Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230470/2/Br

Linz, 03.10.1995

VwSen-230470/2/Br Linz, am 3. Oktober 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung der Frau K N, S, vertreten durch Dr. M H, S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, vom 9. Juni 1995, Zl. Sich96 - 4491 - 1994, zu Recht:

I. Der Berufung wird F o l g e gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 866/1992 AVG iVm § 21, § 24, § 45 Abs.1 Z2, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 666/1993 VStG.

II. Es entfallen daher sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem Straferkenntnis vom 9. Juni 1995, Zl.: Sich96 - 4491 - 1994, wider die Berufungswerberin wegen der Übertretung nach § 15 Abs. 1 Z2 iVm § 82 Abs.1 Z4 FrG eine Geldstrafe von 2.500 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit "1 Monat" Ersatzfreiheitsstrafe verhängt. Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses lautet wie folgt: "Sie halten sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet der Republik Österreich auf, da Sie keine Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz besitzen.

(Das Asylverfahren wurde mit 4.11.1993 rechtskräftig negativ abgeschlossen, weiters wurden Sie mit Strafverfügung vom 16.12.1993, Sich96-07-1625-7341, bestraft).

1.1. Begründend führt die Erstbehörde aus:

"Aufgrund des vorliegenden Akteninhaltes steht nachstehender Sachverhalt fest:

Das Asylverfahren von Frau K N wurde am 4.11.1993 rechtskräftig negativ abgeschlossen. Mit Strafverfügung vom 16.12.1993 wurde über Frau K N gemäß den §§ 81 Abs. 1 Z. 4 i.V.m. § 15 Abs.2 Z. 2 Fremdengesetz eine Geldstrafe von S 1.000,-- rechtskräftig verhängt.

Am 5.1.1995 brachte N K den "Erstantrag" auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz im Postweg von Österreich aus (gefertigt am 19.12.1994 in Vöcklabruck, aufgegeben am 5.1.1995 beim Postamt V) bei der Österreichischen Botschaft in Z ein.

Gegenwärtig liegt jedoch keine Aufenthaltsbewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz vor. Am 16.1.1995 wurde über Frau N K nach den §§ 82 Abs. 1 Z. 4 i.V.m. § 15 Abs. 1 Z. 2 Fremdengesetz eine Geldstrafe gemäß §§ 82 Abs. 1 Z. 4 Fremdengesetz in der Höhe von S 1.200,-- verhängt. Innerhalb offener Frist wurde von K N ein Einspruch ohne nähere Ausführungen eingebracht.

Die Behörde hat erwogen:

Nach § 1 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz brauchen Fremde zur Begründung eines ordentlichen Wohnsitzes in Österreich eine besondere Bewilligung. Die aufgrund anderer Rechtsvorschriften für Fremde vorgesehenen besonderen Regelungen bleiben unberührt. Gemäß § 1 Abs. 2 leg.cit. Z. 1 wird von Fremden, die sich innerhalb eines Kalenderjahres länger als 6 Monate tatsächlich in Österreich aufhalten, für Zwecke dieses Bundesgesetzes jedenfalls angenommen, daß sie in Österreich einen ordentlichen Wohnsitz begründen. § 1 Abs. 3 Z. 6 leg cit normiert, daß Fremde keine Bewilligung brauchen, wenn sie aufgrund des Asylgesetzes 1991, BGBl.Nr.

8/1992, zum Aufenthalt in Österreich berechtigt sind. Der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung ist vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen (§ 6 Abs. 2 Satz 1 leg cit.) Nach § 1 Abs. 1 Fremdengesetz ist Fremder, wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt.

Gemäß § 15 Abs. 1 Z. 2 Fremdengesetz halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn ihnen eine Bewilligung gemäß § 1 des Aufenthaltsgesetzes oder von einer Sicherheitsbehörde erteilt wurde. Wer sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu S 10.000,-- zu bestrafen (§ 82 Abs. 1 Z. 4 leg.cit.). Nach § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Gemäß § 49 Abs.2 VStG. ist, wenn der Einspruch rechtzeitig eingebracht wird, das ordentliche Verfahren einzuleiten. Der Einspruch gilt als Rechtfertigung im Sinne des § 40 leg.cit.

Nach § 5 Abs. 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Gemäß § 5 Abs.1 StGB.

handelt vorsätzlich, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht. Frau K N ist kroatische Staatsbürgerin und somit Fremde nach § 1 Fremdengesetz.

Frau K N kam es darauf an, nach der rechtskräftigen Strafverfügung vom 16.2.1993 gemäß den §§ 82 Abs. 1 Z. 4 i.Vm. § 15 Abs. 2 Z. 2 weiterhin in Österreich zu verweilen und denselben Sachverhalt, der dem Tatbild oben erwähnten Rechtsvorschriften entspricht, zu verwirklichen.

