung ihrer Produkte gegenüber jenen der S H P GmbH nicht nachvollziehen.

Diese Begriffsformulierungen würden Raum für unterschiedliche Interpretationen der Subkriterien lassen. Zu beachten sei aber, dass eine durchaus gestreute Produktpalette angeboten werden solle. Die Auslegung der Subkriterien könne bei jedem einzelnen Produkt durchaus zu verschiedenen Ergebnissen führen, was bei willkürlicher Interpretation eine Unvergleichbarkeit der Angebote zur Folge habe. Es obliege den Auftraggebern die Subkriterien so zu bewerten, dass die Bewertungssystematik fern ab jeder Interpretationsmöglichkeit klar und unmissverständlich sei.

Eine rechtskonforme und nachvollziehbar Qualitätsbewertung aufgrund der formulierten Subkriterien könne auch deshalb nicht stattfinden, da die Bewertung nicht transparent und diskriminierend stattgefunden habe.

 

Die Auftraggeber haben Kriterien festgelegt, die bereits in der Eignungsprüfung herangezogen worden seien. Die Erfüllung der geforderten Materialanforderungen bzw Musskriterien seien aber keine zulässigen Zuschlagskriterien. Die bloße Frage der ausschreibungskonformen Lieferung dürfe bei der Bestbieterermittlung nicht bewertet werden. Eine Punktevergabe bei Erfüllung von Musskriterien sei unzulässig.

 

Zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung verweist die Antragstellerin auf den vorgebrachten Sachverhalt zum Hauptantrag.

Die einstweilige Verfügung sei zwingend erforderlich, da durch die Zuschlagserteilung unumkehrbare Tatsachen geschaffen werden würden, die von der Antragstellerin mit den Mitteln des Oö. VergRSG nicht mehr beseitigt werden könnten.

Gegenständlich überwiege das Interesse der Antragstellerin auf Beseitigung der Vergabeverstöße bei weitem gegenüber allfälligen nachteiligen Folgen der Auftraggeber. Besondere öffentliche Interessen, die für eine Fortführung des Vergabeverfahrens vor der rechtskräftigen Sachentscheidung durch den Oö. Verwaltungssenat sprechen könnten, seien ebenfalls nicht ersichtlich.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat den Sozialhilfeverband L-L als Auftraggeber am Nachprüfungsverfahren beteiligt. Über gesonderte Aufforderung des Oö. Verwaltungssenates wurden von der nunmehrigen Rechtsvertretung des Auftrag­gebers ein Auszug aus den allgemeinen Ausschreibungsbedingungen, die als Anhang 1 bezeichnete Auftraggeberliste, ein Auszug aus dem Protokoll über die interne Bezirkshauptleutekonferenz vom 14.9.2006 sowie eine Anwesenheitsliste, ein Beschluss, ein Auszug (Abschnitt II: Auftragsgegenstand) der Ausschreibungs­unterlagen und ein Schreiben an die Antragstellerin bezüglich fehlender Unterlagen, vorgelegt.

In ihrer Stellungnahme bezüglich der Auftraggebereigenschaft führt die Rechtsvertretung aus, dass im Rahmen des der angefochtenen Zuschlags­entscheidung zugrunde liegenden Vergabeverfahrens Auftraggeber die in Anhang 1 der Ausschreibungsunterlage genannten SHVs Oberösterreichs sind. Es handle sich somit um eine Auftraggebergemeinschaft, die aus allen 15 SHV des Landes bestehe. Als vergebende Stelle fungiere der SHV L-L. Die Bevollmächtigung des SHV L-L als Vertreter der Auftraggebergemeinschaft sei mit einstimmigem Beschluss der internen Bezirkshauptleutekonferenz vom 14.9.2006 erfolgt. Bereits in der Vergabebekanntmachung seien unter Punkt II.1.6. ausdrücklich die SHV von angeführt worden.

 

Zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung wird weiters vorgebracht, dass mangels Vorliegen der Voraussetzungen in § 5 Abs.1 Z2 Oö. VergRSG sowohl der Nachprüfungsantrag als auch der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen seien.

Gemäß § 5 Abs.1 Z2 Oö. VergRSG hat ein Nachprüfungsantrag die genaue Bezeichnung des Auftraggebers bzw der Auftraggeberin zu enthalten. Dies gelte gemäß § 8 Abs.2 Z1 leg.cit. auch für den Antrag auf einstweilige Verfügung. Die genaue Bezeichnung des Auftraggebers sei wesentlich, da sie auch gleichzeitig die Zuständigkeit der Nachprüfungsinstanzen begründe.

