Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162185/5/Br/Ps

Linz, 25.05.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn O K, S, vertreten durch RA Dr. J P, M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshaupt­mann­schaft Ried im Innkreis vom 11. April 2007, Zl. VerkR96-8636-2006, nach der am 25. Mai 2007 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

 

I.        Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004 – AVG iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 – VStG.

 

II.      Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden als Kosten für das Berufungsverfahren 12 Euro (20 % der verhängten Geldstrafe) auferlegt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 u. 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Über den Berufungswerber wurde mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis wegen der Übertretungen nach § 103 Abs.2 KFG 1967 iVm § 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 60 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 20 Stunden verhängt, weil er es als Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeuges, Kennzeichen , trotz schriftlicher Aufforderung, der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. vom 28.11.2006, Zl. VerkR96-8636-2006, bis zum 13.12.2006 der Behörde keine Auskunft darüber erteilt habe, wer dieses Fahrzeug zuletzt vor dem 23.10.2006 um 17:10 Uhr in Ried i.I., Kirchenplatz ggü. Nr. 25 im Bereich des Vorschriftszeichens "Halten u. Parken verboten " abgestellt hat oder wer diese Auskunft erteilen könne.

 

1.1. Die Behörde erster Instanz stützte den Schuldspruch im Ergebnis auf die unstrittige Aktenlage und die durch die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes hinsichtlich der Verweigerung dieser Auskunft klare Rechtslage. Zur Strafzumessung wurde sowohl auf die straferschwerenden Umstände der einschlägigen Vormerkungen als auch auf den bis zu 5.000 Euro reichenden Strafrahmen hingewiesen. Der Strafzumessung wurde ein Monatseinkommen in der Höhe von geschätzten 1.200 Euro zu Grunde gelegt.

 

2. In der dagegen fristgerecht durch den ausgewiesenen Rechtsvertreter per FAX eingebrachten und 15 Seiten umfassenden Berufung verweist der Berufungswerber im Ergebnis auf die – seiner Ansicht – EMRK-Widrigkeit des § 103 Abs.2 KFG.

Der Berufungswerber räumt darin durchaus die absichtliche Verweigerung der Auskunft auf Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers ein. Im Ergebnis erachtet die Pflicht zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers zwecks einer dahinter stehenden Verfolgung einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung als Verstoß gegen das im § 90 Abs.2 B-VG grundgelegten Anklageprinzips.  Demnach dürfe niemand unter Androhung einer Strafsanktion verhalten werden sich in einem Strafverfahren selbst beschuldigen zu müssen. Der Berufungswerber belegt dies mit vermeintlich einschlägiger Judikatur des Verfassungsgerichtshofes. Ferner vermeint der Berufungswerber in dieser Verpflichtung zur Mitwirkung an der eigenen strafrechtlichen Verfolgung einen Verstoß gegen die durch Art. 6 Abs.1 EMRK garantierten Rechte (fair trial) zu erblicken. Zuletzt werden zahlreiche beim EMRK Entscheidungen zitiert, wobei auf die durch § 103 Abs.2 KFG für die Verweigerung einer Lenkerauskunft mit 5.000 Euro vorgesehene "geradezu drakonische Strafdrohung" hingewiesen wird.

 

3. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der  Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer Berufungsver­handlung schien hier trotz einer 500 Euro nicht übersteigenden Geldstrafe in Wahrung der durch Art. 6 EMRK zu garantierenden Rechte geboten (VfSlg 16954 mit Hinweis auf VfGH 11. Juni 2003, B1312/02).

 

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Verlesung des Verfahrensaktes im Rahmen der öffentlichen Berufungsverhandlung, an welcher auch ein Vertreter der Behörde erster Instanz teilnahm. Der hierzu auch gesondert persönlich geladene rechtsfreundlich vertretene Berufungswerber nahm daran mit dem Hinweis auf bloß zu lösende Rechtsfragen unentschuldigt nicht teil.

