Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161921/24/Bi/Se

Linz, 22.05.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn J R, V, vertreten durch RAe Dr. K - Dr. P - Mag. W , St. V/G, vom 18. Dezember 2006 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf/Krems vom 30. November 2006, VerkR96-7735-2006, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 22. März 2007 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

 

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

II. Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz den Betrag von 110 Euro, ds 20 % der verhängten Strafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i und 19 VStG

zu II.: § 64 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 52 lit.a Z10 lit.a iVm 99 Abs.2 lit.c StVO 1960 eine Geldstrafe von 550 Euro (10 Tagen EFS) verhängt, weil er am 1. April 2006 um ca 10.08 Uhr den Pkw, Kz. .... , auf der Pyhrnautobahn A9 bei km 12.943 im Gemeindegebiet von Schlierbach in Fahrtrichtung Nord gelenkt habe, wobei er das Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung" missachtet habe, weil er die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 74 km/h überschritten habe.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 55 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 22. März 2007 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Bw, seiner rechtsfreundlichen Vertreterin Mag. D Z, des Vertreters der Erstinstanz F W, der Zeugen V S (S), ABM H P (P), Meldungsleger GI G A (Ml) und RI K T (T) und des AmtsSV Ing. J L (SV) durchgeführt. Auf die Einvernahme des geladenen aber nicht erschienenen Zeugen R K (K) wurde mit der Begründung verzichtet, er habe vor der Anhaltung durch den Ml geschlafen und keine Wahrnehmungen gemacht. Auf den zunächst beantragten Ortsaugenschein – die Berufungsverhandlung war im Gebäude der Erst­instanz anberaumt worden, um den Ortsaugenschein beim in der Nähe befindlichen Autobahnparkplatz bei km 12.6 der A9 durchführen zu können – wurde ebenso ausdrücklich verzichtet wie auf die mündliche Verkündung der Berufungs­ent­scheidung.

Der Bw hat die abschließende Stellungnahme vom 16. April 2007 erstattet und sich zum Vorbringen, die Verordnung sei erst 10 Tage nach dem Vorfall erlassen worden und die von der ABM Wels und der API Wels angeführten Fahrbahnschäden nicht so massiv gewesen, weil die Sanierung dann nicht erst zwei Jahre später begonnen worden wäre, sinngemäß auf die in der Berufungsverhandlung erhobenen Beweise gestützt. Beantragt wurde wie in der Berufung. Seitens der Erstinstanz wurde keine abschließende Stellungnahme erstattet.  

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, die Erstinstanz habe beantragte Beweise nicht aufgenommen, so etwa die Zeugen S und K nicht einvernommen.  Beide seien zum Vorfallszeitpunkt Beifahrer gewesen und könnten bestätigen, dass keine Geschwindigkeitsbeschränkung kundgemacht gewesen sei und er mit Tempomat 130 km/h gefahren sei. Es bestehe daher die Möglichkeit einer Fehl­messung wegen zahlreicher anderer Fahrzeuge. Beantragt wird die Einholung eines Gutachtens eines SV für Kfz-Technik und für Lasermesstechnik, zumal das Gutachten des SV Ing. R nur die Aussagen des Ml wiedergebe und nicht ausreiche.

Die Verordnung des BMVIT betreffend eine Geschwindigkeitsbeschränkung sei erst am 10. April 2006, also nach dem Vorfall, erlassen worden, sodass zum Vorfallszeitpunkt keine Verordnung bestanden habe. Die Ausführungen des SV, wonach zum Messzeitpunkt kein weiteres Fahrzeug im Messbereich gewesen sei, widerspreche dem Messprotokoll, wonach zwischen 9.45 und 10.08 Uhr 40 Fahrzeuge gemessen worden seien. Ein weiterer Widerspruch bestehe darin, dass der SV die Fahrbahn als gerade verlaufend bezeichne, während aus den im Akt befindlichen Fotos eine starke Kurvenführung ersichtlich sei. Eine Falschmessung sei daher durchaus wahrscheinlich. Der SV führe auch aus, dass der Ml das Gerät gemäß der vom Hersteller beigegebenen Bedienungsanleitung verwendet habe - es sei aber aus dem Akt kein Hinweis auf die "Erfahrung" oder einen "Ausbildungsstand" des Ml erkennbar. Die Erstinstanz habe sich mit seinen Ausführungen nicht auseinandergesetzt. Wäre tatsächlich eine Verordnung vor­handen gewesen, hätte es an einer ordnungsgemäßen Kundmachung gemangelt und die Erstinstanz hätte keine Verwaltungsstrafe verhängen dürfen. Beantragt wird, auf der Grundlage der Aussagen der genannten Zeugen, eines Ortsaugenscheins unter Beiziehung des beantragten SV, seiner Einvernahme, des Messprotokolls, der E-Mails der ABM vom 3.4.2006 und des BMVIT vom 10.4.2006 und der Lichtbilder im Akt die Aufhebung des Straferkenntnisses und Verfahrenseinstellung nach mündlicher Verhandlung, in eventu die Anwendung von § 20 bzw 21 VStG, zumal wegen mangelnder Kundmachung der Anordnung kein Verschulden bestanden habe, eine eventuelle Übertretung keine Folgen nach sich gezogen habe.  

