Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280976/8/Bm/Rd/RSt

Linz, 08.05.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die auf das Strafausmaß beschränkte Berufung des G S, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz  vom 16.2.2007, GZ: 0051295/2005, wegen Verwaltungsüber­tretungen nach dem Arbeitszeitgesetz zu Recht erkannt:

 

I.          Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängten Geldstrafen             hinsichtlich der Fakten 1 und 2 auf jeweils 72 Euro sowie die Ersatzfreiheits-  strafen hinsichtlich der Fakten 1 und 2 auf jeweils 14 Stunden herabgesetzt   werden.

 

II.         Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf insgesamt          14,40 Euro, ds 10 % der nunmehr bezüglich Fakten 1 und 2 verhängten    Geldstrafen. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages        zum Berufungsverfahren.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 19 und 51 VStG.

zu II.: § 64 und 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 16.2.2007, GZ: 0051295/2005, wurden über den Berufungswerber Geldstrafen zu Faktum 1 von 400 Euro, zu Faktum 2 von 300 Euro, Ersatzfreiheitsstrafen zu Faktum 1 von 74 Stunden und zu Faktum 2 von 55 Stunden, wegen Verwaltungsübertretungen zu Faktum 1  gemäß § 28 Abs.1a Z4 AZG iVm Art.6 Abs.1 der EG-VO 3820, zu Faktum 2 gemäß § 28 Abs.1a Z2 AZG iVm Art.8 Abs.1 der EG-VO 3820 verhängt, weil er als gemäß § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich verantwortlicher handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma H GmbH, zu vertreten hat, dass Bestimmungen des Arbeitzeitgesetzes übertreten wurden.

zu 1)

Der Arbeitnehmer M J beschäftigt im Güterbeförderungsbetrieb H GmbH,  als Lenker eines Kraftfahrzeuges (Lkw Sattelfahrzeug Kennzeichen L- und Sattelanhänger mit dem Kennzeichen L-) im internationalen Straßenverkehr (Fahrtstrecke Linz-Finale Emilia-Udine-Linz-Desezano-Rivalta-Resina-Anhalteort (A7 Linz) – innergemein­schaftlich oder Fahrten von bzw nach Drittländern) tätig, das der Güterbeförderung dient und dessen höchstzulässiges Gesamtgewicht 3,5 Tonnen übersteigt, wurde laut den vorliegenden Arbeitszeitaufzeichnungen mit folgenden Lenkzeiten (Gesamtlenkzeit zwischen zwei täglichen Ruhezeiten) beschäftigt:

 

von 23.10.2005 22.32 Uhr bis 25.10.2005 20.57 Uhr,

Lenkzeit von 26 Stunden und 12 Minuten

von 27.10.2005 21.33 Uhr bis 28.10.2005 20.03 Uhr

Lenkzeit von 12 Stunden und 32 Minuten

 

Dies stellt eine Übertretung des Art.6 Abs.1 der EG-VO 3820 iVm dem Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe Österreichs dar, wonach die tägliche Lenkzeit an zwei Tagen pro Woche 10 Stunden, an den übrigen Tagen 9 Stunden nicht überschreiten darf.

 

zu 2)

Der Arbeitnehmer M J beschäftigt im Güterbeförderungsbetrieb H GmbH,  als Lenker eines Kraftfahrzeuges (Lkw Sattelfahrzeug Kennzeichen L- und Sattelanhänger mit dem Kennzeichen L-) im internationalen Straßenverkehr (Fahrtstrecke Linz-Finale Emilia-Udine-Linz-Desezano-Rivalta-Resina-Anhalteort (A7 Linz) – innergemein­schaftlich oder Fahrten von bzw nach Drittländern) tätig, das der Güterbeförderung dient und dessen höchstzulässiges Gesamtgewicht 3,5 Tonnen übersteigt, wurde laut den vorliegenden Arbeitszeitaufzeichnungen die vorge­schriebene tägliche Ruhezeit innerhalb des 24 Stunden Zeitraumes ab Arbeitsbeginn nicht gewährt:

Arbeitsbeginn bzw Beginn des 24 Stunden Zeitraumes: am 23.10.2005, 22.32 Uhr

Arbeitsende bzw Ende des 24 Stunden Zeitraumes: am 24.10.2005 um 22.32 Uhr

Ruhezeit: 00 Stunden und 00 Minuten

Längste zusammenhängende Ruhezeit am 24.10.2005 von 0.49 Uhr bis 4.27 Uhr, das 3 Stunden und 39 Minuten

 

Dies stellt eine Übertretung des Art.8 Abs.1 der EG-VO 3820 iVm dem Kollektiv­vertrag für das Güterbeförderungsgewerbe Österreichs dar, wonach innerhalb jedes Zeitraums von 24 Stunden eine tägliche Ruhezeit von mindestens 11 zusammen­hängenden Stunden einzuhalten ist. Diese Ruhezeit darf bei ent­sprechendem Ausgleich verkürzt werden, und zwar auf nicht weniger als neun Stunden.

 

Hinweis:

Es liegt keine zuverlässige Teilung der täglichen Ruhezeit nach Art.8 Abs.1 der EG-VO 3820 iVm dem Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe Österreichs vor. Innerhalb des 24 Stunden Zeitraumes wurden – außer der angeführten Ruhezeit – keine weiteren Ruhezeiten eingehalten.

Diese Übertretungen wurden vom Arbeitsinspektor bei der Durchsicht (Mitteilung der Sicherheitsbehörden nach § 102 KFG) der angeführten Unterlagen festgestellt. 