 

4. Folgender Sachverhalt ist als erwiesen anzusehen:

 

4.1. Der Berufungswerber wurde mit Schreiben der Behörde erster Instanz vom 28.11.2007 sinngemäß aufgefordert, er wolle als Zulassungsbesitzer des KFZ mit dem Kennzeichen BR-OLI 1, binnen zwei Wochen Auskunft darüber erteilen, wer dieses KFZ zuletzt vor dem 23.10.2006 um 17.10 Uhr in Ried im Innkreis, Kirchenplatz 25 abgestellt hat oder die Person zu benennen, die diese Auskunft erteilen kann.

Als erklärender Zusatz fand sich im Aufforderungsschreiben noch der Hinweis, dass dem Lenker folgende Verwaltungsübertretung zur Last gelegt werde: "Sie haben im Bereich des Vorschriftszeichens HALTEN UND PARKEN VERBOTEN gehalten ".

Diese Aufforderung wurde dem Berufungswerber per RSb-Sendung an dessen Wohnadresse am 29.11.2006 zu Handen seines Vaters zugestellt. Sie blieb unbeantwortet.

 

4.2. Rechtfertigend vermeint der Berufungswerber, keine andere Möglichkeit als die Verweigerung der von ihm verlangten Auskunft erblickt zu haben, weil er sich nicht selbst einer Bestrafung (gemeint wegen vorschriftswidrigen Abstellens eines Kraftfahrzeuges im Halte- u. Parkverbot) aussetzen habe wollen und er sich durch die Bekanntgabe in seinen Rechten iSd Art. 8 EMRK verletzt gesehen hätte.

Nicht ganz logisch scheint es aber, wenn er die durch seine Verweigerung in Kauf genommene wesentlich höhere Strafdrohung als Argument für die Verweigerung heranziehen zu wollen scheint.

So räumt er in seiner der Behörde am 12. März 2007 übermittelten Stellungnahme sogar selbst noch innerhalb der offenen Verfolgungsfrist nach § 31 Abs.2 VStG unumwunden ein, "er habe selbst das Fahrzeug dort abgestellt" und gesteht demnach im Ergebnis die Begehung des Grunddeliktes selbst ein. Mit einer Angst vor drohender Strafverfolgung sind daher seine Rechtsausführungen zumindest empirisch nicht zu begründen. Dass er eine vermeintliche aus der EMRK resultierende Rechtslücke für seine Straffreiheit zu nutzen geneigt ist, mag vielmehr der – legitime – wahre Hintergrund seiner offenkundig beharrlichen Missachtung von den ruhenden Verkehr betreffenden Rechtsvorschriften sein.

Diesbezüglich hätte über die Motivlage Aufklärungsbedarf bestanden, welche nur der Berufungswerber persönlich zu beantworten in der Lage gewesen wäre. Insbesondere aus diesem Grund erfolgte eine zweimalige persönliche Einladung des Berufungswerbers zur Berufungsverhandlung.

Mit Blick auf die vorstehenden Erwägungen vermag dem Berufungswerber in seiner subjektiven Darstellung seiner Motive für die Verweigerung der Lenkerauskunft, nämlich der aus der normierten Auskunftspflicht drohenden Gefahr der Selbstbeschuldigung und der damit einhergehenden Befürchtung der drohenden Verfolgung wegen eines Parkdeliktes, nicht gefolgt werden.

Der Berufungswerber scheint vielmehr die herrschende österreichische Rechtslage dafür nutzen zu wollen, sich über die Regeln des ruhenden Verkehrs geradezu systematisch hinwegzusetzen, weil anders die zahlreichen Verstöße gegen das Halte- u. Parkverbot nicht erklärbar sind.

Anzumerken gilt es ferner, dass der Berufungswerber offenbar ganz bewusst nicht geneigt zu sein scheint sich mit der in Österreich herrschenden Rechtslage abzufinden und im Umweg der Verweigerung der Lenkerauskunft hinsichtlich seiner offenkundig willkürlich gesetzten Parkdelikte seine Straffreiheit erzwingen will. Immerhin waren in diesem Zusammenhang beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oö. zwischenzeitig bereits 50 Berufungsverfahren anhängig.

