Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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Linz, 16.05.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Werner Reichenberger über die Berufungen von Herrn und Frau A und C S, Herrn G S und Herrn A S, N, alle vertreten durch Rechtsanwälte Dr. L J K und Dr. J M, S,  P, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 24. August 2006, Zl. Ge20-46-2006, betreffend die Erteilung einer Betriebsanlagengenehmigung, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 11.5.2007, zu Recht erkannt:

 

Anlässlich der Berufungen wird der bekämpfte Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 24. August 2006, Ge20-46-2006, insoferne ergänzt, als im Spruchteil I gemäß § 359b Abs.1 Z2 GewO 1994 festgestellt wird, dass das Ausmaß der der Betriebsanlage zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten und sonstigen Betriebsflächen insgesamt nicht mehr als 800 m2 beträgt und die elektrische An­schluss­leistung der zur Verwendung gelangenden Maschinen und Geräte 300 kW nicht übersteigt, die verfahrensgegenständliche Anlage somit die die Anwendung des vereinfachten Verfahrens begründende Beschaffenheit aufweist.

 

Der Projektsinhalt bzw. die Betriebsbeschreibung wird wie folgt ergänzt bzw. konkretisiert:

-          jährliche Frequenz von maximal vier Silobefüllungen und 35 Siloentnahmen;

-          Verwendung eines Filterschlauches (Staubfangsack) bei der Ableitung der Abluft beim Befüllen des Silos;

-          Verwendung eines Teleskopschlauches bei der Produktentnahme.

 

Folgende zusätzliche Aufträge sind bei Betrieb der Anlage einzuhalten:

 

1.        Die Befüllung des Kalksilos darf nur dann erfolgen, wenn die Verdrängungsluft aus dem Silo über eine Abscheideeinrichtung, beispielsweise einem mitgeführten Staubsack des anliefernden LKWs, geführt wird. Auf diese Verpflichtung ist bei der Anschlussstelle durch dauerhaft sichtbare Beschilderung hinzuweisen.

 

2.        Die Entnahme des Düngekalkes darf nur durch eine eingewiesene Person erfolgen, die dafür zu sorgen hat, dass der Teleskopschlauch der Siloanlage an der Oberfläche des Füllgutes im Ausbringefahrzeug aufzuliegen hat.

 

Im Übrigen werden die Berufungen, soweit sie die Frage betreffen, ob das vereinfachte Genehmigungsverfahren nach § 359b Abs.1 GewO 1994 zu Recht durchgeführt wurde, als unbegründet abgewiesen und darüber hinausgehend als unzulässig zurückgewiesen.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4, 67a Abs.1 und 67d des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 idgF (AVG)

§§ 359b Abs.1 Z2  der Gewerbeordnung 1994 idgF (GewO 1994).

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat mit dem bekämpften Bescheid vom 24. August 2006, Ge20-46-2006, über Ansuchen der H B Gesellschaft mbH & Co.KG, N, im Rahmen eines Feststellungsverfahrens nach § 359b GewO 1994 die gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung für die Errichtung und den Betrieb eines Düngekalksilos in N, O, Parz. Nr. der KG. S, unter Vorschreibung von Auflagen erteilt. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, das Ermittlungsverfahren, insbesondere die Feststellungen im Befund der Verhandlungsschrift vom 22. August 2006 haben ergeben, dass Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen, nachteilige Einwirkungen oder Belastungen der Umwelt nicht zu erwarten seien.  Insbesondere wurde festgestellt, dass die Anlage nur wenige Quadratmeter, somit jedenfalls unter 800 m2, in Anspruch nehme und die elektrische Anschlussleistung unter 20 kW liege, somit 300 kW jedenfalls nicht übersteige. Die gutächtlichen Äußerungen der anlagen- und lufttechnischen Amtssachverständigen hätten Beeinträchtigungen durch Lärm und Staub, sowie eine Brand- und Explosionsgefahr sowie eine Gefahr für Grundwasser ausgeschlossen. Die nach § 74 Abs.2 zu schützenden Interessen würden daher nicht beeinträchtigt. Auch die Nachbarn S würden nicht beeinträchtigt, dies einerseits durch die technische Ausführung der Anlage, durch einen eingeschränkten Bedienerkreis (Mitarbeiter der Antragstellerin) sowie durch die Abschirmung durch das landwirtschaftliche Anwesen der Eigentümer F. Das subjektiv-öffentliche Parteienrecht der Nachbarn S beschränke sich daher auf die Feststellung, ob die Voraussetzungen für ein nach § 359b durchzuführendes Verfahren zu Recht vorlägen oder nicht. Das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 359b GewO 1994 sei als Ergebnis des Verfahrens festgestellt worden.

