Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521643/2/Br/Ps

Linz, 01.06.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn S I, P, N., gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 23. April 2007, AZ: VerkR21-33-2007, wegen Entzuges der für die Klasse "B" erteilten Lenkberechtigung, zu Recht:

 

Der Berufung wird keine Folge gegeben; der angefochtene Bescheid wird bestätigt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 und § 67d Abs.1 AVG iVm § 7 Abs.3 Z4, § 24 Abs.3 Z2 iVm § 26 Abs.3 und § 29 FSG, BGBl. I Nr. 120/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 153/2006.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem Berufungswerber dessen von dieser Behörde unter für die Klasse "B" am 4.11.2003 erteilte Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von sechs Wochen ab Rechtskraft dieser Entscheidung entzogen. Gestützt wurde dieser Entzug auf § 7 Abs.1, Abs.3 u. Abs.4 FSG.

Gleichzeitig wurde unter Hinweis auf § 29 Abs.3 FSG ausgesprochen, den Führerschein nach Rechtskraft dieser Entscheidung unverzüglich bei der Polizeiinspektion Unterach a.A. abzuliefern.

 

1.1. Begründend stützte die Behörde erster Instanz diesen Entzug mit nachfolgenden Erwägungen:

"Gemäß § 24 Abs. 1 Führerscheingesetz (FSG) ist die Lenkberechtigung zu entziehen, wenn ihr Besitzer nicht mehr verkehrszuverlässig ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 Ziffer 2 FSG kann die Behörde bei der Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung begleitende Maßnahmen (Nachschulung und dgl.) oder die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung anordnen. Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3 a eine Nachschulung anzuordnen wegen einer zweiten in § 7 Abs. 3 Z 4 genannten Übertretung innerhalb von zwei Jahren.

Nach § 7 Abs.1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

 

1)   die Verkehrsicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder

2)   sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

 

Dies ist gemäß § 7 Abs.3 Z. 4 FSG insbesondere dann der Fall, wenn eine Person, ein Kraftfahrzeug gelenkt und dabei im Ortsgebiet die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit um mehr als 40 km/h überschritten hat oder außerhalb des Ortsgebietes die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit um mehr als 50 km/h überschritten hat und die Überschreitung mit technischen Hilfsmitteln festgestellt wurde.

 

Nach § 26 Abs. 3 FSG hat im Fall der erstmaligen Begehung einer in § 7 Abs. 3 Z. 4 genannten Übertretung - sofern die Übertretung nicht geeignet war, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen oder nicht mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern begangen wurde (§ 7 Abs.3 Z.3) oder auch eine Übertretung gemäß Abs.l, 2 oder 4 vorliegt - die Entziehungsdauer zwei Wochen, bei der zweiten Begehung einer derartigen Übertretung innerhalb von zwei Jahren ab der ersten Begehung sechs Wochen zu betragen.

 

Die Behörde geht von folgendem Sachverhalt aus:

 

Sie haben am 27.6.2006 um 01.17 Uhr den LKW, M, schwarz, mit dem Kennzeichen im Gemeindegebiet von Kirchdorf in Tirol auf der B 178 gelenkt und dabei die im Bereich Gewerbegebiet H erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h bei km 34,960 um 52 km/h überschritten.

Wegen dieser Übertretung wurden Sie mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 21.11.2006, GZ: VK-5419-2006, bestraft.

 

Außerdem wurde Ihnen die Lenkberechtigung auch schon mit Bescheid vom 24.1.2005, VerkR21-25-2005, auf die Dauer von zwei Wochen entzogen, nachdem Sie am 24.11.2004 beim Lenken eines Kraftfahrzeuges die im Ortsgebiet erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 51 km/h überschritten hatten.

 

Aufgrund dieses Sachverhaltes und dessen Wertung gelangt die Behörde zur Auffassung, dass Sie nicht mehr verkehrszuverlässig sind.

Da die Entziehung wegen einer wiederholten Begehung einer solchen Übertretung innerhalb von 2 Jahren erfolgt, hat die Behörde die Nachschulung anzuordnen.

Es ist Ihnen daher aus Gründen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung für die festgesetzte Zeit zu entziehen.

Die Verpflichtung, den Führerschein nach Rechtskraft dieses Bescheides unverzüglich der Behörde abzuliefern, ist in der im Spruch angeführten Gesetzesstelle festgelegt (die Rechtskraft tritt zwei Wochen nach Bescheidzustellung ein, wenn nicht innerhalb dieser Frist Berufung erhoben wird).

 

Da die Entziehung wegen einer wiederholten Begehung einer solchen Übertretung innerhalb von 2 Jahren erfolgt, hat die Behörde die Nachschulung anzuordnen.

Es ist Ihnen daher aus Gründen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung für die festgesetzte Zeit zu entziehen.

 

Die Verpflichtung, den Führerschein nach Rechtskraft dieses Bescheides unverzüglich der Behörde abzuliefern, ist in der im Spruch angeführten Gesetzesstelle festgelegt (die Rechtskraft tritt zwei Wochen nach Bescheidzustellung ein, wenn nicht innerhalb dieser Frist Berufung erhoben wird)."