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der beide Parteien gehört, die genannten Zeugen unter Hinweis auf § 289 StGB einvernommen und ein SV-Gutachten zur Heranziehbarkeit des bei der Geschwindigkeitsmessung mittels Laser durch den Ml erzielten Wert erstellt wurde. Zusätzlich wurde beiden Parteien nach Übersendung eines VH-Protokolls und der weiteren schriftlichen Stellungnahme des Zeugen P vom 3.4.2007 Gelegenheit zur Abgabe einer abschließenden Stellungnahme binnen angemessener Frist gegeben.

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens lenkte der Bw am 1. April 2006 gegen 10.08 Uhr den Pkw ....  auf der Pyhrnautobahn A9 aus Kärnten kommend in Richtung Knoten Voralpenkreuz, zumal er zur Landmaschinenmesse nach Enns wollte. Seine Beifahrer waren die Zeugen S und K, wobei der Zeuge K nach Aussage des Bw geschlafen hat und dem Zeugen S nach eigenen Aussagen von einer Geschwindig­keits­beschränkung auf 100 km/h nichts aufgefallen ist. Der Bw habe den Tempomat eingeschaltet gehabt und die eingehaltene Geschwindigkeit sei ihm nicht übermäßig schnell vorgekommen. Er habe erst die Anhaltung durch die Polizei registriert. Der Bw sei mit dem Ml weggegangen und er habe vom Gespräch nichts mitbekommen.

Der Bw bestätigte in der Verhandlung, er habe viele Tunnels mit abwechselnden Geschwindigkeitsbeschränkungen passiert und, als die Strecke freier geworden sei, den Tempomat eingeschaltet. Sie hätten sich unterhalten und er habe kein Verkehrs­zeichen betreffend Geschwindigkeitsbeschränkung wahrge­nommen, wohl aber ein ihm 3-4 km nachfahrendes Polizeifahrzeug bemerkt; dann sei die Anhaltung erfolgt. Der Ml habe ihm überhöhte Geschwindig­keit vorgeworfen, eine von ihm angebotene Bezahlung sei aber abgelehnt worden. Er habe den Eindruck gehabt, der Beamte wolle ihm die Geschwindigkeit beweisen. Er habe ihm etwas gezeigt, was er aber nicht angeschaut habe. Eine Anzeige sei ihm angekündigt worden; allerdings sei ihm der Vorwurf, er sei 180 km/h gefahren, unrealistisch erschienen. Von einer 100 km/h-Beschränkung habe er nichts mitbekommen.

 

