Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161994/7/Zo/Da

Linz, 24.05.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn G F, geb. , vertreten durch Rechtsanwälte H & P, K, L, vom 26.1.2007 gegen das Straferkenntnis des Polizeidirektors von Wels vom 22.1.2007, Zl. 2-S-14.264/06, wegen einer Übertretung des KFG 1967 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 10.5.2007 zu Recht erkannt:

 

 

I.                     Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

II.                   Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten für das Berufungsverfahren einen Kostenbeitrag von 30 Euro zu bezahlen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.:    § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 19 VStG

Zu II.:   §§ 64 ff VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die BPD Wels hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er am 11.9.2006 um 10.49 Uhr in Wels auf dem Stadtplatz Höhe Haus Nr. 43 das Kraftfahrzeug Kennzeichen in Richtung Westen gelenkt habe, wobei festgestellt wurde, dass er mit dem Kraftfahrzeug auf den Rücksitzen zwei Kinder vor der Vollendung des 14. Lebensjahres, die kleiner als 150 cm waren, befördert habe, obwohl keine der Größe und dem Gewicht des Kindes entsprechende Rückhalteeinrichtungen verwendet wurden und es sich bei dem verwendeten Fahrzeug um kein Fahrzeug der Klassen M2 und M3 handelte. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 106 Abs.5 Z2 KFG begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe von 150 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) gem. § 134 Abs.1 KFG verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 15 Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung machte der Berufungswerber geltend, dass eine Bestrafung nach § 106 Abs.5 KFG nicht erfolgen dürfe, weil das Fahrzeug nicht mit Rückhalteeinrichtungen ausgerüstet sei. Für diesen Fall lege § 106 Abs.5 KFG fest, dass dann, wenn das Fahrzeug nicht mit Sicherheitssystemen ausgerüstet ist, Kinder die das 3. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht befördert werden dürfen und Kinder ab vollendetem 3. Lebensjahr auf anderen als den Vordersitzen befördert werden müssen.

 

Es bestehe zwar ein Spannungsverhältnis zu § 106 Abs.5 Z2 KFG, dieser gesetzliche Widerspruch dürfe aber nicht zu Lasten des Beschuldigten gehen. Die Sicherheitsgurte seien gem. § 106 Abs.2 KFG ohnedies ordnungsgemäß angelegt gewesen. Der Klammerausdruck "Sicherheitsgurten oder Rückhalteeinrichtung" beim Begriff Sicherheitssysteme stelle lediglich eine beispielhafte Aufzählung dar. Es sei jedenfalls ausreichend, wenn eines der genannten Sicherheitssysteme nicht vorhanden sei. In diesem Fall dürfe das Kind am Rücksitz befördert werden.

 

Dem Berufungswerber könne jedenfalls in subjektiver Hinsicht kein Vorwurf gemacht werden, da § 106 Abs.5 KFG vom Gesetzgeber insgesamt widersprüchlich ausgelegt sei. Einerseits dürften Kinder nur unter bestimmten Bedingungen befördert werden (§ 106 Abs.5 Z2 KFG) zum anderen werde der Fall geregelt, was bei fehlenden Rückhalteeinrichtungen gelte. Da offensichtlich beide Varianten erlaubt seien, sei eine Bestrafung unzulässig.

 

Dem Straferkenntnis sei nicht zu entnehmen, welche Kinder auf den Rücksitzen befördert wurden und welche Größe diese hatten. Die Angabe eines Kindes könne nicht die genaue Messung ersetzen, weil Angaben von Kindern nicht verlässlich seien. Der Vorwurf der Erstbehörde, dass der Berufungswerber mit exzessiver an bedingtem Vorsatz grenzender Sorglosigkeit gehandelt habe, sei jedenfalls unhaltbar. Er habe keinesfalls eine Verletzung der Kinder in Kauf genommen. Auf Grund der Größe der Kinder sei jegliche Gefährdung ausgeschlossen gewesen, da keinerlei Gefährdung des Halsbereiches vorgelegen habe.

 

3. Der Polizeidirektor von Wels hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 10.5.2007. An dieser haben der Vertreter des Berufungswerbers sowie der Erstinstanz teilgenommen und es wurden die Zeugen Insp. W und BI. G unter Wahrheitspflicht zum Sachverhalt befragt. Der Berufungswerber selbst ist ohne Angabe von Gründen nicht zur Verhandlung erschienen.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Der Berufungswerber lenkte zur Vorfallszeit seinen Kombi, in Wels auf dem Stadtplatz. Auf den Rücksitzen beförderte er zwei Burschen im Alter von 11 Jahren. Diese wiesen eine Größe von ca. 135 – 140 cm auf. Die Burschen verwendeten die im Fahrzeug serienmäßig angebrachten Sicherheitsgurte, wobei die Schultergurte jedoch direkt über den Hals der Burschen verlaufen sind. Die Kinder verwendeten keinerlei Sitzerhöhungen, Sitzpolster oder ähnliche Vorrichtungen.

