Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-130522/11/BP/FJ

Linz, 11.05.2007

 

 

 

 

                                             E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag.Dr. Bernhard Pree über die Berufung des Mag.Dr. W H, W, gegen die Vollstreckungsverfügung des Bürgermeisters der Stadt Linz, vom 13. Dezember 2005, Zl. 933/10-253936 wegen Unzulässigkeit der Vollstreckung zu Recht erkannt:

 

 

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid wird bestätigt.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 10 Abs. 1 und Abs. 2 Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 – VVG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG.

                                                                          

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Strafverfügung des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 7. November 2005, Zl. 933/10-253936, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) gemäß §§ 2 Abs. 1 und 6 Abs. 1 lit. a Oö. Parkgebührengesetz iVm §§ 1, 2, 3, 5 und 6 Abs. 1 Parkgebührenverordnung der Landeshauptstadt Linz eine Geldstrafe in Höhe von 43 Euro, im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 66 Stunden, verhängt, weil er am 2. April 2005 in der Zeit von 10.08 Uhr bis 10.32 Uhr in Linz, Domgasse neben Haus Nummer 22, das mehrspurige Kraftfahrzeug VW mit dem polizeilichen Kennzeichen .... ohne gültigen Parkschein abgestellt habe.

 

1.2.  Aufgrund dieser Strafverfügung des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 7. November 2005, Zl. 933/10-253936, erließ der Bürgermeister der Stadt Linz mit 13. Dezember 2005 eine Vollstreckungsverfügung gemäß den §§ 3 und 10 Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991.

 

Gegen die Strafverfügung hat der Bw am 17. Jänner 2006, Datum des Einlangens, Einspruch erhoben. Eine Entscheidung erging zu diesem Einspruch bisher nicht.

 

Gleichzeitig brachte der Bw am 17. Jänner 2006 bei der Behörde erster Instanz seine Berufung gegen die Vollstreckungsverfügung des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 13. Dezember 2005 ein und stellte den Antrag, die Berufungsbehörde möge die Vollstreckungsverfügung aufheben. Er führte darin begründend aus, dass die Strafverfügung bisher nicht rechtmäßig zugestellt worden sei. Er sei in der Woche der versuchten Zustellung nicht in Linz anwesend gewesen. Dies sei dem Zustellorgan am 14. November von Frau Dr. M E auch mitgeteilt worden. Im Übrigen sei auf der Verständigung über die Hinterlegung eines Schriftstückes die Angabe wo das Schriftstück abzuholen sei, bzw. wo es bis zum Ende der Abholfrist liege nicht eingetragen. Gleichzeitig legte der Bw die Verständigung über die Hinterlegung eines Schriftstückes vor, die im Rahmen des Zustellversuches vom 14. November 2005 an der Zustelladresse hinterlegt worden sei.

 

1.3. Die Behörde erster Instanz leitete die Berufung gegen die Vollstreckungsverfügung mit Schreiben vom 9. Februar 2006 an das Amt der Oö. Landesregierung weiter, weil es bezüglich der Entscheidung über diese Berufung von der Zuständigkeit der Oö. Landesregierung ausging. Von der Oö. Landesregierung wurde dem Bw mit Schreiben vom 8. Juni 2006 die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt.

 

Mit der Stellungnahme vom 19. Juni 2006 brachte der Bw vor, sich im Zeitraum von 8. November 2005 bis 24. Dezember 2005 nicht in Linz aufgehalten zu haben. Mit Ausnahme der Zeiträume von 16. November 2005 bis 19. November 2005 und von 23. November 2005 bis 26. November 2005, in denen er sich in Bangkok aufgehalten habe, hätte er sich in Wien, an seinem Zweitwohnsitz aufgehalten. Er sei bei den Austrian Airlines beschäftigt. In diesem Zusammenhang legte er einen Dienstplan für den Monat November 2005 vor.

 

1.4. Mit Schreiben vom 16. März 2007 leitet die Oö. Landesregierung (Abteilung Verkehrsrecht) die Berufung, unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Jänner 2007, 2005/17/0273 u 0274, wonach sich der Instanzenzug im Verwaltungsvollstreckungsverfahren nach den für das Titelverfahren geltenden Vorschriften richte, an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich weiter.

 

1.5. Der Bw nahm am 23. April 2004 Einsicht in den bezughabenden Akt.

 

1.6. Der Oö. Verwaltungssenat führte am 26. April 2007 zum vorliegenden Fall eine mündliche Verhandlung durch.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde, die Einvernahme von Zeugen und Parteieneinvernahme im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 26. April 2007. Die mündliche Berufungsverhandlung zu den Zahlen VwSen-130477, VwSen-130478, VwSen-130523 und VwSen-130524 sowie VwSen-130522 wurde aufgrund des sachlichen Zusammenhanges gemäß § 51e Abs. 7 VStG gemeinsam durchgeführt. Hinsichtlich des Verfahrens zu der Zahl VwSen-130522 besteht der sachliche Zusammenhang zu den oben genannten Verfahren in der Identität des Bw und der belangten Behörde.

 

Des Weiteren wurde Beweis erhoben durch die Verlesung der Aktenstücken des Ermittlungsverfahrens der in diesem Fall unzuständigen Abteilung Verkehrsrecht des Amtes der Oö. Landesregierung. Von diesen Aktenstücken wurde bei der Feststellung des Sachverhaltes, jedoch nur das Schreiben des Bw vom 19. Juni 2006 (Stellungnahme) und die damit vorgelegten Aufzeichnungen berücksichtigt.

 

2.1. Von der Oö. Landesregierung, die im vorliegenden Fall nicht zuständig war, wurde dem Bw mit Schreiben vom 8. Juni 2006 die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt. Mit Schreiben vom 19. Juni 2006 nahm der Bw wie unter Punkt 1.3. dargestellt Stellung und legte gleichzeitig einen Dienstplan für den Monat November 2005 sowie (abermals) eine Kopie jener Hinterlegungsanzeige, die anlässlich des zweiten Zustellversuches an der Zustelladresse zurückgelassen worden sei, vor.

 

Hinsichtlich der Echtheit dieses Schriftstückes ergaben sich keine Zweifel. Der Bw äußerte sich im Rahmen der mündlichen Verhandlung auch nicht dahingehend, dass Teile der verlesenen Aktenstücke unrichtig wären bzw. so von ihm nicht verfasst und abgesendet worden wären.

