Linz, 22.05.2007
E R K E N N T N I S
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung des Herrn D L, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Mag. K H, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 16.4.2007, VerkR21-103-2007 betreffend Entziehung der Lenkberechtigung ua., nach Durchführung der mündlichen Verhandlung vom 21.5.2007, einschließlich Verkündung des Erkenntnisses, zu Recht erkannt:
I.
Der Berufung wird insofern stattgegeben, als die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung auf 12 Monate – vom 10. März 2007 bis einschließlich 10. März 2008 – herab- bzw. festgesetzt wird.
Rechtsgrundlage: § 26 Abs.2 iVm. §§ 7 Abs.1 Z.1, 7 Abs.3 Z.1, 7 Abs.4 und 7 Abs.5 FSG, BGBl. I/120/1997 zuletzt geändert durch BGBl. I/153/2006
II.
Bis zum Ablauf der Entziehungsdauer wird das Lenken von Motorfahrrädern für die Fahrt vom Wohnort (derzeit: K, künftig: W) zum Arbeitsplatz (M) und zurück gestattet.
Im Übrigen wird das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen bis zum Ablauf der Entziehungsdauer verboten.
Rechtsgrundlage: § 32 Abs.1 Z.3 FSG
III.
Betreffend die
- Anordnung einer Nachschulung
- Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens
- Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme
ist der erstinstanzliche Bescheid vom 19.3.2007, VerkR21-103-2007,
Spruch-Punkte III. und IV. – mangels Anfechtung – in Rechtskraft erwachsen.
Entscheidungsgründe:
Die belangte Behörde hat mit dem in der Präambel zitierten Bescheid dem nunmehrigen Berufungswerber (Bw) gemäß näher bezeichneter Rechtsgrundlagen nach dem FSG
- die Lenkberechtigung für die Klassen A, B, B + E, C1, C1 +E, C, C +E und F wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von 20 Monaten – vom 10. März 2007 bis einschließlich 10. November 2008 – entzogen,
- bis zum Ablauf der Entziehungsdauer das Recht aberkannt, von einer ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen und
- das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen für den Zeitraum 21. März 2007 bis einschließlich 10. November 2008 verboten.
Gegen diesen Bescheid hat der Bw innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom 3.5.2007 eingebracht.
Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 67a Abs.1 AVG) erwogen:
Am 21.5.2007 wurde beim UVS eine öffentliche mündliche Verhandlung (mVh) durchgeführt, an welcher der Bw sowie dessen Rechtsvertreter teilgenommen haben.
Aus dem Verfahrensakt sowie der mVh ergibt sich nachfolgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt:
Dem Bw wurde in den Jahren 1994, 1997 und 2000 – jeweils wegen der Begehung eines sog. "Alkoholdeliktes im Straßenverkehr" – die Lenkberechtigung entzogen.
Dem Bw wurde – nach dem zuletzt genannten Alkoholdelikt – am 14. Jänner 2002 der Führerschein wieder ausgefolgt.
Der Bw lenkte am 10.3.2007 um 4.00 Uhr einen dem Kennzeichen nach näher bestimmten Pkw auf einer näher bezeichneten Straße mit öffentlichem Verkehr.
Anlässlich einer Verkehrskontrolle wurde beim Bw die Messung der Atemluft mittels Alkomat vorgenommen, welche einen Atemluftalkoholgehalt von (niedrigster Wert) 1,05 mg/l ergeben hat.
Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems hat mit Straferkenntnis vom 3.4.2007, VerkR96-5300-2007 über den Bw wegen der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.1 iVm. § 99 Abs.1 lit.a StVO eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.
Dieses Straferkenntnis ist – mangels Anfechtung – in Rechtskraft erwachsen.
Der UVS als Behörde II. Instanz in Angelegenheiten der Entziehung der Lenkberechtigung ist an diese rechtskräftige Entscheidung gebunden;
VwGH vom 20.9.2001, 2001/11/0237; vom 23.4.2002, 2002/11/0063;
vom 8.8.2002, 2001/11/0210; vom 26.11.2002, 2002/11/0083;
vom 25.11.2003, 2003/11/0200 vom 6.7.2004, 2004/11/0046 uva.
Gemäß § 24 Abs. 1 Z. 1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.
Gemäß § 7 Abs. 3 Z1 FSG hat als bestimmte Tatsache iSd Abs. 1 leg.cit. zu gelten, wenn jemand ein KFZ gelenkt und hiebei eine Übertretung gemäß (§ 5 i.V.m.) § 99 Abs. 1 StVO begangen hat.
Alkoholdelikte zählen zu den schwersten Verstößen gegen die Verkehrssicherheit;
VwGH vom 11.7.2000, 2000/11/0011; vom 20.3.2001, 2000/11/0089;
vom 23.5.2000, 2000/11/0102; vom 23.4.2002, 2000/11/0182;
vom 23.4.2002, 2000/11/0184; vom 24.9.2003, 2001/11/0285;
vom 27.2.2004, 2002/11/0036; vom 20.4.2004, 2003/11/0143;
Gemäß § 7 Abs. 4 FSG sind für die Wertung der in Abs. 3 leg.cit. beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.
