Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400879/7/BP/Wb/Se

Linz, 23.05.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Beschwerde der B C, StA von Guinea, vertreten durch Mag. M S, L, wegen rechtswidriger Anhaltung in Schubhaft im PAZ Linz von 21.-22. März 2007 durch den Bezirkshauptmann von Urfahr-Umgebung, zu Recht erkannt:

 

I.                    Der Beschwerde wird stattgegeben und die Anhaltung in Schubhaft von 21. bis 22. März 2007 für rechtswidrig erklärt.

 

II.                  Der Bund hat der Beschwerdeführerin den Verfahrensaufwand in Höhe von 673,80 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 Abs. 1 und 83 Abs. 2 und 4 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG (BGBl I Nr. 100/2005 zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 99/2006) iVm §§ 67c und 79a AVG 1991 und der UVS-Aufwand­ersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 334/2003.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf), eine Staatsangehörige von Guinea, reiste am 24. April 2006 illegal in da Bundesgebiet der Republik Österreich ein und stellte in der Folge am selben Tag einen Asylantrag. Mit Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Eisenstadt vom 15. März 2007, AZ 05 05.843-BAE, wurde dieser Antrag abgewiesen, gleichzeitig die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Bf nach Guinea gemäß § 8 Abs 1 AsylG als zulässig erklärt und die Bf gemäß § 8 Abs. 2 AslyG aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen.

 

Aufgrund des  Bescheides des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung, AZ: Sich40-6603, wurde die Bf am 21. März 2007 in Schubhaft genommen und bis zum 22. März 2007 im PAZ Linz angehalten.

 

Begründend führt die belangte Behörde im Schubhaftbescheid nach Darstellung des § 76 Abs. 2 Z 1 FPG unter anderem aus, dass der Asylantrag der Bf mit Bescheid des BAS Eisenstadt rechtskräftig abgewiesen worden sei; gleichzeitig sei die Zurückschiebung nach Guinea für zulässig erklärt worden, weshalb sich die Bf seit dem 16. März illegal in Österreich aufhalte. Aufgrund dieses illegalen Aufenthalts sei die Bf am 21. März 2007 festgenommen worden und ihre Zurückschiebung nach Guinea in die Wege leiten zu können und die Bf verfüge über kein Reisedokument und keine finanziellen Mittel zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes.

 

Von der Verhängung eines gelinderen Mittels habe insofern Abstand genommen werden müssen, da die Gefahr bestünde, dass sich die Bf den beabsichtigten fremdenpolizeilichen Maßnahmen entziehen werde aufgrund des derzeitigen illegalen Aufenthalts bestehe daher die Gefahr, dass die Bf in die Illegalität abtauchen und ihren Lebensunterhalt in dieser Zeit durch ungesetzliche Aktivitäten bestreiten werde. Zur Sicherung der Abschiebung habe daher die Schubhaft verhängt werden müssen.

 

1.2. Mit Schreiben vom 2. Mai 2007erhob die Bf, vertreten durch Mag. M S, L, Schubhaftbeschwerde gemäß § 82 FPG. Allerdings war diesem Schreiben keine Vollmacht beigelegt, weshalb ein Verbesserungsauftrag von Seiten des Oö. Verwaltungssenates erging, dem am 16. Mai 2007 nachgekommen wurde.

 

Darin werden die Anträge gestellt:

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich möge

 

I. den hier angefochtenen oben bezeichneten Bescheid sowie die auf dessen Grundlage erfolgte Anhaltung in Schubhaft für rechtswidrig erklären;

 

sowie

 

II. den Bund zum Kostenersatz für das Beschwerdeverfahren im zu verzeichnenden Ausmaß verpflichten.

 

Begründend wird in der Beschwerde zunächst ausgeführt, dass der abweisende Bescheid des BAS Eisenstadt der Bf am 19. März 2007 zugestellt worden sei, der Bescheid der BH Urfahr-Umgebung jedoch bereits mit 13. März datiert sei. Am 28. März 2007 habe die Bf in offener Frist Berufung gegen den erstinstanzlichen Asylbescheid erhoben.