Der Zeuge Autobahnmeister P hat unter Hinweis auf die Unterlagen im von der Erstinstanz vorge­legten Verfahrensakt ausgeführt, er habe am 30. März 2006 um 12.00 Uhr durch Aufstellung von Verkehrszeichen nach § 52 lit.a Z10 lit.a und b StVO 1960 eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 100 km/h auf der A9, RFB Wels, von km 13.000 bis km 12.440 wegen Fahrbahnschäden mit entsprech­endem Hinweis auf einer Zusatztafel gemäß § 44b StVO 1960 kundge­macht. Unter Hinweis auf sein E-Mail vom 3. April 2006 an die Erstinstanz und die API Wels führte der Zeuge aus, er habe extreme Fahrbahn­schäden in diesem Bereich festgestellt, wobei sich auch Lenker beschwert hätten, weil durch sich aus dem Belag lösende Steine Schäden an Windschutzscheiben, verbunden mit Schadenersatzforderungen, entstanden seien. Der bestehende Drainasphalt habe seit Spätsommer bzw Herbst 2005 immer größer werdende Eintiefungen aufgewiesen, wobei vorerst das Hartsplitmaterial durch verstärkten Kehr­maschineneinsatz und kleinflächige Flickarbeiten in Grenzen gehalten werden konnten. Durch die Tauperiode im Frühjahr 2006 seien die Schäden gravierender geworden und die aufgetretenen Beschädigungen an Kraftfahrzeugen hätten auf Teilstrecken auf beiden Richtungsfahrbahnen Sofortmaßnahmen nach § 44a StVO erfordert. Die Schadstellen seien den Beamten der ABM Wels und der API Wels bereits bekannt gewesen. Er habe zunächst bei der Erstinstanz telefonisch auf die Erforderlichkeit von Geschwindig­keitsbeschränkungen hingewiesen und um 12.00 Uhr des 30. März 2006, einem Donnerstag, die Beschränkungszeichen aufgestellt.

Am Montag, dem 3. April 2006, erging das E-Mail an die Erstinstanz und die API Wels. Mit Verordnung vom 10. April 2006, das war der darauffolgende Montag, wurde mit Verordnung des BMVIT zu GZ. BMVIT-138.009/0002-II/ST5/2006 gemäß § 43 Abs.1 StVO 1960 "zur Sicherheit des sich bewegenden Verkehrs (Fahrbahn­schäden) im Zeitraum bis 30. September 2006 auf der A9 in den Bereichen von km 7.720 bis 8.630 der RFB Spielfeld und von km 13.000 bis 12.440, der RFB Knoten Voralpenkreuz die erlaubte Höchstgeschwindigkeit auf 100 km/h beschränkt." Auf die Kundmachung der Verordnung durch die entsprechenden Straßenverkehrszeichen gemäß § 44 StVO wurde hingewiesen.

 

Der Zeuge P führte weiters aus, auf der A9 sei dann später bis etwa Oktober 2006 von km 0,16 bis km 16 ein neuer Belag aufgezogen worden. Warum genau auf die Strecke von 560 m der RFB Wels diese extremen Fahrbahnschäden aufgetreten seien, könne er nicht sagen. Fotos seien von der API Klaus gemacht worden. Zunächst seien dann 10 cm Belag abgefräst worden, um noch größere Schäden zu verhindern. Der Belagszustand sei bei Übernahme des Autobahnabschnitts im August 2004 als nicht optimal eingestuft worden, daher seien Gefahrenzeichen "Spurrinnen" aufgestellt worden. Der strenge Winter 2005/2006 habe die Beschädigung dann beschleunigt und kurz vor dem 30 März 2006 seien Sach­schäden, auch Haftpflichtfälle, aufgetreten, die die Anordnung erfordert hätten.

 

Der Ml und der Zeuge T, beide Beamte der API Klaus und für die Durchführung von Geschwindigkeitsmessungen mittels Laser geschult und durch ständige einschlägige Tätigkeit geübt, bestätigten zum einen extreme Fahrbahnschäden in der Asphalt­decke der A9 im Bereich von km 13.000 bis 12.440, verbunden mit Sachschaden­unfällen durch aufgewirbelte Steine, und die Kundmachung der 100 km/h-Beschränkung, die durch Fotos festgehalten wurde. Der 100 km/h-Beschrän­kungs­bereich wurde besonders überwacht durch Lasermessungen. Bei der Messung am 1. April 2006, die laut Messprotokoll von 9.45 Uhr an vom Standort bei km 12.55 vom Ml durchgeführt wurde, wurde das Lasermessgerät der Bauart LTI 20.20 TS/KM-E, Nr. 7397, verwendet, das laut Eichschein zuletzt vorher am 11. August 2004 mit Nacheichfrist bis 31. Dezember 2007 vom Bundesamt für Eich- und Vermessungs­wesen geeicht worden war und nach den Ausführungen des Ml einwandfrei funktionierte, was dieser anhand der Verwendungsbestimmungen im Einzelnen darlegte. Er bestätigte, er habe im mit laufendem Motor auf einer Fläche am Ende des Autobahnparkplatzes Schlierbach in annähernd rechtem Winkel zur RFB abgestellten Polizeifahrzeug vom Beifahrersitz aus die Messung durchgeführt und die vom Lasermessgerät angezeigte Geschwindigkeit des auf der linken Seite heran­nahenden Pkw des Bw sei ihm realistisch erschienen. Der Wert sei eindeutig diesem Fahrzeug zuzuordnen, das augenscheinlich wesentlich schneller als 130 km/h gewesen sei. Eine Verwechslung bei der Nachfahrt, die bis zur Betriebsausfahrt am Südportal des Tunnels Wartberg 1 gedauert habe, sei ausgeschlossen. Der Bw habe sich auf einen Termin hinausgeredet und er habe ihm, wie bei Überschreitungen dieser Größenordnung vorgesehen, eine Anzeige angekündigt. Die Displayanzeige "180" hat auch der Zeuge T bestätigt – dem Bw wurde nach den vorgeschriebenen Toleranzabzügen von aufgerundet 3% vom Messwert, ds 6 km/h, eine gefahrene Geschwindigkeit von 174 km/h zur Last gelegt; die Messentfernung betrug 391,8m. Der Zeuge T hat nach eigenen Aussagen nach Anzeigeerstattung den Beschrän­kungs­bereich samt Aufstellungsorten der Verkehrszeichen zur Absicherung des Tatvorwurfs auf Anordnung der Erstinstanz fotografiert.