Der Berufungswerbervertreter verwies abschließend noch auf ein Erkenntnis des VfGH (SlgNr. 11866).

Aus verwaltungsökonomischen Gründen könnte die Akteneinsicht entweder durch Übermittelung der Aktenteile per FAX oder E-Mail erfolgen, anstatt die zwei Behörden mit dem Rechtshilfeweg zu strapazieren.

 

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat wie folgt erwogen:

 

5.1. Der § 103 Abs.2 KFG 1967 lautet:

"Die Behörde kann Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten  Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem  bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte,  welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer – im Falle von Probe‑ oder von Überstellungsfahrten der  Besitzer der Bewilligung – zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er  die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht,  diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne  entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück." 

 

5.1.1. Die Gestaltung des letzten Satzes als Verfassungsbestimmung erachtete der  Verfassungsgerichtshof im Einklang mit den Baugesetzen des B‑VG stehend und nicht im Widerspruch zu Art. 6 EMRK. Der Verfassungsgerichtshof verwies auf das in dieser Bestimmung rechtspolitische Anliegen des Gesetzgebers, welchem dieser nur durch das Institut der Lenkerauskunft in dieser Form nachkommen zu können glaubt. Sehr wohl hebt er gleichzeitig auch kritisch die Problematik der  Durchbrechung des Anklageprinzips gem. Art. 90 Abs.2 B‑VG und den durch eine Strafsanktion  ausgeübten Zwang zur Ablegung eines Geständnisses hervor (VfSlg. 9950/1984, 10394/1985 VfGH 29.09.1988, Zl. G72/88 u.a.).

Hinzuweisen ist im Zusammenhang auch, wonach es der Verfassungsgerichtshof mit dem Grundsatz "nemo tenetur" als unvereinbar erkannte, wenn ein Gesetz die Partei zwingt, ein allenfalls den Gegenstand der Beschlagnahme bildendes Beweismittel zu schaffen, das im Verfahren gegen die Partei selbst verwendet werden kann. Dies – so der Gerichtshof – würde im Ergebnis einer unfreiwilligen Selbstbeschuldigung gleichkommen. Laut Verfassungsgerichtshof gilt für den Anklageprozess, dass der Beschuldigte nicht Objekt des Verfahrens, sondern Subjekt, also Prozesspartei ist. Dem Anklageprinzip würde es widersprechen, den Beschuldigten durch Zwang zu einem Geständnis der strafbaren Handlung zu veranlassen. Dies sei mit der Parteistellung des Beschuldigten unvereinbar. Aus den dargelegten Gründen hegte der Verfassungsgerichtshof das Bedenken, dass etwa eine Regelung des Finanzstrafgesetzes über die Beschlagnahme im Ergebnis dem aus Art. 90 Abs.2
B-VG abzuleitenden Verbot es eines Zwanges zur Selbstbeschuldigung widersprach (VfSlg 10291 mit Hinweis auf VfSlg. 5235/1966).

Nach bisher ständiger Rechtsprechung auch des Verwaltungsgerichtshofes liegt  aber der Zweck der Regelung des § 103 Abs.2 KFG in der jederzeitigen Feststellungsmöglichkeit eines Kfz-Lenkers (vgl. u.a. Erk. vom 29. September 1993, 93/02/0191).

Der unabhängige Verwaltungssenat übersieht demnach durchaus nicht, dass dieses Staatsziel zwischenzeitig allenfalls verstärkt in unlösbarem Spannungsverhältnis zu verfassungsrechtlich garantierten Werten steht. Ebenfalls kann davon ausgegangen werden, dass dieses der europäischen Rechtskultur weitgehend fremde Rechtsinstitut mit Blick auf den sich aus dem Gemeinschaftsrecht ableitenden Harmonisierungsbedarf zwischenzeitig zu einer anderen rechtlichen bzw. rechtspolitischen Wertigkeit geführt haben mag.