 

Im Rahmen dieser mündlichen Verhandlung beantragte der Bw die Ausscheidung jener Aktenstücke, die im Zuge von Erhebungen des Amtes der Oö. Landesregierung als unzuständige Behörde getroffen und erhoben wurden. Er begründete dies damit, dass die dort vorgenommenen Erhebungen von einer unzuständigen Behörde durchgeführt worden seien und diese auch Auswirkungen auf die beiden übrigen Verfahren (VwSen-130523 und VwSen-130524) hätten. Der Antrag wurde vom erkennenden Mitglied des Oö. Verwaltungssenates im Rahmen der mündlichen Verhandlung abgewiesen.

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

 

Der Bw verfügt neben seinem Hauptwohnsitz in L, auch über einen Nebenwohnsitz in W. Diesen Umstand gab der Bw im vorliegenden Verfahren mit E-Mail vom 17. März 2007 bekannt, in dem er auch um die Vornahme der Zustellungen an diese Adresse ersuchte.

 

Die Behörde erster Instanz hat gegen den Bw mit Datum vom 7. November 2005 zu Zl. 933/10-253936 eine Strafverfügung erlassen. Diese Strafverfügung wurde dem Bw mit RSa-Brief zugestellt. Der erste Zustellversuch erfolgte am 11. November 2005, in diesem Zusammenhang wurde die Ankündigung eines zweiten Zustellversuches an der Abgabestelle zurückgelassen. Der zweite Zustellversuch wurde erfolglos am 14. November 2005 unternommen; die Sendung wurde daraufhin beim Postamt 4020 Linz, Bahnhofplatz 11, hinterlegt. Beginn der Abholfrist war der 15. November 2005. Eine Abholung des hinterlegten Schriftstückes durch den Bw erfolgte nicht.

 

Der Bw war von 9. bis 11. November 2005 beruflich in Wien tätig. Es konnte nicht geklärt werden, wie lange der Bw am 11. November 2005 Dienst hatte. Jedenfalls endete der Dienst des Bw noch am 11. November. Der Bw hielt sich jedenfalls von 12. bis 13. November 2005 in Linz an seinem Hauptwohnsitz auf. Ob sich der Bw am 14. November noch in Linz aufhielt, konnte nicht mit ausreichender Sicherheit festgestellt werden.

 

In Zusammenhang mit dem zweiten Zustellversuch am 14. November 2005 gab die Lebensgefährtin des Bw gegenüber dem Zustellorgan keine Erklärungen ab, aus der hervorgegangen wäre, der Bw sei zumindest in der darauffolgenden Woche nicht in Linz anwesend.

 

Einlangend mit 17. Jänner 2006 hat der Bw bei der Behörde erster Instanz gegen diese Strafverfügung Einspruch (undatiert) erhoben.

 

2.3. Der Zustellnachweis stellt eine öffentliche Urkunde dar. Der Bw hat keine Beweise vorgelegt, die geeignet sind, berechtigte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Zustellvorgangs aufkommen zu lassen.

 

In seiner Berufung gegen die Vollstreckungsverfügung vom 17. Jänner 2006 und seiner Stellungnahme vom 19. Juni 2006 behauptete der Bw, dass seine Lebensgefährtin dem Zustellorgan am 14. November 2005 mitgeteilt habe, der Bw halte sich zumindest die ganze Woche (bei dem 14. November 2005 handelte es sich um einen Montag) nicht in Linz auf. Zum Beweis dafür beantragte er die Einvernahme seiner Lebensgefährtin und des Zustellorgans als Zeugen.

 

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung bestätigte die Zeugin, die Lebensgefährtin des Bw, dass sie am 14. November 2005 eine derartige Erklärung gegenüber dem Zustellorgan abgeben habe. Sie gab an, sich erinnern zu können, dass sie gesagt habe, der Bw sei zumindest die ganze Woche nicht da. Diese Aussage wurde von der Zeugin sehr dezidiert und bestimmt getroffen. Die Zeugin sagte auch sehr konkret darüber aus, dass sie dem Zustellorgan erklärt habe wie lange der Bw jedenfalls nicht in Linz sei, nämlich zumindest eine Woche. Sie gab auch an, dass das Zustellorgan ihr gegenüber erklärt habe, es sei ein Schriftstück für ihren Lebensgefährten bei der Post. Sie sagte weiters aus, dass der Bw sich an den Tagen 14. und 15. November sicher nicht in Linz aufgehalten habe und dieser im Zeitraum von 15. bis 29. November nicht in der gemeinsamen Wohnung gewesen sei.

 

Demgegenüber behauptete die Zeugin jedoch, sich nicht erinnern zu können und deswegen auch keine Angaben zu der Frage machen zu können, ob sich ihr Lebensgefährte in den Tagen 11. bis 13. November 2005 in Linz in der gemeinsamen Wohnung aufgehalten habe. Sie gab an keine Erinnerung über den Aufenthalt ihres Lebensgefährten in diesem Zeitraum zu haben. Weiters konnte sich die Zeugin nicht daran erinnern wie das Zustellorgan auf ihre Erklärung reagiert haben soll. Sie gab an zu glauben, dass das Zustellorgan daraufhin gegangen sei. Die Zeugin konnte auch keine Angaben darüber machen, ob das Zustellorgan die Hinterlegungsanzeige, die mit 14. Jänner 2005 datiert ist und an der Richtigkeit und Echtheit dieses Datums oder der Hinterlegungsanzeige selbst bestehen keine Zweifel, direkt bei ihr oder doch im Postkasten hinterlassen habe.

