Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-530588/3/Kü/Se

Linz, 29.05.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine X. Kammer (Vorsitzende: Dr. Ilse Klempt, Berichter: Mag. Thomas Kühberger, Beisitzer: Dr. Leopold Wimmer) über die Berufung der S M, M, vom 29. November 2006 gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 14. November 2006, UR-2006-1642/64-Fe/Sr, mit welchem der D K u T GmbH, A, die abfallwirtschaftsrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Kompostierungsanlage auf den Grundstücken ... und ..., je KG H, Gemeinde P, erteilt wurde, zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird zurückgewiesen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr.51/1991 idgF iVm §§ 37, 38 und 50 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002), BGBl.I/Nr. 102/2002 idgF.

 

Entscheidungsgründe:

 

1.   Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 14. November 2006, UR-2006-1642/64-Fe/Sr, wurde der D K u T GmbH, A, die abfallwirtschaftsrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Kompostierungsanlage auf den Grundstücken ... und ..., je KG H, Gemeinde P, nach Maßgabe der als solche gekennzeichneten Projektsunterlagen, der Beschreibung der Anlage und der Nebenbestimmungen erteilt. Als Rechtsgrundlagen wurden die §§ 37 bis 39, 41, 43, 46, 47 und 50 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) genannt.

Begründend wurde ausgeführt, dass von Sachverständigen der Fachbereiche Abfall- und Bautechnik, Wasserwirtschaft, Luftreinhaltung, Forsttechnik und Schalltechnik sowie vom Arbeitsinspektorat und dem Regionsbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz die eingereichten Projektsunterlagen eingehend geprüft worden seien und die Sachverständigen zum Schluss gekommen seien, dass bei Einhaltung von Auflagen das Projekt dem Stand der Technik entspreche und gegen die Erteilung der Genehmigung aus fachlicher Sicht keine Bedenken bestehen würden.

 

Zu den allgemeinen Bestimmungen im vereinfachten Genehmigungsverfahren führte die belangte Behörde aus, dass in diesem Verfahren die Behörde einen Antrag für eine Genehmigung vier Wochen aufzulegen habe. Die Auflage sei in geeigneter Weise, wie Anschlag in der Standortgemeinde oder Veröffentlichung auf der Internetseite der Behörde bekannt zu geben. Die Nachbarinnen und Nachbarn könnten innerhalb der Auflagefrist Einsicht nehmen und sich zum geplanten Projekt äußern. Die Behörde habe bei der Genehmigung auf die eingelangten Äußerungen Bedacht zu nehmen.

Einwendungen bzw. Äußerungen gegen den Gegenstand der Verhandlung, die nicht spätestens am Tag vor der Verhandlung der Behörde bekannt gegeben würden oder während der Verhandlung vorgebracht würden, fänden keine Berücksichtigung mehr, wobei angenommen würde, dass dem Gegenstand der Verhandlung zugestimmt würde. Aufgrund dieser Bestimmungen seien Äußerungen bzw. Einwendungen, die nach Beendigung der mündlichen Verhandlung am 10. August 2006 eingebracht worden seien, für das Verfahren nicht mehr relevant und daher als gegenstandslos zu betrachten.

 

Hinsichtlich der nachträglich (nach der mündlichen Verhandlung) schriftlich beantragten Parteistellung des Reinhaltungsverbandes Braunau und Umgebung sei grundsätzlich auf § 38 Abs.1 AWG 2002 zu verweisen, worin zweifelsfrei ausgeführt sei, dass mit Ausnahme der Bestimmungen über die Parteistellung, die Behördenzuständigkeit und das Verfahren alle Vorschriften anderer Materiengesetze anzuwenden seien. Dies bedeute, dass vor allem hinsichtlich der Parteistellung im vereinfachten Verfahren ausschließlich die Bestimmungen des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 (§ 50 Abs.4 AWG 2002) anzuwenden seien, wobei der Antragsteller, derjenige, der zu einer Duldung verpflichtet werden soll, das Arbeitsinspektorat, das Verkehrs-Arbeitsinspektorat, das wasserwirtschaftliche Planungsorgan in Wahrnehmung seiner Aufgaben und der Umweltanwalt mit dem Recht, die Einhaltung von naturschutzrechtlichen Vorschriften und hinsichtlich der Verfahren gemäß § 37 Abs.3 Z2-4 AWG 2002 die Wahrung der öffentlichen Interessen gemäß § 1 Abs.3 Z1-4 AWG 2002 als subjektives Recht im Verfahren geltend zu machen, Parteistellung ex lege zuerkannt würde und gegen den Bescheid Berufung erhoben werden könne. Somit wäre dem Reinhaltungsverband Braunau und Umgebung die Parteistellung nicht zuzuerkennen gewesen.