 

Als Rechtsgrundlage für die Verhängung der Schubhaft von 21.-22. März 2007 habe die belangte Behörde § 76 Abs. 2 Z 1 FPG angeführt. Gemäß dieser Bestimmung könnten Asylwerber festgenommen und angehalten werden, wenn gegen sie eine durchsetzbare – wenn auch nicht rechtskräftige – Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen worden sei. In der Begründung der belangten Behörde sei ausgeführt, dass der Asylantrag der Bf mit 16. März 2007 rechtskräftig abgewiesen worden sei und sie sich daher seit diesem Zeitpunkt illegal im Bundesgebiet aufhalten würde. Die Voraussetzungen des § 76 Abs. 2 Z 1 FPG seien jedoch zu keinem Zeitpunkt vorgelegen. In Verkennung der Rechtslage gehe die belangte Behörde davon aus, dass mit dem erstinstanzlichen Bescheid des BAS eine rechtskräftige und durchsetzbare Entscheidung ergangen wäre. Die Berufungsfrist habe am 19. März 2007 zu laufen begonnen und erst am 2. April geendet. Gemäß § 32 AsylG 1997 idF 2003 habe die Berufung aufschiebende Wirkung. Aus diesen Gründen häte die belangte Behörde bei richtiger rechtlicher Beurteilung und Ermittlungstätigkeit feststellen müssen, dass zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung und in Schubhaftnahme weder eine rechtskräftige, noch eine durchsetzbare Entscheidung vorgelegen habe. Da die von der belangten Behörde angeführten Voraussetzungen des § 76 Abs. 2 Z 1 FPG nicht vorgelegen seien, sei die gegenständliche Anhaltung rechtswidrig. Vollständigerweise sei anzuführen, dass im konkreten Fall keine der im FPG genannten Schubhaftgründe zugetroffen hätte, womit die Anordnung der Schubhaft auch dann rechtswidrig gewesen wäre, wenn die Behörde eine andere Begründung herangezogen hätte.

 

2. Mit Schreiben vom 7. Mai 2007 hat die belangte Behörde den bezughabenden Verwaltungsakt übermittelt.

 

2.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsakt festgestellt, dass bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde der Sachverhalt hinlänglich geklärt und unstrittig ist. Da im Wesentlichen Rechtsfragen zu klären waren, konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

2.2. Hinsichtlich des entscheidungswesentlichen Sachverhalts kann auf Punkt 1.1. verwiesen werden.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Nach § 82 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr.99/2006 (im Folgenden: FPG), hat der Fremde das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn er

1.      nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;

2.      unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde oder

3.      gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde. 

 

Es ist unbestritten, dass die Bf von 21.-22. März 2007 in Schubhaft angehalten wurde, weshalb ihre Beschwerde auch zulässig ist.

 

Gemäß § 83 Abs. 4 FPG hat der Unabhängige Verwaltungssenat, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

 

Im gegenständlichen Fall wurde die Schubhaft bereits am Tag nach ihrer Verhängung wieder aufgehoben, weshalb im Rahmen der geltend gemachten Gründe zu entscheiden war.

 

3.2. Gemäß § 76 Abs. 2 FPG kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

1.      gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung      (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;

2.      gegen ihn nach den Bestimmungen des AsylG 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;

3.      gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Ausweisung (§§ 53 oder 54) oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot (§ 60) verhängt worden ist oder

4.      auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

 

Die Schubhaft ist nach dem § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. 

 

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG kann die Behörde von der Anordnung der Schubhaft Abstand nehmen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass deren Zweck durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden kann. Gegen Minderjährige hat die Behörde gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn, sie hätte Grund zur Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann.

 

3.3. Eingangs ist festzuhalten, dass das von der Bf beanstandete – am Schubhaftbescheid ausgewiesene – Bescheiddatum 13. März 2007 für die Beurteilung des konkreten Falles rechtlich gesehen nicht relevant ist, da es auf die Zustellung und deren Zeitpunkt ankommt. Der Schubhaftbescheid wurde der Bf am 21. März 2007 – also 2 Tage nach der Zustellung des erstinstanzlichen Asylbescheides – übergeben. Das Datum 13. März ist nach Ansicht des Oö. Verwaltungssenates im Übrigen wohl als Schreibfehler zu betrachten.

 

Wie sich aus der Aktenlage und unwidersprochen aus der Beschwerdebegründung ergibt, war die Bf zum Zeitpunkt der Schubhaftverhängung Asylwerberin.

 

Gemäß § 76 Abs. 2 FPG kann Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung über Asylwerber nur verhängt werden, wenn einer der in den Ziffern 1 bis 4 angeführten Fälle gegeben ist. Die belangte Behörde stützte sich in ihrem Bescheid auf Z. 1 und nahm das Vorliegen einer durchsetzbaren Ausweisung gemäß § 10 AsylG als gegeben an.