 

Insgesamt erschien die Aussage der Zeugin nicht glaubwürdig. Einerseits konnte sie sich nicht mehr erinnern, ob sich ihr Lebensgefährte an den Tagen unmittelbar vor dem 14. November 2005 in der gemeinsamen Wohnung aufgehalten habe und auch nicht daran wo das Zustellorgan die Hinterlegungsanzeige hinterlassen habe, also Ereignisse, die sich im unmittelbaren zeitlichen Umfeld des zweiten Zustellversuches zugetragen haben. Andererseits machte sie aber sehr konkrete Angaben zum Inhalt ihrer Erklärung, die sie am 14. November 2005 gegenüber dem Zustellorgan abgegeben haben soll. Während sie also über die Ereignisse unmittelbar vor ihrer eigenen Erklärung, also die Mitteilung des Postbeamten über das Vorhandensein eines Schriftstückes und ihre eigene Erklärung selbst bestens informiert war und sie hier auch nicht den Eindruck entstehen ließ, sie müsse überlegen oder sei sich nicht gänzlich sicher, konnte sie über die Ereignisse unmittelbar danach überhaupt keine Angaben machen. Es entspricht nicht der Lebenserfahrung, dass sich eine Person an den genauen Wortlaut einer 1 1/2 Jahre zurückliegenden Erklärung erinnern kann, weiters noch weiß was das Zustellorgan anlässlich des Zustellversuches ihr mitgeteilt habe, aber dann nicht weiß wie sie zur Hinterlegungsanzeige selbst gekommen ist, bzw. wie das Zustellorgan auf ihre Mitteilung reagiert haben soll.

 

Es fiel in diesem Zusammenhang auch auf, dass die Zeugin genau sagen konnte, dass der Bw in der Zeit von 14. November 2005 bis 29. November 2005 nicht in Linz in der gemeinsamen Wohnung war, zum 13. November 2005 und den Tagen unmittelbar davor jedoch überhaupt keine Angaben darüber machen konnte, ob sich der Bw in Linz aufgehalten haben. Ob im Zeitraum vor dem 14. November 2005 ein telefonischer oder persönlicher Kontakt stattgefunden habe wurde mit Hinweis auf die Privatsphäre nicht beantwortet.

 

Insgesamt stellen sich die Aussagen der Zeugin als Schutzbehauptungen dar. Zu jenen Punkten die der Entlastung ihres Lebensgefährten dienten machte sie sehr konkrete Angaben, bis hin zum genauen Inhalt der eigenen sowie der ihr gegenüber abgegebenen Erklärungen und hatte auch keine Erinnerungslücken. Hinsichtlich der Fragen, die den Zeitraum des ersten Zustellversuches am 11. November 2005 bis 13. November 2005 betrafen, behauptete sie jedoch überhaupt keine Angaben machen zu können. Hier fiel besonders auf, dass sie keine Angaben über den Aufenthalt ihres Lebensgefährten in diesen Tagen machen konnte oder wollte, jedoch sehr wohl erklärte, dass sich dieser von 15. November 2005 bis 29. November 2005, der 29. November 2005 stellt den Tag des Ablaufs der gesetzlichen 2-wöchigen Hinterlegungsfrist dar, nicht in Linz in der gemeinsamen Wohnung aufgehalten habe. Das erstaunliche Erinnerungsvermögen hinsichtlich der für ihren Lebensgefährten günstigen Tatsachen schwindet – obwohl in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang – ebenfalls erstaunlicherweise, wenn es um den mit dem angeblichen Gespräch am 14. November zeitlich zusammenfallenden oder diesem unmittelbar folgenden zweiten Zustellversuch geht. Auch dieser Umstand legt die Vermutung einer bloßen Schutzbehauptung nahe.

 

Der einvernommene Postbeamte, der die erfolglosen Zustellversuche am 11. und 14. November unternommen hatte, gab glaubhaft an, dass er sich an die Ereignisse in diesem Zusammenhang nicht mehr erinnern könne. Er stelle täglich rund 20 RSa-Briefe zu, dies stelle für ihn eine Routineaufgabe dar und bei dieser Menge könne er sich an keine Einzelfälle mehr erinnern.

 

Nachdem – wie oben dargestellt – davon ausgegangen wird, dass sich der Bw bereits vor dem zweiten Zustellversuch an der Abgabestelle aufgehalten hatte, bedarf die Aussage des Zustellorgans für den Fall einer Mitteilung über eine einwöchige Abwesenheit eines Empfängers von der Abgabestelle keiner besonderen Würdigung, zumal im gegenständlichen Fall das Stattfinden des von der Lebensgefährtin des Bw angeführten Gesprächs vom 14. November 2005 nicht glaubhaft ist.

 

Das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates gelangte daher, insbesondere unter der oben dargestellten Würdigung der Aussage der Lebensgefährtin des Bw, zu der Annahme, dass das Zustellorgan von der Lebensgefährtin des Bw über dessen Abwesenheit vermutlich nicht informiert worden war.

 

Auch der Aussage des Bw selbst, er sei im Zeitraum an den Tagen 11., 12. und 13. November nicht in Linz gewesen, konnte der Oö. Verwaltungssenat nicht folgen. Noch mit dem anlässlich seiner Stellungnahme vom 19. Juni 2006 vorgelegten Dienstplan gab der Berufungswerber zu erkennen, dass er sich von 9. bis 11. November 2005 dienstlich in Bangkok aufgehalten habe. Wobei seine Verantwortung dahingehend lautete, dass er in der Zeit von 8. November 2005 bis 24. Dezember 2005 nicht an seinem Hauptwohnsitz in Linz gewesen sei. Hier ist zwar anzumerken, dass er in seiner Stellungnahme selbst keine Angaben über seinen Aufenthalt bzw. Tätigkeit von 9. bis 11. November machte, der Schluss auf seine Abwesenheit aufgrund des von ihm vorgelegten Dienstplanes jedoch naheliegend war, weil sich für diese Tage jeweils der Eintrag BKK (Bangkok) findet. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung räumte er schließlich ein, dass er von 9. bis 11. November 2005 in Wien gewesen sei. Zu den Tagen 12., 13. und 14. November 2005 konnte der Bw keine genauen Angaben machen. Er behauptete zwar, nicht in Linz gewesen zu sein und erklärte sich an diesen Tagen in Wien aufgehalten zu haben, doch machte er darüber hinaus keine Angaben, die diese Behauptung belegen würden. Vor allem unter Berücksichtigung der Aussage seiner Lebensgefährtin zu diesem Zeitraum, wirkten seine Darstellungen diesbezüglich nicht überzeugend. Sehr wohl gelangte das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates aufgrund der Aussage des Bw zu der Auffassung, dass sich der Bw jedenfalls am 15. November, von 16. bis 19. November 2005 und vom 23. bis 26. November 2005 nicht in Linz aufgehalten hat.

