Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162053/10/Zo/Da

Linz, 24.05.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung der Frau A F, geb. , M, vom 20.2.2007 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Ried im Innkreis vom 29.1.2007, VerkR96-6237-2006, wegen einer Übertretung der StVO nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 10.5.2007 zu Recht erkannt:

 

I.                     Die Berufung wird im Schuldspruch abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis insoweit bestätigt.

II.                   Hinsichtlich der Strafhöhe wird der Berufung teilweise stattgegeben und die Strafe auf 100 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 28 Stunden) herabgesetzt.

III.                  Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten reduzieren sich auf 10 Euro, für das Berufungsverfahren ist kein Kostenbeitrag zu bezahlen.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I. u. II.:         § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e, 19 VStG

zu III.:               § 64 ff VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I. u. II.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis hat der Berufungswerberin im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass sie es als Lenkerin des PKW in Ried i.I. auf dem Stelzhamerplatz 8, auf dem Parkplatz der Fa. Leitgeb am 3.8.2006 um 17.50 Uhr nach einem Verkehrsunfall, mit dem ihr Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang stand, unterlassen habe, die nächste Polizeidienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift mit dem Unfallbeteiligten bzw. dieser Person, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, unterblieben ist.

Sie habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs.5 StVO 1960 begangen, weshalb über sie gem. § 99 Abs.3 lit.b StVO eine Geldstrafe in Höhe von 200 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 56 Stunden) verhängt wurde. Weiters wurde sie zur Zahlung eines Kostenbeitrages in Höhe von 20 Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung brachte die Berufungswerberin vor, dass sie zwar am 3.8.2006 am Parkplatz der Firma Leitgeb geparkt habe, aber keinen Verkehrsunfall verursacht habe. Sie habe die hintere Tür nicht geöffnet und daher auch kein anderes parkendes Auto berührt. Sie habe auch bei der Befragung durch die Polizei nicht bestätigt, dass sie "eben hinten etwas ins Auto gegeben habe".

 

Sie habe die hintere Tür nicht geöffnet, daher auch nichts beschädigen können und deshalb auch keinen Anlass gehabt, einen Unfall bei der Polizei zu melden. Die Zeugin sei als Freundin des Autobesitzers befangen und sage auch die Unwahrheit, wenn sie behaupte, das Auto nicht verlassen zu haben. Als sie aus der Apotheke gekommen sei, habe sie eine Frau mit blonden mittellangen Haaren von hinten gesehen, wie sie gerade in das Auto einstieg, als auch sie ins Auto steigen wollte.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Ried im Innkreis hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 10.5.2007. An dieser haben die Berufungswerberin, ein Vertreter der Erstinstanz sowie die Zeugen E F, W S und BI K teilgenommen. Es wurden auch die am Unfall beteiligten Fahrzeuge zusammengestellt.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Die Berufungswerberin parkte zur Vorfallszeit mit ihrem PKW in Ried im Innkreis auf dem Stelzhamerplatz vor der Kleiderreinigung Leitgeb ihr Fahrzeug auf dem äußerst rechten Parkplatz, einem Behindertenparkplatz, ein. Zu diesem Zeitpunkt war der links neben ihr befindliche Parkplatz frei. Sie erledigte Einkäufe in der in der Nähe befindlichen Apotheke. Als sie zu ihrem Auto zurückkam war auf dem links neben ihr befindlichen Parkplatz ein weiterer PKW abgestellt, wobei dieser nur einen geringen Seitenabstand von ungefähr 1/2 m eingehalten hatte.

 

Bezüglich der verwendeten Parkplätze ist anzuführen, dass die Berufungswerberin bei der Verhandlung zwar behauptet hatte, ihr Fahrzeug auf dem zweiten Parkplatz abgestellt zu haben, aus dem Umstand, dass der Zeuge S eingeräumt hatte, sein Fahrzeug auf einem Behindertenparkplatz abgestellt zu haben und ihm die Berufungswerberin dies auch vorgeworfen hatte, ergibt sich aber zwangsläufig, dass das Fahrzeug der Berufungswerberin auf dem äußerst rechten Parkplatz abgestellt sein musste, weil sich an dieser Örtlichkeit eben nur zwei Behindertenparkplätze befinden.

