Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230514/2/Br

Linz, 04.06.1996

VwSen-230514/2/Br Linz, am 4. Juni 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn O S, H gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau vom 7.5.1996 und in dieser Verwaltungsstrafsache, Zl. Sich96/1672/1992, zu Recht:

I. Der Berufung wird F o l g e gegeben; der Bescheid vom 7.

Mai 1996 wird behoben; Gleichzeitig wird das mit der Strafverfügung vom 8.

September 1992 eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl.Nr.471/1995 iVm § 24, § 45 Abs.1 Z3 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl.Nr.620/1995.

II. Es werden keine Verfahrenskosten auferlegt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau verhängte über den Berufungswerber mittels der Strafverfügung vom 8. September 1992, Sich96/1672/1992, wegen einer angenommenen Übertretung nach Art. IX Abs.1 Z1 EGVG eine Geldstrafe in der Höhe von 2.000 S und für den Nichteinbringungsfall 72 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe.

2. Wie sich dem Akt entnehmen läßt scheiterten vorerst mehrere Zustellversuche bis die Strafverfügung schließlich am 19. Mai 1995 beim Postamt B für den Berufungswerber hinterlegt wurde.

2.1. In einem Schreiben vom 23. September 1995, der Erstbehörde per Fax übermittelt am 26. September 1995, teilte der Berufungswerber an die Erstbehörde einerseits schriftlich mit, daß er die Verwaltungsübertretung nicht begangen hätte und er von der Existenz der Strafverfügung erst durch die Vollstreckungsversuche seitens des Finanzamtes erfahren hätte.

In einem Schreiben der Erstbehörde vom 29. September 1995, wurde dem Berufungswerber abermals durch die Erstbehörde mitgeteilt, daß man davon ausginge, daß die Berufungsfrist bereits mit Ablauf des 2. Juni 1993 geendet hätte.

Darauf äußerte sich der Berufungswerber abermals am 9.

Oktober 1995. Darin bringt er zum Ausdruck, daß er nie an der Adresse "E (gemeint wohl Nr. 95) in B" gewohnt hätte.

Ferner gab er unter Beifügung zweier Adressen und unter Beilage der Meldebestätigungen des Landeseinwohneramtes bekannt, wo er sich bis zum 10. Mai 1993 und ab diesem Zeitpunkt aufgehalten hätte.

Mit einem weiteren Schreiben an den Berufungswerber vom 6.

November 1995 brachte die Bezirkshauptmannschaft Braunau zum Ausdruck, daß anzunehmen sei, er (der Berufungswerber) hätte sich zur fraglichen Zeit bei N an der Adresse B, E aufgehalten. Abschließend wurde er mit diesem Schreiben aufgefordert, zu beweisen wo er sich im Zeitraum vom 21.

September 1992 bis 18. Februar 1993 aufgehalten habe. Die beigebrachten Meldebestätigungen erachtete die Erstbehörde als keinen tauglichen Beweis dafür, daß sich der Berufungswerber im zuletzt genannten Zeitraum an den gemeldeten Wohnanschriften aufgehalten hätte. Es wurde jedoch selbst durch die Erstbehörde eingeräumt, daß nicht nachvollziehbar wäre, aufgrund welcher Hinweise das Landesverwaltungsamt in B an die Adresse "E" zugestellt habe.

2.1.1. Die Erstbehörde erließ daraufhin den hier angefochtenen Bescheid.

3. Da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied zur Entscheidung berufen. Zumal sich bereits aus der Aktenlage ergibt, daß der Bescheid aufzuheben ist, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen gewesen (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme des von der Erstbehörde vorgelegten Verwaltungsaktes.

4.1. Es ist nicht nachvollziehbar warum die Erstbehörde die vom Berufungswerber vorgelegten Meldebestätigungen nicht als Nachweis eines bestimmten Aufenthaltsortes gelten lassen wollte und vielmehr trotz Erkennens der mangelnden Nachvollziehbarkeit der Aufhältigkeit an der Hinterlegungsadresse die dortige Aufhältigkeit trotzdem angenommen hat. Schließlich ging es in diesem Verfahren nur darum, ob dem Berufungswerber die nachweislich an einem anderen Ort "niedergelegte" Strafverfügung dort rechtswirksam durch Hinterlegung zugestellt werden konnte.

Wenn nun der Berufungswerber durch zwei amtliche Bestätigungen darlegte, daß er jeweils an zwei anderen Adressen angemeldet war, so ist eben nur schwer nachzuvollziehen, warum die Zustellung an eine Dritte Adresse rechtswirksam gewesen sein sollte.

5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat hiezu erwogen:

5.1. Gemäß § 49 Abs.1 VStG kann gegen eine Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erhoben werden. Die Berechnung dieser Frist ist nach § 32 Abs.2 AVG vorzunehmen. Die Beweislast kann jedenfalls nicht so weit gehen, daß ein Einspruchswerber nicht einmal mit einer Meldebestätigung ausreichend darlegen können sollte, daß er sich eben an einem anderen, als an einen, aus nicht nachvollziehbaren Gründen angenommenen Aufenthaltsort, aufgehalten hat.

Das als Einspruch zu wertende Schreiben wäre daher zumindest im Zweifel als rechtzeitig eingebracht zu werten gewesen.

Die Strafverfügung ist dadurch ex lege außer Kraft getreten, sodaß im Normalfall das Ermittlungsverfahren einzuleiten wäre.

5.1.1. Hier ist jedoch bereits mit Ablauf des 30. August 1995 die absolute Verjährungsfrist eingetreten, sodaß hier dieser Umstand der Weiterführung des Verwaltungsstrafverfahrens engegensteht.

§ 31 Abs.1 VStG: Die Verfolgung einer Person ist unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2) vorgenommen worden ist.

Abs.2 (leg.cit.): Die Verjährungsfrist beträgt bei den Verwaltungsübertretungen der Gefährdung, Verkürzung oder Hinterziehung von Landes- und Gemeindeabgaben ein Jahr, bei allen anderen Verwaltungsübertretungen sechs Monate. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

Abs.3 (leg.cit.): Sind seit dem in Abs. 2 bezeichneten Zeitpunkt drei Jahre vergangen, so darf ein Straferkenntnis nicht mehr gefällt werden........

5.2. Dieser Umstand war von Amts wegen aufzugreifen, sodaß bereits im Rahmen des Berufungsverfahrens gegen den Zurückweisungsbescheid die Entscheidung in der Sache selbst in Form einer Verfahrenseinstellung zu verfügen gewesen ist.

Ein Eingehen auf die inhaltlichen Rechtfertigungsangaben des Berufungswerbers war daher nicht mehr erforderlich, wenngleich sich feststellen läßt, daß aus der Anzeige der nicht auf dienstlicher Wahrnehmung beruhende Tatvorwurf auch inhaltlich keineswegs nachvollziehbar ist.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

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