 

Der Umstand, dass der Bw dem Zustellorgan persönlich nicht bekannt war – dies im Gegensatz zur Lebensgefährtin – reicht nicht aus, um eine durchgehende Abwesenheit des Bw im zu beurteilenden Zeitraum zu belegen; es erscheint dem erkennenden Mitglied des Oö. Verwaltungssenates der Lebenserfahrung durchaus entsprechend, dass Zustellorganen nicht sämtliche Bewohner einer entsprechenden Abgabestelle persönlich bekannt sind.

 

Dem Bw ist es im durchgeführten Verfahren nicht gelungen glaubhaft zu machen, dass er sich in dem von ihm angegebenen Zeitraum (8. November 2005 bis 24. Dezember 2005) durchgehend nicht an seinem Hauptwohnsitz aufgehalten hätte. Er konnte zwar beweisen, dass er sich im November des Jahres 2005 zweimal für je annähernd 3 ganze Tage im Ausland befunden hatte und versicherte auch glaubhaft, dass er aus beruflichen Gründen einen großen Teil seiner Zeit in Wien verbringt, doch kann alleine aus diesem Umstand noch darauf geschlossen werden, er hätte sich nicht in regelmäßigen Abständen an seinem Hauptwohnsitz aufgehalten. Insbesondere lieferte er keine glaubhaften Angaben zu seinem Aufenthalt im Zeitraum von 11. bis 14. November 2005.

 

Sehr wohl erscheint es auch glaubhaft, dass sich der Bw, wie er dies anlässlich seiner Einvernahme im Rahmen der mündlichen Verhandlung angegeben hat, am 30. November 2005 zur Durchführung einer medizinischen Kontrolle und von 1. bis 2. Dezember 2005 sowie von 5. bis 7. Dezember 2005 zur Wahrnehmung seiner Tätigkeit als Betriebsrat in Wien aufgehalten hat.

 

Hinsichtlich der Frage an den Bw, ob er sich erinnern könne in Zusammenhang mit dem vorliegenden Fall eine Organstrafverfügung erhalten zu haben, erklärte dieser glaubhaft, dass er sich nicht mehr erinnern könne. Er schloss dabei aber auch nicht aus, dass dies der Fall gewesen sein könne.

 

2.4. Im Vollstreckungsverfahren sind gemäß § 10 Abs. 1 Vollstreckungsverfahrens­gesetz 1991 – VVG die Vorschriften des I. und des IV. Teiles sowie die §§ 58 Abs. 1 und 61 des AVG sinngemäß anzuwenden.

 

Gemäß § 67a Abs. 1 AVG entscheiden die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern durch Einzelmitglied, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Aufgrund dieser Bestimmung ist der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen.

 

Geht man mit dem Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass ein Vollstreckungsverfahren aufgrund einer Verwaltungsübertretung noch Teil des Verfahrens "wegen Verwaltungsübertretungen" darstellt (Verwaltungsgerichtshof 30. Jänner 2007, 2005/17/0273 u 0274), so ist für die Frage, ob ein Einzelmitglied oder aber eine Kammer zur Entscheidung berufen ist, § 51c VStG zu Klärung heranzuziehen. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG). Es ist somit jedenfalls von der Zuständigkeit eines Einzelmitglieds des UVS auszugehen.

 

 

3. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat nach umfassender Prüfung der Sach- und Rechtslage erwogen:

 

3.1. Gemäß § 10 VVG sind im Verwaltungsvollstreckungsverfahren der I. und der IV. Teil des AVG anwendbar. Im I. Teil finden sich unter anderem die Bestimmungen über die Zuständigkeit. Im IV. Teil mitunter jene betreffend das Berufungsverfahren. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist nicht nur das Verfahren zur Schaffung eines Straferkenntnisses, sonder auch das behördliche Verfahren zu dessen Vollstreckung ein "Verfahren wegen Verwaltungsübertretungen", weil auch und gerade die Vollstreckungsmaßnahme die Verwirklichung der für Verwaltungsübertretungen vorgesehenen Sanktion bedeutet und daher das darauf bezügliche Verfahren "wegen Verwaltungsübertretungen" geführt wird (Verwaltungsgerichtshof 30. Jänner 2007, 2005/17/0273 u 0274; Verfassungsgerichtshof 6. Oktober 1997, VfSlg. 14.957). Es ist daher davon auszugehen, dass die Vorschriften des VStG betreffend das Verfahren im vorliegenden Fall Anwendung finden.

 

Gemäß § 51i VStG ist, wenn eine Verhandlung geführt wurde, bei der Fällung des Erkenntnisses nur auf das Rücksicht zu nehmen, was in dieser Verhandlung vorgekommen ist. Auf Aktenstücke ist nur soweit Rücksicht zu nehmen, als sie bei der Verhandlung verlesen wurden, es sei denn der Beschuldigte hätte darauf verzichtet, oder als es sich um Beweiserhebungen handelt, deren Erörterung infolge des Verzichts auf eine fortgesetzte Verhandlung gemäß § 51e Abs. 5 entfallen ist.

 

Gemäß § 51g Abs. 1 VStG hat der unabhängige Verwaltungssenat die erforderlichen Beweise aufzunehmen. Nach Abs. 4 leg. cit. müssen dem Beschuldigten sonstige Beweismittel, wie Augenscheinsaufnahmen, Fotos oder Urkunden vorgehalten werden. Es ist ihm Gelegenheit zur Äußerung zu geben. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurden jene Aktenstücke, die Ermittlungsergebnisse der unzuständigen Oö. Landesregierung (Amt der Oö. Landesregierung – Abteilung Verkehrsrecht), enthalten haben verlesen. In diesem Zusammenhang hatte der Bw die Möglichkeit sich dazu zu äußern.

 

Nachdem im vorliegenden Fall die Frage der rechtmäßigen Zustellung der der Vollstreckungsverfügung zugrundeliegenden Strafverfügung entscheidend ist, war
– unabhängig von einer noch folgenden Entscheidung der belangten Behörde über den Einspruch des Bw gegen die Strafverfügung – die Frage der rechtswirksamen Zustellung zu klären.