Auftraggeber sind - wie bereits oben ausgeführt – alle SHV OÖ. Es handle sich somit um eine Auftraggebergemeinschaft, die neben den vom Antragsteller angeführten SHV auch den SHV K mitumfasse.

Im Nachprüfungsantrag sei folglich der Auftraggeber nicht richtig bezeichnet worden. Nachdem die Frist für die Einbringung eines Nachprüfungsantrages bereits abgelaufen sei, könne auch ein neuerlicher Nachprüfungsantrag nicht mehr fristgerecht eingebracht werden, sodass der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung mangels Vorliegens eines gesetzmäßigen Nachprüfungsantrages zurückzuweisen sei.

Es handle sich dabei auch nicht um einen gemäß § 13 Abs.3 AVG verbesserungsfähigen Mangel, da kein Form- oder Inhaltsmangel vorliege, der einer Verbesserung zugänglich wäre. So seien nach der Entscheidung des BVA vom 15.9.2002, N-34/02-7; N-35/02-7, Anträge einer Verbesserung gemäß § 13 Abs.3 AVG nicht zugänglich, wenn ein bestimmtes  Begehren der Antragsteller vorliege. Ein solches bestimmtes und unzweifelhaftes Begehren der Antragstellerin liege ohne Zweifel vor. Auch seien die Rechtsträger richtig bezeichnet. Allein seien diese nicht die Auftraggeber in dem dem Nachprüfungsantrag zugrunde liegenden Vergabe­verfahren, sondern die in der Beilage 1 angeführte Auftraggebergemeinschaft.

In diesem Sinn habe auch das BVA in seiner Entscheidung vom 4.5.2005, 15N-14/05-69, den Wechsel in der Person des Auftraggebers als Antragsänderung bezeichnet; dabei handle es sich um keine Verbesserung iSd § 13 Abs.3 AVG

 

Ein Zusammenschluss mehrerer Rechtspersonen, die als Auftraggeber gemeinsam auftreten, stelle – analog zu einer Bietergemeinschaft auf Auftragnehmerseite – eine Auftraggebergemeinschaft dar. Für diese könne nichts anderes gelten als für eine Bieter- oder Bewerbergemeinschaft. So komme auch einer Auftraggeber­gemeinschaft ebenso wie einer Bietergemeinschaft eine eigene Parteistellung für Zwecke des Vergabe- und Nachprüfungsverfahrens zu (vgl. BVA 8.9.2006, N/0070-BVA/05/2006 usw). Demgemäß liege zwischen den von der Antragstellerin bezeichneten Antragsgegnern und den Auftraggebern im gegenständlichen Vergabeverfahren keine Personenidentität vor. Den von der Antragstellerin bezeichneten Antragsgegnern mangle es daher an der Antragsgegnerlegitimation.

 

Die von der Antragstellerin bekämpfte Zuschlagsentscheidung sei von der Vergabekommission in ihrer Sitzung am 15.3.2007 getroffen worden.

Sämtliche in der Auftraggebergemeinschaft zusammengeschlossenen SHV des Landes haben ihre Zustimmung zur nunmehr angefochtenen Zuschlags­entscheidung erteilt.

Vertragspartner werden sämtliche in Anhang 1 der Ausschreibungsunterlagen genannten Auftraggeber. Ein Nachprüfungsantrag, der nicht gegen die in der Ausschreibung genannten Auftraggeber gerichtet und denen die Zuschlags­entscheidung zuzurechnen ist, gehe damit ins Leere. So wie auch die Untersagung der Zuschlagserteilung im Falle des Erlasses einer einstweiligen Verfügung nur gegen den richtig bezeichneten Auftraggeber wirken könne.

 

Die beiden Anträge seien auch deshalb zurückzuweisen, weil es der Antragstellerin überdies auch an der erforderlichen Antragslegitimation mangle.

 

In der Ausschreibung seien unter Punkt 9. sogenannte "Musskriterien" formuliert. Dabei handle es sich um spezifische Erfordernisse des Leistungsgegenstandes, deren Vorliegen in der Ausschreibung ausdrücklich als unabdingbar beschrieben worden seien. Wie sich aus der Beilage ergebe, enthält die Ausschreibung diesbezüglich folgende Formulierung:

"Hinsichtlich der oben angeführten Produktgruppen ist für jedes angeführte Produkt der Nachweis zu erbringen, dass diese über die oben angeführten Musskriterien verfügen. Angebote, die diese Musskriterien nicht erfüllen, werden ausgeschieden".