 

Gegen diesen Bescheid haben die Anrainer A und C S, G S und A S, alle wohnhaft in N, alle vertreten durch Rechtsanwälte Dr. L J K und Dr. J M, S,  P, mit Schriftsatz vom 12. September 2006, der Post zur Beförderung übergeben am selben Tag und somit innerhalb offener Frist eingebracht, Berufung erhoben. Dies unter Beantragung der Einleitung des ordentlichen Verfahrens gemäß § 77 Abs.1 iVm § 356 Abs.1 GewO 1994 und Zurückverweisung zur Durchführung desselben an die Behörde I. Instanz bzw. zur Abänderung des angefochtenen Bescheides nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung, Nichterteilung der beantragten Genehmigung bzw. in eventu im Falle einer positiven Feststellung die Erteilung weiterer Auflagen zum Schutze der Nachbarschaft. Beantragt werde darüber hinaus die Berichtigung der Niederschrift vom 22. August 2006, Protokoll Seite 3, betreffend die Stellungnahme von A, C, G und A S, dass die Stellungnahme wie folgt zu lauten habe: "Wir verweisen auf die bisherigen Stellungnahmen und auf die darin gestellten Anträge und erklären uns mit der Bewilligung der gegenständlichen Anlage in gewerbe- und baubehördlicher Hinsicht nicht einverstanden." Die derzeit aufscheinende Formulierung eines Einverständnisses in dieser Stellungnahme sei auf einen Schreibfehler im Zusammenhang mit der Protokollierung der Stellungnahme zurückzuführen. Dies gehe auch aus dem Inhalt der schriftlichen Stellungnahme hervor, in der sie sich ausdrücklich gegen das Projekt aussprächen. Weiters werde eingewendet, dass der angefochtene Bescheid keine Feststellung über die die Anwendung des vereinfachten Verfahrens begründende Beschaffenheit der Anlage im Bescheidspruch enthalte. Die Voraussetzungen für ein vereinfachtes Verfahren gemäß § 359b Abs.1 Z1 oder 2 lägen nicht vor, da jedenfalls eine Gefährdung, Belästigung und Beeinträchtigung der Nachbarn gegeben sei bzw. derartige Einwirkungen im Sinne des § 74 GewO 1994 nicht ausgeschlossen und Beeinträchtigungen nicht vermieden werden könnten. Beeinträchtigungen für die Nachbarn würden durch Staubemissionen, Lärm- und Abgasbeeinträchtigungen durch die fast täglichen Entnahmen aus dem Kalksilo entstehen. Die Befüllung erfolge durchschnittlich wöchentlich. Weiters wird eingewendet, dass der Silo auf einer Grünfläche errichtet und für diese keine Bauplatzbewilligung erteilt worden sei. Das Gebiet des Standortes sei als nicht überwiegend ausschließlich gewerblichen Tätigkeiten dienend gewidmet. Auch eine Explosionsgefährdung könne nicht ausgeschlossen werden. Eine Staubbeeinträchtigung entstehe beim Entleeren der Anlage. Da Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs.2 GewO 1994 für die Nachbarn oder Belastungen der Umwelt nicht vermieden werden könnten, lägen die Voraussetzungen für ein vereinfachtes Verfahren nicht vor. Darüber hinaus sei nicht festgestellt worden, dass durch die Errichtung und den Betrieb des Düngekalksilos auch Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs.2 GewO 1994 der Nachbarn nicht zu erwarten sind. Der Spruch des Bescheides beschränke sich lediglich auf Belastungen der Umwelt. Darüber hinaus verstoße die Behörde gegen die sie treffende Begründungsverpflichtung des angefochtenen Bescheides. Weiters seien die Feststellungen in Bezug auf Staubimmissionen nicht ausreichend und hätte auch ein Amtssachverständiger aus den Gebieten der Medizin und des Gewässerschutzes beigezogen werden müssen. Auch lägen der gutachtlichen Beurteilung völlig falsche Prämissen zu Grunde, da diese ausschließlich von den Angaben der Konsenswerberin ausgehen. Aus der Einwendung der Einschreiter, die Befüllung erfolge durchschnittlich wöchentlich, sei zu schließen, dass die Angaben der Konsenswerberin nicht richtig seien. Außerdem würde fast täglich Kalk aus dem Silo entnommen. Auch hier werde von völlig falschen Prämissen ausgegangen. Im Falle eines positiven Bescheides hätte zumindest die Auflage erteilt werden müssen, dass der Betrieb der Anlage auf insgesamt max. 4 Befüllungen  und insgesamt max. 35 Fahrbewegungen zum Abtransport des Kalkes zu beschränken sei. Schließlich stehe nicht fest, ob in Bezug auf das Betonfundament des Silos ausreichende Stabilität gewährleistet sei. Schließlich seien die Annahmen in Bezug auf Nichtvorliegen von Brand- und Explosionsgefährdung nicht ausreichend begründet.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen als belangte Behörde hat diese Berufungsschrift gemeinsam mit dem zu Grunde liegenden Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Die belangte Behörde hat dabei keine inhaltlichen Äußerungen zum Berufungsvorbringen abgegeben und keinen Widerspruch im Sinne des § 67h Abs.1 AVG erhoben.