 

3.2. Der Bw beantragte im Zuge der mündlichen Verhandlung die Ausscheidung der eben angesprochenen Aktenstücke. Zur Begründung führte er aus, die darin enthaltenen Ermittlungsergebnisse seien von einer unzuständigen Behörde getroffen worden und diese hätten auch Auswirkungen auf die gemeinsam verhandelten Verfahren zu den Zlen. VwSen-130477, VwSen-130478, VwSen-130523 und VwSen-130524.

 

Der Antrag wurde im Rahmen der mündlichen Verhandlung abgewiesen. Vorweg kann festgehalten werden, dass eine Auswirkung auf die Verfahren zu den og. Zahlen von vornherein nicht zu erkennen war. Betrafen die darin enthaltenen Ermittlungsergebnisse doch einen ganz anderen Zeitraum und ergaben sich auch keine irgendwie gearteten Überschneidungen der zu beurteilenden Sachverhalte.

 

Gemäß § 24 VStG gilt das AVG auch im Strafverfahren, soweit sich aus diesem Bundesgesetz nichts anderes ergibt. Zur Frage der Zulässigkeit von Beweismitteln enthält das VStG keine Bestimmungen.

 

Gemäß § 46 AVG kommt als Beweismittel alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles sachdienlich ist.

 

Es besteht kein gesetzliches Verbot, wonach von einer unzuständigerweise einschreitenden Behörde vorgenommene Ermittlungen für das weitere von der zuständigen Behörde durchgeführte Verfahren nicht mehr herangezogen werden dürfen. Sie unterliegen aber der Beweiswürdigung der zur Entscheidung berufenen Behörde (Verwaltungsgerichtshof 17. September 1980, 195/80; 27. Februar 1996, 96/05/0026 ua.). Es entstanden daher beim unabhängigen Verwaltungssenat keine Bedenken, die grundsätzlich gegen eine Verwertung der Ermittlungsergebnisse der unzuständigen Oö. Landesregierung – Abteilung Verkehrsrecht gesprochen hätten.

 

Der aus § 46 AVG ableitbare Grundsatz der Unbeschränktheit und Gleichwertigkeit der Beweismittel erfährt nur dort eine Einschränkung, wo das Gesetz die Berücksichtigung von Beweisergebnissen, die auf gesetzwidrige Weise gewonnen wurden verbietet (vgl. Verwaltungsgerichtshof 9. Juli 1992, 92/06/0007). Ohne auf die Zulässigkeit der Mitteilung des Arbeitgebers über die Arbeitszeiten des Bw zum November 2005 eingehen zu wollen, wird hier darauf verwiesen, dass diese Ermittlungsergebnisse bei den Feststellungen des unabhängigen Verwaltungssenates nicht berücksichtigt wurden. Eine Bezugnahme darauf erfolgte nicht.

 

Aufgrund der weitgehenden Kongruenz der Angaben des Arbeitsgebers und jener des Bw selbst und der Unwesentlichkeit der bestehenden Abweichung für dieses Verfahren waren diese speziellen Ermittlungsergebnisse zur Feststellung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts nicht erforderlich und wurden diese demnach vom Oö. Verwaltungssenat in diesem Zusammenhang jedenfalls nicht berücksichtigt.

 

3.3. Gemäß § 10 Abs. 2 Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 BGBl. Nr. 53/1991 – VVG – kann die Berufung gegen eine nach diesem Bundesgesetz erlassene Vollstreckungsverfügung nur ergriffen werden, wenn

1.      die Vollstreckung unzulässig ist oder

2.      die Vollstreckungsverfügung mit dem zu vollstreckenden Bescheid nicht übereinstimmt oder

3.      die angeordneten oder angewendeten Zwangsmittel im Gesetz nicht zu gelassen sind oder mit § 2 im Widerspruch stehen.

 

Der Bw macht mit seiner Berufung die Unzulässigkeit der Vollstreckung geltend, wobei er sich darauf beruft, dass ihm gegenüber kein Titelbescheid erlassen wurde, weil keine Zustellung erfolgt sei.

 

Im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens kann ein rechtkräftiger Titelbescheid nicht bekämpft werden (Verwaltungsgerichtshof 24. April 1990, 90/05/0050; 22. Juni 1995, 95/06/0106; 28. Oktober 1999, 99/06/0106).

 

Der Bw stützt sich jedoch darauf, dass ihm der Titel der Vollstreckung, nämlich die Strafverfügung des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 7. November 2005, Zl. 933/10-253936, aufgrund eines Fehlers im Zustellverfahren nicht zugestellt worden sei. § 48 Abs. 2 VStG normiert, dass Strafverfügungen zu eigenen Handen zuzustellen sind. Ginge man wie der Bw davon aus, dass durch einen Fehler im Zustellverfahren keine Zustellung erfolgte, würde dies im Ergebnis bedeuten, die og. Strafverfügungen wären ihm gegenüber nicht erlassen worden.

 

Voraussetzung für eine Vollstreckung ist aber, dass überhaupt ein entsprechender Titelbescheid vorliegt, dass dieser gegenüber dem Verpflichteten wirksam geworden ist (vgl. Verwaltungsgerichtshof 22. Februar 2001, 2001/07/0018 mwN.). So liegt dennoch ein Vollstreckungshindernis iSd 10 Abs. 2 VVG vor, wenn Rechtswidrigkeiten, die im Titelverfahren unterlaufen sind, die aber im Vollstreckungsverfahren nicht mehr bekämpft werden können, zugleich eine ordnungsgemäße Zustellung des Titelbescheides hinderten (idS Verwaltungsgerichtshof 18. Mai 1995, 94/06/0191 und 19. November 1996, 94/05/0015).

 

Diesen Umstand – nämlich die nicht ordnungsgemäße Zustellung des Titelbescheides – macht der Bw geltend. Zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Vollstreckungsverfügung, ist daher erforderlich zu klären, ob die Zustellung der og. Strafverfügung und somit des Titels ordnungsgemäß erfolgte.

 

3.4. Die Vorschriften zur Beurteilung eines Zustellvorganges finden sich im Zustellgesetz BGBl. Nr. 200/1982 in der Fassung BGBl. I. Nr. 10/2004 – ZustellG.