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und darin um Ermäßigung der Strafanzeige sowie um Ratenzahlung ersucht, zumal sich der Bw noch mehr als 6 Jahre in der Privatinsolvenz befinde. Die Firma H GmbH sei seit 7.6.2006 insolvent. Der Bw sei zwar zum Tatzeitpunkt 23.10.2005 noch handels­rechtlicher Geschäftsführer gewesen, sei aber seit dem Zeitpunkt im Privatkonkurs und ohne Einkommen. Der Bw verfüge nur über ein freies Einkommen in Höhe von 750 Euro monatlich, das nach allen Abschöpfungen und Pfändungen.         

 

3. Der Magistrat der Landeshauptstadt Linz hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Das Arbeitsinspektorat Linz wurde vom Oö. Verwaltungssenat am Verfahren beteiligt und gab dieses in ihrer Stellungnahme vom 5.4.2007 bekannt, dass aufgrund des Privatkonkurses des Bw einer Herabsetzung der Strafhöhen in beiden Fällen auf 72 Euro zugestimmt werde.  

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs.3 Z2 VStG entfallen, da sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Da der Bw in seiner Berufung ausdrücklich um Herabsetzung der verhängten Geldstrafen ersucht, ist der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen und ist es daher dem Oö. Verwaltungssenat verwehrt, hierauf einzugehen.

 

5.2. Gemäß § 28 Abs.1a AZG sind Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die

Z2: die tägliche Ruhezeit gemäß Art.8 Abs.1, 2, 6 oder 7 oder Art.9 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/1995 nicht gewähren;

....

Z4: Lenker über die gemäß Art.6 Abs.1 Unterabsatz 1 oder Abs.2 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/1995 zulässige Lenkzeit hinaus einsetzen,

sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 72 Euro bis 1.815 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungs­gründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungs­strafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Auch bei der Strafbemessung obliegt es der Behörde gemäß § 60 AVG iVm § 24 VStG die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage, gelegen an der gesetzmäßigen Bemessung der Strafe, klar und übersichtlich zusammenzufassen.

 

5.3.  Schutzzweck der Einhaltung der Bestimmungen des AZG hinsichtlich der Lenk- und Ruhezeiten ist neben dem Schutz der Gesundheit der Arbeitnehmer jener, dass der Einsatz von übermüdeten Lenkern hintan gehalten wird; stellen doch übermüdete Lenker ein immenses Gefahrenpotenzial in Bezug auf die Verkehrssicherheit (zB gehäufte Unfallgefahr durch Sekundenschlaf, schwere Unfälle in Tunnels, bei denen meist übermüdete Lenker beteiligt waren usw.) dar und besteht somit ein besonderes öffentliches Interesse an der Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen. 

 

Von der belangten Behörde wurden im angefochtenen Straferkenntnis Geldstrafen von 400 Euro (Faktum 1) und von 300 Euro (Faktum 2), bei einem Strafrahmen von 72 Euro bis 1.815 Euro, verhängt. Zudem wurde von der belangten Behörde strafmildernd kein Umstand, jedoch 10 Vormerkungen wegen Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes straferschwerend gewertet. Darüber hinaus wurde der Strafbe­messung eine Schätzung der persönlichen  Vermögens-, Einkommens- und Familienverhältnisse, und zwar ein monatliches Nettoeinkommen von 2.900 Euro und das Nichtvorliegen von Sorgepflichten, zugrunde gelegt.

 

Der Bw revidierte glaubwürdig in seiner Berufung seine persönlichen Verhältnisse nunmehr dahingehend, dass er sich in Privatkonkurs befinde und ihm lediglich ein frei verfügbares Einkommen von 750 Euro monatlich zustehe. Zudem dauere die Privatinsolvenz noch mehr als 6 Jahre an.

 

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die von der belangten Behörde verhängten Geldstrafen durchaus tat- und schuldangemessen erscheinen und geboten sind, den Bw künftighin zur Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen betreffend Lenk- und Ruhezeiten zu bewegen.

 

Dennoch war der Oö. Verwaltungssenat aufgrund der persönlichen Verhältnisse des Bw (Privatkonkurs und monatliches Nettoeinkommen von 750 Euro) gehalten, die verhängten Geldstrafen auf jeweils die Mindeststrafe in Höhe von 72 Euro herabzusetzen. Die finanziellen Verhältnisse sind im Sinne des § 19 Abs.2 VStG zu berücksichtigen. 

 

Einer Unterschreitung der Mindeststrafe durch Anwendung des § 20 VStG standen jedoch die als straferschwerend gewerteten 10 Vormerkungen des Bw entgegen und war in der Folge auch von keiner Unbescholtenheit des Bw auszugehen. Zudem kommt es beim Unterschreiten der Mindeststrafe ausschließlich darauf an, dass die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe erheblich überwiegen; finanziell einge­schränkte Verhältnisse begründen eine solche Unterschreitung nicht. Im gegen­ständ­lichen Fall liegen die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anwendung des § 20 VStG nicht vor, weshalb davon Abstand zu nehmen war.

 

Auch war von der Anwendung des § 21 Abs.1 VStG abzusehen, zumal die hiefür erforderlichen kumulativen Voraussetzungen nicht gegeben gewesen sind.

 

Auch wenn der Bw laut eigenen Angaben derzeit und auch in naher Zukunft in finanziell eingeschränkten Verhältnissen lebt, muss ihm die Bezahlung der nunmehr verhängten Geldstrafen, allenfalls im Ratenwege, der von der Strafbehörde über begründeten Antrag bewilligt werden kann, zugemutet werden.

 

5.4. Die zu den Fakten 1 und 2 verhängten Ersatzfreiheitsstrafen waren entsprechend herabzusetzen (§ 16 VStG).

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. B i s m a i e r

 

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