 

Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich durch Einzelmitglied ergibt sich aus § 359a GewO 1994  iVm § 67a  Abs.1 AVG.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde zu  Ge20- 35-2006 sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung unter Beiziehung der Verfahrensparteien sowie Amtssachverständiger aus den Bereichen Luftreinhaltung und Medizin am 11. Mai 2007.

 

Erwägungen des Unabhängigen Verwaltungssenates:

 

Dem gegenständlichen Verfahren liegt ein Ansuchen der H B Handelsgesellschaft mbH & Co. KG., N, vom 15. Juli 2006, auf Erteilung der gewerbebehördlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Düngekalksiloanlage zu Grunde. Nach Vorprüfung der eingereichten Unterlagen hat die belangte Behörde unter Hinweis auf die Anwendung des vereinfachten Genehmigungsverfahrens nach § 359b GewO 1994 mit Kundmachung vom 7. August 2006, Ge20-46-2006, einen Ortsaugenschein für den 22. August 2006 anberaumt und an diesem Tage durchgeführt.

 

Die Berufungswerber haben vor diesem Termin schriftliche Einwendungen gegen die Durchführung des vereinfachten Genehmigungsverfahrens vorgebracht, sowie Belästigungen und Gefährdungen durch die Anlage behauptet.

 

Bei dem am 22. August 2006 von der belangten Behörde durchgeführten Ortsaugenschein mit Verhandlung hat ein anlagentechnischer Amtssachverständiger sowie ein lufttechnischer Amtssachverständiger, weiters ein Vertreter des Arbeitsinspektorates Wels neben den sonstigen Parteien und Beteiligten teilgenommen. Im Rahmen der Begutachtung des Projektes in lärmtechnischer und luftreinhaltetechnischer Hinsicht gehen die beigezogenen Amtssachverständigen von den Projektsangaben bzw. den offensichtlich  von der Projektwerberin im Rahmen der mündlichen Verhandlung dargelegten Mengenangaben aus, wonach im Jahr 2005 ca. 111 Tonnen angeliefert wurden, was 4 Lkw-Fahrten in Bezug auf Anlieferung entspricht sowie etwa 35 Fahrten je 4 Tonnen in Bezug auf die Abholungen.

 

Die Amtssachverständigen haben sich sowohl mit Lärm- und Luftimmissionen als auch mit Brand- und Explosionsschutz auseinandergesetzt und sind zum Ergebnis gekommen, dass keine unzumutbaren Belästigungen entstehen, keine Grenzwerte überschritten werden sowie dass die eingelagerten Kalke als nicht brennbare Produkte klassifiziert sind und Explosionsgefahr auszuschließen sei.

 

Gemäß § 74 Abs. 1 GewO 1994 ist unter einer gewerblichen Betriebsanlage jede örtlich gebundene Einrichtung zu verstehen, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt ist.

 

Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

 