 

Dem Angebot der Antragstellerin habe – wie eine Vorprüfung ergab (Beilage./6) – der Nachweis der Erfüllung der Musskriterien gefehlt. Die vergebende Stelle habe diesen Umstand zugunsten der Antragstellerin wirken lassen und sie zu einer Mängelbehebung aufgefordert.

Nach ständiger Judikatur des VwGH fehle einem Bieter die Antragslegitimation, wenn sein Angebot zwingend auszuscheiden wäre, auch wenn es vom Auftraggeber faktisch nicht ausgeschieden worden sei. Da ein solcher Bieter für die Zuschlagserteilung nicht in Betracht komme, könne ihm durch die behaupteten Rechtswidrigkeiten kein Schaden entstehen.

Es werde daher abschließend die Zurückweisung sämtlicher Anträge beantragt.

 

3.  Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 1 Abs.1 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz (Oö. VergRSG) regelt dieses Landesgesetz den Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Auftraggeber in Verfahren nach den bundesrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesen (Vergabeverfahren), die gemäß Art.14b Abs.2 Z2 B-VG in den Vollzugsbereich des Landes fallen.

 

Die Sozialhilfeverbände Oberösterreichs sind als durch Landesgesetz eingerichtete Gemeindeverbände öffentliche Auftraggeber im Sinn des Art.14b Abs.2 Z2 lit.a B-VG bzw § 1 Abs.1 Oö. VergRSG. Der SHV L-L fungiert als vergebende Stelle und Stellvertreter sämtlicher 15 Sozialhilfeverbände Oberösterreichs. Letztere sind Auftraggeber im anhängigen Vergabeverfahren. Einer Auftraggebergemeinschaft kommt hingegen mangels gesetzlicher Regelung keine Rechtspersönlichkeit und daher keine Partei- und Prozessfähigkeit zu.

 

Gemäß § 2 Abs.1 Oö. VergRSG obliegt dem Unabhängigen Verwaltungssenat die Gewährung von Rechtsschutz gemäß § 1 Abs.1 leg.cit.

 

3.2. Gemäß § 2 Abs.3 Oö. VergRSG ist der Unabhängige Verwaltungssenat bis zur Zuschlagsentscheidung bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen die bundesgesetzlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens und die dazu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht zuständig zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen (§ 2 Z16 lit.a BVergG 2006) des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

 

Der gegenständliche Antrag ist rechtzeitig und zulässig. Aufgrund der Höhe des Auftragswertes des ausgeschriebenen Lieferauftrages sind die Bestimmungen für den Oberschwellenbereich anzuwenden.

 

3.3. Gemäß § 8 Abs.1 Oö. VergRSG hat der Unabhängige Verwaltungssenat auf Antrag durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet scheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers bzw. der Antragstellerin zu beseitigen oder zu verhindern.

 

Gemäß § 11 Abs.1 leg.cit. hat der Unabhängige Verwaltungssenat vor Erlassung einer einstweiligen Verfügung die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers bzw. der Antragstellerin, der sonstigen Bewerber oder Bieter bzw. Bewerberinnen oder Bieterinnen und des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf ihre Erlassung abzuweisen.

 

Gemäß § 11 Abs.3 leg.cit. ist in einer einstweiligen Verfügung die Zeit, für welche diese Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Die einstweilige Verfügung tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch mit der Entscheidung über den Antrag auf Nichtigerklärung, in dem die betreffende Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird, außer Kraft.

 

3.4. Bereits zu der vorausgegangenen sinngemäßen Regelung des Bundes­vergabe­gesetzes 1997 führte Elsner, Vergaberecht (1999), auf Seite 86 aus: Die Entscheidung hängt von einer Abwägung der möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers und einem allfälligen besonderen öffentlichen Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens ab. Dabei muss es sich um ein "besonderes" öffentliches Interesse handeln. Es wird nämlich (hoffentlich) bei jeder öffentlichen Auftragsvergabe ein öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens und Vergabe eines Auftrages bestehen. Aber auch daran, dass Vergabeverfahren fehlerfrei ablaufen, besteht öffentliches Interesse. Eine Nichterlassung einstweiliger Verfügungen wird daher nur bei sonstiger Gefahr für Leib und Leben und besonderer Dringlichkeit zulässig sein. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn besondere Interessen der Daseinsvorsorge gefährdet würden.

