Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161762/8/Sch/Hu

Linz, 15.05.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn D L D, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. V und Dr. G vom 6.11.2006 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems vom 19.10.2006, VerkR96-7128-2006, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960), nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung am 4.5.2007 zu Recht erkannt:

 

I.                     Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängten Geldstrafen bezüglich Faktum 1) auf 150 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf einen Tag und bezüglich Faktum 2) auf 100 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 18 Stunden herabgesetzt werden.

            Im Übrigen wird die Berufung abgewiesen.

 

II.                   Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich auf 25 Euro; für das Berufungsverfahren ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 VStG.

zu II.: §§ 64ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems vom 19.10.2006, VerkR96-7128-2006, wurde über Herrn D L D, B, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. H V, Dr. G G, L, wegen Verwaltungsübertretungen gemäß 1) § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 und 2) § 4 Abs.5 StVO 1960 Geldstrafen von 1) 200 Euro, 2) 200 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1) und 2) je 2 Tagen, verhängt, weil er am 4.4.2006 um ca. 15.15 Uhr den Omnibus, Kennzeichen .... auf der Vorderstoder Landesstraße L 551 bei km 9,42 im Gemeindegebiet von Vorderstoder gelenkt habe, wobei er

1) es nach einem Verkehrsunfall, mit dem sein Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang stand unterließ, das von ihm gelenkte Fahrzeug sofort anzuhalten und

2) es unterließ, nach dem Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem sein Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang stand, die nächste Polizeidienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift der Unfallsbeteiligten bzw. der Personen, in deren Vermögen der Schaden eingetreten sei, unterblieben sei.

 

Überdies wurde der Berufungswerber zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von 40 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Anlässlich der eingangs angeführten und mit einem Lokalaugenschein verbundenen Berufungsverhandlung wurde der entscheidungsrelevante Sachverhalt eingehend erörtert. Der zweitbeteiligte Fahrzeuglenker hat  zeugenschaftlich einvernommen glaubwürdige und schlüssige Angaben gemacht. Der Berufungswerber selbst ist zur Verhandlung nicht erschienen.

 

Die Berufungsbehörde hatte demnach von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Der erwähnte Zeuge war zum Vorfallszeitpunkt als Lenker eines Lastkraftwagens unterwegs, als ihm der Berufungswerber mit dem von ihm gelenkten Omnibus entgegen kam. Der Zeuge schilderte des weiteren, dass dieser Autobus unmittelbar vor bzw. im Bereich der aus der Sicht des Buslenkers gegebenen Rechtskurve nach zum Teil links auf den Fahrstreifen des Zeugen geriet. Letzterer rechnete schon mit einem Zusammenstoß, als es dem Buslenker offenkundig im letzten Moment gelang, sein Fahrzeug wieder um einiges nach rechts zu lenken. Unmittelbar zum Begegnungszeitpunkt vernahm der Lkw-Lenker ein lautes Geräusch („Tuscher“). Dem Zeugen war sofort klar, dass hier eine Berührung im Bereich seines linken Außenspiegels erfolgt war, zumal der Spiegel zur Seitenscheibe geschleudert wurde und diese auch zerbrach. Auch der Spiegel war beschädigt. Der Zeuge hielt in der Folge sein Fahrzeug an und hielt Ausschau, ob auch der Buslenker angehalten hätte. Dies war aber nicht der Fall. Nach Reversieren seines Lkws fuhr der Zeuge dem Autobus nach, dies in Erwartung, dass der Buslenker möglicherweise erst in der nächsten Ortschaft angehalten hätte. Dies war aber nicht der Fall. Der Zeuge reinigte in der Folge das Führerhaus von Glassplittern und reparierte den Außenspiegel behelfsmäßig. Weiters verständigte er die Polizei. Die einschreitenden Beamten konnten den Autobus auf einem Parkplatz in Hinterstoder vorfinden. Der Zeuge war in der Folge bei der Amtshandlung zugegen und bekam Teile davon mit. Nach seinem Eindruck hat sich der Berufungswerber durchaus einsichtig gezeigt, dass er hier einen Schaden verursacht hätte. Erst als er erfuhr, dass er wegen der ihm zur Last gelegten Fahrerflucht mit einer beträchtlichen Verwaltungsstrafe zu rechnen hätte, änderte der Berufungswerber seine Verantwortungslinie und bestritt eine Ursächlichkeit an einem allfälligen Verkehrsunfall.

