Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521612/7/Br/Ps

Linz, 01.06.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung der Frau S K, S, vertreten durch RA Dr. F R, M, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d. Krems vom 2.4.2007, VerkR21-113-2007, nach der am 30.5.2007 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, zu Recht:

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 und § 67d Abs.1 AVG iVm § 4 Abs.8 iVm § 29 Abs.3 FSG, BGBl. I Nr. 120/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 153/2006.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem o.a. Bescheid wurde der Berufungswerberin die Lenkberechtigung für die Klasse B ab dem Datum der Zustellung (3.4.2007) bis zur Befolgung der mit Bescheid vom 9.11.2006, VerkR20-511-2005, ausgesprochenen Anordnung, sich einer begleitenden Maßnahme (Nachschulung) zu unterziehen, entzogen.

Begründet wurde dieser Entzug unter Hinweis auf die Nichtbefolgung der per Bescheid vom 14.11.2006 ausgesprochenen Anordnung, sich binnen vier Monaten einer Nachschulung zu unterziehen.

Diese Anordnung sei wiederum deshalb erfolgt, weil die Berufungswerberin von der Bezirkshauptmannschaft Gmunden mit der Strafverfügung vom 21.7.2006, VerkR96-8681-2006, rechtskräftig wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung im Ortsgebiet im Umfang von 26 km/h bestraft worden sei.

 

2. Die Berufungswerberin tritt nun durch ihren ausgewiesenen Rechtsvertreter dem ausgesprochenen Entzug im Ergebnis mit der nunmehr in Abrede gestellten Begehung der in Rechtskraft erwachsenen Geschwindigkeitsüberschreitung entgegen und verweist auf den diesbezüglich gestellten Antrag nach § 52a VStG bei der Bezirkshauptmannschaft Gmunden.

Im Ergebnis wird vorgebracht, dass damals nicht sie, sondern ihr Vater der Lenker des Fahrzeuges gewesen sei, als die Geschwindigkeitsübertretung festgestellt wurde. Sie räumte unter Hinweis auf die Rechtskraft der Strafverfügung eine Nachlässigkeit ihrerseits bzw. ihres Vaters ein.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat unter Bedachtnahme auf dieses Vorbringen der Berufungswerberin eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung anberaumt.

Beweis geführt wurde durch Beschaffung der Radarfotos, eine Rückfrage bei der Berufsschule über das zeitliche Unterrichtsende der Berufungswerberin am 17.6.2006, sowie durch zeugenschaftliche Einvernahme des Vaters und der Berufungswerberin als Verfahrenspartei.

Der Sachausgang über die beantragte amtswegige Wiederaufnahme des Verwaltungsstrafverfahrens wurde im Wege der Bezirkshauptmannschaft Gmunden noch ergänzend in Erfahrung gebracht.

 

4. Nachfolgender Sachverhalt gilt als erwiesen:

Der Berufungswerberin wurde von der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems am 14.9.2005 unter VerR20-511-2005/Ki die Lenkberechtigung für die Klasse B erteilt. Die Berufungswerberin war demnach am 17.6.2006 noch innerhalb der Probezeit iSd § 4 Abs.1 FSG.

Die Berufungswerberin wurde mittels Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 21.7.2006 rechtskräftig wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung am 17.6.2006 um 11:18 Uhr in St. Konrad – Fahrtrichtung Scharnstein –  bestraft.

Laut Aktenlage findet sich hinsichtlich dieser Strafverfügung ein Zustellvorgang nicht im Akt.

Die Berufungswerberin gab an, über eine Mahnung zur Zahlung der Geldstrafe von dieser Strafe Kenntnis erlangt zu haben, welche sie ihrem Vater übergeben habe.

Dieser wiederum erklärte diesbezüglich im Rahmen der Berufungsverhandlung die Sache mit dem Vollzugsreferenten in Gmunden abgeklärt zu haben. Er sei der Meinung gewesen dort mit der Strafverfügung in der Hand vorgesprochen zu haben. Dass als Lenkerin seine Tochter genannt war, habe er nicht beachtet. Mit der Bezahlung dieser Strafverfügung habe er die Sache erledigt geglaubt.

Als Folge dieser in Rechtskraft erwachsenen Strafverfügung wurde der Berufungswerberin von der Behörde erster Instanz als Führerscheinbehörde ein auf § 4 Abs.3 u. 6 Z2 lit.a und Abs.8 FSG gestützter Bescheid (Datum 9.11.2006) mit der Aufforderung binnen vier Monaten sich einer Nachschulung zu unterziehen und binnen 2 Wochen ab Bescheidzustellung (durch Hinterlegung am 14.11.2006) den Führerschein zwecks Vornahme der erforderlichen Eintragung der Behörde erster Instanz vorzulegen, zugestellt.

