Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550339/10/Kl/Pe

Linz, 06.06.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über den Antrag der S u P GmbH, vertreten durch S D S & P Anwaltssocietät, vom 4.5.2007 auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung im Vergabeverfahren der Gemeinde P betreffend das Vorhaben „Sanierung und Neubau von Siedlungsstraßen im Gemeindegebiet P 2007“, zu Recht erkannt:

 

 

Der Nachprüfungsantrag vom 4.5.2007, die Zuschlagsentscheidung vom 24.4.2007 für nichtig zu erklären, wird abgewiesen.

Gleichzeitig wird auch der Antrag auf Gebührenersatz abgewiesen.

 

 

Rechtsgrundlage:

§§ 1, 2, 3, 7 und 23 Oö. Vergaberechtschutzgesetz 2006 – Oö. VergRSG 2006, LGBl. Nr. 130/2006 iVm §§ 43, 100, 107, 108, 125, 129, 130, 131 und 132 Bundesvergabegesetz 2006 – BVergG 2006, BGBl. I Nr. 17/2006 iVm § 74 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Eingabe vom 4.5.2007 hat die S u P GmbH (im Folgenden: Antragstellerin) einen Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagserteilung (gemeint wohl: Zuschlagsentscheidung) sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, der Auftraggeberin die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren, längstens aber für die Dauer von drei Monaten nach Antragstellung, zu untersagen, gestellt. Im Übrigen wurde die Zuerkennung der entrichteten Pauschalgebühren  beantragt.

 

Begründend führte die Antragstellerin hiezu aus, dass sie sich an der Ausschreibung beteiligt und ein Angebot mit einer Gesamtsumme von 1,069.086,85 Euro netto gelegt habe. Nach Prüfung der Angebote sei sie an dritter Stelle gereiht. Erstgereiht sei die S AG mit  einem Angebot mit einer Gesamtsumme von 723.013,27 Euro netto, zweitgereiht sei die L & M B GmbH & Co KG mit einem Angebot über eine Gesamtsumme von 742.342,13 Euro netto. Mit Schreiben der Auftraggeberin vom 27.4.2007 sei der Antragstellerin bekannt gegeben worden, dass beabsichtigt sei, der S AG den Zuschlag erteilen zu wollen.

Die Zuschlagsentscheidung sei aus folgenden Gründen rechtswidrig:

Die S AG habe ein Anbot mit einer Gesamtsumme von 723.013,27 Euro – sohin um ein ca. 48 % günstigeres Angebot als jenes der drittgereihten Antragstellerin – gelegt. Im Vergleich zum Angebot des viertgereihten Anbieters liege bereits eine Differenz von mehr als 68 %, im Vergleich zum Angebot der nächstgereihten Unternehmen gar schon eine Differenz von 74 % vor. Lediglich das Anbot der zweitgereihten L & M B GmbH & Co KG liege in etwa im Bereich des Angebots der S AG. Hier sei die Differenz nur mit 2,67 % gegeben, was den Verdacht nahe lege, dass die Anbote zwischen diesen beiden Unternehmen – welche ja eng miteinander verbunden sind – abgesprochen seien. Nur so sei auch erklärbar, weshalb diese Angebote von der Summe her fast ident sind und zu den nachgereihten Unternehmen ein Abstand von mehr als 45 % gegeben sei.

 

In Anbetracht der relevanten Markt- bzw. Branchenverhältnisse erscheinen die Angebotspreise der S AG und der L & M B GmbH & Co KG im Verhältnis zur Leistung und den anderen Angeboten ungewöhnlich niedrig und könne nicht mehr von angemessenen Preisen ausgegangen werden. Gemäß § 129 Abs.1 BVergG 2006 habe der jeweilige Auftraggeber aufgrund des Ergebnisses der Prüfung Angebote auszuscheiden, welche eine nicht plausible Zusammensetzung des Gesamtpreises aufweisen. Genau davon sei bei den Angeboten der S AG und der L & M B GmbH & Co KG auszugehen und hätten diese ausgeschieden werden müssen. Die Auftraggeberin wäre jedenfalls verpflichtet gewesen, Aufklärung über die Positionen der Angebote der S AG und der L & M B GmbH & Co KG zu verlangen und diese gegebenenfalls vertieft zu prüfen. Insbesondere wäre zu prüfen gewesen, ob im Preis alle wesentlichen Positionen, alle direkt zuordenbaren Personal-, Material-, Geräte-, Fremdleistungs- und Kapitalkosten enthalten seien, ob für höherwertige Leistungen grundsätzlich höher angeboten worden sei als für geringerwertige Leistungen und ob die im Leistungsverzeichnis geforderte Aufgliederung der Preise oder des Gesamtpreises aus der Erfahrung erklärbar sei. Eine entsprechende Prüfung sei von der Auftraggeberin offensichtlich nicht durchgeführt worden, weshalb die Zuschlagsentscheidung rechtwidrig sei.

 

Weiters habe neben der erstgereihten S AG auch die L & M B GmbH & Co KG im gegenständlichen Vergabeverfahren ein Anbot gelegt. Wesentliche Entscheidungsträger der S AG seien auch in der L & M B GmbH & Co KG federführend tätig, und zwar in leitenden Positionen und umgekehrt. Es sei von einer zumindest personellen Verflechtung dieser beiden Unternehmen auszugehen, was bereits den jeweiligen Firmenbuchauszügen entnommen werden könne. So seien sämtliche Prokuristen der L & M B GmbH & Co KG auch Prokuristen der S AG. Darüber hinaus sind beide Unternehmen bemerkenswerter Weise im gleichen Bürogebäude untergebracht. Damit seien Bieterabsprachen naheliegend, was den Grundsätzen des Bundesvergabegesetzes widerspreche. Angebote, an welchen jeweils gleiche Bieter bzw. Personen beteiligt sind, seien auszuscheiden. Die Angebote der Erst- und der Zweitgereihten liegen von der Kalkulation her so eng beieinander, dass sich der Verdacht der Absprache geradezu aufdränge. Anbote, welche unter Absprache zustande gekommen bzw. Firmenverflechtungen, welche kartellähnliche Wirkungen erzeugen, seien verpönt und unzulässig. Es wäre daher sowohl das Anbot der S AG als auch jenes der L & M B GmbH & Co KG auszuscheiden gewesen.