 

Art.2 Abs.4 Satz 1 der Rechtsmittelrichtlinie darf nicht fälschlicherweise so ausgelegt werden, dass der vorläufige Rechtsschutz regelmäßig leerläuft. Mit diesem Interesse ist nicht das bei jeder Auftragsvergabe bestehende öffentliche Interesse an der zügigen Abwicklung gemeint. Nach der Beschlusspraxis des EuGH kommt es in der Interessensabwägung maßgeblich darauf an, wer durch sein Verhalten die besondere Dringlichkeit der Auftragsvergabe verursacht hat. Für die öffentlichen Auftraggeber ergibt sich daraus eine echte Obliegenheit zu rechtzeitig geplanten und durchgeführten Beschaffungsvorgängen. Das Rechtsschutzinteresse des diskriminierten Bieters kann insoweit nur vom vorrangigen Schutz überragend wichtiger Rechtsgüter der Allgemeinheit zurückgedrängt werden (vgl. Schenk, Das neue Vergaberecht, 1. Auflage 2001, S. 172f).

 

Auch der Verfassungsgerichtshof hat insbesondere in seiner Entscheidung zu Zl. B 1369/01 vom 15.10.2001 ein öffentliches Interesse im Hinblick auf das Postulat effizienten Einsatzes öffentlicher Mittel in der Sicherstellung einer Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter gesehen, dem die Nachprüfung des Vergabe­verfahrens letztlich dienen soll.

 

3.5. In Anbetracht der Tatsache, dass es sich beim gegenständlichen Vorhaben nicht um eine vordringliche Leistungserbringung handelt, kann daraus geschlossen werden, dass eine Gefährdung von Leib und Leben nicht aktuell ist. Auch trifft den Auftraggeber im Hinblick auf die Rechtsnatur des Provisorialverfahrens und auf die allgemeine Mitwirkungspflicht der Parteien im Verwaltungsverfahren die Behauptungslast betreffend die gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sprechenden Interessen. Der Auftraggeber hat im Verfahren konkrete, mit der Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung drohende Nachteile nicht dargelegt, sodass davon auszugehen ist, dass die nachteiligen Folgen des vorläufigen Zuschlagsverbotes nicht überwiegen und daher dem Antrag stattzugeben ist (vgl. BVA 1.12.2000, N-56/00-9).

 

Die Antragstellerin hat denkmöglich ausgeführt, dass ihr durch die behauptete Rechtswidrigkeit der Entgang des Auftrages droht, sohin ein Schaden, der nur durch die vorläufige Untersagung der Zuschlagserteilung abgewendet werden kann. Abgesehen von dem vorausgesetzten öffentlichen Interesse an der Vergabe des gegenständlichen Auftrages ist aber ein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens weder durch den Auftraggeber vorgebracht worden noch dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Kenntnis gelangt. Vielmehr ist bei der Interessensabwägung iSd Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu berücksichtigen, dass der Auftraggeber ein Interesse an einem rechtmäßigen Vergabeverfahren haben muss. Darüber hinaus ist auf die Rechtsprechung der Vergabe­kontrollinstanzen, dass ein öffentlicher Auftraggeber bei der Erstellung des Zeitplanes für eine Auftragsvergabe die Möglichkeit von Nachprüfungsverfahren und die damit einhergehende Verzögerung ins Kalkül zu ziehen hat, zu verweisen. Dass sich durch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung eine Verzögerung der Bedarfsdeckung und ein organisatorischer und finanzieller Mehraufwand ergeben können, liegt in der Natur der Sache. Da - wie bereits erwähnt - kein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an einem möglichst raschen Vertragsabschluss geltend gemacht wurde und auch nicht auf der Hand liegt, war dem Antrag stattzugeben.

 

Die im Vorbringen der Antragstellerin behaupteten Rechtswidrigkeiten sind zumindest denkmöglich. Eine Überprüfung, ob die behaupteten Rechtswidrigkeiten auch tatsächlich vorliegen, war im Rahmen des Provisorialverfahrens nicht durchzuführen.  Dies gilt auch für die Behauptung des Vorliegens eines  zwingenden Ausscheidensgrundes.

 

Die Dauer der Aussetzung der Zuschlagserteilung ergibt sich aus § 11 Abs.3 Oö. VergRSG iVm § 20 Abs.1 Oö. VergRSG.

Gemäß § 20 Abs.1 Oö. VergRSG ist über Anträge auf Nichtigerklärung von Entscheidungen eines Auftraggebers bzw. eine Auftraggeberin unverzüglich, spätestens aber zwei Monate nach Einlangen des Antrages zu entscheiden.

 

Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies, dass für den  Unabhängigen Verwaltungssenat somit die Möglichkeit besteht, die Aussetzung der Zuschlags­erteilung für zwei Monate, auszusprechen.

 

Die einstweilige Verfügung ist gemäß § 11 Abs.4 Oö. VergRSG sofort vollstreckbar.

 

4. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 13 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro  zu entrichten.

 

 

 

Mag. Bismaier 

 

 

 

 

 

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