Diesbezüglich erweist sich das Rechtsinstitut der Lenkerauskunft wahrlich als Fremdkörper, indem darauf gestützte Bestrafungen etwa in Deutschland nicht vollstreckt werden. 

Wenn der EGMR im o.a. Urteil (Weh gg. Österreich) nur deshalb (noch) keine Konventionsverletzung in der Fallgestaltung der Auskunftspflicht feststellte, weil darin keine "ausreichend konkrete Verbindung zwischen dem Auskunftsbegehren und  einer damit zu erwartenden Bestrafung des Verweigerers bestand", trifft dies im gegenständlichen Fall wohl auch in vergleichbarer Weise zu, indem der Berufungswerber sich hier seiner Lenkeigenschaft eingestehend verantwortet.

So hat der Verfassungsgerichtshof schon im Zuge der Aufhebung einer früheren Fassung dieser Rechtsvorschrift, die unter Wahrheitspflicht gegebene Antwort des Zulassungsbesitzers, er habe das Fahrzeug zum betreffenden Zeitpunkt nicht einem Dritten zum Lenken überlassen,  den dahinter stehenden materiellen Zwang zu einer Selbstbeschuldigung im Hinblick auf eine Verwaltungsübertretung, die unter Hinweis auf die im Verfahren zu G7/80 näher dargelegten Gründe als verfassungsrechtlich verpönt erachtet (VfSlg. 10394).

In der nachfolgend geänderten Fassung dieser Rechtsvorschrift wollte der Verfassungsgesetzgeber mit der Ermächtigung zur Einholung bestimmter Auskünfte in § 103 Abs.2 KFG idF der 10. KFG-Novelle (versehen mit einer Verfassungsbestimmung), die Realisierung eines bestimmten rechtspolitischen Anliegens ermöglichen, von dem er – ob zu Recht oder zu Unrecht, was der Verfassungsgerichtshof nicht zu beurteilen hatte – annahm, diesem nur durch die sogenannte Lenkerauskunft entsprechen zu können.

Der Verfassungsgesetzgeber durchbrach mit dieser Ermächtigung den aus dem Anklageprinzip des Art. 90 Abs.2 B-VG – auch für Verwaltungsstrafverfahren – erfließenden Grundsatz, dass niemand unter Strafsanktion gezwungen werden dürfe, ein Geständnis seines strafbaren Verhaltens abzulegen (Hinweis auf VfSlg. 9950/1984, 10394/1985). Er nahm damit die Durchbrechung von an sich verfassungsrechtlich geschützten Prinzipien in Kauf. Auf eine Verpflichtung zur Selbstbeschuldigung liefen nämlich  die damals in Prüfung gezogenen Bestimmungen ebenso hinaus, wie die bereits durch VfSlg. 9950/1984, 10394/1985 aufgehobenen Vorgängerbestimmungen des § 103 Abs.2 KFG idF BGBl. 106/1986; Der Verfassungsgerichtshof blieb zuletzt bei seinem in der bisherigen Judikatur (VfGH 23.06.88, V29/88 ua.) eingenommenen Standpunkt, dass – angesichts der Verpflichtung zur baugesetzkonformen Interpretation einer Verfassungsbestimmung (Hinweis auf VfGH 01.07.87, G78/87) – im Zweifel kein Inhalt beizumessen ist, der sie in Widerspruch zu den leitenden Grundsätzen des Bundesverfassungsrechts (Art. 44 Abs.3 B-VG) stellen würde.

Ein solcher möglicher Widerspruch wäre in Eingriffen erblickbar – so der Verfassungsgerichtshof – die Grundprinzipien der Bundesverfassung, wie etwa eine Einschränkung dessen Gesetzesprüfungskompetenz oder nicht nur zu einer Durchbrechung der Grundrechtsordnung führten, wenn schwerwiegende und umfassende Eingriffe in die Grundprinzipien vorgenommen würden (Hinweis auf VfGH 23.06.88, V29/88 ua.).