 

Darüber hinaus seien weder das Anbot der S AG noch der L & M B GmbH & Co KG – so wie in den Angebotsunterlagen gefordert – firmenmäßig gefertigt, insbesondere nicht durch dazu befugte bzw. zur Zeichnung und Vertretung nach außen hin bestellte Personen. Auch aus diesem Grund wären die beiden Angebote auszuscheiden gewesen und der Antragstellerin der Zuschlag zu erteilen gewesen.

 

Die Antragstellerin erachte sich in ihren Rechten auf Zuschlagserteilung unter Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen, auf Durchführung eines ordnungsgemäßen Vergabeverfahrens unter Einhaltung der Grundsätze des fairen und lauteren Wettbewerbs, auf fehlerfreie Anwendung der Ausschreibung sowie auf gesetzmäßige Beendigung des Vergabeverfahrens verletzt.

 

Im Hinblick auf die zugunsten der S AG getroffene Zuschlagsentscheidung sei evident, dass die Auftraggeberin beabsichtige, den Zuschlag an diese und nicht an die Antragstellerin zu erteilen. Durch diese – oben ausgeführte – Rechtswidrigkeit würde die Antragstellerin insofern einen Schaden erleiden, als ein für sie sehr wichtiger Auftrag nicht an sie ergehen würde, obwohl ein Anspruch auf Zuschlagserteilung gegeben wäre. Finanziell würde dies der Antragstellerin einen Schaden an entgangenem Gewinn in Höhe von 53.454,34 Euro zufügen. Ferner würden sich Angebotserstellungskosten in Höhe von 2.000 Euro als frustriert erweisen. Zudem sei auf die Bedeutung des Auftrages als Referenzprojekt für weitere straßenbauliche Tätigkeiten hinzuweisen. Zum drohenden Schaden iSd entgangenen Gewinns sei noch anzumerken, dass beim Angebot der Antragstellerin ein Gewinn in Höhe von 5% der Nettoangebotssumme kalkuliert sei.

 

Die Antragstellerin habe ihr Interesse am Vertragsabschluss durch die Angebotslegung dokumentiert. Sie habe ein ausschreibungskonformes Angebot abgegeben und sei sie nach allen Kriterien des BVergG 2006 als geeigneter Bieter anzusehen. Dementsprechend habe die Auftraggeberin das Angebot der Antragstellerin auch nicht ausgeschieden, sondern an dritter Stelle gereiht.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat die Gemeinde P als Auftraggeberin und die S AG als präsumtive Zuschlagsempfängerin am Nachprüfungsverfahren beteiligt und von der Auftraggeberin die bezughabenden Vergabeunterlagen (öffentliche Bekanntmachung, geschätzter Auftragswert, Protokoll über die Angebotsöffnung, Bekanntgabe über die Zuschlagsentscheidung, Ausschreibungsunterlagen, Angebotsunterlagen, Prüfprotokoll und Schriftverkehr mit der präsumtiven Zuschlagsempfängerin) eingeholt.

 

In ihrer Stellungnahme vom 9.5.2007 führt die Auftraggeberin aus, dass vom Z f B, DI H H, im Zuge der Prüfung gemäß § 125 Abs.3 BVergG 2006 Aufklärung über Positionen des Angebotes der präsumtiven Zuschlagsempfängerin verlangt wurde und dieses vertieft geprüft wurde. Eine diesbezügliche Stellungnahme des Zivilingenieurbüros wurde beigelegt. Daraus geht hervor, dass auf Grundlage der Preise des Vorjahres Baugesamtkosten von ca. 764.000 Euro netto geschätzt wurden, wobei Grundlage der Schätzungen ein mittleres Preisniveau auf Grundlage von Preisen vorangegangener Ausschreibungen ähnlicher Bauvorhaben ist. Erfahrungsgemäß liegen die Ausschreibungsergebnisse der Billigstbieter ca. 10 % unter den Schätzungen. Das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin liegt mit 723.013,27 Euro netto ca. 5 % unter dem Ergebnis der Kostenschätzung. Das Angebot der Antragstellerin liegt mit 1,069.086,85 Euro netto ca. 40 % über der Kostenschätzung und über den Preisen des Vorjahres der Antragstellerin. Das Angebot der Antragstellerin ist daher als überhöht zu bezeichnen und entspricht nicht der Marktsituation für Straßenbauarbeiten. Darüber hinaus lagen bei ähnlichen Bauvorhaben, die zur gleichen Zeit abgewickelt wurden, nämlich Jänner bis März 2007, die Ergebnisse der Ausschreibungen noch unter den Preisen der präsumtiven Zuschlagsempfängerin. Im Zuge der vertieften Angebotsprüfung wurden die Kalkulationsblätter über die Zusammensetzung der preisbildenden Hauptpositionen des Angebotes der präsumtiven Zuschlagsempfängerin angefordert und geprüft und ist die Kalkulation plausibel nachvollziehbar und sind die Preise angemessene, marktübliche Preise. Dies wurde auch durch Ergebnisse von gleichzeitig laufenden Vergaben ähnlicher Bauvorhaben im Straßenbau bestätigt, bei denen die Preise noch tiefer lagen als jene der präsumtiven Zuschlagsempfängerin und die präsumtive Zuschlagsempfängerin nicht Billigstbieterin war. Zur behaupteten Bieterabsprache wurde ausgeführt, dass aus Kenntnis der Branchensituation und den Erfahrungen bei Vergaben im Straßenbau der letzten Jahre sich die präsumtive Zuschlagsempfängerin und die Firma L & M mit jeweils eigener Kalkulation und mit unterschiedlichen Angebotsergebnissen beteiligten. Eine Absprache dieser beiden Firmen ist auf Grundlage eines Preisvergleichs der Einzelpositionen nicht erkennbar. Die Preise beider Firmen sind marktüblich.