2. Dagegen wurde von der S M am 29. November 2006 ein als Berufung zu wertender Schriftsatz eingebracht. Begründend führt die S M aus, in der mündlichen Verhandlung am 10.8.2006 Bedenken dahingehend geäußert zu haben, dass sich die geplante Anlage in unmittelbarer Nähe zum Grundwasserschongebiet S befinde, wo über dort befindliche Brunnen die Wasserversorgung der Bevölkerung erfolge. Vom Sachverständigen sei damit argumentiert worden, dass die Grundwasserströme davon nicht betroffen seien. Der geforderte Nachweis, dass diese Beeinträchtigung zur Gänze ausgeschlossen sei, würde nicht erbracht. Von der S M würden auch Bedenken hinsichtlich der zur erwartenden Geruchsbelästigung geäußert. Wie im Bescheid angeführt, könne eine solche für die nächstgelegenen Objekte nicht ausgeschlossen werden. Ob diese für die Bevölkerung von Mattighofen zur Gänze ausgeschlossen werden könne (Westwindlage) sei im Bescheid und Gutachten nicht angeführt.

 

3. Der Landeshauptmann von Oberösterreich hat mit Schreiben vom 4. Jänner 2007  diese von der S M als Berufung zu wertende Eingabe samt bezughabendem Verwaltungsverfahrensakt zur Entscheidung vorgelegt.

 

Gemäß § 38 Abs.8 AWG 2002 entscheidet über Berufungen gegen Bescheide des Landeshauptmannes oder der Bezirksverwaltungsbehörde als zuständige Anlagenbehörde nach diesem Bundesgesetz der Unabhängige Verwaltungssenat des Bundeslandes.

Nach § 67a Abs.1 AVG ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer, bestehend aus drei Mitgliedern, berufen.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 67d Abs.2 Z1 AVG abgesehen werden, da die Berufung zurück zu weisen war, eine mündliche Verhandlung zur Klärung von Sachverhaltsfragen nicht erforderlich war und überdies auch nicht beantragt wurde.

 

5.  Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Nach § 37 Abs.3 Z3 AWG 2002 sind sonstige Behandlungsanlagen für nicht gefährliche Abfälle, ausgenommen Deponien, mit einer Kapazität von weniger als 10.000 Tonnen pro Jahr und Änderungen einer solchen Behandlungsanlage nach dem vereinfachten Verfahren (§ 50 leg. cit.) zu genehmigen.

 

Gemäß der Verfassungsbestimmung des § 38 Abs.1 AWG 2002 sind im Genehmigungsverfahren und Anzeigeverfahren alle Vorschriften – mit Ausnahme der Bestimmungen über die Parteistellung, die Behördenzuständigkeit und das Verfahren – anzuwenden, die im Bereich des Gewerbe-, Wasser-, Forst-, Mineralrohstoff-, Strahlenschutz-, Luftfahrts-, Schifffahrts-, Luftreinhalte-, Immissionsschutz-, Rohrleitungs-, Eisenbahn-, Bundesstraßen-, Denkmalschutz-, Gaswirtschafts-, Elektrizitätswirtschafts-, Landesstraßen-, Naturschutz- und Raumordnungsrechts für Bewilligungen, Genehmigungen oder Untersagungen des Projekts anzuwenden sind. Die Genehmigung oder Nicht-Untersagung ersetzt die nach den genannten bundesrechtlichen Vorschriften erforderlichen Bewilligungen, Genehmigungen oder Nicht-Untersagungen. Hinsichtlich der landesrechtlichen Vorschriften hat die Behörde im selben Bescheid in einem eigenen Spruchpunkt zu entscheiden. In Angelegenheiten des Landesrechts ist der Landeshauptmann als Mitglied der Landesregierung oberstes Organ der Landesvollziehung.

 

Gemäß § 50 Abs.4 AWG 2002 hat Parteistellung im vereinfachten Verfahren der Antragsteller, derjenige, der zu einer Duldung verpflichtet werden soll, das Arbeitsinspektorat gemäß dem Arbeitsinspektionsgesetz 1993, das Verkehrs-Arbeitsinspektorat gemäß dem Bundesgesetz über die Verkehrs-Arbeitsinspektion, das wasserwirtschaftliche Planungsorgan in Wahrnehmung seiner Aufgaben und der Umweltanwalt mit dem Recht, die Einhaltung von naturschutzrechtlichen Vorschriften und hinsichtlich der Verfahren gemäß § 37 Abs. 3 Z 2 bis 4 die Wahrung der öffentlichen Interessen gemäß § 1 Abs. 3 Z 1 bis 4 im Verfahren geltend zu machen und gegen den Bescheid Berufung zu erheben. Dem Umweltanwalt wird das Recht eingeräumt, Beschwerde gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG an den Verwaltungs­gerichtshof zu erheben.

 

5.2. Den Projektsunterlagen, welche der gegenständlichen Genehmigung zugrunde liegen, ist zu entnehmen, dass als Ausgangsmaterialien für die Kompostierung in der gegenständlichen Anlage kommunale (Qualitäts)Klärschlämme in einer Menge von 2000 Tonnen pro Jahr und Bioabfall aus Haushalten, Rinde, Holz, Strauch-, Baumschnitt, Sägespäne und Sägemehl in einer Menge von 1500 Tonnen pro Jahr verarbeitet werden sollen. Insgesamt ergibt sich damit eine Größe von 3500 Tonnen jährlich zu verarbeitender Materialien, weshalb der Bewilligungstatbestand des § 37 Abs.3 Z3 AWG 2002 (sonstige Behandlungsanlagen für nicht gefährliche Abfälle mit einer Kapazität von weniger als 10.000 Tonnen pro Jahr) als erfüllt zu werten ist und daher das Genehmigungsverfahren nach dem vereinfachten Verfahren im Sinne des § 50 AWG 2002 durchzuführen ist.