 

Ist ein Schriftstück zu eigenen Handen zuzustellen, wie dies bei einer Strafverfügung der Fall ist, scheidet eine Zustellung an einen Ersatzempfänger aus. § 21 Abs. 1 ZustellG normiert, dem Zusteller zu eigenen Handen zuzustellende Sendungen dürfen nicht an einen Ersatzempfänger zugestellt werden. Ist eine Zustellung zu eigenen Handen ("RSa-Brief") angeordnet und kann die Sendung beim ersten Zustellversuch nicht zugestellt werden, so ist der Empfänger schriftlich unter Hinweis auf die sonstige Hinterlegung zu ersuchen, zu einer gleichzeitig zu bestimmenden Zeit an der Abgabestelle zur Annahme des Schriftstückes anwesend zu sein. Dieses Ersuchen ist in den für die Abgabestelle bestimmten Briefkasten (Briefeinwurf, Hausbrieffach) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Zur angegebenen Zeit ist ein zweiter Zustellversuch durchzuführen. Ist auch dieser erfolglos, ist nach § 17 zu hinterlegen (§ 21 Abs. 2 ZustellG).

 

Der Zustellnachweis ist eine öffentliche Urkunde und hat gemäß § 47 AVG iVm § 292 ZPO die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit für sich; diese Vermutung ist allerdings widerlegbar. Derjenige, der behauptet, es lägen Zustellmängel vor, hat diese Behauptung entsprechend zu begründen und Beweise anzuführen, die geeignet erscheinen, die vom Gesetz aufgestellte Vermutung zu widerlegen (Verwaltungsgerichtshof 21. November 2001, 2001/08/0011).

 

Im vorliegenden Fall wurde der Empfänger beim ersten Zustellversuch nicht an der Abgabestelle angetroffen. Aus dem Zustellnachweis ergibt sich, dass der erste erfolglose Zustellversuch am 11. November 2005 stattgefunden hat und das Zustellorgan aufgrund der Erfolglosigkeit, die Ankündigung eines zweiten Zustellversuches an der Abgabestelle zurückgelassen hat. Der Bw hat diesbezüglich, nämlich, dass keine Ankündigung erfolgt sei, nichts vorgebracht, sodass schon aus der öffentlichen Urkunde des Zustellnachweises zu schließen ist, dass das die Vorschriften des Zustellverfahrens im ersten Zustellversuch jedenfalls eingehalten wurden.

 

Es ist unstrittig, dass am 14. November 2005, entsprechend der Ankündigung des Zustellorgans vom 11. November 2005, eine zweiter Zustellversuch stattgefunden hat. Evident ist, dass dieser erfolglos war, der Bw wurde zu diesem Termin an der Abgabestelle nicht angetroffen, das Zustellorgan hinterlegte das Schriftstück beim zuständigen Postamt 4020 Linz, mit Abholfrist beginnend am 15. November 2005.

 

Der Bw hatte bis zu diesem Zeitpunkt keine Änderung seiner Abgabestelle bekanntgegeben. Mit Hauptwohnsitz ist der Bw und war auch zum Zeitpunkt beider Zustellversuche sowie auch schon vorher in L, gemeldet. Aufgrund des durchgeführten Verfahrens, insbesondere auch der mündlichen Verhandlung, konnte festgestellt werden, dass sich der Bw regelmäßig in Linz, an der Adresse seiner Lebensgefährtin, aufhält. Schon aufgrund der Tatsache, dass der Bw über einen Zeitwohnsitz verfügt, von der Behörde zu verlangen, Zustellungen an diese Adresse vorzunehmen und von einer Änderung der Abgabestelle auszugehen, würde den Wortlaut des § 4 Abs. 3 ZustellG überspannen. Dieser Bestimmung zufolge, darf eine Abgabestelle dann nicht verwendet werden, wenn der Empfänger durch längere Zeit hindurch dauernd abwesend ist. Eine solche dauernde Abwesenheit ist außer in Fällen offensichtlichen Missbrauchs von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn der Empfänger diesen Umstand bei der Behörde rechtzeitig bekanntgegeben hat. Eine derartige Bekanntgabe seitens des Empfängers ist aber gerade nicht erfolgt.

 

Hier ist auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. September 1990 Rücksicht zu nehmen. Dieser sprach in Zusammenhang mit der Verpflichtung zur Bekanntgabe der Änderung einer Abgabestelle nach § 8 ZustellG aus, aus der Übermittlung eines eine zweite Adresse des Empfängers enthaltenden behördlichen Schriftstückes an die Behörde ergibt sich lediglich, dass der Behörde nunmehr eine weitere Adresse, unter der dem Empfänger zugestellt werden kann, bekanntgegeben wurde. Sie ist daher berechtigt, sowohl unter der einen als auch unter der anderen Adresse zuzustellen (VwGH 20.9.1990, 90/07/0048).

 

Im gegenständlichen Verfahren hat der Bw – wie bereits festgestellt – vor dem 17. März 2007 keine Änderung seiner Abgabestelle bekanntgegeben. Es kann nun dahingestellt bleiben, ob auf Grund des zweifellos angebrachten Strafzettels am PKW des Bw eine derartige Pflicht zur Bekanntgabe bestand, zumal auch nicht festgestellt werden konnte, ob die Organstrafverfügung dem Bw tatsächlich zur Kenntnis gekommen ist. Fest steht aber, dass der Hinweis des Bw (in diesem oder auch einem anderen Verfahren) über einen Zweitwohnsitz zu verfügen keine Änderung der Abgabestelle bewirken kann, sondern lediglich die Möglichkeit der Zustellung an beide Adressen – unter Beachtung der zusätzlichen Erfordernisse – eröffnet. Eine Änderung wäre in diesem Zusammenhang nur eingetreten, hätte der Empfänger (Bw) auf eine längere, dauernde Abwesenheit iSd § 4 Abs. 3 ZustellG hingewiesen.

Grundsätzlich kommt daher die obengenannte Adresse als Abgabestelle in Betracht.

 

3.5. Wie sich schon aus § 21 Abs. 2 ZustellG ergibt, sind bei einer Hinterlegung die Vorschriften des § 17 ZustellG zu beachten. Gemäß § 17 Abs. 1 ZustellG ist das Schriftstück beim zuständigen Postamt zu hinterlegen, wenn die Sendung an der Abgabestelle nicht zugestellt werden kann und der Zusteller Grund zur Annahme hat, dass sich der Empfänger regelmäßig an der angegebenen Adresse aufhält.