Die Auftraggeberin führt weiters zur behaupteten Bieterabsprache der erst- und zweitgereihten Bieterin aus, dass es sich bei den beiden Baufirmen laut Firmenbuch um getrennte und auch in der Natur um eigenständige Firmen handle, die auch grundsätzlich verschiedene Angebote gelegt haben. Daraus, dass sich beide Firmen im selben Gebäude befinden, und sich aus dem Firmenbuchauszug ergibt, dass einige Personen eine Funktion sowohl bei der einen, als auch bei der anderen Firma haben, können jedoch noch nicht Bieterabsprachen abgeleitet werden. Aus der Unterfertigung der Angebote ergibt sich, dass hier keine Personenidentität vorlag.

Zum Kritikpunkt der fehlenden firmenmäßigen Fertigung der Angebote wurde darauf hingewiesen, dass laut den Ausschreibungsunterlagen keineswegs eine firmenmäßige Fertigung sondern eine rechtsgültige Unterfertigung mit Firmenstempel gefordert war, wobei von der erst- und zweitgereihten Bieterin dieses Erfordernis erfüllt wurde. Seitens der präsumtiven Zuschlagsempfängerin wurde das Angebot vom Prokurist Ing. G S und von Herrn H U, welcher eine Handlungsvollmacht vom 17.5.2006 vorgelegt hat, unterfertigt. Weiters wurde der Firmenstempel dazugefügt. Seitens der zweitgereihten Bieterin wurde das Angebot von Ing. K H unterfertigt, der ebenfalls eine Handlungsvollmacht vorgelegt hat. Ebenfalls wurde der Firmenstempel beigefügt.

Da keine Gründe für eine allfällige Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung vorliegen, wurde beantragt, dem Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung nicht Folge zu geben.

 

3. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin hat mit Eingabe vom 16.5.2007 rechtzeitig Einwendungen erhoben und beantragt, den Nachprüfungsantrag zurück-, hilfsweise abzuweisen. Es wurde darauf hingewiesen, dass das Angebot ordnungsgemäß kalkuliert und gesetzmäßig ist. Die Auftraggeberin hat nach Angebotsöffnung im Zuge der Angebotsprüfung mit Schreiben vom 6.2.2007 die Kalkulationsformblätter (K-Blätter) angefordert. Es wird entgegengehalten, dass die Antragstellerin in ihrem Antrag bloß den Gesetzestext abgeschrieben hat, ohne auch nur eine konkrete Behauptung zu liefern, warum das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin preislich nicht in Ordnung wäre. Dies komme auf ein Begehren an den UVS einen Erkundungsbeweis zu führen, hinaus und sei daher unzulässig. Es ist richtig, dass sowohl die präsumtive Zuschlagsempfängerin als auch die zweitgereihte Bieterin dem Konzern der S SE angehören und dass es Personen gibt, die sowohl im Firmenbuch der einen als auch der anderen Firma aufscheinen. Auch ist richtig, dass die Betriebsstätten beider Firmen im gleichen Gebäude in Linz untergebracht sind. Ein konzerninterner Wettbewerb zweier getrennter juristischer Personen ist nicht gesetzlich untersagt und ist nach herrschender Meinung es nicht grundsätzlich unzulässig, wenn mehrere Unternehmen eines Konzerns an einem Vergabeverfahren teilnehmen, es sei denn, dass ein wettbewerbswidriges bzw. wettbewerbsbeschränkendes Verhalten nachgewiesen ist. Von einem solchen Nachweis ist die Antragstellerin weit entfernt, vielmehr ist der Schluss der Antragstellerin, dass schon durch die Verbundenheit der Unternehmen „Bieterabsprachen naheliegend“ seien, völlig unbegründet. Bieterabsprachen sind dann wettbewerbsschädigend, wenn sie

a) die Zahl der Anbieter und damit den Wettbewerb zum Vorteil der Bieter verringern sollen, oder

b) durch Preisabsprachen den Preis zum Vorteil der Bieter erhöhen sollen.

Beides liegt hier evidentermaßen nicht vor, zumal durch die präsumtive Zuschlagsempfängerin das billigste Angebot gelegt wurde und nach den Behauptungen der Antragstellerin diese sogar viel zu billig angeboten hätte. Das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin wurde getrennt von jenem der zweitgereihten Bieterin kalkuliert und dementsprechend wurde auch ein ganz anderer Angebotspreis erzielt. Auch hat der UVS Oberösterreich in einem gleichgelagerten ebenfalls von der Antragstellerin anhängig gemachten Fall im Vergabeverfahren „Straßenbauarbeiten 2007“ zu Zl. VwSen‑550319/11/Wim/Ps, zu einem völlig parallelen Sachverhalt ausgeführt, dass keine Bieterabsprachen vorliegen und daher ein wettbewerbswidriges bzw. ‑beschränkendes Verhalten nicht nachgewiesen werden konnte.

Auch das Vorbringen der nicht ordnungsgemäßen Fertigung ist völlig unschlüssig und nicht begründet und der Antrag mutwillig.

 

3.1. Die Antragstellerin replizierte in einer Stellungnahme vom 1.6.2007, dass die bloße Übermittlung von Kalkulationsformblättern noch keine vertiefte Angebotsprüfung im Sinne der Bestimmungen des BVergG darstelle. Die vertiefte Angebotsprüfung habe preislich augenfällige Positionen zu hinterfragen und entsprechende Stellungnahmen seitens der Bieter einzuholen, um so zu beurteilen, ob der Preis sich betriebswirtschaftlich plausibel darstellt. Entscheidend wird daher sein, ob nachvollziehbare Unterlagen über die vertiefte Angebotsprüfung vorliegen. Die Antragstellerin wurde in keiner Weise aufgefordert, die Preise zu erläutern. Es wurde nochmals auf die Preisunterschiede hingewiesen und darauf, dass das Angebot der Antragstellerin unter dem geschätzten Auftragswert liegt, sodass von einem ungewöhnlich niedrigem Gesamtpreis des Angebotes der präsumtiven Zuschlagsempfängerin auszugehen ist. Es ist daher ein Vergleich der einzelnen Positionen der Angebote der jeweiligen Anbieter anzustellen und zu prüfen, ob im Preis alle wesentlichen Positionen, alle zuordenbaren Personal-, Material-, Geräte-, Fremdleistungs- und Kapitalkosten enthalten sind und ob die Aufwands- und Verbrauchsansätze nachvollziehbar sind, und ob für höherwertige Leistungen grundsätzlich höher angeboten wurde, als für geringwertige Leistungen. Was die Firmenverflechtungen und allfällige Absprachen anbelangt, wird auf das Vorbringen im Antrag verwiesen, wonach es Hinweise und Indizien für einen diesbezüglichen Verdacht gibt. Die Ausschreibung fordert eine firmenmäßige Fertigung.