 

2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht erhobenen Berufung mit folgenden inhaltlichen Ausführungen:

..…"hiermit sende ich Ihnen die Berufung betreffend den Bescheid vom 23.04.07.

Ich bin der Meinung, dass die Dauer des Führerscheinentzuges und die Anforderung einer Nachschulung aus folgenden Gründen zu hoch bemessen wurden.

 

1- Im Moment betreibe ich zwei Gasthäuser gleichzeitig. Eine befindet sich in T (H in B) und eine in O (N). Wie Sie bereits wissen sind Gastronomiebetriebe in A von Sommersaison abhängig. In meinem Fall war es leider mit einem Betrieb nicht möglich die Kosten des Betriebes zu decken und meine Lebensbedürfnisse zu erfüllen. Ich bin zu 95% mit dem Auto geschäftlich unterwegs, wobei ich meistens unter Zeitdruck stehe, da die Entfernung zwischen den beiden Betrieben zu groß ist. Was ich eigentlich andeuten möchte ist, dass ich rein aus beruflichen Gründen zu schnell fahren musste. Ich fahre niemals zu schnell wenn ich privat unterwegs bin. Ich möchte auch erwähnen, dass ich es sehr bereue, schnell gefahren zu haben. Ich verspreche Ihnen auch, dass ich in Zukunft viel mehr auf Geschwindigkeitsbeschränkungen achten werde.

 

Ich bitte Sie daher diese Angelegenheit nochmals zu überprüfen. Heutzutage ist es sehr schwierig ein Gastronomiebetrieb zu führen. In meiner jetzigen Situation bin ich von meinem Führerschein bzw. Auto sehr abhängig. Es wäre unvorstellbar diese Betriebe ohne Flexibilität weiter zu führen. Ich bitte Sie sehr mich von der Nachschulung bzw. Führerscheinentzug zu befreien, und wenn es möglich ist eine weitere Geldstrafe zu verhängen. Bitte geben Sie mir noch eine letzte Change die Flexibilität zwischen den beiden Betrieben weiterhin zu betreiben. Ich werde in Zukunft nie wieder die Geschwindigkeitsbeschränkung überschreiten"……

 

3. Der Berufungsakt wurde dem Unabhängigen Verwaltungssenat von der Behörde erster Instanz zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte angesichts der unbestrittenen Faktenlage mit Blick auf § 67d Abs.1 Z2 AVG unterbleiben.

 

4. In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Dem Verfahrensakt angeschlossen ist der Verwaltungsstrafakt VerkR96-23175-2004. Diesem Verfahren liegt – wie die Behörde erster Instanz zutreffend darauf hinweist – eine am 24.11.2004 um 11.37 Uhr mittels Messgerät (Lasermessung) festgestellte Geschwindigkeitsüberschreitung im Ortsgebiet im Ausmaß von 55 km/h zu Grunde. Diesbezüglich wurde dem Berufungswerber mit Bescheid vom 24.1.2005 die Lenkberechtigung für die Dauer von zwei Wochen entzogen.

Dem nunmehrigen Verfahren liegt nun abermals eine rechtskräftig festgestellte Geschwindigkeitsüberschreitung im Ausmaß von 52 km/h vom 27.6.2006 um 01:17 Uhr in Kirchdorf in Tirol zu Grunde.

 

4.2. Wie an sich schon die Behörde erster Instanz im hier angefochtenen Entzugsbescheid zutreffend ausführte, gilt nach § 7 Abs.1 FSG als verkehrszuverlässig eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) – für deren Wertung iSd Abs.4 der Behörde kein Raum eröffnet bleibt – angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

1. "die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder ................ gefährden wird, oder .........." (Weglassung hier nicht relevanter Aufzählungen).

Gemäß § 7 Abs.3 FSG gilt als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs.1 insbesondere, wenn jemand: ......... "die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebiets um mehr als 50 km/h überschritten hat und diese Überschreitung mit einem technischen Hilfsmittel festgestellt wurde (Z4 leg.cit);"

Gemäß § 26 Abs.3 FSG (Sonderfälle der Entziehung) hat im Falle der erstmaligen Begehung einer in § 7 Abs.3 Z4 FSG genannten Übertretung – sofern nicht durch qualifizierte Umstände eine höhere Entzugsdauer auszusprechen ist – die Entzugsdauer zwei Wochen zu betragen, bei der zweiten Begehung einer derartigen Übertretung innerhalb von zwei Jahren ab der ersten Begehung sechs Wochen zu betragen.

Diese zwingenden gesetzlichen Voraussetzungen eines sechs Wochen dauernden Entzuges der Lenkberechtigung liegen hier vor. Der Hinweis des Berufungswerbers auf seine berufliche Situation und die Reklamation der Entzugsdauer ist daher unbeachtlich.