 

Es konnte nicht nachgewiesen werden und ist aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens – wie in der Beweiswürdigung dargestellt – auch nicht glaubhaft, dass die Lebensgefährtin des Bw gegenüber dem Zustellorgan am 14. November 2005 erklärte, dieser sei gegenwärtig nicht anwesend und werde sich auch zumindest eine Woche nicht an der Abgabestelle aufhalten. Der Zusteller hatte daher keinen Grund zur Annahme, der Empfänger des Schriftstücks hielte sich nicht regelmäßig an der Abgabestelle auf. "Grund zur Annahme" heißt, dass bestimmte objektive Tatsachen (Namensschild, frühere Zustellungen am selben Ort) vorliegen müssen, aus denen der Zusteller mit einiger Sicherheit ableiten kann, dass sich der Empfänger regelmäßig an der Abgabestelle aufhält (Verwaltungsgerichtshof 27. Februar 1997, 95/16/0134). Aus dem Sachverhalt ergibt sich, dass im vorliegenden Fall eben keine Umstände gegeben waren, aus denen das Zustellorgan Grund zur Annahme gehabt hätte, der Empfänger halte sich nicht regelmäßig an der Abgabestelle auf. Auf der Hand liegt, dass die Lebensgefährtin des Bw jedenfalls dauernd in Linz aufhältig ist und es entspricht der Lebenserfahrung, dass diese regelmäßig jene Poststücke aus dem Postkasten genommen hat, die an den Bw adressiert waren. Daher hätte der Postbeamte auch nicht aus Sendungen, die an den Bw adressiert waren und nicht aus dem Postkasten entfernt wurden, auf eine Abwesenheit desselben schließen müssen.

 

Zusammenfassend ist als Zwischenergebnis, nach Prüfung dieses Tatbestandsmerkmals festzuhalten, dass die Hinterlegung der Strafverfügung aus Sicht des Postbeamten wie auch objektiv zulässigerweise in Betracht kam. Eine Zustellung zu eigenen Handen war am 14. November 2005, nach einem erfolglosen ersten Zustellversuch am 11. November 2005 und Ankündigung des zweiten Zustellversuches, ebenfalls nicht erfolgreich, trotzdem hatte der Zusteller aufgrund der objektiven Anhaltspunkte Grund zur Annahme, dass sich der Bw regelmäßig an der Abgabestelle aufhalten würde. Dadurch ist die grundsätzliche Zulässigkeit der Hinterlegung gegeben.

 

Gemäß § 17 Abs. 2 ist der Empfänger von der Hinterlegung eines Schriftstücks schriftlich zu verständigen. Die Verständigung hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

 

Die vom Bw vorgelegte "Verständigung über die Hinterlegung eines Schriftstückes", die wohl den zweiten Zustellversuch am 14. November 2005 betrifft und die darauf basierende Argumentation, darin wäre nicht bekanntgegeben worden bei welchem Postamt die Sendung hinterlegt worden sei, ist nicht geeignet die Rechtskonformität der Verständigung von der Hinterlegung – insbesondere deren Vollständigkeit im Hinblick auf die Erfordernisse des letzten Satzes des § 17 Abs. 2 ZustellG – in Zweifel zu ziehen. Auf der "Verständigung über die Hinterlegung eines Schriftstückes" ist das Postamt, bei dem das Schriftstück hinterlegt wurde, aus dem angebrachten Stempel eindeutig ersichtlich. Entgegen dem Vorbringen des Bw ist daher die "Verständigung über die Hinterlegung eines Schriftstückes" nicht als unvollständig zu betrachten. In der Hinterlegungsanzeige selbst ist daher kein Fehler zu erkennen, der einen Mangel des Zustellvorgangs bedeuten würde.

 

Gemäß § 17 Abs. 3 ZustellG ist die hinterlegte Sendung mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Hinterlegte Sendungen gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt.

 

Auf der Hinterlegungsanzeige wurde angegeben, dass die Sendung bis 5. Dezember 2005 beim zuständigen Postamt bereitgehalten werde. Dies stimmt auch mit der Datumsangabe auf der letztlich zurückgesendeten, weil nicht behobenen Strafverfügung, überein. Die zweiwöchige Abholfrist hätte mit Ende des 29. November 2005 geendet. Mit einer Hinterlegung bis 5. Dezember 2005 ist diesem Erfordernis somit jedenfalls Rechnung getragen.

 

Nach § 17 Abs. 3 ist es eine weitere, zusätzliche Voraussetzung für eine Zustellung durch Hinterlegung, dass der Empfänger nicht tatsächlich von der Abgabestelle abwesend war, und er die Möglichkeit hatte von dem Zustellvorgang Kenntnis zu erlangen.

 

Aus dem vorliegenden Zustellnachweis ergibt sich, dass am 11. November 2005 die Ankündigung eines zweiten Zustellversuches an der Abgabestelle zurückgelassen wurde. Dies wird vom Bw im vorliegenden Fall nicht bestritten, es soll aber der Vollständigkeit halber hier nochmals daraufhingewiesen werden, dass es sich bei einem Zustellnachweis um eine öffentliche Urkunde handelt und dieser somit die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit für sich hat.

 

Beginnt die Abwesenheit von der Abgabestelle erst am Tag nach dem Zustellversuch und der Hinterlegung der Sendung sowie der Verständigung hievon, so konnte der Empfänger rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen. Auf die tatsächliche Kenntnisnahme kommt es hiebei nach ständiger Rspr des Verwaltungsgerichtshofes nicht an (Verwaltungsgerichtshof 25. Juni 1986, 85/11/0245). Im vorliegenden Fall ist es dem Berufungswerber gerade nicht gelungen zu beweisen, dass er in der Zeit von 11. bis 13. November nicht in Linz gewesen sei.

 

Vielmehr kann davon ausgegangen werden, dass sich der Bw jedenfalls am 12. November 2005 bzw. 13. November 2005, in Linz an der Adresse seines Hauptwohnsitzes aufhielt. Es konnte ebenfalls festgestellt werden, dass sein Dienst in Wien noch am 11. November 2005 endete. Der Bw konnte daher aufgrund der objektiv gegebenen Umstände rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen.