das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden,

 

die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,

 

die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,

 

die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder

 

eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.

 

 

Gemäß § 77 Abs. 1 GewO 1994 ist eine Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.

 

Gemäß § 359b Abs. 1 GewO 1994 hat die Behörde, wenn sich aus dem Genehmigungsansuchen und dessen Beilagen ergibt, dass

 

1.      jene Maschinen, Geräte und Ausstattungen der Anlage, deren Verwendung die Genehmigungspflicht begründen könnte, ausschließlich solche sind, die in Verordnungen gemäß § 76 Abs. 1 oder Bescheiden gemäß § 76 Abs. 2 angeführt sind oder die nach ihrer Beschaffenheit und Wirkungsweise vornehmlich oder auch dazu bestimmt sind, in Privathaushalten verwendet zu werden, oder

 

2.      das Ausmaß der der Betriebsanlage zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten und sonstigen Betriebsflächen insgesamt nicht mehr als 800 m2 beträgt, die elektrische Anschlussleistung der  zur  Verwendung  gelangenden  Maschinen  und  Geräte  300 kW nicht übersteigt und auf Grund der geplanten Ausführung der Anlage zu erwarten ist, dass Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des   § 74 Abs. 2 oder Belastungen der Umwelt (§ 69 a) vermieden werden.

 

das Projekt durch Anschlag in der Gemeinde und durch Anschlag in den der Anlage unmittelbar benachbarten Häusern mit dem Hinweis bekannt zu geben, dass die Projektsunterlagen innerhalb eines bestimmten, 4 Wochen nicht überschreitenden Zeitraumes bei der Behörde zur Einsichtnahme aufliegen und dass die Nachbarn innerhalb dieses Zeitraumes von ihrem Anhörungsrecht Gebrauch machen können; die Eigentümer der betroffenen Häuser haben derartige Anschläge in ihren Häusern zu dulden; statt durch Hausanschlag kann das Projekt aus Gründen der Zweckmäßigkeit, Raschheit und Einfachheit durch persönliche Verständigung der Nachbarn bekannt gegeben werden; nach Ablauf der im Anschlag oder der persönlichen Verständigung angeführten Frist hat die Behörde unter Bedachtnahme auf die eingelangten Äußerungen der Nachbarn, die die Anwendung des vereinfachten Verfahrens begründende Beschaffenheit der Anlage mit Bescheid festzustellen und erforderlichenfalls Aufträge zum Schutz der gemäß § 74 Abs. 2 sowie der gemäß § 77 Abs. 3 und 4 wahrzunehmenden Interessen zu erteilen; dieser Bescheid gilt als Genehmigungsbescheid für die Anlage .... . Nachbarn (§ 75 Abs. 2) haben keine Parteistellung .... .