Gemäß § 7 Abs.5 FSG sind bei der Beurteilung der Verkehrs(un)zuverlässigkeit – und somit bei der Festsetzung der Entziehungsdauer – auch länger zurückliegende und sogar getilgte Verwaltungsübertretungen zu berücksichtigen;
VwGH vom 16.12.2004, 2004/11/0139; vom 21.1.2003, 2002/11/0227 uva.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bilden bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit (allfällige) berufliche, wirtschaftliche, persönliche und familiäre Nachteile, welche mit der (Dauer der) Entziehung der Lenkberechtigung verbunden sind, kein wie immer geartetes Beweisthema;
Erkenntnisse v. 30.5.2001, 2001/11/0081; vom 23.4.2002, 2000/11/0182;
vom 11.4.2002, 99/11/0328; vom 28.9.1993, 93/11/0142 mit Vorjudikatur uva.
Bei der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich um keine Strafe, sondern um eine administrative Maßnahme zum Schutz der anderen Verkehrsteilnehmer oder sonstiger Rechtsgüter vor verkehrsunzuverlässigen KFZ-Lenkern;
VfGH vom 14.3.2003, G203/02; vom 11.10.2003, B1031/02; vom 26.2.1999, B 544/97
VwGH vom 18.3.2003, 2002/11/0062; vom 22.11.2002, 2001/11/0108;
vom 23.4.2002, 2000/11/0184; vom 22.2.2000, 99/11/0341 mit Vorjudikatur
Wird beim Lenken eines Kfz eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 StVO begangen, so ist gemäß § 26 Abs.2 FSG die Lenkberechtigung für die Dauer von mindestens vier Monaten zu entziehen.
Bei der in § 26 Abs.2 FSG genannten Entziehungszeit von vier Monaten handelt es sich um eine Mindestentziehungszeit; VwGH vom 28.10.2003, 2003/11/0144.
Betreffend die Festsetzung der Entziehungsdauer ist auf nachstehende Kriterien zu verweisen:
Der Bw hat – wie dargelegt – in den Jahren 1994, 1997 und 2000 jeweils ein Alkoholdelikt im Straßenverkehr begangen.
Dabei handelt es sich nicht (mehr) um bestimmte Tatsachen, diese Alkoholdelikte sind jedoch bei der Festsetzung der Entziehungsdauer zu werten.
Beim Alkoholdelikt vom 10.3.2007 hat der Alkoholisierungsgrad mehr als 1,00 mg/l betragen; dies ist – siehe das bereits zitierte Erkenntnis des VwGH vom 28.10.2003, 2003/11/0144 – ebenfalls zum Nachteil des Bw zu werten ist.
Zu Gunsten des Bw ist zu werten, dass ihm – wie ebenfalls bereits dargelegt – am 14.1.2002 die Lenkberechtigung wieder ausgefolgt wurde, er bei Begehung des Alkoholdeliktes vom 10.3.2007 bereits mehr als fünf Jahre im Besitz der Lenkberechtigung war und somit "nur" eine einzige "bestimmte Tatsache" vorliegt.
Insgesamt gesehen ist es für den UVS daher gerechtfertigt und vertretbar, die Entziehungsdauer auf 12 Monate – vom 10.3.2007 bis einschließlich 10.3.2008 – herab- bzw. festzusetzen.
Personen, welche nicht iSd § 7 FSG verkehrszuverlässig sind, ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken, ist
- gemäß § 32 Abs.1 Z1 FSG das Lenken eines derartigen KFZ ausdrücklich zu verbieten bzw.
- gemäß § 32 Abs.1 Z3 FSG das Lenken eines derartigen KFZ nur unter örtlichen Beschränkungen zu gestatten.
Gemäß dem Erlass des Bundesministers für Verkehr vom 2.5.2006, GZ BMVIT-170.619/0001-II/ST4/2006 ist bei Begehung von Alkoholdelikten ein Lenkverbot nach § 32 Abs.1 Z1 FSG auszusprechen.
Bei diesem Erlass handelt es sich nicht um eine Rechtsquelle iSd Art 18 Abs.1 B-VG, sodass der UVS an diesen nicht gebunden ist; VwGH vom 9.3.2005, 2001/13/0062.
Zu Gunsten des Bw war – wie dargelegt – zu werten, dass es sich beim Alkoholdelikt vom 10.3.2007 um die einzige "bestimmte Tatsache" iSd § 7 Abs.3 Z1 FSG handelt.
Aus diesem Grund ist es gemäß § 32 Abs.1 Z.3 FSG gerechtfertigt und vertretbar, dem Bw das Lenken eines Motorfahrrades für die Fahrt vom Wohnort zum Arbeitsplatz und zurück zu gestatten.
Im Übrigen war dem Bw das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen sowie Invalidenkraftfahrzeugen bis zum Ablauf der – nunmehr neu festgesetzten – Entziehungsdauer zu verbieten.
Der Ordnung halber wird noch auf folgendes hingewiesen:
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 19.3.2007, VerkR21-103-2007 Spruch-Punkte III. und IV. wurde der Bw verpflichtet, bis zum Ablauf der Entziehungsdauer
- eine Nachschulung zu absolvieren
- ein amtsärztliches Gutachten über seine gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen A, B, B + E, C1, C1 + E, C, C + E und F beizubringen sowie
- eine verkehrspsychologische Stellungnahme beizubringen.
Diese Anordnungen sind – mangels Anfechtung – in Rechtskraft erwachsen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an
den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen
Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.
Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren von 13 Euro angefallen.
Mag. Kofler