 

4. Ein Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde von keiner der Parteien gestellt und es hält auch der Unabhängige Verwaltungssenat eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht erforderlich, zumal bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der verfahrenseinleitende Antrag abzuweisen ist (§ 19 Oö. VergRSG 2006).

 

Aufgrund der Schriftsätze sowie der eingeholten Vergabeunterlagen steht als erwiesen fest:

 

4.1. Mit Bekanntmachung vom 11.1.2007 in der Amtlichen Linzer Zeitung, Folge 1/2007, wurde ein Bauauftrag im offenen Verfahren im Unterschwellenbereich, „Sanierung und Neubau von Siedlungsstraßen im Gemeindegebiet von P“ ausgeschrieben. Die Angebotsfrist wurde bis 5.2.2007, um 9.00 Uhr, festgelegt. Die Zuschlagsfrist wurde bis 5.5.2007 bestimmt. Die zugrundeliegende Kostenschätzung vom 4.1.2007 weist eine Nettogesamtsumme von 764.061,27 Euro aus.

Aus den vorgelegten Ausschreibungsunterlagen ist aus einem Begleitschreiben über Bauherr, Planung, Bauaufsicht und Kurzbeschreibung in Punkt 02.5 „Angebotsunterlagen“ ersichtlich, dass folgende Unterlagen „mit dem Angebot firmenmäßig gefertigt abzugeben“ sind: Leistungsverzeichnis mit den Beilagen, Datenträger mit Preisen, Kalkulationsblätter auf Verlangen des Auftraggebers vor Auftragsvergabe. In den Ausschreibungsbedingungen für Straßenbau in Gemeinden werden die Preise als Festpreise auf Preisbasis 15.7.2007 festgelegt und unter Punkt B5 (Seite 3) festgelegt, dass das Angebot u.a. besteht aus: rechtsgültig unterfertigtem Angebotsschreiben, rechtsgültig unterfertigtem Leistungsverzeichnis. Unter Punkt B9 wird ein Datenträgeraustausch und ein rechtsgültig unterfertigter Ausdruck vorgesehen. Als Zuschlagsprinzip bestimmt Punkt B13, dass der Zuschlag an das Angebot mit dem niedrigsten Preis erfolgt.

Sowohl die besonderen Vertragsbestimmungen (BVB) auf Seite 6, die Baustellenordnung sowie die Ausschreibung – Anbot auf dem Deckblatt und Kostenzusammenstellung (Seite 153) – sehen eine firmenmäßige Fertigung vor.

Die Angebotseröffnung erfolgte am 5.2.2007 um 9.15 Uhr und sind von sechs Bietern Angebote einlangt und verlesen worden. Ein Angebot war verspätet. Es langte ein Angebot der S AG vom 5.2.2007 mit einer Angebotssumme von brutto 867.615,92 Euro (netto 723.013,27 Euro), der L & M B GesmbH & Co KG mit einer Angebotssumme von brutto 890.810,56 Euro (netto 742.342,13 Euro) und der S u P GmbH mit einer Angebotssumme von brutto 1,282.904,22 Euro (netto 1,069.086,85 Euro) ein.

Das Angebot der S AG wurde vom Prokuristen Ing. G S und H U unterfertigt. Laut Firmenbuchauszug ist Prokurist Ing. G S seit 5.9.2000 zeichnungsberechtigt mit einem Vorstandsmitglied oder einem weiteren Prokuristen. Für Herrn H U liegt eine Handlungsvollmacht vom 17.5.2006 vor, wonach er berechtigt ist, im Namen und auf Rechnung der S AG „jeweils gemeinsam mit einem Vorstandsmitglied, einem Prokuristen oder einem weiteren Handlungsbevollmächtigten Angebot für Bauarbeiten zu legen, rechtsgültig zu fertigen, zu verhandeln und abzuändern“. Die Handlungsvollmacht ist unterfertigt von Mag. Ing. R und Herrn W, beide Vorstandsmitglieder der S AG. Das Angebot der L & M B GesmbH & Co KG ist unterfertigt von Ing. K H, für welchen eine Handlungsvollmacht vom 13.6.2000 vorliegt, wonach er berechtigt ist, im Namen und auf Rechnung der L & M B GesmbH & Co KG „Angebote für Bauarbeiten zu legen, rechtsgültig zu fertigen, zu verhandeln und abzuändern, weiters uns auch bei der Abwicklung und Abrechnung von Bauvorhaben zu vertreten“. Er ist weder Vorstand noch Prokurist der S AG.

Im Zuge der Angebotsprüfung wurde die präsumtive Zuschlagsempfängerin mit Schreiben vom 6.2.2007 aufgefordert, Kalkulationsformblätter K2, K3 und K3a und die Kalkulationsblätter K4 und K7 für die nachfolgenden Positionen der Hauptgruppen HG01 Neubau und Sanierung und HG02 Flickprogramm bis 13.2.2007 zuzusenden. Dieser Aufforderung wurde fristgerecht nachgekommen und liegen die ordnungsgemäßen Kalkulationsblätter vor und wurden der Angebotsprüfung beigeschlossen und zugrunde gelegt. Weiters wurde ein Preisspiegel über sämtliche Angebote sämtlicher Bieter und Leistungsgruppen erstellt.