Daran ändert auch die Tatsache nichts, daß K N von Österreich aus eine dem § 6 Abs. 2 Satz 1 Aufenthaltsgesetz nicht formal entsprechenden Antrag auf Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz am 19.12.1994 in Vöcklabruck, also ca. 1 Jahr nach rechtskräftiger Strafverfügung vom 4.11.1993, unterzeichnet und am 5.1.1994 beim Postamt V adressiert, an die Österreichische Botschaft in Z expediert hat. Die ordnungsgemäße Anmeldung beim Meldeamt der Stadtgemeinde V weist unter anderem darauf hin, daß vom Zeitpunkt der Anmeldung an ein länger als 6-monatiger Aufenthalt pro Kalenderjahr in Österreich beabsichtigt war, dafür jedoch nach den unwidersprochenen Angaben von Insp. H, GP. V, vom 2.12.1994, kein Sichtvermerk vorliegt. Eine Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz lag bzw. liegt zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht vor. Es liegt somit auf der voluntativen Seite die schärfste Form des Vorsatzes, nämlich die Form der Absicht nach § 5/1/1 StGB, vor. Wäre der Behörde nicht durch die Strafverfügung vom 16.1.1995 die Höhe der nunmehr festzusetzenden Strafe in etwa vorgegeben, so müßte nach dem Ergebnis des nunmehr vorliegenden Ermittlungsverfahrens die Höhe der Strafe um etwa 2 - 3 mal höher festgesetzt werden.

Da ein Einspruch gegen die Strafverfügung vom 16.1.1995 ohne Begründung bzw. irgendwelche näheren Ausführungen erhoben wurde und dieser als Rechtfertigung im Sinne des § 40 VStG.

zu werten ist, ist davon auszugehen, daß K N dem festgestellten Sachverhalt, damit auch gegen die sprechenden Fakten und Indizien, nichts entgegenzuwenden hat.

Erschwerend war die lange Zeit des nicht bewilligten Aufenthaltes sowie die Tatsache zu bewerten, daß Frau K N schon wegen demselben Tatbestand mit Strafverfügung vom 4.11.1993 rechtskräftig bestraft wurde. Frau K N ist kroatische Staatsbürgerin und somit Fremde nach § 1 Fremdengesetz.

Bei den Vermögens- und Einkommensverhältnissen wurden sowohl die Spareinlagen in der Höhe von DM 15.000,-- sowie die Witwenpension von S 750,-- und die Tatsache berücksichtigt, daß ein weiteres Vermögen in der Form vorliegt, daß K N von ihren Schwestern verköstigt sowie verpflegt wurde und ihr dadurch nach eigenen Angaben. durch die Unterstützung ihrer in Österreich lebenden Angehörigen keinerlei Kosten für das Leben in Österreich erwachsen.

Milderungsgründe, die einen Einfluß auf die Strafbemessung hätten, liegen nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens nicht vor.

Die Behörde hatte deswegen wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden." 2. Dagegen wendet sich die Berufungswerberin mit ihrer fristgerecht durch ihren ausgewiesenen Rechtsvertreter eingebrachten Berufung und führt sie darin folgendes aus:

"In der umseits bezeichneten Verwaltungsstrafsache erhebe ich gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 09.06.1995, Sich96 - 4491 - 1994, binnen offener Frist nachstehende B e r u f u n g :

Ich fechte das vorbezeichnete Straferkenntnis in vollem Umfang an.

Ich habe gegen die Strafverfügung vom 16.01.1995 fristgerecht Einspruch erhoben, welche aufgrund des Einspruches sodann außer Kraft getreten ist. Da gegen die Strafverfügung lediglich ein unbegründeter Einspruch erhoben wurde, hätte die Behörde nicht nur das Ermittlungsverfahren einleiten, sondern mich auch zur Rechtfertigung auffordern müssen, um mir Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Dies hat die Behörde unterlassen.

Ohne mich im Verwaltungsstrafverfahren in irgendeiner Weise anzuhören, wurden die Ermittlungen durchgeführt, auch nach Abschluß der Ermittlungen wurde mir wiederum keine Gelegenheit gegeben, zu den Ermittlungen des Verfahrens Stellung zu nehmen.

Das gesamte Verfahren wurde daher unter Verletzung des Rechtes auf Parteiengehör geführt, sodaß das angefochtene Straferkenntnis wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften nichtig ist. Der ermittelte Sachverhalt ist sohin auch unrichtig.