 

Wie den oben zitierten Rechtsgrundlagen zu entnehmen ist, kommt Nachbarn im Rahmen des vereinfachten Genehmigungsverfahrens eine volle Parteistellung nicht zu. Im Sinne der Judikatur des Verfassungs- und auch des Verwaltungsgerichtshofes können Nachbarn im vereinfachten Genehmigungsverfahren Einwendungen zulässigerweise nur zur Frage vorbringen, ob das vereinfachte Verfahren zu Recht durchgeführt wurde bzw. die diesbezüglichen Voraussetzungen des § 359b GewO 1994 auch tatsächlich  vorliegen. Derartige Einwendungen wurden von den Berufungswerbern bereits schriftlich vor Durchführung der Augenscheinsverhandlung eingebracht und ist daher diesbezüglich ihre Parteistellung aufrecht geblieben.

 

Die übrigen Einwendungen so zB in Bezug auf das Ausmaß von Emissionen aus der Anlage bzw. Brand- und Explosionsschutz etc. konnten hingegen zulässigerweise nicht vorgebracht werden. Eine Parteistellung diesbezüglich ist somit, wie auch im bekämpften Bescheid festgehalten, nicht vorhanden und war daher auch dem Berufungsvorbringen diesbezüglich der Erfolg zu versagen.

 

In Bezug auf das Berufungsvorbringen betreffend die Zulässigkeit der Durchführung des vereinfachten Genehmigungsverfahrens ist auf die eindeutigen Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens hinzuweisen, wonach eine Größe der Betriebsanlage von 800 m2 bei weitem nicht erreicht wird. Auch liegt die elektrische Anschlussleistung nicht über dem Schwellenwert von 300 kW. Das vereinfachte Genehmigungsverfahren wurde daher zu Recht durchgeführt. Aus der beschränkten Parteistellung der Nachbarn hinsichtlich der Frage der Überprüfung der Voraussetzungen des vereinfachten Verfahrens ergibt sich jedenfalls die Verpflichtung der Behörde, die diesbezüglichen Parteienrechte der Nachbarn zu wahren und ihnen Gelegenheit zur Geltendmachung der entsprechenden rechtlichen Interessen zu geben. Diesem Erfordernis ist die belangte Behörde durch Anberaumung des Ortsaugenscheines, zu welchem auch die Nachbarn geladen wurden, jedenfalls ausreichend nachgekommen.

 

Zu den eingebrachten Einwendungen wurden Gutachten von einschlägigen Amtssachverständigen eingeholt, welchen auf gleicher fachlicher Ebene weder im Verfahren erster Instanz noch in der Berufung entgegen getreten wurde.

 

Im Rahmen der vom Unabhängigen Verwaltungssenat als Berufungsbehörde am 11. Mai 2007 durchgeführten und von den Bw in ihrer Berufung ausdrücklich beantragten öffentlichen mündlichen Verhandlung, an welcher die Bw A und G S, auch in Vertretung für C und A S, teilgenommen haben, wurde einerseits die der Parteistellung der Nachbarn unterliegenden Voraussetzungen für die Durchführung eines vereinfachten Genehmigungsverfahrens einer Kontrolle unterzogen. Demnach ist auch einem vom Vertreter der Konsenswerberin beigebrachten und den Bw ausdrücklich zur Kenntnis gebrachten Planunterlage zweifelsfrei zu entnehmen, dass die Gesamtbetriebsfläche der gegenständlichen Anlage bei weitem und deutlich unter dem Schwellenwert von 800 m2 liegt sowie auch keine Überschreitung des Schwellenwertes der elektrischen Anschlussleistung von 300 kW bewirkt wird. Darüber hinaus wurde bereits von der Erstbehörde eine Einzelfallbeurteilung in Bezug auf die vorgebrachten Einwendungen von Nachbarn durchgeführt.