 

Bei einer erfolglosen Zustellung zu eigenen Handen kann der Empfänger bereits durch die Verständigung vom erfolglosen ersten Zustellversuch und die Aufforderung, in der für die Vornahme der zweiten Zustellversuches bestimmten Zeit zur Annahme des Schriftstückes anwesend zu sein, Kenntnis davon erlangen, dass ihm ein behördliches Schriftstück zugestellt werden soll. Auf die tatsächliche Kenntnisnahme kommt es nicht an (Verwaltungsgerichtshof 17. Februar 1992, 91/19/0322; 24. März 1997, 95/19/1302).

 

Erfährt eine Partei durch das Vorfinden einer Verständigung vom erfolglosen Versuch eines ersten Zustellversuches und der Aufforderung zur Anwesenheit bei dem gleichzeitig angekündigten zweiten Zustellversuch, dass die Behörde ein Schriftstück zustellen will, so hat sie sich durch entsprechende Dispositionen primär in die Lage zu versetzen, das Schriftstück beim angekündigten zweiten Zustellversuch zu übernehmen. Sollte es der Partei im Einzelfall unmöglich oder unzumutbar sein, solche Dispositionen zu treffen, etwa weil sie am Tage des zweiten Zustellversuches vor der angekündigten Zeit ihre Abgabestelle verlassen muss, so hätte sie die Möglichkeit, allfällige für sie durch die erfolgte Zustellung eingetretene Säumnisfolgen mit Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu beseitigen. Es würde zweifellos dem Sinn des Gesetzes widersprechen, hätte der Adressat die Möglichkeit, die Rechtswirksamkeit einer Zustellung dadurch hinauszuschieben, dass er seine Abgabestelle am Tage des zweiten Zustellversuches verlässt und auf diesem Wege etwa die Rechtmäßigkeit des zuzustellenden Verwaltungsaktes in Frage stellt. Eine solche Ortsabwesenheit hindert die Zustellung durch Hinterlegung gem. § 17 ZustellG nicht (Verwaltungsgerichtshof 20. Juni 1990, VwSlg. 13230 A; 15. Oktober 1998, 96/18/0210). Dies muss auch sinngemäß dafür gelten, wenn jemand in Kenntnis eines ihm zuzustellenden Schriftstückes innerhalb der Hinterlegungsfrist nicht zurückkehrt. Im gegenständlichen Fall kann jedoch genau von diesem Sachverhalt ausgegangen werden.

 

Der OGH führte in diesem Zusammenhang aus: Bei der Zustellung zu eigenen Handen ist die Hinterlegung nur dann unwirksam, wenn der Empfänger wegen seiner Ortsabwesenheit außerstande ist, von der Aufforderung zur Anwesenheit beim zweiten Zustellversuch rechtzeitig Kenntnis zu erlangen (SZ 65/127).

 

Wie im Sachverhalt festgestellt hielt sich der Bw zwischen dem ersten und dem zweiten Zustellversuch jedenfalls an der Abgabestelle auf und konnte daher rechtzeitig vom bevorstehenden zweiten Zustellversuch Kenntnis erlangen. Der erste Zustellversuch fand an einem Freitag (11. November 2005) statt, der zweite am darauffolgenden Montag (14. November 2005). Trotzdem war er beim zweiten Zustellversuch nicht anwesend. Es kann daher auch dahingestellt bleiben, ob sich der Bw für die Dauer der Abholfrist nämlich von 15. November 2005 bis 5. Dezember 2005 in Linz aufgehalten hat oder doch abwesend war. Aufgrund seiner Kenntnis vom Zustellvorgang bereits vor dem zweiten Zustellversuch, erfolgte die Hinterlegung der Strafverfügung am 15. November 2005 zulässigerweise.

 

3.8.  Gemäß § 49 VStG kann der Beschuldigte gegen eine Strafverfügung binnen zwei Wochen ab Zustellung Einspruch erheben (Abs. 1). Wird der Einspruch rechtzeitig eingebracht, dann ist das ordentliche Verfahren einzuleiten (Abs. 2). Wird der Einspruch nicht oder nicht rechtzeitig erhoben, ist die Strafverfügung zu vollstrecken (Abs. 3).

 

Nachdem die Zustellung somit – wie bereits oben festgestellt – am 15. November 2005 durch Hinterlegung erfolgte, endete die zweiwöchige Einspruchsfrist mit Ablauf des 29. November 2005. Der Bw erhob seinen Einspruch erst am 17. Jänner 2006 und dieser ist somit als verspätet zu beurteilen.

 

Nachdem im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens ein Titelbescheid nicht bekämpft werden kann und beim Oö. Verwaltungssenat hinsichtlich der Ordnungsmäßigkeit der Zustellung keine Bedenken entstanden, war die Berufung als unbegründet abzuweisen.

 

3.9. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden und der Bescheid der Behörde erster Instanz zu bestätigen.

 

4. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist nicht nur das Verfahren zur Schaffung eines Straferkenntnisses, sonder auch das behördliche Verfahren zu dessen Vollstreckung ein "Verfahren wegen Verwaltungsübertretungen" (idS Verwaltungsgerichtshof 30. Jänner 2007, 2005/17/0273 u 0274).

 

Zählt man das Vollstreckungsverfahren zum Verfahren wegen Verwaltungsübertretungen könnte dies bedeuten, dass hinsichtlich der Frage der Kostenbeteiligung die Bestimmungen des VStG zur Anwendung kommen könnten und der Partei im Falle einer für sie negativen Entscheidung Kosten aufzuerlegen wären. Weil jedoch § 10 Abs. 1 VVG subsidiär auf bestimmte Normen des AVG verweist und von diesem Verweis die Bestimmungen über die Kostentragung nicht betroffen sind und somit eine Kostenbeteiligung offensichtlich nicht vorgesehen ist, hat der Oö. Verwaltungssenat im vorliegenden Fall Abstand davon genommen, der im Fall unterlegenen Partei (Bw) einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

                                                               Bernhard Pree

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VwGH vom 26.01.2009, Zl.: 2007/17/0125-0127

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