Der Prüfbericht an die Auftraggeberin vom 6.2.2007 scheidet das verspätet eingelangte Angebot aus und reiht die sechs rechtzeitig eingelangten Angebote nach rechnerischer Prüfung und Prüfung der rechtsgültigen Fertigung nach dem Preis, wobei die präsumtive Zuschlagsempfängerin an erster Stelle, die Antragstellerin an dritter Stelle gereiht wurde. Zur Preisgestaltung und Angemessenheit der Preise wurde ausgeführt, dass die Preisgestaltung der Einzelpositionen und die prozentuellen Unterschiede in den einzelnen Positionspreise (Angemessenheit der Preise) auf Grundlage des beiliegenden Preisspiegels überprüft wurde und aus fachlicher Sicht die Preise der präsumtiven Zuschlagsempfängerin sehr wirtschaftlich kalkuliert wurden, jedoch in den preisbildenden Hauptpositionen des Angebotes keine unvergleichbar niedrigen Preise gefunden wurden. Es wurde auch festgestellt, dass der an zweiter Stelle gereihte Bieter nur um einen ca. 2,67 % höheren Gesamtpreis als die Billigstbieterin aufweist. Anhand des Preisspiegels sind die Einheitspreise der Zuschlagsempfängerin im Vergleich zu den Preisen der Konkurrenten nachvollziehbar. Bei der Prüfung der Einzelpreise entsprechen die Einzelpreise der wesentlichen Positionen sehr wirtschaftlichen Preisen. Der Gesamtpreis des Angebotes kann plausibel nachvollzogen werden und eine spekulative Preisgestaltung ausgeschlossen werden. Die von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin angebotenen Einheits- und Pauschalpreise sind als sehr wirtschaftlich zu beurteilen und liegen in der Größenordnung der Kostenschätzung. Der Preisvorsprung entsteht hauptsächlich in der Leistungsgruppe der Abbruch- und Erdarbeiten sowie in den bituminösen Trag- und Deckschichten. Das Flickprogramm wurde besonders günstig angeboten. Die Kalkulationsblätter der wesentlichen Positionen der Ausschreibung wurden angefordert. Hinsichtlich der Referenzen wurde auf die Internetseite der präsumtiven Zuschlagsempfängerin hingewiesen und ist die Befugnis, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit zweifelsfrei gegeben. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin mit aufrechter Befugnis, großer Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit bietet die ausgeschriebenen Bauleistungen zum niedrigsten Preis an und wurde daher zur Beauftragung der ausgeschriebenen Leistung empfohlen.

 

Mit Schreiben der Auftraggeberin vom 24.4.2007 wurde im Postwege den Bietern die Zuschlagsentscheidung, nämlich dass beabsichtigt ist, der Firma S AG mit einer Auftragssumme von brutto 867.615,92 Euro, den Auftrag zu erteilen, weil dieses Angebot den niedrigsten Preis aufweist, bekanntgegeben. Der Antragstellerin ist dieses Schreiben nachweislich am 27.4.2007 zugegangen.

 

4.2. Mit Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 9.5.2007, VwSen-550338/4/Kl/Rd/Pe, wurde dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung stattgegeben und der Auftraggeberin Gemeinde P die Erteilung des Zuschlages bis zur Entscheidung in diesem Nachprüfungsverfahren, längstens aber bis 4.7.2007 untersagt.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 1 Abs.1 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 (Oö. VergRSG 2006) regelt dieses Landesgesetz den Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Auftraggeber bzw. Auftraggeberinnen in Verfahren nach den bundesrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesen (Vergabeverfahren), die gemäß Art.14b Abs.2 Z2 B-VG in den Vollzugsbereich des Landes fallen.

 

Die Gemeinde P als öffentliche Auftraggeberin fällt gemäß Art.14b Abs.2 Z2 lit.a B-VG in den Vollzugsbereich des Landes und unterliegt daher das gegenständliche Nachprüfungsverfahren den Bestimmungen des Oö. VergRSG 2006.

 

Gemäß § 2 Abs.1 Oö. VergRSG obliegt dem Unabhängigen Verwaltungssenat die Gewährung von Rechtsschutz gemäß § 1 Abs.1 leg.cit.

 

5.2. Gemäß § 2 Abs.3 Oö. VergRSG 2006 ist der Unabhängige Verwaltungssenat bis zur Zuschlagsentscheidung bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen die bundesgesetzlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens und die dazu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht zuständig zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen (§ 2 Z16 lit.a BVergG 2006, BGBl. I Nr. 17/2006) des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

 

Gemäß § 3 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 kann ein Unternehmer bzw. eine Unternehmerin bis zur Zuschlagserteilung bzw. zur Widerrufserklärung die Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen, sofern ein Interesse am Abschluss eines den bundesgesetzlichen Bestimmungen auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens unterliegenden Vertrags behauptet wird und durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

 

Gemäß § 2 Z16 lit.a sublitt.aa BVergG 2006 ist die Zuschlagsentscheidung im offenen Verfahren eine gesondert anfechtbare Entscheidung.

 

Der eingebrachte Nachprüfungsantrag ist rechtzeitig und zulässig. Aufgrund der Höhe des Auftragswertes des ausgeschriebenen Bauauftrages sind die Bestimmungen für den Unterschwellenbereich anzuwenden.

 

5.3. Gemäß § 7 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 hat der Unabhängige Verwaltungssenat eine im Zuge eines Vergabeverfahrens ergangene gesondert anfechtbare Entscheidung eines Auftraggebers bzw. einer Auftraggeberin mit Bescheid für nichtig zu erklären, wenn

1.        sie oder eine ihr vorangegangene nicht gesondert anfechtbare Entscheidung den Antragsteller bzw. die Antragstellerin in dem von ihm bzw. von ihr nach § 5 Abs.1 Z5 geltend gemachten Recht verletzt und

2.        diese Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist.

 

Gemäß § 131 BVergG 2006 hat der Auftraggeber den im Vergabeverfahren verbliebenen Bietern unverzüglich und nachweislich mitzuteilen, welchem Bieter der Zuschlag erteilt werden soll. Die Mitteilung der Zuschlagsentscheidung hat elektronisch oder mittels Fax zu erfolgen. Sofern eine nachweisliche Übermittlung elektronisch oder mittels Fax nicht möglich ist, ist die Mitteilung der Zuschlagsentscheidung brieflich zu übermitteln. In dieser Mitteilung sind den verbliebenen Bietern das jeweilige Ende der Stillhaltefrist gemäß § 132, die Gründe für die Ablehnung ihres Angebotes, die Vergabesumme sowie die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebotes bekanntzugeben, sofern nicht die Bekanntgabe dieser Informationen öffentlichen Interessen oder den berechtigten Geschäftsinteressen von Unternehmen widersprechen oder dem freien und lauteren Wettbewerb schaden würden.