Ich bin zwar noch kroatische Staatsbürgerin, jedoch gemäß § 1 Abs. 1 iVm mit § 2 Bundesvertriebenengesetz der Bundesrepublik Deutschland als Heimatvertriebene anerkannt.

Aufgrund dieser Rechtsstellung steht mir auch ein Aufenthaltsrecht in Österreich zu.

Beweis: beiliegende Bescheinigung vom 20.12.1994 Abschließend stelle ich fest, daß der Sachverhalt nicht nur mangelhaft, sondern auch unrichtig erhoben wurde.

Ich stelle sohin den A n t r a g, das angefochtene Straferkenntnis wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen mich einzustellen; In eventu: die Verwaltungsstrafsache zur neuerlichen Ermittlung an die Behörde erster Instanz zurückzuweisen.

V, am 12.9.1995 K N" 3. Die Erstbehörde hat den Akt in Form eines losen Konvolutes von nicht durchnumerierten Blättern vorgelegt. Da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, hat der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied zu entscheiden.

Zumal bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht vorzunehmen (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der von der Erstbehörde vorgelegte Verwaltungsakt, Zl.

Sich96 - 4491 - 1994, beinhaltet eine Meldung der Gendarmerie vom 2. Dezember 1994. Ferner die eingeholten Verwaltungsvormerkungen vom 14.12.1994, die Strafverfügung vom 16. Jänner 1995, den dagegen erhobenen Einspruch, schließlich das hier angefochtene Straferkenntnis und die dagegen erhobene Berufung mit einer beigefügten Bestätigung.

4.1. Aus der Meldung ergibt sich, daß sich die Berufungswerberin seit 4. November 1994 ohne Sichtvermerk im Bundesgebiet aufhalte. Als Erhebungsergebnis wird in dieser Meldung auch festgehalten, daß die Berufungswerberin ordnungsgemäß beim Meldeamt der Stadtgemeinde V angemeldet sei.

In der Strafverfügung wurde der Berufungswerberin schließlich vorgeworfen, daß sie sich seit 5.11.1993 nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte. Ansonsten ist der Spruch wie im Straferkenntnis gehalten. Dem wohl unbegründeten Einspruch folgte ohne ersichtliches Ermittlungsverfahren die Erlassung des Straferkenntnisses.

In diesem wird zur Tatzeit keine Angabe mehr gemacht.

Der Berufung legt die Berufungswerberin, welche kroatische Staatsangehörige ist, eine Bescheinigung der Bezirksregierung K vom 20.12.1994 vor, welche ihr den Status "Heimatvertriebene" zuerkennt.

5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat wie folgt erwogen:

5.1. Dem Spruch des Straferkenntnisses kommt im Hinblick auf die in § 44a Z1 bis 5 VStG festgelegten Erfordernisse besondere Bedeutung zu. Der Beschuldigte hat nach der Rechtsprechung des VwGH ein Recht darauf, schon dem Spruch unzweifelhaft entnehmen zu können, welcher konkrete Tatbestand als erwiesen angenommen, worunter die Tat subsumiert, welche Strafe unter Anwendung welcher Bestimmung über ihn verhängt wurde, usw.

Die zentrale Frage, wie ein Spruch abgefaßt sein muß, um der Bestimmung des § 44a Z1 VStG zu entsprechen, ergibt sich aus der hiezu entwickelten Judikatur des VwGH. Ein bedeutender Schritt zur Lösung der Problematik kann in dem Erkenntnis des VwGH v. 13.6.1984 Slg. 11466 A gesehen werden, in dem dargelegt wurde, daß die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben ist, daß 1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und 2. die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

Ferner ist es für die Befolgung der Vorschrift des § 44a Z1 leg.cit. erforderlich, daß im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, daß er a) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Nach diesen, aber auch nur nach diesen Gesichtspunkten ist in jedem konkreten Fall insbesondere auch zu beurteilen, ob die im Spruch des Straferkenntnisses enthaltene Identifizierung der Tat nach Ort und Zeit dem § 44a Z1 VStG genügt oder nicht genügt, mithin, ob die erfolgte Tatortund Tatzeitangabe im konkreten Fall das Straferkenntnis als rechtmäßig oder rechtswidrig erscheinen läßt (siehe obzit.Judikat). Diesen Anforderungen wird hier die Erstbehörde, mit einen weder die Tatzeit (Tatzeitraum) bezeichnenden Spruch und den Tatort lediglich auf das Bundesgebiet beziehend, nicht gerecht. Auch die Strafverfügung impliziert keine innerhalb der Frist nach § 31 Abs.1 VStG gesetzte taugliche Verfolgungshandlung (§ 32 Abs.2 VStG).

Im übrigen findet hier die in der Strafverfügung genannte Tatzeit in der Aktenlage (Meldung) keine Deckung.