Wenn – wie durch den VfGH im Prüfungsverfahren zu B 210/05-3 unverändert beurteilte – diese Bestimmung abermals keinen Anlass für ein Gesetzesprüfungsverfahren bildete, gilt weiterhin das schon vor 20 Jahren mit der Verfassungsbestimmung definierte rechtspolitische Ziel dieses Rechtsinstituts. Die Lenkerauskunft ist demnach am Maßstab der innerstaatlichen Verfassungsordnung zu beurteilen. Neue Sachargumente gegen diese ursprüngliche Betrachtung greifen offenbar nicht.

Mit der Bestätigung dieses Schuldspruches ist der Berufungsbehörde durchaus evident, dass letztere Überlegungen ausschließlich dem Gesetzgeber vorbehalten bleiben müssen, ob die möglichst leichte Überführung von Verwaltungsstraftätern durch deren Selbstbenennung als Straftäter mit gleich- oder höherwertigen Staatszielen im Einklang gesehen werden kann.

Auch mit dem Hinweis auf VfSlg 11866 ist für den Berufungswerber nichts zu gewinnen. Diese besagt doch lediglich, "dass ein Verhalten, das an sich dem Tatbestand einer Verwaltungsübertretung entspricht, von der Rechtsordnung erlaubt und damit gemäß § 6 VStG 1950  dann gerechtfertigt sein kann, wenn es unbedingt notwendig ist, um die Versammlung in der beabsichtigten Weise durchzuführen.“

Dass diese im gegenständlichen Fall nicht auf die Umgehung der Vorschriften bzw. die Sanktionslosigkeit von Übertretungen im ruhenden Verkehr analog angewendet werden kann, braucht unter Hinweis auf VfGH in B 210/05-3 nicht weiter erörtert werden.

 

Bei der Verwaltungsübertretung des § 103 Abs.2 KFG handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG (VwGH vom 27.6.1997, Zl. 97/02/0249).

Mit dem im Ergebnis lapidaren Hinweis, einerseits sich nicht selbst einer drohenden Bestrafung durch Befolgung der geforderten Auskunft ausliefern zu wollen, obwohl er dann im Ergebnis in einem weiteren Schriftsatz die Tatbegehung "er hätte damals den Pkw selbst abgestellt" sogar unumwunden einräumt, zeigt der Berufungswerber jedenfalls nicht auf, dass ihn an der Auskunftsverweigerung kein Verschulden im Sinne des § 5 Abs.1 VStG trifft.

Da hier jedoch die verfassungsrechtlich abgesicherte Rechtslage nicht in Frage zu stellen ist und in diesem Rahmen die Bestrafung als zu Recht festzustellen ist, muss die Behauptung der Konventionsverletzung auf sich bewenden. Dies aufzugreifen wird – unter Hinweis auf den o.a. Beschluss des Verfassungsgerichtshofes – letztlich jedoch den europäischen Instanzen anverwahrt zu bleiben haben, ob der Berufungswerber hier durch die in Verfolgung des Grunddeliktes durch die im § 103 Abs.2 KFG normierte Mitwirkungspflicht in einem von der EMRK geschützten Recht verletzt wurde.

 

6. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs‑ und  Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen,  gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die  Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

 

6.1. Die Behörde hat in Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des Bescheides die für die Ermessensausübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist. Diese Ermessensentscheidung ist nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen (VwGH 4.4.2001, 99/09/0140 mit Hinweis auf Erk. VwGH [verst. Senat] 25. März 1980, Zl. 3273/78, VwSlg 10077 A/1980).

Konkret ist daher zur Strafzumessung auszuführen, dass angesichts der zahlreichen Vormerkungen iVm einem Monatseinkommen von 2.000 Euro, in der mit 60 Euro festgesetzten Geldstrafe ein Ermessensfehler nicht erblickt werden kann.

Auf die vorgetragenen rechtlichen Bedenken angesichts des dem VStG fremden Tagsatzsystem ist nicht weiter einzugehen

 

Der Berufung musste daher ein Erfolg versagt bleiben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. B l e i e r

 

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