Die konkrete Beurteilung der Emissionen aus der Anlage, welche im vereinfachten Genehmigungsverfahren nach § 359b GewO 1994 iSd Judikatur des Verfassungsgerichtshofes jedoch ohne die diesbezügliche Mitwirkung der Nachbarn als Parteien von der Behörde von Amtswegen durchzuführen ist, ergab bereits im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens keine Gesundheitsgefährdungen oder unzumutbaren Belästigungen von Nachbarn. Diese Beurteilung wurde vom Unabhängigen Verwaltungssenat nicht zuletzt aufgrund der von der Konsenswerberin dargelegten Projektsänderungen, welche zwar keine Änderung des Projektes in seinem Wesen begründen, jedoch eine Änderung (Verbesserung) der Emissionssituation in Richtung Anrainer mit sich bringen, einer Überprüfung unterzogen.

 

Dabei wurde vom luftreinhaltetechnischen Amtssachverständigen zusammenfassend, nach Darstellung der wesentlichen Erkenntnisse des durchgeführten Ortsaugenscheines, festgestellt:

"Beurteilungsgrundlage für die Beurteilung von Staubimmissionen ist das Immissionsschutzgesetz-Luft (IG-L). In diesem Gesetz werden die Staubimmissionen einerseits als Tagesmittelwert für den Feinstaub PM 10 mit 50 Mikrogramm pro m3 begrenzt und andererseits als Jahresmittelwert, ebenfalls für PM 10, mit 40 Mikrogramm pro m3. Finden Immissionen in einem kürzeren Zeitraum als einem Tag statt, so sind die aufgetretenen Immissionen auf einen Zeitraum von einem Tag umzurechnen. Aus dieser Forderung ergibt sich bereits, dass auch im schlimmsten Fall, das heißt, sieben Entnahmen an einem Tag (zu jeweils ca. 20 Minuten), eine messbare Staubbelastung beim nächsten Anrainerwohngebäude, bezogen auf einen Tagesmittelwert nicht messbar sein können, da die sieben mal zu je 20 Minuten auftretenden Immissionen auf 24 Stunden umgerechnet werden müssen. Erfahrungsgemäß liegen Staubimmissionen, die nur im Nahebereich von Anlagen, das heißt in einer Umgebung von wenigen Metern, wahrgenommen werden können, bei einer Entfernung von über 50 Metern in einem Bereich, der messtechnisch auch dann nicht mehr von der Hintergrundbelastung zu unterscheiden ist, wenn diese Immissionen kontinuierlich stattfinden.

 

Nachdem während des Befüllvorganges die Verdrängungsluft über einen Filter gereinigt wird, ist auch bei Befüllvorgängen nicht mit relevanten Emissionen und damit auch Immissionen zu rechnen. Hier wird insbesondere auf den Aktenvermerk des Herrn Ing. J N (Amtssachverständiger für Luftreinhaltung der Abteilung U des Landes Oberösterreich) vom 27. September 2006 verwiesen, in dem die Beobachtungen während eines Befüllvorganges beschrieben und mit Fotos dokumentiert werden.

 

Immissionen können auch durch die Fahrbewegungen der Anliefer-LKWs und der Traktorfahrten entstehen. Diese Fahrbewegungen sind jedoch zeitlich begrenzt (vier mal Anlieferung mit LKW pro Jahr, 35 Abholfahrten mit Traktoren pro Jahr und max. sieben Abholfahrten pro Tag). Zusätzlich befindet sich zwischen dem Silo des Konsensinhabers und dem Wohngebäude der Einsprecher die Landesstraße. Die Emissionen und damit auch Immissionen der Fahrbewegungen auf dem Grundstück, auf dem sich die Siloanlage befindet, sind im Vergleich zu den Fahrbewegungen auf der Landesstraße jedenfalls zu vernachlässigen und es sind keine Grenzwertüberschreitungen durch im IG-L angeführte Schadstoffe durch diese Fahrbewegungen zu erwarten.