Der Bescheid wurde von ihr behoben. Sie übergab ihn abermals ihrem Vater, welcher bei der Sachbearbeiterin der Behörde erster Instanz in diesem Zusammenhang vorsprach. Dabei erhielt er hinsichtlich der bestrittenen Lenkeigenschaft, wie im Rahmen der Berufungsverhandlung von der Vertreterin der Behörde erster Instanz nachvollziehbar erklärt und auch vom Vater der Berufungswerberin, dem Zeugen J C unumwunden bestätigt wurde, eine ausführliche Rechtsbelehrung über eine Berufungsmöglichkeit erteilt.

Es wurde jedoch weder eine Berufung eingebracht noch wurde dem Bescheid durch Beibringung einer Nachschulung entsprochen.

Daher wurde letztlich der hier angefochtene Entzugsbescheid erlassen.

Zwischenzeitig wurde von der Berufungswerberin die Nachschulung absolviert und die Lenkberechtigung ist ihr wieder erteilt.

Dem Antrag auf amtswegige Behebung der Strafverfügung seitens der Bezirkshauptmannschaft Gmunden wurde nicht stattgegeben. Ihr wurde mit Schreiben zu Handen ihres Rechtsvertreters Nachfolgendes mitgeteilt: "…..Zu Ihrem o. a. "Antrag" (der rechtlich als Anregung zu werten ist), teilen wir Ihnen mit, dass die Bezirkshauptmannschaft Gmunden nach Prüfung Ihrer Argumente keinen Anlass für ein amtswegiges Vorgehen nach § 52a VStG findet. Die Verhängung der Strafverfügung und deren Erwachsen in Rechtskraft ist gemäß den dafür vorgesehenen gesetzlichen Bedingungen erfolgt, sodass das Tatbestandselement des § 52a VStG "offenkundige Verletzung des Gesetzes durch einen rechtskräftigen Bescheid" nicht gegeben ist……."

Mit dieser nach der Berufungsverhandlung bekannt gewordenen Mitteilung ist die Rechtskraft des auch die Berufungsbehörde bindenden Strafbescheides endgültig festgestellt.

 

4.1. Die Berufungswerberin vermochte aber selbst im  Berufungsverfahren nicht glaubhaft zu machen, dass sie damals nicht die Lenkerin gewesen ist. Selbst wenn ihr Vater im Ergebnis vermeinte, er habe höchstwahrscheinlich gelenkt, wäre dies kein Grund für die Berufungsbehörde sich dadurch nicht an die durch die rechtskräftige Strafverfügung  bestehende Präjudizialität gebunden zu erachten bzw. abermals eine amtswegige Beseitigung des bindenden Schuldspruches anzuregen.

Vielmehr hat das Beweisverfahren keinen wirklich sachlich nachvollziehbaren Anhaltspunkt ergeben, dass die Berufungswerberin nicht selbst gelenkt hätte. Das Gegenteil ist vielmehr wahrscheinlich.

Wenn etwa die Berufungswerberin durch Vorlage einer Schulbestätigung die bestrittene Lenkeigenschaft glaubhaft machen wollte, verschwieg sie darin vorerst die Fahrt zur Schule überwiegend mit dem Auto bewerkstelligt zu haben. Das im Zuge des Berufungsverfahrens erhobene Schulende am fraglichen Tag um 10:45 Uhr erhärtet vielmehr noch den rechtskräftigen Spruch der Strafverfügung. Wenn sie etwa im Rahmen der Berufungsverhandlung noch meinte, sie hätte trotz des Schulendes eine gute halbe Stunde vor der Radarmessung diese Örtlichkeit in der zur Verfügung bleibenden Zeit nicht zu erreichen vermocht, ist auch dies gänzlich unglaubwürdig. Gemäß Routenplaner (Tiscover) ist die schnellste Strecke von Gmunden nach St. Konrad auf der B 120 (über Baumgarten, Rabersberg u. Kranichsteig) mit 7,8 km und 9 Minuten Fahrzeit ausgewiesen. Sollte die Berufungswerberin nach dem Schulende – wie sie es bei der Berufungsverhandlung darstellte – noch in ihr in Altmünster gelegenes Quartier gefahren sein, wird hierdurch ihre Lenkeigenschaft zur Tatzeit nur noch plausibler. Sie versucht offenbar zur Unzeit und darüber hinaus noch mit gänzlich ungeeigneten Mitteln ihre Lenkeigenschaft zu bestreiten.

Die Aussagen ihres Vaters waren in diesem Zusammenhang durchaus unverbindlich und im Ergebnis meinte er, er müsste der Lenker zur fraglichen Zeit gewesen sein. Sicher war er sich jedoch keineswegs. Bei logischer Betrachtung hat er frühestens über diesen Vorfall anlässlich der Übergabe der Einmahnung des Strafbetrages und somit erst ca. fünf Monate nach dem Vorfall von diesem Kenntnis erlangt. Wie sollte er sich nach so langer Zeit und ohne jegliche Aufzeichnungen und Anhaltspunkte auch an eine Wegstrecke erinnern können. Verständlich ist aber durchaus, dass er in Kenntnis der Problematik geneigt sein will seiner Tochter zu helfen.