 

Die angefochtene Zuschlagsentscheidung vom 24.4.2007 wurde der Antragstellerin sowie sämtlichen weiteren verbliebenen Bietern auf dem Postweg nachweislich zugestellt. Dies widerspricht eindeutig der Bestimmung des § 131 Satz 2 BVergG 2006, welcher kraft Gesetzes eine elektronische Zustellung bzw. Faxzustellung vorsieht. Diese ist der postalischen Zustellung vorzuziehen. § 131 Satz 3 BVergG 2006 sieht eine briefliche Zustellung nur dann vor, wenn eine Übermittlung elektronisch oder mittels Fax nicht möglich ist. Von diesem Sonderfall war nicht auszugehen. Es besteht daher diesbezüglich Rechtswidrigkeit der Übermittlung. Weiters enthält die bekannt gegebene Zuschlagsentscheidung vom 24.4.2007 nicht das Ende der Stillhaltefrist. Auch diese Angabe ist zwingend nach § 131 BVergG 2006 vorgesehen. Die Stillhaltefrist beträgt gemäß § 132 Abs.1 letzter Satz BVergG 2006 sieben Tage. Auch diesbezüglich besteht eine Rechtswidrigkeit.

Weil aber § 132 Abs.2 BVergG 2006 regelt, dass ein unter Verstoß gegen die gemäß § 131 erster Satz bestehende Verpflichtung zur Mitteilung der Zuschlagsentscheidung erfolgter Zuschlag absolut nichtig ist, war – bei den aufgezeigten Mängeln – zwar von einer fehlerhaften aber gültigen und rechtswirksamen Mitteilung der Zuschlagsentscheidung auszugehen. Es liegt daher eine anfechtbare Entscheidung der Auftraggeberin vor. Da auch § 43 Abs.6 BVergG 2006 vorsieht, dass Auftraggeber und Unternehmer zwingend eine Faxnummer oder eine elektronische Adresse bekanntzugeben haben, an die sämtliche Unterlagen und Informationen rechtsgültig übermittelt werden können, und dass, soweit in diesem Gesetz zwingend eine Mitteilung von Entscheidungen an Unternehmer auf elektronischem Weg oder mittels Fax vorgesehen wird, eine briefliche Übermittlung nur in begründeten Ausnahmefällen zulässig ist, ist daher bei der Mitteilung der Zuschlagsentscheidung eine Rechtswidrigkeit unterlaufen. Diese Rechtswidrigkeit gibt jedoch keinen Ausschlag und ist nicht von Einfluss auf das Ergebnis des Vergabeverfahrens.

 

5.4. Gemäß § 100 BVergG 2006 kann im Unterschwellenbereich der Auftraggeber den Zuschlag dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot oder dem Angebot mit dem niedrigsten Preis erteilen. Soll der Zuschlag dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt werden, so hat der Auftraggeber in der Bekanntmachung oder in den Ausschreibungsunterlagen alle Zuschlagskriterien, deren Verwendung er vorsieht, im Verhältnis der ihnen zuerkannten Bedeutung anzugeben. Es besteht daher freie Wahl des Vergabeprinzips.

 

Gemäß den Vergabeunterlagen ist der Zuschlag dem Angebot mit dem niedrigsten Preis zu erteilen.

 

Gemäß § 130 BVergG 2006 ist von den Angeboten, die nach dem Ausscheiden übrig bleiben, der Zuschlag gemäß den Angaben in der Ausschreibung dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot oder dem Angebot mit dem niedrigsten Preis zu erteilen. Die Gründe für die Zuschlagsentscheidung sind schriftlich festzuhalten.

 

Nach den Ausschreibungsunterlagen wurde das Billigstbieterprinzip festgelegt und es hat von den eingelangten Angeboten die präsumtive Zuschlagsempfängerin das billigste Angebot eingebracht. Wenn von Seiten der Antragstellerin nunmehr Ausscheidensgründe geltend gemacht werden, so sind diesem Vorbringen nachfolgende Erwägungen entgegenzuhalten.

 

Gemäß § 129 Abs.1 BVergG 2006 hat der Auftraggeber vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung aufgrund des Ergebnisses der Prüfung folgende Angebote auszuscheiden:

  1. Angebote, die eine – durch eine vertiefte Angebotsprüfung festgestellte – nicht plausible Zusammensetzung des Gesamtpreises (z.B. spekulative Preisgestaltung) aufweisen;
  1. den Ausschreibungsbestimmungen widersprechende Angebote, Teil-, Alternativ- und Abänderungsangebote, wenn sie nicht zugelassen wurden, nicht gleichwertige Alternativ- oder Abänderungsangebote und Alternativangebote, die die Mindestanforderungen nicht erfüllen sowie fehlerhafte oder unvollständige Angebote, wenn deren Mängel nicht behoben wurden oder nicht behebbar sind;
  2. Angebote von Bietern, die mit anderen Unternehmern für den Auftraggeber nachteilige, gegen die guten Sitten oder gegen den Grundsatz des Wettbewerbes verstoßende Abreden getroffen haben.

 

Gemäß § 123 BVergG 2006 hat die Prüfung der Angebote in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht nach den in der Ausschreibung festgelegten Kriterien zu erfolgen. Im Einzelnen ist zu prüfen, ob den in § 19 Abs.1 angeführten Grundsätzen entsprochen wurde, die Befugnis, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit des Bieters bzw. – bei Weitergabe von Leistungen – der namhaft gemachten Subunternehmer, ob das Angebot rechnerisch richtig ist, die Angemessenheit der Preise, ob das Angebot den sonstigen Bestimmungen der Ausschreibung entspricht, insbesondere ob es formrichtig und vollständig ist.