 

Zusammenfassend kann zu den Staubemissionen und Immissionen durch den Betrieb der Siloanlage festgestellt werden, dass nicht zu erwarten ist, dass durch den Betrieb der Siloanlage Grenzwerte des IG-L überschritten werden.

 

Zur Befürchtung der Einsprecher, dass es im Bereich der Siloanlage zu einer Explosion kommen könnte, kann aus chemischer Sicht festgestellt werden, dass dies völlig unmöglich ist. Düngekalk besteht zum Großteil aus Kalziumcarbonat, das nicht weiter oxidierbar ist und damit auch nicht explodieren kann. Die Befürchtung in der Berufungsschrift vom 12.9.2006, dass durch die Anreichung des Düngekalkes mit Schwefel eine Reaktion mit Säuren zu einer Bildung von CO2 führen würde, ist aus fachlicher Sicht nicht nachvollziehbar, da im Bereich des Kalksilos weder mit Säuren gearbeitet wird, noch ein Zutritt von Säuren in irgend einer Form denkbar ist. Es kann daher auch keine Reaktion mit Säuren stattfinden.

 

Es wird vorgeschlagen folgende Auflagen vorzuschreiben:

 

1.      Die Befüllung des Kalksilos darf nur dann erfolgen, wenn die Verdrängungsluft aus dem Silo über eine Abscheideeinrichtung, beispielsweise einem mitgeführten Staubsack des anliefernden LKWs, geführt wird. Auf diese Verpflichtung ist bei der Anschlussstelle durch dauerhaft sichtbare Beschilderung hinzuweisen.

 

2.      Die Entnahme des Düngekalkes darf nur durch eine eingewiesene Person erfolgen, die dafür zu sorgen hat, dass der Teleskopschlauch der Siloanlage an der Oberfläche des Füllgutes im Ausbringefahrzeug aufzuliegen hat."

 

Darauf aufbauend stellte im Rahmen der mündlichen Verhandlung der medizinische Amtssachverständige abschließend fest, dass sich aus dieser vom luftreinhaltetechnischen Amtssachverständigen dargestellten Immissionssituation bei den Anrainern keine gesundheitsrelevanten Auswirkungen ergeben und auch keine Hinweise für Aktivitäten vorliegen, welche geeignet wären, Belästigungen oder erhebliche Belästigungen hervorzurufen.

 

Diese Ausführungen der dem Berufungsverfahren beigezogenen Amtssachverständigen blieben unbestritten und wurden von den Bw, wenn auch unter anschließender Verweigerung der Unterfertigung des Protokolls, ausdrücklich zur Kenntnis genommen.

 

Auch das erkennende Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates erachtet diese Gutachten für schlüssig und in sich widerspruchsfrei und hegt keine Bedenken, diese der Entscheidung zugrunde zulegen, wobei die vom lufttechnischen Amtssachverständigen für den weiteren Betrieb der Anlage vorgeschlagenen Auflagen und die der Begutachtung zugrunde gelegten Projektsverbesserungen ausdrücklich in den Abspruch aufgenommen wurden.

 

Insgesamt ergibt sich aus den obigen Ausführungen, dass im gegenständlichen Verfahren die Bestimmungen über die Durchführung des vereinfachten Genehmigungsverfahrens anzuwenden waren, die Nachbarrechte dadurch lediglich im eingeschränkten Umfang eine Parteistellung begründeten und vom Unabhängigen Verwaltungssenat als Berufungsbehörde unter Beachtung des § 66 Abs.4 AVG  der Feststellungsbescheid im Grunde des § 359b GewO 1994 – wie im Spruch erfolgt – zu konkretisieren war. Der Bescheid der belangten Behörde war daher entsprechend abzuändern und konnte darüber hinaus der Berufung inhaltlich, wie ausgeführt, keine Folge gegeben werden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richts­hof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Reichenberger

 

 

Beschlagwortung:

§ 359 b GewO

 

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