Wenn er auch außerhalb der mehreren Rechtsmittelmöglichkeiten in informellen Gesprächen mit Behördenvertretern darauf hingewiesen haben will, ist es geradezu unverständlich, dass dies nicht in behördlich verwertbarer Weise (schriftlich) vorgetragen worden wäre. Selbst wenn nun das Radarbild die Person des/der FahrzeuglenkerIn nicht erkennen lässt oder allenfalls an dem laut Rückfrage bei der Polizei am Original eine dunkelhaarige Frauenfrisur erahnen lässt, besteht jedenfalls ein rechtskräftiger Schuldspruch, welcher einerseits einer amtswegigen Behebung nicht mehr zugänglich ist, aber auch die Sachlage einer anderen Beurteilung entgegensteht.

 

5. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

 

Die Probezeit beträgt gemäß § 4 Abs.1 leg.cit zwei Jahre, gerechnet ab Ausstellung des Führerscheines.

 

Begeht der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der Probezeit einen schweren Verstoß (Abs.6), so ist von der Behörde unverzüglich eine Nachschulung anzuordnen, wobei die Rechtskraft der Bestrafung wegen eines schweren Verstoßes abzuwarten ist. Mit der Anordnung einer Nachschulung verlängert sich die Probezeit um ein weiteres Jahr. Der Besitzer des Probeführerscheines hat diesen der Wohnsitzbehörde zwecks Eintragung vorzulegen (§ 4 Abs.3 FSG).

Gemäß § 4 Abs.6 Z2 lit.a FSG gilt u.a. als schwerer Verstoß gemäß Abs.3 eine mittels Messgerät festgestellte  Übertretung nach § 20 Abs.2 StVO 1960 – Geschwindigkeitsüberschreitung im Ortsgebiet im Umfang von mehr als 20 km/h.

 

Die belangte Behörde hat mit dem in der Präambel zitierten Bescheid die Berufungswerberin gemäß § 4 FSG aufgefordert,

·        sich auf ihre Kosten innerhalb von vier Monaten, gerechnet ab Zustellung dieses Bescheides, einer Nachschulung für Probeführer­scheinbesitzer bei einer vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie ermächtigten Stelle zu unterziehen; gleichzeitig wurde festgestellt, dass sich mit Anordnung der Nachschulung die Probezeit um ein weiteres Jahr verlängert und

·        der Führerschein war der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d. Krems innerhalb von 14 Tagen ab Erhalt dieses Bescheides zur Eintragung der Probezeitverlängerung vorzulegen.

 

Da sie dies nicht befolgte, erging der hier angefochtene Entzugsbescheid zu Recht.

Die bereits rechtskräftig entschiedene Frage hätte nur vor dem Hintergrund einer amtswegigen Beseitigung neu aufgerollt werden müssen (vgl. ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zB die Erkenntnisse vom 20.2.2001, 98/11/0306 und vom 22.2.1996, 96/11/0003 jeweils mit Vorjudikatur).

Da letztlich noch vor Beendigung dieses Verfahrens auch dies geklärt wurde – was der Berufungsbehörde seitens der Berufungswerberin ebenfalls verschwiegen wurde – hätte dies angesichts der Bindungswirkung trotz zwischenzeitig erfolgter inhaltlicher  Überprüfung des StVO-Deliktes unbeachtlich zu bleiben gehabt.

 

5.1. Was die Beweiswürdigung an sich anlangt, werden entlastende Beweise in aller Regel sofort und nicht erst im Verlaufe zweier rechtskräftiger Verfahren vorgebracht. Betreffend ein solcherart verspätetes Vorbringen kann laut Judikatur in zulässiger Weise als unglaubwürdig angesehen werden. Entspricht es doch der allgemeinen Lebenserfahrung, dass einer Erstverantwortung – dies trifft auch für das Verschweigen zu –  der noch in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem relevanten Ereignis steht, nicht nur grundsätzlich glaubwürdiger ist, als ein diesbezüglich späteres Vorbringen, sondern ein so wesentliches Vorbringen in aller Regel bei der ersten sich bietenden Gelegenheit gemacht zu werden pflegt (VwGH 26.11.1992, 92/09/0186 mit Hinweis auf VwGH 16.11.1988, 88/02/0145, sowie auch VwGH 27.5.1999, 97/02/0087).

 

Daher war die Berufung als unbegründet abzuweisen.

 

5.2. Gebührenerinnerung für die Berufungswerberin: In diesem Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 € angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

H i n w e i s:

Gegen  diesen  Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen  ab der  Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof  erhoben werden; diese  muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro  zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

 

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