 

Der SV erachtete zum einen die Aussagen der Zeugen hinsichtlich der ordnungs­gemäßen Durchführung der Lasermessung und zu den Toleranzabzügen als schlüssig. Zum anderen bestätigte er den geraden Verlauf der A9 im Messbereich unter Hinweis auf die große Zoomeinstellung der angefertigten Fotos – den Standort des Fotografen hat er mit der dort befindlichen Brücke lokalisiert – und die im Digitalen Raumordnungs­system DORIS ersichtliche Autobahnstrecke. Den innerhalb der zulässigen Messentfernung von 30 bis 500 m erzielten Messwert von 180 km/h und nach Abzug von 3% vom Messwert errechneten tatsächlichen Geschwindigkeits­wert von 174 km/h hat der SV als in technischer Hinsicht einwandfrei gestützt und als Grundlage für den Tatvorwurf heranziehbar erachtet.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 52 lit.a Z10 lit.a StVO 1960 zeigt das Vorschriftzeichen "Geschwindigkeits­beschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" an, dass das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist.

Gemäß § 99 Abs.2c Z9 StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb des Ortsge­bietes um mehr als 50 km/h überschreitet.

 

Die 100 km/h-Geschwindigkeitsbeschränkung wegen Fahrbahnschäden auf der A9 ua im Bereich km 13.000 bis 12.440 der RFB Knoten Voralpenkreuz/Wels basiert auf einer Anordnung des Auto­bahn­meisters vom 30. März 2006 und wurde um 12.00 Uhr dieses Tages durch Aufstellung der Verkehrszeichen gemäß § 52 lit.a Z10 lit.a und b StVO 1960 kundge­macht. Die Verordnung gemäß § 43 Abs.1 StVO 1960, GZ. BMVIT-138.009/0002-II/ST5/2006, stammt vom 10. April 2006 und gilt ab Kund­machung bis 30. September 2006, dh nicht am Vorfallstag, dem 1. April 2006.

 

Gemäß § 44b Abs.1 StVO 1960 dürfen im Falle der Unaufschiebbarkeit die Organe der Straßenaufsicht, des Straßenerhalters, der Feuerwehr, des Bundesheeres oder des Gebrechensdienstes öffentlicher Versorgungs- oder Entsorgungsunternehmen (zB Gasgebrechensdienste) nach Erfordernis eine besondere Verkehrsregelung durch Anweisung an die Straßenbenützer oder durch Anbringung von Verkehrs­ampeln oder Signalscheiben veranlassen oder eine der in § 43 Abs.1 lit.b Z1 und 2 – darunter fallen nach Z1 ua Geschwindigkeitsbeschränkungen – bezeichneten Maßnahmen durch Anbringung der entsprechenden Straßenverkehrs­zeichen oder Bodenmarkierungen mit der Wirkung treffen, als ob die Veranlassung oder Maßnahme von der Behörde getroffen worden wäre. Dies gilt insbesondere,

a) wenn ein Elementarereignis bereits eingetreten oder nach den örtlich gewonnenen Erfahrungen oder nach sonst erheblichen Umständen mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist,

b) bei unvorhersehbar aufgetretenen Straßen- oder Baugebrechen u. dgl.,

c) bei unvorhersehbar eingetretenen Ereignissen, wie zB Brände, Unfälle, Ordnungs­störungen u dgl, die eine besondere Verkehrsregelung (zB Einbahnver­kehr, ab­wech­­selnder Gegenverkehr, Umleitungen u dgl) erfordern.