Die Führerscheinbehörde ist an einen ausgesprochenen rechtskräftigen Schuldspruch gebunden (unter vielen VwGH 12.4.2001, 98/11/0255 mit Hinweis auf VwGH 21.2.1990, 90/03/0013, VwGH 18.12.1997, 96/11/0038). Eine im Sinne der Berufungsausführungen "nochmalige Überprüfung der Angelegenheit" des die Präjudizwirkung auslösenden Falles ist sowohl der Behörde erster Instanz als auch dem Unabhängigen Verwaltungssenat als Berufungsbehörde verwehrt.

Ebenfalls hat die Behörde, im Gegensatz zu den sonstigen Fällen einer Entziehung der Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit, bei den sogenannten Kurzzeitentzügen (wg. Schnellfahrens) keine eigene Wertung eines solchen Verhaltens vorzunehmen. Dieses wird bereits vom Gesetzgeber durch die mit 14 Tagen bzw. bei einer zweiten Begehung innerhalb zwei Jahren, sechs Wochen  definierte Entzugsdauer vorweggenommen.

Extreme Geschwindigkeitsüberschreitungen stellen, so die Meinung des Gesetzgebers, eine der Hauptunfallursachen dar und sind – so wie es die diesjährigen Pfingstfeiertage wieder  schmerzlich gezeigt haben – verantwortlich für viele Verletzte und Tote im Straßenverkehr (s. Grundner/Pürstl, Kommentar zum FSG, 3. Aufl., zu § 24 Rz. 11a).

Hinsichtlich dieser Kurzzeitentzüge bestehen letztlich auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. VfGH 10.6.2003, G360/02 u.a). Der Verfassungsgerichtshof teilt damit die vom Verwaltungsgerichtshof in ständiger und bereits im Erkenntnis vom 1.10.1996, 96/11/0197, zum Ausdruck gebrachte Rechtsansicht, wonach der Entziehung der Lenkberechtigung wegen Vorliegens einer bestimmten Tatsache (damals noch) im Sinne des § 66 Abs.2 lit.i KFG 1967 und der Bemessung der Entziehungszeit gemäß § 73 Abs.3 dritter Satz KFG 1967, idF BGBl. 1995/162, eine vom Gesetzgeber selbst getroffene Wertung eines derartigen strafbaren Verhaltens unter dem Gesichtspunkt seiner Relevanz für die Verkehrszuverlässigkeit des Lenkberechtigten und der zur Wiedererlangung der Verkehrszuverlässigkeit zu setzenden Maßnahme zu Grunde liegt. Aus diesem Grund ist eine davon abweichende eigenständige Wertung im Sinne des § 66 Abs.3 KFG 1967 einer unter § 66 Abs.2 lit.i KFG 1967 (nunmehr iSd § 7 Abs.4 FSG) fallende Geschwindigkeitsüberschreitung durch die Kraftfahrbehörde grundsätzlich ausgeschlossen und wird unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten als vertretbar erachtet.

Die Entziehung der Lenkberechtigung ist im Sinne des zitierten Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes nicht (nur) als Maßnahme der polizeilichen Gefahrenabwehr konzipiert, die eine unmittelbar effektive und sofortige Sicherung bewirkt, sondern sie entfaltet vor allem auch dadurch einen Schutzeffekt im Interesse der Verkehrssicherheit, dass sie auf den Lenker ermahnend und erzieherisch einwirkt. Ihr kommt – wie jeder anderen Maßnahme der Verkehrserziehung – auch die Bedeutung eines auf einen längeren Zeitraum ausgelegten, der Verkehrserziehung dienenden Sicherungsinstrumentes zu. Dass der Gesetzgeber gemäß ausdrücklicher Hervorhebung durch den Verfassungsgerichtshof im o.a. Erkenntnis die Entziehung der Lenkberechtigung ebenso als Mittel zur "Verkehrserziehung" eingerichtet hat, ist in diesem Zusammenhang nur noch zu erwähnen. Wenngleich es sich im Sinne der obzitierten Judikatur des Verfassungsgerichtshofes expressis verbis um keine Strafe handelt, sieht sich der Unabhängige Verwaltungssenat hier zur Bemerkung veranlasst, dass dieses Regime in seiner Wirkung dennoch zumindest in die Nähe des Verbotes einer Doppelbestrafung und damit in Konflikt zum Schutzbereich der EMRK gerät. Dies mit Blick darauf, weil auch der Bestrafung über den Präventionsaspekt schon ein erzieherischer Aspekt inhärent ist.

Abschließend ist noch zu bemerken, dass auch wirtschaftliche Interessen an der Mobilität gegenüber dem öffentlichen Interesse, nur verkehrszuverlässige Lenker am Verkehr teilnehmen zu lassen, zurückzutreten haben bzw. nicht zu berücksichtigen sind (VwGH 19.3.2001, 99/11/0328 mit Hinweis auf VwGH 24.8.1999, 99/11/0166).

Unter diesen Aspekten wolle der Berufungswerber zumindest künftighin sich zu exzessiven Geschwindigkeitsüberschreitungen (Rasereien) nicht mehr hinreißen lassen.

 

Der Berufung musste daher der Erfolg versagt bleiben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. B l e i e r

 

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