 

Strittig ist, ob die Berufungswerberin die linke hintere Tür ihres Fahrzeuges öffnete und dabei gegen den rechten Kotflügel des links neben ihr abgestellten Fahrzeuges geschlagen hatte. Zu dieser wesentlichen Frage gab die Berufungswerberin bereits vor der Polizei noch am Unfalltag an, dass sie sich nicht vorstellen könne, die Tür auf ein anderes Fahrzeug geschlagen zu haben. Auf ausdrückliches Befragen bei der mündlichen Verhandlung gab der Polizist an, dass er sich nicht daran erinnern könne, dass die Berufungswerberin behauptet habe, die linke hintere Tür gar nicht geöffnet zu haben. Im Einspruch vom 25.8.2006 behauptete die Berufungswerberin erstmalig ausdrücklich, die linke hintere Tür gar nicht geöffnet zu haben. Diese Verantwortung hielt sie auch bei der mündlichen Verhandlung aufrecht. Die Zeugin F hingegen behauptete, dass die Berufungswerberin die linke hintere Tür geöffnet und dabei so heftig gegen das Fahrzeug ihres Lebensgefährten geschlagen habe, dass es im Fahrzeug einen "Rumpler" gemacht habe. Sie habe vorerst sogar geglaubt, dass hinten jemand an das Fahrzeug angefahren sei. Dann habe sie gesehen, dass eben bei dem neben ihr befindlichen Fahrzeug die hintere Tür geöffnet war und gerade wieder geschlossen wurde. Die Fahrzeuglenkerin sei dann rasch ins Fahrzeug eingestiegen und schnell weggefahren. Sie selbst habe noch aussteigen und das Kennzeichen des wegfahrenden Fahrzeuges ablesen können. Sie habe im ersten Augenblick nicht daran gedacht, die Fahrzeuglenkerin anzuhalten. Erst danach habe sie die Delle im Kotflügel gesehen und in weiterer Folge diese ihrem Freund gezeigt und ihn gefragt, ob es sich dabei um einen neuen oder einen alten Schaden handelt.

 

Eine Stellprobe mit den beiden Fahrzeugen ergab, dass die Delle im Kotflügel durch die linke hintere Tür des Fahrzeuges der Beschuldigten grundsätzlich erklärbar ist. Bei der Gegenüberstellung verblieb ein Höhenunterschied zwischen der Delle bzw. dem Knick in der Türkante des Fahrzeuges der Berufungswerberin von ca. 1 cm. Dieser geringe Unterschied ist jedoch leicht dadurch erklärbar, dass am tatsächlichen Unfallort allenfalls geringfügige Fahrbahnunebenheiten vorhanden sind. Bereits eine etwas stärkere Beladung eines der beiden Fahrzeuge führt erfahrungsgemäß zu einem Höhenunterschied von mehr als 1 cm, weshalb dieser Umstand nicht relevant ist. Jener Knick, welcher beim Öffnen der Tür den äußersten Punkt der Türkante bildet, wies beim Fahrzeug der Berufungswerberin Lackabschürfungen auf. Diese erklärte die Berufungswerberin damit, dass ihre Kinder beim Öffnen der Tür diese immer wieder gegen die Garagenwand stoßen würden. Am Fahrzeug des Geschädigten war kein Lackabrieb ersichtlich.

 

Dazu ist in freier Beweiswürdigung Folgendes festzustellen:

 

Auffällig ist, dass der Schaden sehr gut mit dem Fahrzeug der Berufungswerberin bzw. mit der Form der Türkante übereinstimmt. Außerdem weist die Türkante gerade im relevanten Bereich Lackabschürfungen auf. Natürlich ist es denkbar, dass die gegenständliche Delle im Kotflügel des Herrn S bereits vorher vorhanden war und dieser sowie seine Lebensgefährtin Frau F bewusst die Berufungswerberin zu Unrecht beschuldigen. Das würde aber im Ergebnis bedeuten, dass beide Zeugen bewusst das Risiko einer falschen Zeugenaussage mit den damit verbundenen strafrechtlichen Folgen auf sich genommen hätten. Außerdem hätten die Zeugen in diesem Fall das erhebliche Risiko in Kauf genommen, dass das beschuldigte Fahrzeug in der Höhe mit der Delle deutlich nicht übereinstimmt und damit die falsche Beschuldigung sofort aufgeklärt worden wäre. Es erscheint doch ausgesprochen unwahrscheinlich, dass zwei Personen wegen einer kleinen Delle in einem Kotflügel ein derartiges Risiko auf sich nehmen würden.