Schließlich ergibt sich hier aus der Strafverfügung vom 16.1.1995, welche die Tatzeit mit "seit 5.11.1993" bezeichnet, daß die Berufungswerberin bereits mit der Strafverfügung vom 16.12.1993 für dieses Delikt bestraft wurde und mit gegenständlichen Verfahren gleichsam eine Doppelbestrafung nicht auszuschließen ist.

Gesetzlich nicht begründet ist schließlich die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von "1 Monat". Dieses Strafausmaß läßt sich der hier angezogenen Strafnorm (§ 82 Abs.1 Z4 FrG) in Verbindung mit § 16 VStG nicht ableiten.

Kein Anhaltspunkt ist ferner für eine Verdoppelung des Strafsatzes gegenüber der Strafverfügung ersichtlich.

6. Es könnte hier somit ein inhaltliches Eingehen in die Sache unterbleiben. Zumal in dem hier vorliegenden Verfahren so gut wie keine Ermittlungshandlungen im ordentlichen Verfahren erkennbar sind, welche auch vom Verwaltungssenat nicht ergänzt werden können und damit die Berufungswerberin mit ihrem Berufungsvorbringen Recht zukommt, werden hiezu aus grundsätzlichen Erwägungen doch auch einige inhaltliche Aussagen getroffen.

6.1. Es hätte hier für eine tragfähige Entscheidung einerseits einer inhaltlichen Prüfung bedurft, ob für die Berufungswerberin allenfalls gemäß den Verordnungen der Bundesregierung, BGBl. Nr. 402/93, 368/94 u. 1038/94, hinsichtlich des Aufenthaltsrechtes von kriegsvertriebenen Staatsangehörigen von Bosnien und Herzegowina nicht überhaupt ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet zugekommen sein könnte. Immerhin wurde ihr zwischenzeitig dieser Status offenkundig auch in Deutschland zuerkannt. Dieses bestand auch für solche Personen die etwa nach dem 1. Juli 1993 einreisten, sofern die Einreise über eine Grenzkontrollstelle erfolgte, bei der sich (der) die Fremde der Grenzkontrollstelle stellte und ihr (ihm) entsprechend internationaler Gepflogenheiten die Einreise gestattet wurde. Dadurch wäre allenfalls der Berufungswerberin ein Aufenthaltsrecht ex-lege zugekommen.

Eine andere Sicht würde wohl diese Verordnungen ihres Sinnes entleeren, nämlich den Schutz eines Angehörigen dieser Volksgruppe vor Kriegsereignissen.

Wenn ferner der Berufungswerberin im Zusammenhang deren Aufenthalt in Österreich in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses die "schärfste Form des Vorsatzes" vorgeworfen wird, so ist auch dem wohl entgegenzuhalten, daß andererseits ein bewußter Aufenthaltswille nicht zwingend ein Verschulden zur Folge haben muß. Nach § 6 VStG ist eine Tat dann nicht strafbar, wenn sie durch Notstand entschuldigt oder, obgleich sie dem Tatbestand einer Verwaltungsübertretung entspricht, vom Gesetz geboten oder erlaubt ist. Auch im Verwaltungsstrafrecht ist nur ein schuldhaftes Verhalten strafbar (VwGH 13.5.1987, 85/18/0067; SCHULDAUSSCHLIESZUNGSGRÜNDE (vgl. Leukauf - Steininger 4 StGB RN 6) bewirken, daß die tatbestandsmäßigen und rechtswidrigen Handlungen im konkreten Fall im Rahmen des Strafverfahrens nicht vorwerfbar sind; es würde hier daher auch an der (strafbegründenden) Schuld mangeln. Aus h. Sicht begründet die Befürchtung von kriegerischen Ereignissen deren Dimension in der Auswirkung auf Menschen dort nicht näher erörtert zu werden braucht, in Verbindung mit einer allfälligen Trennung von der Familie - einen Zustand, welcher eine illegale Einreise oder allfällige Formalfehler bei der Einreise, in der für nicht rechtskundige Personen ohnedies schwer nachvollziehbaren diesbezüglichen Rechtslage, zumindest nicht zwingend (ungeprüft) als Schuld vorzuwerfen ist (vgl. h. Erkenntnis VwSen-230455 v. 3.

August 1995 u.a.m).

Wenngleich hier nicht mehr Verfahrensgegenstand, sei abschließend bemerkt, daß angesichts des Krieges im früheren Jugoslawien nicht unerwähnt bleiben kann, daß der Berufungswerberin hier auch schuldausschließende Gründe zukommen hätten können. Auch darüber Feststellungen zu treffen wäre für einen Schuldspruch zwingend erforderlich gewesen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

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