 

Bezüglich der Sicherheitsgurte ist entsprechend dem Vorbringen des Vertreters des Berufungswerbers davon auszugehen, dass diese höhenverstellbar sind. Die Zeugin W konnte bei der Verhandlung aber glaubhaft schildern, dass bei beiden Kindern der Schultergurt eben direkt über den Hals verlaufen ist. Es waren demnach die grundsätzlich höhenverstellbaren Gurte entweder nicht an die Größe der Kinder angepasst oder es war nicht möglich, diese der Größe der Kinder entsprechend ausreichend weit herabzuschieben.

 

Die Kinder waren zum Vorfallszeitpunkt 11 Jahre alt und wiesen einen Tag vor der mündlichen Verhandlung eine Größe von 145 cm bzw. 146 cm auf. Sie dürften zum Vorfallszeitpunkt daher zwischen 135 cm und 140 cm groß gewesen sein.

 

5. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. § 106 Abs.5 KFG 1967 lautet wie folgt: Der Lenker hat dafür zu sorgen, dass Kinder bis zur Vollendung des 14 Lebensjahres die

1. 150 cm und größer sind, auf einem Sitzplatz eines Kraftfahrzeuges, der mit einem Sicherheitsgurt ausgerüstet ist, nur befördert werden, wenn sie den Sicherheitsgurt bestimmungsgemäß gebrauchen,

2. kleiner als 150 cm sind, in Kraftwagen, ausgenommen Fahrzeuge der Klassen M2 und M3 nur befördert werden, wenn dabei geeignete, der Größe und dem Gewicht der Kinder entsprechende Rückhalteeinrichtungen verwendet werden, welche die Gefahr von Körperverletzungen bei einem Unfall verringern

3. das 3. Lebensjahr vollendet haben, in Fahrzeugen der Klassen M2 und M3, die nicht im Kraftfahrlinienverkehr und nicht im täglichen Gelegenheitsverkehr von und zu einer Schule oder einem Kindergarten eingesetzt werden, die vorhandenen Sicherheitssysteme (Sicherheitsgurten oder Rückhalteeinrichtung) benutzen, wenn sie sich auf ihrem Sitz befinden. Falls eine erwachsene Begleitperson im Omnibus mitfährt, so geht diese Verpflichtung auf diese Person über.

Ist das Fahrzeug, ausgenommen Beförderung in Fahrzeugen der Klassen M2 und M3, nicht mit Sicherheitssystemen (Sicherheitsgurten oder Rückhalteeinrichtung) ausgerüstet, so dürfen Kinder, die das 3. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht befördert werden und müssen Kinder ab vollendetem 3. Lebensjahr auf anderen als den Vordersitzen befördert werden. Kinder dürfen auf einem mit einem Frontairbag geschützten Sitz nicht in einem nach hinten gerichteten Rückhaltesystem befördert werden, es sei denn, der Airbag wurde außer Betrieb gesetzt oder schaltet sich in solchen Fällen automatisch selbst ab.

 

Gemäß § 1c Abs.2 KDV müssen Rückhalteeinrichtungen für Kinder der ECE Regelung Nr. 44, BGBl. Nr. 267/1990, entsprechen. Als Rückhalteeinrichtungen für Kinder iSd § 106 Abs.5 KFG 1967 gelten für Kinder

1. ab einer Körpergröße von 135 cm auch nach der Regelung Nr. 16 genehmigte höhenverstellbare Dreipunktgurte, bei denen durch höhenverstellbare obere Verankerungspunkte oder in Verbindung mit höhenverstellbaren Sitzen der bestimmungsgemäße Gurtenverlauf über den Körper des Kindes erreicht wird,

2. ab einem Gewicht von 18 kg ein Beckengurt ohne zusätzliche Rückhalteeinrichtung, wenn der Sitzplatz lediglich mit einem Beckengurt ausgerüstet ist und wenn die anderen Sitzplätze besetzt sind,

3. ab vollendetem 3. Lebensjahr auch ein Beckengurt oder Drei-Punkt-Gurt ohne zusätzliche Rückhalteeinrichtung, wenn durch zwei auf den äußersten Sitzplätzen befestigte Rückhalteeinrichtungen auf dem mittleren Sitzplatz eine Rückhalteeinrichtung nicht befestigt werden kann.

Rückhalteeinrichtungen für Kinder, die nicht mindestens der Regelung 44.03 entsprechen, dürfen nicht mehr feilgeboten und nach dem 31. Dezember 2006 nicht mehr verwendet werden.

 

5.2. Der Berufungswerber hat zwei 11jährige Kinder, welche ca. 135 – 140 cm groß waren, auf dem Rücksitz seines Kombis befördert, wobei diese lediglich den 3-Punkt-Gurt verwendeten und der Gurt direkt über den Halsbereich der Kinder verlaufen ist. Er hat damit nicht für eine ordnungsgemäße Sicherung der Kinder gesorgt.