 

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist Voraussetzung für die Verpflichtungen nach § 4 StVO 1960 als objektives Tatbildmerkmal der Eintritt wenigstens eines Sachschadens und in subjektiver Hinsicht das Wissen von dem Eintritt eines derartigen Schadens, wobei der Tatbestand schon dann gegeben ist, wenn dem Täter objektive Umstände zu Bewusstsein gekommen sind oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zu Bewusstsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalles mit einer Sachbeschädigung zu erkennen vermochte (VwGH 23.5.2002, 2001/03/0417 uva). Nach den Schilderungen des zweitbeteiligten Lenkers hat der Berufungswerber unmittelbar vor der Streifung des Außenspiegels des Lkw ein Lenkmanöver durchführen müssen, um einen Zusammenstoß gröberen Ausmaßes zu verhindern. Unmittelbar darauf nahm der Zeuge mit einem heftigen Begleitgeräusch die Beschädigung des Außenspiegels seines Lkw wahr. Für die Berufungsbehörde ist es nicht nachvollziehbar, mit welchen Argumenten der Berufungswerber überzeugend darlegen könnte, dass er davon nichts bemerkt hätte. Bekanntlich verstärkt eine Fahrzeugkarosserie Anstoßgeräusche nach innen beträchtlich durch die gegebene Resonanzwirkung. Der Berufungswerber hätte daher zumindest akustisch den Zusammenstoß wahrnehmen müssen bzw. kann davon ausgegangen werden, dass er ihn wohl auch gehört hat. Für letzteres spricht das starke Lenkmanöver zur Verhinderung eines gröberen Unfalles, wo ein hohes Maß an Konzentration für das Verkehrsgeschehen gegeben gewesen sein musste.

 

Dazu kommt noch, dass die Beschädigungen an beiden Fahrzeugen durch die einschreitenden Beamten fotografisch dokumentiert wurden. Am fahrerseitigen Außenspiegel des Busses findet sich zwar keine Beschädigung im engeren Sinn, wohl aber ein Kunststoffabrieb. Dieser muss naturgemäß nicht zwingend von dem gegenständlichen Vorfall stammen, er indiziert aber jedenfalls einen Zusammenstoß bzw. eine Streifung an dieser Stelle.

 

Die beiden obigen Kriterien nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sind somit im gegenständlichen Fall eindeutig erfüllt. Der Berufungswerber wäre daher gehalten gewesen, das von ihm gelenkte Fahrzeug sofort anzuhalten und auch die nächste Polizeidienststelle zu verständigen. Ein gegenseitiger Nachweis der Identität der beteiligten Lenker ist ja bekanntlich aufgrund des Verhaltens des Berufungswerbers unterblieben.

 

Die Schilderungen des Zeugen sind schlüssig, auch in der vom Rechtsvertreter des Berufungswerbers kritisierten chronoligschen Hinsicht. Der Zeitraum zwischen dem Verkehrsunfall (15:15 Uhr) und der Kontaktaufnahme seitens der erhebenden Beamten mit dem Berufungswerber (15:50 Uhr) erklärt sich zwanglos aus den dazwischen notwendig gewesenen Ermittlungsmaßnahmen. Auch an der Identität des Autobusses besteht kein Zweifel, selbst wenn dem Zeugen nur die Wahrnehmung der Wagenfarbe, nicht aber des Kennzeichens möglich war.

 

Angesichts dieser klaren Sach- und Rechtslage waren weitere Beweisaufnahmen, wie beantragt, entbehrlich.

 

Der Berufung konnte sohin dem Grunde nach kein Erfolg beschieden sein.

 

Bezüglich Strafbemessung ist auszuführen:

Der Schutzzweck des § 4 StVO 1960 ist ein mehrfacher. Insbesondere sollen hiedurch mögliche weitergehende Folgen eines Verkehrsunfalles hintangehalten, die Ursachen eines solchen möglichst umgehend ermittelt werden können, aber auch soll ein Unfallgeschädigter in die Lage versetzt werden, ohne unverhältnismäßigen Aufwand davon Kenntnis zu erlangen, mit wem er sich hinsichtlich der Schadensregulierung auseinander zu setzen haben wird. Der Unrechtsgehalt von Übertretungen des § 4 StVO 1960 muss  daher als erheblich angesehen werden, worauf bei der Strafbemessung anhand der Kriterien des § 19 Abs.1 VStG Bedacht zu nehmen ist. Die Strafrahmen für derartige Delikte betragen von 36 Euro bis 2.180 Euro (Faktum 1.) bzw. bis 726 Euro (Faktum 2.).

 

Unbeschadet dessen vertritt die Berufungsbehörde im gegenständlichen Fall die Ansicht, dass es nicht der Höhe der von der Erstbehörde festgesetzten Geldstrafen bedarf, um den Berufungswerber künftighin zur Einhaltung der einschlägigen Bestimmungen zu bewegen. Dies deshalb, da dem Berufungswerber der sehr wesentliche Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zugute kommt, der von der Erstbehörde bei der Strafbemessung nicht hinreichend berücksichtigt wurde; es wurden die selben Verwaltungsstrafen verhängt wie in der ursprünglich ergangenen Strafverfügung, in einem Straferkenntnis sind aber bekanntlich auch die Kriterien des § 19 Abs.2 VStG zu berücksichtigen.

 

Der Berufungswerber hat seine persönlichen Verhältnisse weder im erstbehördlichen noch im Berufungsverfahren konkretisiert, sodass von einem geschätzten monatlichen Nettoeinkommen von ca. 1.500 Euro ausgegangen wird, welches ihm die Bezahlung der nunmehr festgesetzten Geldstrafen ermöglichen wird.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

S c h ö n

 

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