 

Gemäß § 125 BVergG 2006 ist die Angemessenheit der Preise in Bezug auf die ausgeschriebene oder alternativ angebotene Leistung und unter Berücksichtigung aller Umstände, unter denen sie zu erbringen sein wird, zu prüfen (Abs.1). Bei der Prüfung der Angemessenheit der Preise ist von vergleichbaren Erfahrungswerten, sonst vorliegenden Unterlagen und von den jeweils relevanten Marktverhältnissen auszugehen (Abs.2). Der Auftraggeber muss Aufklärung über die Positionen des Angebotes verlangen und gemäß Abs.4 und 5 vertieft prüfen, wenn Angebote einen im Verhältnis zur Leistung ungewöhnlich niedrigen Gesamtpreis aufweisen, Angebote zu hohe oder zu niedrige Einheitspreise in wesentlichen Positionen gemäß § 80 Abs.4 aufweisen, oder nach Prüfung gemäß Abs.2 begründete Zweifel an der Angemessenheit der Preise bestehen (Abs.3).

 

Wenn die Antragstellerin Zweifel an der Angemessenheit der Preise des Angebotes der präsumtiven Zuschlagsempfängerin hegt, so sind ihr die bereits getroffenen Feststellungen entgegenzuhalten. Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass der angebotene Gesamtpreis der präsumtiven Zuschlagsempfängerin im Rahmen des geschätzten Auftragswertes liegt. Der geschätzte Auftragswert beträgt ca. 764.000 Euro netto. Der angebotene Gesamtpreis der präsumtiven Zuschlagsempfängerin beträgt ca. 723.013 Euro netto und liegt somit ca. 5 % unter den Schätzkosten. Dagegen ist der Antragstellerin entgegenzuhalten, dass der von ihr angebotene Gesamtpreis von ca. 1,069.000 Euro netto etwa 40 % über den geschätzten Kosten liegt.

Sowohl dem Prüfprotokoll als auch den Äußerungen der Auftraggeberin ist aber zu entnehmen, dass der geschätzte Preis wie auch der von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin angebotene Preis der Marktsituation entspricht. Diesbezüglich ist hervorzuheben, dass ähnliche zur gleichen Zeit abgewickelte Bauvorhaben (Jänner bis März 2007) im Ergebnis noch unter den Preisen der präsumtiven Zuschlagsempfängerin lagen und die präsumtive Zuschlagsempfängerin bei diesem Vorhaben nicht Billigstbieterin war. Auch werden der Antragstellerin Angebotspreise des Vorjahres entgegengehalten. Es ist daher der Auftraggeberin beizupflichten, dass gemäß § 125 Abs.2 BVergG 2006 von den relevanten Marktverhältnissen sowie von vergleichbaren Erfahrungswerten auszugehen ist und daher Angemessenheit des angebotenen Preises festzustellen war. Im Hinblick auf diesen Aspekt war daher auch ein Grund zu einer Aufklärung und vertieften Angebotsprüfung gemäß § 125 Abs.3 Z3 BVergG 2006 nicht gegeben, zumal aus Gründen der Erfahrungswerte und relevanten Marktverhältnisse Zweifel an der Angemessenheit der Preise nicht hervorkamen.

Daraus versteht sich auch von selbst, dass auch kein im Verhältnis zur Leistung ungewöhnlich niedriger Gesamtpreis im Sinn des § 125 Abs.3 Z1 BVergG 2006 vorliegt und daher auch kein Grund für eine Aufklärung gegeben war.

Unter dem Aspekt zu hoher oder zu niedriger Einheitspreise in wesentlichen Positionen ist aber der Prüfbericht heranzuziehen, wonach die Preise der präsumtiven Zuschlagsempfängerin sehr wirtschaftlich kalkuliert wurden, jedoch in den preisbildenden Hauptpositionen des Angebotes keine unvergleichbaren niedrigen Preise gefunden wurden. Es wurde festgestellt, dass die Einzelpreise der wesentlichen Positionen sehr wirtschaftlichen Preisen entsprechen. Auch wurde darauf eingegangen, dass der Preisvorsprung hauptsächlich in der Leistungsgruppe der Abbruch- und Erdarbeiten sowie in den bituminösen Trag- und Deckschichten entsteht und das Flickprogramm besonders günstig angeboten wurde. Es wurden diesbezüglich auch die Kalkulationsblätter angefordert. Sämtliche Preiskomponenten sind erfasst, sodass die Preise plausibel nachvollzogen werden können. Die Zusammensetzung des Gesamtpreises war daher plausibel und eine spekulative Preisgestaltung auszuschließen. Ein Ausschließungsgrund gemäß § 129 Abs.1 Z3 BVergG 2006 lag daher nicht vor.

 

5.5. Dem Einwand von möglichen Bieterabsprachen zwischen erst- und zweitgereihter Bieterin ist zunächst entgegenzuhalten, dass bei der Angebotsprüfung ein Preisspiegel der Angebote sämtlicher Bieter erstellt wurde, wobei sämtliche Leistungsgruppen und Positionen enthalten sind. Weiters wurde auch ein vergleichender Preisspiegel lediglich zwischen den drei erstgereihten Bietern angefertigt, wobei hier auch die Lohnkosten, sonstigen Kosten und Einheitspreise gesondert ausgeworfen sind. Aus diesem Vergleich ergibt sich, dass zu den einzelnen Positionen die erst- und zweitgereihte Bieterin zum Teil sehr unterschiedliche Positionspreise und innerhalb der Positionspreise auch unterschiedliche Verrechnung bei den Löhnen aufweist. Anhand der Preisgestaltung konnte daher von keiner Absprache ausgegangen werden. Darauf wird auch von der Auftraggeberseite ausdrücklich hingewiesen.

