Linz, 11.06.2007
E R K E N N T N I S
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung des Herrn M W, vertreten durch Mag. S W, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 3.5.2007, VerkR21-31-2007 wegen Entziehung der Lenkberechtigung, nach Durchführung der mündlichen Verhandlung vom 6.6.2007 und 11.6.2007 einschließlich Verkündung des Erkenntnisses, zu Recht erkannt:
Der Berufung wird stattgegeben und der erstinstanzliche Bescheid aufgehoben.
Rechtsgrundlagen: §§ 69 Abs.1 Z2 und 69 Abs.3 AVG
Entscheidungsgründe:
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) hat durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 67a Abs.1 AVG) erwogen:
Der nunmehrige Berufungswerber (Bw) lenkte am 29.3.2007 um 18.12 Uhr einen dem Kennzeichen nach näher bestimmten Pkw auf einer näher bezeichneten Straße mit öffentlichem Verkehr in P. Dabei hat er die durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte Geschwindigkeitsbeschränkung von 70 km/h um 66 km/h überschritten und dadurch unter besonders gefährlichen Verhältnissen gegen die Bestimmungen der StVO verstoßen.
Die belangte Behörde hat mit Straferkenntnis vom 3.4.2007, VerkR96-1513-2007 über den Bw wegen der Verwaltungsübertretung nach § 52 lit.a Z.10a iVm. § 99 Abs.2 lit.c StVO eine Geldstrafe verhängt.
Dieses Straferkenntnis ist – durch Rechtsmittelverzicht – in Rechtskraft erwachsen.
Die belangte Behörde hat daraufhin mit Bescheid vom 5.4.2007, VerkR21-32-2007 dem Bw gemäß näher bezeichneter Rechtsgrundlagen nach dem FSG ua.
- die Lenkberechtigung für die Klasse B für die Dauer von drei Monaten – gerechnet ab Zustellung des Bescheides – entzogen
- während der Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung das Recht aberkannt, von einer ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen sowie
- verpflichtet, sich auf seine Kosten bis zum Ablauf der Entziehungsdauer einer Nachschulung zu unterziehen.
Einer allfällig eingebrachten Berufung wurde gem. § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt.
Dieser Bescheid wurde dem Bw am 6.4.2007 nachweisbar zugestellt.
Auf Grund der vom Bw innerhalb offener Frist eingebrachten begründeten Berufung vom 17.4.2007 hat der UVS mit Erkenntnis vom 24.4.2007, VwSen-521598/2 betreffend
- die Entziehung der Lenkberechtigung einschließlich der Festsetzung der Entziehungsdauer von drei Monaten sowie
- die Aberkennung des Rechtes, während der Entziehungsdauer von einer ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen
die Berufung als unbegründet abgewiesen und den erstinstanzlichen Bescheid bestätigt.
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Betreffend der Anordnung einer Nachschulung ist der erstinstanzliche Bescheid – mangels Anfechtung – in Rechtskraft erwachsen.
Der Bw lenkte am 10.4.2007 um 11.30 Uhr einen dem Kennzeichen nach näher bestimmten Pkw auf einer näher bezeichneten Straße mit öffentlichem Verkehr in L., obwohl ihm – siehe die vorstehenden Ausführungen – die Lenkberechtigung mit Wirksamkeit: 6.4.2007 entzogen wurde.
Die belangte Behörde hat mit dem in der Präambel zitierten Bescheid dem nunmehrigen Berufungswerber (Bw) gemäß näher bezeichneter Rechtsgrundlagen nach dem FSG
- die Lenkberechtigung für die Klasse B für die Dauer von drei Monaten, vom 6.7.2007 bis einschließlich 6.10.2007 entzogen und
- während der Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung das Recht aberkannt, von einer allfällig bestehenden Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen.
Einer allfälligen Berufung gegen diesen Bescheid wurde gemäß § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt.
Gegen diesen Bescheid hat der Bw innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom 10.5.2007 eingebracht.
Am 6.6.2007 wurde beim UVS eine mündliche Verhandlung (mVh) durchgeführt, an welcher ua. der Bw teilgenommen hat.
Dabei hat der Bw ausdrücklich bestätigt, am 10.4.2007 um 11.30 Uhr einen dem Kennzeichen nach näher bestimmten Pkw auf einer näher bezeichneten Straße mit öffentlichem Verkehr in L. gelenkt zu haben, obwohl ihm die Lenkberechtigung entzogen wurde.
Der Bw hat dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 1 Abs.3 iVm. § 37 Abs.1 und § 37 Abs.4 Z.1 FSG begangen sowie eine bestimmte Tatsache iSd § 7 Abs.3 Z.6 lit.a FSG verwirklicht.
Der Bw hat diese Verwaltungsübertretung bzw. bestimmte Tatsache (10.4.2007) nach Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides, jedoch vor Erlassung des Berufungsbescheides begangen bzw. verwirklicht.
Die Berufungsbehörde hat – auch in Angelegenheiten betreffend die Entziehung der Lenkberechtigung – nach der im Zeitpunkt der Berufungsentscheidung geltenden Sachlage zu entscheiden, sodass zwischen der Entscheidung I. Instanz und der Entscheidung II. Instanz eingetretene Änderungen des Sachverhaltes zu berücksichtigen sind; VwGH v. 28.11.1983, 82/11/0270 (verstärkter Senat);
vom 17.11.1992, 92/11/0069 und vom 30.5.2001, 2001/11/0113.
Dem UVS war bei Erlassung des Berufungsbescheides vom 24.4.2007, VwSen-521598/2 nicht bekannt, dass der Bw am 10.4.2007 einen Pkw trotz entzogener Lenkberechtigung gelenkt, dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 1 Abs.3 iVm. § 37 Abs.1 und 37 Abs.4 Z.1 FSG begangen bzw. eine bestimmte Tatsache iSd § 7 Abs.3 Z.6 lit.a FSG verwirklicht hat.
Das Verfahren zur Entziehung der Lenkberechtigung ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes insofern ein einheitliches, als die Behörde bei der Entziehung der Lenkberechtigung sämtliche Erteilungsvoraussetzungen zu beurteilen und in diesem Zusammenhang alle bis zur Bescheiderlassung verwirklichten Umstände zu berücksichtigen hat.
Waren der Behörde solche Umstände nicht bekannt bzw. erlangt die Behörde erst nach Bescheiderlassung Kenntnis von solchen Umständen, kommt unter den Voraussetzungen des § 69 Abs.1 Z2 iVm Abs.3 AVG (nur) die Wiederaufnahme des Verfahrens – von Amts wegen – in Betracht;
VwGH vom 23.10.2001, 2001/11/0185; vom 22.3.2002, 2001/11/0342 uva.
Nach der dargestellten Rechtslage ist daher – worauf der Bw sowie dessen Rechtsvertreterin in der Fortsetzung der mVh vom 11.6.2007 zutreffend hingewiesen haben – nicht mit einer "Anschlussentziehung", sondern wäre mit einer Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des UVS vom 24.4.2007, VwSen-521598/2 abgeschlossenen Verfahrens vorzugehen.
Es war daher der Berufung stattzugeben, der erstinstanzliche Bescheid aufzuheben und spruchgemäß zu entscheiden.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.
Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren von 13 Euro angefallen.
Mag. Kofler
Beschlagwortung:
Wiederaufnahme des Verfahrens