 

Anzuführen ist, dass sowohl die beiden Zeugen als auch die Berufungswerberin bei der Verhandlung einen durchaus seriösen und glaubwürdigen Eindruck hinterlassen haben. Der einzige relevante Widerspruch ergab sich vorerst in der Frage, auf welchem Parkplatz die beiden Fahrzeuge abgestellt waren, wobei die Berufungswerberin insofern vorerst behauptet hat, ihr Fahrzeug sei auf dem zweiten Parkplatz gestanden. Wie bereits oben dargestellt, hat sich aber ergeben, dass diese Angabe falsch war. Diesbezüglich wird der Berufungswerberin keinesfalls eine bewusste falsche Darstellung des Sachverhaltes unterstellt, sie hat sich aber offenbar nicht mehr so genau an den Vorfall erinnern können. Ob hingegen die Zeugin F aus dem Fahrzeug ausgestiegen war oder nicht, hat für die Beurteilung des Sachverhaltes keinen wesentlichen Einfluss. Die diesbezüglichen Widersprüche in den Aussagen sind daher nicht weiter von Bedeutung.

 

Der Umstand, dass die Zeugin F die Berufungswerberin nicht gleich angehalten hat, ist damit erklärbar, dass die Berufungswerberin erst aus der Parklücke fahren musste, bevor die Zeugin aussteigen konnte. Sie hat zwar damals nicht besonders geistesgegenwärtig gehandelt, das beeinträchtigt aber ihre Glaubwürdigkeit nicht.

 

Der Polizeibeamte, welcher den Verkehrsunfall aufgenommen hat, konnte sich nicht daran erinnern, dass die Berufungswerberin bei der Unfallaufnahme ausdrücklich behauptet hätte, die linke hintere Tür gar nicht geöffnet zu haben. Hätte sie dies tatsächlich gleich bei der Unfallaufnahme eindeutig behauptet, so wäre völlig unverständlich, dass sich der Polizist auf diese wesentliche Aussage nicht erinnern könnte und diese auch nicht in die Unfallanzeige aufgenommen hat. Die Berufungswerberin hat selbst bei der Verhandlung angegeben, dass sie diesbezüglich bei der Befragung durch die Polizei unsicher geworden sei.

 

Es sprechen also insgesamt die erhobenen Beweise doch eindeutig dafür, dass die Berufungswerberin beim Öffnen der linken hinteren Tür ihres Fahrzeuges diese gegen den rechten hinteren Kotflügel des Zweitbeteiligten gestoßen und dabei die gegenständliche Delle verursacht hat. Dafür spricht eben vor allem auch das Ergebnis der Stellprobe, wobei der Umstand, dass dabei das Fahrzeug der Berufungswerberin ca. 1/2 m gegenüber dem zweiten PKW nach hinten versetzt war, zu keinem anderen Ergebnis führt, weil eine derartige Abstellposition bei den gegenständlichen Parkplätzen auf Grund der örtlichen Gegebenheiten ohne weiteres möglich ist.

 

5. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 4 Abs.5 StVO 1960 haben, die an einem Verkehrsunfall beteiligten Personen, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die im Abs.1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

 

5.2. Auf Grund der oben angeführten Beweiswürdigung ist als erwiesen anzusehen, dass die Berufungswerberin den gegenständlichen Verkehrsunfall verursacht hat. Sie hat jedoch weder mit dem Zweitbeteiligten Kontakt aufgenommen, noch den Verkehrsunfall der nächsten Polizeidienststelle ohne unnötigen Aufschub angezeigt. Sie hat damit die ihr vorgeworfene Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht zu verantworten.

 

Umstände, welche ihr Verschulden ausschließen würden, sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Selbst wenn man einräumt, dass sie die Beschädigung tatsächlich nicht gesehen hat, so hätte sie beim Öffnen der linken hinteren Fahrertür jedenfalls den Zusammenstoß mit dem Kotflügel des daneben stehenden Autos bemerken können, weshalb sie zumindest fahrlässiges Handeln zu verantworten hat.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

§ 99 Abs.3 lit.b StVO 1960 sieht für derartige Verwaltungsübertretungen eine Höchststrafe von 726 Euro vor. Als strafmildernd ist die bisherige Unbescholtenheit der Berufungswerberin zu berücksichtigen. Ebenfalls ist zu berücksichtigen, dass die verursachte Beschädigung nur als geringfügig anzusehen ist. Andererseits gehört die "Fahrerflucht" doch zu den schwerwiegenderen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung, weshalb auch aus generalpräventiven Überlegungen spürbare Strafen erforderlich sind.

 

Auf Grund der ausgesprochen ungünstigen persönlichen Verhältnisse der Berufungswerberin (kein eigenes Einkommen, gemeinsam mit ihrem Gatten Sorgepflichten für 3 Kinder) konnte die von der Erstinstanz festgesetzte Geldstrafe deutlich herabgesetzt werden. Auch die nunmehr herabgesetzte Strafe erscheint ausreichend, um die Berufungswerberin zukünftig von ähnlichen Übertretungen abzuhalten.

 

Zu III.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

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