 

Entgegen den Ausführungen des Rechtsvertreters des Berufungswerbers ist nach Ansicht des zuständigen Mitgliedes des UVS die Regelung des § 106 Abs.5 KFG durchaus stimmig und klar verständlich. § 106 Abs.5 Z2 KFG bestimmt eben, dass bei der Beförderung von Kindern, die kleiner als 150 cm sind, Rückhalteeinrichtungen verwendet werden müssen, welche der Größe und dem Gewicht der Kinder entsprechen. Der vorletzte Satz des § 106 Abs.5 KFG 1967 regelt den Fall, dass ein Fahrzeug überhaupt nicht mit Sicherheitssystemen ausgerüstet ist. In derartigen Fahrzeugen dürfen Kinder, die das 3. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, überhaupt nicht befördert werden und müssen Kinder ab dem vollendeten 3. Lebensjahr auf anderen als den Vordersitzen befördert werden. Bei solchen Fahrzeugen kann es sich um Oldtimer bzw. Spezialkraftwagen (z.B. Wohnmobile) handeln. Für diese eingeschränkte Anzahl von Fahrzeugen ist eben eine andere Regelung erforderlich, weil ansonsten mit diesen Fahrzeugen Kinder bis 14 Jahre gar nicht befördert werden könnten.

 

Der Klammerausdruck "Sicherheitsgurte oder Rückhalteeinrichtung" in § 106 Abs.5 vorletzter Satz KFG 1967 dient lediglich der Erläuterung, was der Gesetzgeber mit dem Begriff "Sicherheitssystem" in diesem Satz meint. Der gegenständliche Kombi war mit Sicherheitsgurten, also einem Sicherheitssystem, ausgerüstet, weshalb diese Ausnahmeregelung nicht greifen kann. Der Umstand, dass der Gesetzgeber in § 106 Abs.5 Z2 KFG den Begriff "Rückhalteeinrichtungen" und im vorletzten Satz des § 106 Abs.5 KFG 1967 den Begriff "Sicherheitssysteme" verwendet, macht die Regelung keinesfalls unverständlich. Was unter einer Rückhalteeinrichtung zu verstehen ist, ergibt sich aus § 1c Abs.2 KDV 1967. Nach dieser Bestimmung wäre ab einer Körpergröße von 135 cm auch ein höhenverstellbarer 3-Punkt-Gurt ausreichend, wenn mit diesem oder in Kombination mit höhenverstellbaren Sitzen der bestimmungsgemäße Gurtenverlauf über den Körper des Kindes erreicht wird. Aus der schlüssigen und unwidersprochenen Aussage der Zeugin W ergibt sich aber, dass die Gurten direkt über den Hals der Kinder verlaufen sind, sodass von einem ordnungsgemäßen Gurtenverlauf nicht die Rede sein kann.

 

Der Berufungswerber hat damit die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht zu verantworten. Wie bereits oben dargelegt, ist die gesetzliche Regelung bezüglich der Kindersicherung ausreichend klar und leicht verständlich. Der vom Rechtsvertreter des Berufungswerbers behauptete Widerspruch liegt nicht vor. Es wäre dem Berufungswerber daher durchaus zumutbar gewesen, sich die entsprechenden Kenntnisse der kraftfahrrechtlichen Bestimmungen zu verschaffen. Es ist wohl für jeden Kraftfahrer einsichtig, dass ein Gurt, welcher schräg über den Hals eines Kindes verläuft, bei einem Verkehrsunfall zu schwersten Verletzungen führen kann. Auch unter diesem Aspekt hätte dem Berufungswerber klar sein müssen, dass er die Kinder nicht ordnungsgemäß gesichert hat. Es trifft ihn daher an der gegenständlichen Übertretung fahrlässiges Verhalten.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die Erstinstanz ist bei der Strafbemessung von einer Höchststrafe von 2.180 Euro ausgegangen. Seit Inkrafttreten von BGBl. I Nr. 117/2005 am 28.10.2005 beträgt die gesetzliche Höchststrafe jedoch 5.000 Euro. Die Erstinstanz hat zutreffend als mildernd berücksichtigt, dass der Berufungswerber einschlägig unbescholten ist. Es ist aber auch zu berücksichtigen, dass zwei Kinder ohne ordnungsgemäße Sicherung transportiert wurden. Sonstige Straferschwerungs- oder Strafmilderungsgründe liegen nicht vor.

 

Unter Berücksichtigung der von der Erstinstanz geschätzten persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers (monatliches Einkommen von ca. 1.500 Euro bei Sorgepflichten für seine Gattin und keinem Vermögen), welchem der Berufungswerber nicht widersprochen hat, erscheint die verhängte Strafe durchaus angemessen und notwendig, um den Berufungswerber in Zukunft von der Begehung ähnlicher Übertretungen abzuhalten.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

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