 

3.4. Im gegenständlichen Fall ist unbestritten, dass eine Ausweisung gemäß § 10 AsylG mit dem abweisenden Asylbescheid ausgesprochen wurde. Strittig ist allerdings ob diese Ausweisungsentscheidung auch durchsetzbar ist. § 36 Abs. 4 AsylG normiert, dass die Ausweisung durchsetzbar ist wenn einer Berufung gegen eine Ausweisung die aufschiebende Wirkung nicht zukommt.

 

Einer Berufung eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz und der damit verbundenen Ausweisung kann gemäß § 38 Abs. 1 AsylG das Bundesasylamt unter bestimmten Voraussetzungen die aufschiebende Wirkung aberkennen. Daraus ist ersichtlich, dass bei abweisenden Bescheiden grundsätzlich Berufungen aufschiebende Wirkung zukommt.

 

Der erstinstanzliche Asylbescheid enthält jedoch die vom Gesetz geforderte Aberkennung der aufschiebenden Wirkung durch das Bundesasylamt nicht, weshalb die Ausweisungsentscheidung gemäß § 36 Abs. 4 AsylG als nicht durchsetzbar anzusehen ist.

 

Dass die Bf die Berufung erst nach der Verhängung der Schubhaft eingebracht hat, bewirkt aus Gründen des Rechtsschutzes nicht eine kurzzeitige Durchsetzbarkeit der Ausweisungsentscheidung, da die Berufungsfrist noch nicht verstrichen war.

 

Die belangte Behörde stützte somit zu Unrecht die Schubhaft auf § 76 Abs. 2 Z. 1 FPG. Anwendbar wäre im konkreten Fall die Alternative der Z. 2 gewesen wonach das Ausweisungsverfahren eingeleitet worden sein muss.

 

Vom Oö. Verwaltungssenat ist die grundsätzliche Rechtmäßigkeit der verhängten Maßnahme zu überprüfen, weshalb die fälschliche Heranziehung einer Alternative nach § 76 Abs. 2 FPG bei Vorliegen einer weiteren Alternative die Verhängung der Schubhaft für sich als nicht rechtswidrig anzusehen ist.

 

3.5. Wie oben dargestellt, war im Rahmen der Beschwerdepunkte zu entscheiden. Allerdings ist auch zu berücksichtigen, dass die Bf nicht rechtsfreundlich vertreten ist, weshalb die in der Berufung angeführte Anmerkung, die Schubhaft hätte auch auf die anderen Alternativen des § 76 Abs. 2 nicht rechtmäßig gestützt werden können, als Beeinspruchung auch hinsichtlich der Erforderlichkeit auszulegen ist.

 

3.6. Wie bisher ist das zur Entscheidung zuständige Mitglied des Oö. Verwaltungssenates der Auffassung, dass entsprechend der höchstgerichtlichen Judikatur vor der Anordnung der Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 FPG auf § 77 Abs. 5 FPG Bedacht zu nehmen ist und Schubhaft nur bei konkretem Sicherungsbedarf angeordnet werden darf. Darüber hinaus ist auch die Verhältnismäßigkeit dieser Maßnahme zu überprüfen. Im gegenständlichen Fall hat die belangte Behörde jedoch nicht ausreichend begründet, inwiefern die Verhängung der Schubhaft erforderlich gewesen sei und die Anwendung gelinderer Mittel nicht zum Tragen hätte kommen können. Der lapidare Verweis, dass sich die Bf den fremdenpolizeilichen Maßnahmen entziehen könnte, ist nicht als ausreichende Begründung für die Verhängung der Schubhaft anzusehen, zumal die belangte Behörde nicht ausführt, weshalb sie zu diesem Schluss gekommen ist. Zum Zeitpunkt der Verhängung der Schubhaft war nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates die Gefahr des Untertauchens der Bf in die Illegalität nicht erheblich, da ihr ja noch das Rechtsmittel der Berufung an den UBAS im Asylverfahren offen stand und der erstinstanzliche Bescheid noch nicht rechtskräftig war. Dieser Ansicht ist offensichtlich auch die belangte Behörde selbst gefolgt, da sie die verhängte Maßnahme bereits einen Tag später wieder aufhob.

 

Die Verhängung der Schubhaft war somit im Hinblick auf § 77 FPG und die nicht vorgenommene Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht erforderlich und somit auch gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 rechtswidrig.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden

 

4.1. Bei diesem Verfahrensergebnis waren der Bf nach § 79a Abs. 1 bis 3 iVm Z 1 UVS-AufwandsersatzVO Kosten in Höhe von ingesamt 673,80 Euro ( Gebühr: 13 Euro; Schriftsatzaufwand 660,80 Euro) zuzusprechen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweise:

 

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Eingabe- und Beilagegebühren in Höhe von 13 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

Bernhard Pree

 

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