 

Nach den – durchaus nachvollziehbaren – Schilderungen des Zeugen P, die vom Ml und vom Zeugen T bestätigt wurden, war der bauliche Zustand der Asphaltdecke bereits 2004 nicht mehr ganz optimal, wobei der überaus lange und schneereiche Winter 2005/2006 zusätzlich Frostschäden herbeigeführt bzw vor­handene Schäden an der Fahrbahndecke insofern verstärkt hat, als der Abrieb besonders auf der rechten Fahrspur im genannten Bereich nicht mehr nur die Feinschicht betraf, sondern sich darunter befindliche Steine lösten, die hochgewirbelt wurden und ua Schäden an Windschutzscheiben zur Folge hatten. Dass der am 30. März 2006 örtlich begrenzt vorhandene Zustand der Fahrbahndecke in dieser akuten Form unvorhersehbar war und gemäß § 44b Abs.1 lit.c StVO umgehend entsprechende Maßnahmen erforderte, hat der Zeuge P nach Auffassung des UVS glaub­würdig dargelegt.

Nach der Rechtsprechung des OGH (vgl 27.3.1957, 2 Ob 129/57, ergangen zur StrPolO) gehört die Erlassung von vorüber­gehenden Verkehrsverboten und Beschränkungen im Fall der Unaufschieb­bar­keit zur Pflicht der Instandhaltung, deren Verletzung, wenn sie als grob fahrlässig anzu­sehen ist, die Ersatzpflicht der Bundesstraßenverwaltung begründet. Daraus folgt, dass wenn dem Autobahnmeister aktuelle durch den Fahrbahnzustand entstandene Schäden bekannt werden, er auf der Grundlage des § 44b StVO 1960 nicht nur berechtigt sondern sogar verpflichtet ist, sofort geeignete Maßnahmen zu treffen. Im ggst Fall hat er eine Geschwindig­keitsbeschränkung auf 100 km/h für ausreichend erachtet, um auf dem akut betroffenen Autobahnabschnitt auf die Länge von 560 m weitere Schäden zu verhindern. Die Zusatztafel "Fahrbahn­schäden" ist – unter gedanklicher Miteinbe­ziehung der bereits vor dem 30. März 2006 aufgestellten Gefahrenzeichen "Spurrinnen" – objektiv geeignet, bei der Vernunft zugänglichen Lenkern ein Verhalten herbeizuführen, das zur Vermeidung von Schäden am eigenen oder an fremden Fahrzeugen die Einhaltung jedenfalls der angeordneten Geschwindigkeit im Sinne einer "erlaubten Höchstgeschwindigkeit" gemäß § 52 lit.a Z10 lit.a StVO 1960 bewirkt.

Da der Gesetzgeber des § 44b Abs.1 StVO die Anbringung dieser Straßenverkehrs­zeichen bereits mit der Wirkung versieht, "als ob die Veranlassung oder Maßnahme von der Behörde getroffen worden wäre", ersetzte die Anordnung des Zeugen P vom 30. März 2006, 12.00 Uhr, eine Verordnung, dh die Verordnung des BMVIT vom 10. April 2006 durfte gar nicht rückwirkend erlassen werden, sondern galt frühestens ab dem 10. April 2006 bzw ihrer Kundmachung.