 

Auch im vereinfachten Genehmigungsverfahren gilt die Konzentrationsanordnung des § 38 Abs.1 AWG 2002. Somit ersetzt die Genehmigung auch die Genehmigungen oder Nichtuntersagungen der mitanzuwendenden Materiengesetze. In § 38 Abs.1 AWG 2002 sind als mitanzuwendende Vorschriften auch alle Vorschriften im Bereich des Wasserrechtes genannt. Keine Anwendung im vereinfachten Genehmigungs­verfahren finden hingegen die Bestimmungen über die Parteistellung, die Behördenzuständigkeit und das Verfahren, welche im Bereich des Wasserrechtes für ein gegenständliches Vorhaben gelistet sind. Dies bedeutet, dass den Inhalten der auf § 35 Wasserrechtsgesetz basierenden Verordnung über das Grundwasserschongebiet Lachforst durch die Verfassungsbestimmung des § 38 Abs.1 AWG 2002 inhaltlich derogiert wurde, weshalb im gegenständlichen Verfahren diese Vorschrift keine Anwendung zu finden hat.

 

Gemäß § 50 Abs. 1 AWG 2002 ist der die Parteistellung im (ordentlichen) Genehmigungsverfahren regelnde § 42 AWG 2002 im vereinfachten Verfahren nicht anzuwenden. Die Parteistellung im vereinfachten Verfahren ist im § 50 Abs. 4 AWG 2002 für das vereinfachte Verfahren eigenständig geregelt. § 50 Abs. 4 AWG 2002 enthält eine taxative Aufzählung der Parteien. Demnach haben im vereinfachten Verfahren Parteistellung:

-          Antragsteller

-          Personen, die zu einer Duldung verpflichtet werden sollen

-          Arbeitsinspektorat

-          Verkehrs- Arbeitsinspektorat

-          Wasserwirtschaftliches Planungsorgan

-          Umweltanwalt.

 

Im Gegensatz zum ordentlichen Genehmigungsverfahren haben im vereinfachten Verfahren folgende Personen bzw. Einrichtungen keine Parteistellung:

-          Nachbarn

-          Eigentümer der Liegenschaften, auf dem die Anlage errichten werden soll

-          Inhaber rechtmäßig geübter Wassernutzungen gemäß § 12 Abs. 2 WRG

-          Gemeinde des Standorts und unmittelbar an die Liegenschaft der Behandlungsanlage angrenzende Gemeinde

(vgl. Schmelz in Hauer/List/Nußbaumer/Schmelz, Abfallwirtschaftsgesetz 2002, Kommentar, Seite 318 ff).

 

Der S M kann daher im gegenständlichen vereinfachten Genehmigungsverfahren nur dann Parteistellung zukommen, wenn sie zu einer Duldung verpflichtet werden soll, da sie keiner anderen Institution in der taxativen Aufzählung des § 50 Abs. 4 AWG 2002 zuordenbar ist. Eine Duldungspflicht kann sich entweder aus den mitanzuwendenden Materiengesetzen oder aus § 46 AWG 2002 ergeben. Im Hinblick auf Untersuchungen zur Beurteilung der Auswirkungen der Behandlungsanlage auf den Boden, das Wasser, die Luft oder die Pflanzen können der Liegenschaftseigentümer bzw. der dinglich Berechtigte gemäß § 46 AWG 2002 zur Duldung der erforderlichen Untersuchungsmaßnahmen verpflichtet werden. Gemäß den vorliegenden Projektsunterlagen bzw. der Entscheidung der Erstinstanz ist erwiesen, dass der S M zu keiner Duldung im Zusammenhang mit der geplanten Behandlungsanlage verpflichtet werden soll. Die S M erfüllt somit kein im § 50 Abs. 4 AWG 2002 genanntes Kriterium bzw. ist keiner der dort genannten Institutionen zuzurechnen, weshalb ihr im gegenständlichen vereinfachten Genehmigungsverfahren nach § 37 Abs. 3 Z 3 AWG 2002 keine Parteistellung zukommt.

 

Mangels Parteistellung im Verfahren ist die S M daher auch nicht berechtigt, Berufung gegen die erteilte Anlagengenehmigung zu erheben, weshalb ohne Eingehen auf das inhaltliche Vorbringen der Stadtgemeinde deren Berufung als unzulässig zurück zu weisen war.

 

Es war somit wie im Spruch zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richts­hof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ilse Klempt

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VfGH vom 29.11.2007, Zl.: B 1480/07-8

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgewiesen;

VwGH vom 23.2.2012, Zl. 2008/07/0012-7

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