Im Übrigen hat bereits die präsumtive Zuschlagsempfängerin bei ihren Einwendungen auf ein Nachprüfungsverfahren mit gleichgelagertem Sachverhalt hingewiesen, in welchem ebenfalls die Straßenbauarbeiten im offenen Verfahren ausgeschrieben wurden und die Antragstellerin nicht als Bestbieterin hervorging und ebenfalls das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin, welche auch in diesem Vergabeverfahren als Billigstbieterin hervorging, bekämpfte. Auch in diesem Nachprüfungsverfahren zu Zl. VwSen-550319/11/Wim/Ps wurden mögliche Bieterabsprachen von der Antragstellerin behauptet und werden diesen Behauptungen die im parallel gelaufenen Verfahren getroffenen Ergebnisse entgegengehalten. Auch im nunmehr anhängigen Nachprüfungsverfahren zeigt der erwiesene Sachverhalt, dass bei der Unterfertigung der Angebote keine Personenidentität vorliegt. Auch zeigt ein Angebotsvergleich der zwei bestgereihten Bieterinnen, dass der Gesamtpreis zwar nur um 2,67 % differiert, dass aber die Kalkulationen der Positionspreise zum Teil sehr weit auseinandergehen. Auch ist den Ausführungen der präsumtiven Zuschlagsempfängerin beizupflichten, dass ein wettbewerbswidriges bzw. wettbewerbsbeschränkendes Verhalten ausdrücklich weder von der Antragstellerin behauptet wurde noch aus dem gesamten Nachprüfungsverfahren hervorging. Insbesondere wurde nicht durch das Vorgehen der beiden erstgereihten Bieterinnen die Zahl der Anbieter und daher der Wettbewerb eingeschränkt und ebenso wenig wurde der Preis zum Vorteil der Bieterinnen erhöht. Im Gegenteil, es wurde zu einem wesentlich geringeren Preis angeboten als die Antragstellerin ihrem Angebot zugrunde legte, also gerade nicht die Voraussetzung nach § 129 Abs.1 Z8 BVergG 2006 erfüllt, dass für den Auftraggeber nachteilige Absprachen erfolgten. Auch kann in dem Umstand, dass zwar im Konzern verbundene Unternehmen, für sich aber gesonderte selbständige juristische Personen im Wettbewerb anbieten, kein Verstoß gegen die guten Sitten oder den Grundsatz des Wettbewerbes erblickt werden.

Ein konkretes Vorbringen oder Beweise für eine Bieterabsprache blieb hingegen die Antragstellerin schuldig.

 

5.6. Gemäß § 107 Abs.1 BVergG 2006 müssen Angebote die in den Ausschreibungsunterlagen vorgeschriebene Form aufweisen. Bei einem Datenträgeraustausch ist die Übermittlung eines automationsunterstützt erstellten, ausgepreisten, ausgedruckten und rechtsgültig unterfertigten Kurzleistungsverzeichnisses dann zulässig, wenn zugleich auch die vom Auftraggeber erstellte Beschreibung der Leistung vom Bieter rechtsgültig unterfertigt abgegeben oder anerkannt wird.

 

Gemäß § 108 Abs.1 Z9 BVergG 2006 muss jedes Angebot Datum und rechtsgültige Unterfertigung des Bieters enthalten.

 

Wie im Sachverhalt eindeutig festgestellt wurde, ging zwar die Auftraggeberin im Begleitschreiben zu den Angebotsunterlagen von einer rechtsgültigen Unterfertigung aus, im Übrigen ist aber nach sämtlichen Ausschreibungs- bzw. Angebotsunterlagen eine firmenmäßige Fertigung gefordert. Diese Ausschreibungsbestimmung ist mangels Anfechtung in Bestandskraft erwachsen. Laut aktuellem Firmenbuchauszug der S AG wird die Gesellschaft, wenn mehrere Vorstandsmitglieder bestellt sind, durch zwei Vorstandsmitglieder gemeinsam oder durch eines von ihnen gemeinsam mit einem Prokuristen bzw. auch ein Prokurist nur gemeinsam mit einem Vorstandsmitglied oder einem weiteren Prokuristen vertreten. Feststeht, dass das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin von einem Prokuristen, nämlich Herrn Prokurist Ing. G S, sowie von einem mit Handlungsvollmacht ausgestatteten Leiter der Kalkulationsabteilung, Herrn H U, unterzeichnet wurde. Die Handlungsvollmacht wurde von zwei Vorstandsmitgliedern rechtsgültig und firmenmäßig unterfertigt. Das Angebot ist somit rechtsgültig unterfertigt und liegt daher ein zivilrechtlich rechtsverbindliches Angebot. Es wird somit den Anforderungen nach dem BVergG 2006 entsprochen.

Nach der neueren ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH vom 16.2.2005, 2004/04/0030) handelt es sich bei einer nichterfolgten firmenmäßigen Fertigung um einen verbesserungsfähigen Mangel, da sie zu keiner materiellen Verbesserung der Wettbewerbsposition gegenüber den anderen Bietern führt, der erst nach Nichteinhaltung der Verbesserungsfrist zu einem Ausscheidungsgrund gemäß § 129 BVergG 2006 wird. Diese Mängelbehebung wurde aber bisher von der Auftraggeberin noch nicht durchgeführt. Es liegt daher auch kein Ausscheidungsgrund nach § 129 Abs.1 Z7 BVergG 2006 vor, wonach fehlerhafte oder unvollständige Angebote, wenn deren Mängel nicht behoben wurden, auszuscheiden sind.

 

Die von der Antragstellerin geltend gemachten Rechtsverletzungen liegen daher nicht vor. Der Nachprüfungsantrag war daher abzuweisen.

 

6. Gemäß § 74 Abs.1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG hat jeder Beteiligte die ihm im Verwaltungsverfahren erwachsenden Kosten selbst zu bestreiten.

 

Gemäß § 74 Abs.2 leg.cit. bestimmen die Verwaltungsvorschriften inwiefern einem Beteiligten ein Kostenersatzanspruch gegen einen anderen Beteiligten zusteht.

 

Gemäß § 23 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 hat der Antragsteller bzw. die Antragstellerin, der bzw. die vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat, wenn auch nur teilweise obsiegt, Anspruch auf Ersatz der gemäß § 22 entrichteten Gebühren durch den Auftraggeber bzw. die Auftraggeberin.

 

Da der Nachprüfungsantrag abzuweisen war und kein Obsiegen festzustellen war, entfällt ein Gebührenersatz. Der entsprechende Antrag war abzuweisen.

 

7. Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 27,40 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro  zu entrichten.

 

 

Dr.  Klempt

 

 

Beschlagwortung:

Zuschlagsentscheidung, Form der Mitteilung, Bieterabsprache, plausibler Gesamtpreis, rechtsgültige Fertigung, firmenmäßige Fertigung, behebbarer Mangel

 

 

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