 

Somit steht außer Zweifel, dass der Bw am 1. April 2006 auf der Grundlage der Anordnung des Zeugen P vom 30. März 2006 gemäß § 44a Abs.1 StVO 1960 verpflichtet war, die (wie aus den Fotos ersichtlich) ordnungsgemäß kundgemachte 100 km/h-Beschränkung von km 13.000 bis 12.440 der RFB Knoten Voralpenkreuz der A9 einzuhalten. Die Geschwindigkeitsmessung an der in Rede stehenden Örtlichkeit mittels Lasermessgerät LTI 20.20 TS/KM-E (vgl VwGH 15.9.1999, 99/03/0225) war nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens technisch einwandfrei und die nach Abzug errechnete vom Bw tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit von 174 km/h als Grundlage für den Tatvorwurf heranziehbar. Eine solche Geschwindig­keit stellt nicht nur eine eklatante Überschreitung der dort zum Vorfallszeitpunkt erlaubten Höchstgeschwindigkeit dar, sondern hat auch nichts mehr mit der auf österreichi­schen Autobahnen generell erlaubten Geschwindigkeit von 130 km/h zu tun.

Der UVS gelangt daher zusammenfassend zur Überzeugung, dass der Bw den ihm zur Last gelegten Tatbestand zweifellos erfüllt und, zumal ihm eine Glaubhaft­machung mangelnden Verschuldens an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift im Sinne des § 5 Abs.1 VStG nicht gelungen ist, sein Verhalten als Verwaltungs­übertretung zu verantworten hat. Ein eingeschalteter Tempomat hindert nicht die Erhöhung der Fahrgeschwindigkeit, abgesehen davon, dass dem Beifahrer auch bei üblicher Aufmerksamkeit eine Manipulation diesbezüglich nicht auffallen muss (vgl VwGH 24.4.1996, 95/03/0306).

 

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 99 Abs.2c Z9 StVO 1960 von 72 Euro bis 2.180 Euro Geldstrafe, im Fall der Uneinbringlichkeit von 24 Stunden bis sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.

Die Erstinstanz hat – zutreffend – die von der BPD Villach mitgeteilten Vormerkungen insofern berücksichtigt, als der Bw damit nicht unbescholten ist, und in Ermangelung von Auskünften die geschätzten finanziellen Verhältnisse (1.400 Euro netto monatlich, kein Vermögen, keine Sorgepflichten) unwidersprochen zugrundegelegt.

Die Ausführungen in der Berufung zur Strafhöhe bzw die Anträge auf Anwendung der §§ 20 oder 21 VStG entbehren jeglicher Grundlage. Zum einen ist von Vorsatz im Sinne eines dolus eventualis (§ 5 Abs.1 StGB: "Vorsätzlich handelt, wer einen Sachverhalt verwirkli­chen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet.") auszugehen, zumal die gefahrene Geschwindigkeit analog zum Druck auf das Gaspedal auf dem Tacho ersichtlich ist und daher dem Bw die weit über jeder erlaubten gefahrene Geschwindigkeit bewusst war. Von geringfügigem Verschulden iSd § 21 VStG kann somit keine Rede sein, selbst wenn die Übertretung (außer den nachteiligen für den Bw und die Umwelt) keine Folgen hatte. Zum anderen ist der zugrundegelegte Geschwindigkeitswert von 174 km/h zwar nicht erschwerend, erhöht aber naturgemäß den Unrechtsgehalt der Übertretung. Das Fehlen jeglicher Milderungs- und Erschwerungsgründe – mildernde Umstände vermochte selbst der Bw nicht geltend zu machen, die im § 34 StGB genannten treffen nicht zu, weil Unbesonnen­heit, Termindruck als Rechtfertigungsgrund, reumütiges Geständnis uä ausscheiden – bedeutet nicht ein "beträchtliches Überwiegen der Milderungsgründe" iSd § 20 VStG, wobei der 1944 geborene Bw kein Jugendlicher ist.

Der UVS kann bei all diesen Überlegungen nicht finden, dass die Erstinstanz den ihr bei der Strafbemessung zustehenden Ermessensspielraum in irgendeiner Weise über­schritten hätte. Die verhängte Strafe entspricht den Kriterien des § 19 VStG, liegt noch im unteren Bereich des gesetzliche Strafrahmens, hält generalpräventiven Überlegungen stand und soll den Bw in Zukunft zur Einhaltung von Geschwindig­keits­beschränkungen anhalten. Die Ersatzfreiheitsstrafe ist im Verhältnis zur Geld­strafe angemessen. Ansätze für eine Strafherabsetzung finden sich damit nicht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

Laserung 174 km/h, 100 km/h-Beschränkung gemäß § 44 Abs 1 lit c StVO -> Bestätigung

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VwGH vom 31.07.2007, Zl.: 2007/02/0201-3

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